Das Kawasaki-Syndrom (KS) ist eine systemische Vaskulitis kleiner und mittelgroßer Arterien. Die genaue Ätiologie ist nach wie vor unklar [1]. Die Erkrankung ist auch in Deutschland mit ca. 500 Fällen/Jahr nicht ganz selten; überwiegend sind Kinder < 5 Jahre betroffen [2]. Um bleibende Schäden durch koronararterielle Aneurysmata (KAA) zu verhindern, sollte nach der sicheren Diagnosestellung sofort behandelt werden.

Die Zusammenfassung der Diagnostik und Therapie gemäß der neuen, der durch die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) koordinierten Leitlinie findet sich in Abb. 1. Für detaillierte Informationen wird auf die Leitlinie [9] verwiesen.

Abb. 1
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Handlungsempfehlung zur Akuttherapie beim Kawasaki Syndrom (KS). aIntravenöse Immunglobuline (IVIG): 2 g/kgKG über 10–12 h; bAcetylsalicylsäure (ASS): 30–50 mg/kgKG, Fortführen während evtl. Therapieeskalierung; cPrednisolon (PRED) 2 mg/kgKG auf 3 ED, Fortführen während evtl. Therapieeskalierung; d5 mg/kgKG einmalig; e2 bis maximal 10 mg/kgKG und Tag. fMethylprednisolonpulse (MPP) 10–30 mg/kgKG (max. 1 g/Tag) für 3 Tage; g2 IVIG-Gaben im Therapieablauf werden als hinreichend betrachtet. hBei sehr großen koronararteriellen Aneurysmata (KAA) ggf. Antikoagulation mit oder ohne duale Plättchenhemmung notwendig; s. Leitlinie. CRP C-reaktives Protein. (Nach Hospach et al. [9]). Grafik: O. Hippmann

Eine oftmals identische Symptomatik zeigt das neue Krankheitsbild „paediatric inflammatory multisystemic syndrome“ (PIMS). Hierbei ist allerdings ein Zusammenhang zu einer Infektion mit dem Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2 (SARS-CoV‑2; serologischer Nachweis, Direktnachweis, enge Kontaktperson) obligat. Im Einzelfall kann die Differenzialdiagnose schwierig sein, da es Patienten mit KS geben kann, die zufällig auch SARS-CoV-2-positiv sind, andererseits auch im weiteren Verlauf diese Infektion die Krankheit imitieren kann.

Die Diagnose „komplettes KS“ erfolgt nach der klinischen Manifestation mit Fieber über 5 Tage und mindestens 4 der folgenden 5 Kriterien:

  • bilaterale konjunktivale Injektion ohne Exsudat,

  • Lymphadenopathie, meist zervikal unilateral lokalisiert, mit einer Größe der Lymphknoten > 1,5 cm, nicht abszedierend,

  • makulopapulöses Exanthem,

  • Schleimhautveränderungen mit roten, rissigen Lippen (Lacklippen), Erdbeerzunge oder oropharyngealem Enanthem,

  • Ödem oder Erythem von Händen und Füßen sowie periunguale Desquamation in der subakuten Phase [3, 4].

Eine Diagnose „inkomplettes KS“ sollte in Erwägung gezogen werden bei Säuglingen oder Kindern mit prolongiertem unklaren Fieber und weniger als 4 der obigen Kriterien, wenn sie

  • kompatible Laborparameter aufweisen, wie C‑reaktives Protein (CRP) ≥ 3 mg/dl und/oder Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG) ≥ 40 mm/h, sowie mindestens 3 der folgenden Laborwerte: Anämie, Thrombozytose (Thrombozytenzahl ≥ 450.000/µl) nach dem 7. Fiebertag, Albuminkonzentration ≤ 3 g/dl, erhöhter Wert der Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT), Leukozytose (Leukozytenzahl ≥ 15.000/µl), Leukozyturie oder

  • sich einer der folgenden echokardiografischen Befunde nachweisen lässt: Koronaraneurysma in einem der Hauptäste mit minimalem „z-score“ ≥ 2,5 oder ≥ 3 andere suggestive Veränderungen, wie eingeschränkte linksventrikuläre Funktion, Mitralklappeninsuffizienz, Perikarderguss, z‑Score 2–2,5 in der linken anterior absteigenden oder rechten Koronararterie.

Bei anhaltendem Fieber und hinreichendem Verdacht sollten serielle klinische, laborchemische und echokardiographische Untersuchungen erfolgen. Bei wiederholtem Nachweis von Laborwerten im Normbereich ist ein Kawasaki-Syndrom extrem unwahrscheinlich. Ein zuverlässiger und spezifischer Biomarker für das Kawasaki Syndrom konnte nach wie vor nicht etabliert werden.

Mit zunehmender Kenntnis und Präzisierung von Risikofaktoren, sowohl für ein Therapieversagen der intravenösen Immunglobuline (IVIG) bzw. für die Entwicklung von KAA besteht starker Konsens hinsichtlich eines differenzialtherapeutischen Vorgehens. Neben der bekannten Gabe von IVIG und Acetylsalicylsäure (ASS) soll bei Vorliegen mindestens eines der folgenden Risikofaktoren Prednisolon verabreicht werden: initial vergrößerte Koronararterien (z-Score ≥ 2), Alter ≤ 1 Jahr, schwerer Krankheitsverlauf z. B. Makrophagenaktivierungssyndrom, Schock. Zudem kann eine Steroidgabe erfolgen bei Vorliegen von mindestens einem der folgenden Kriterien: Patientenalter ≥ 7 Jahre, männliches Geschlecht, pathologische Laborwerte (deutlich erhöhte Inflammationsparameter, erhöhte Leberenzyme, laborchemischer Hinweis auf Hypalbuminämie, Anämie, Hyponatriämie), Krankheitsdauer bis zum Therapiebeginn ≤ 4 oder > 14 Tage.

Eine Risikostratifizierung anhand von sog. japanischen Scores (z. B. Kobayashi-Score) scheint für kaukasische Kinder unzureichend zu sein [8] und wird in der aktuellen Leitlinie nicht empfohlen.

Weiterhin gibt es Behandlungsvorschläge bei therapierefraktären Verläufen, da diese ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Schäden mit sich bringen. Eine Blockierung von Interleukin‑1 oder des Tumor-Nekrose-Faktor‑α oder auch eine Methylprednisolonpulstherapie sollte in solchen Situation rasch eingesetzt werden [5,6,7].

Abhängig vom koronararteriellen Befund werden eine kardiale Nachsorge und ggf. Langzeittherapie notwendig.

Bei anhaltender Entfieberung (36 h) nach Ende der IVIG-Gabe kann das ASS auf 5 mg/kgKG reduziert werden. Eine Kontrollechokardiographie ist zur Woche 6 bis 8 zu empfehlen. Bei unauffälligem Echokardiographiebefund und unauffälligen laborchemischen Entzündungswerten (CRP, BSG, Thrombozytenzahl) kann das ASS abgesetzt werden. Danach ist eine weitere Kontrolle nach einem Jahr empfehlenswert. Ein auffälliger Echokardiographiebefund erfordert engmaschigere Kontrolluntersuchungen [9].