Zusammenfassung
Wenngleich die Prävalenz des Typ-2-Diabetes (T2D) bei Kindern und Jugendlichen im deutschsprachigen Raum im internationalen Vergleich niedrig ist, wird auch hierorts jährlich bei bis zu 300 jungen Patienten die Diagnose neu gestellt. Um mögliche Spätfolgen der Erkrankung zu vermeiden, ist eine effiziente Therapie frühzeitig notwendig. Eine Lebensstilmodifikation ist hier stets die Basis. Bis vor Kurzem gab es lediglich 2 zugelassene Medikamente für die Therapie des T2D bei Kindern und Jugendlichen: Metformin und Insulin. Seit 2019 steht auch der „Glucagon-like-Peptide-1“(GLP-1)-Rezeptor-Agonist Liraglutid bei Kindern und Jugendlichen ab 10 Jahren zur Verfügung.
In der Recherche für den vorliegenden Artikel, welcher als narratives Review verfasst wurde, konnten 3 Studien mit Liraglutid bei Jugendlichen mit T2D gefunden werden. Generell zeigten sich eine gute Toleranz und Sicherheit sowie eine Pharmakokinetik ähnlich der von Erwachsenen. Das Nebenwirkungsprofil beinhaltet milde gastrointestinale Nebenwirkungen, jedoch keine schweren Hypoglykämien. Neben einer besseren glykämischen Kontrolle ist ein günstiger Effekt auf das Körpergewicht möglich. Liraglutid kann bei Jugendlichen ab 10 Jahren in Kombination mit Metformin oder bei einer Metforminunverträglichkeit alleine angewandt werden. Weitere Studien zu anderen GLP-1-Analoga werden bereits durchgeführt und eröffnen neue therapeutische Möglichkeiten.
Abstract
Although the prevalence of type 2 diabetes (T2D) among children and adolescents in German-speaking countries is low in international comparison, up to 300 young patients are diagnosed every year. There is an urgent need for an effective treatment to minimize T2D-related complications in adulthood. Lifestyle modification is the cornerstone of T2D treatment. Until recently, insulin and metformin were the only approved medications for children and adolescents with T2D. Since 2019 the glucagon-like peptide‑1 (GLP-1) receptor agonist liraglutide has been approved for the treatment of T2D in children and adolescents from the age of 10 years onwards.
The present article summarizes the available literature on the basis of a narrative review. We found that liraglutide was tested in three studies in adolescents with T2D. The results showed a good tolerability and safety as well as pharmacokinetic profiles similar to profiles in adults. Adverse events included mild gastrointestinal symptoms but negligible risk for severe hypoglycemic episodes. The GLP‑1 agonist treatment leads to an improvement of glycemic control and a reduction in body weight. Liraglutide may be used in adolescents from the age of 10 years onwards in combination with metformin or exclusively in cases of metformin intolerance. Further studies with GLP‑1 analogues are being conducted and will offer more possibilities for the treatment of T2D in children and adolescents.
Avoid common mistakes on your manuscript.
Einleitung
Die Prävalenz von Kindern und Jugendlichen mit Typ-2-Diabetes (T2D) ist weltweit rasch zunehmend. Die weltweit höchsten Prävalenzzahlen werden für die USA und China (33 bzw. 18/100.000 Minderjährige) berichtet [13]. Die US-amerikanische SEARCH-Studie zeigte beispielsweise einen Anstieg der Prävalenz von 30,5 % zwischen 2001 und 2009 in der Altersgruppe zwischen 10 und 19 Jahren [10]. Im Gegensatz dazu ist die Prävalenz in deutschsprachigen Ländern auf niedrigem Niveau stabil (2,4/100.000) [18]. In Deutschland werden etwa 5 % der neu gemeldeten Diabetesfälle bei Kindern und Jugendlichen als T2D klassifiziert. Dies entspricht ca. 180–300 Neuerkrankungen/Jahr [23]. Die Inzidenz des T2D bei Kindern in Österreich blieb von 1999 bis 2007 stabil bei 0,6/100.000 [24]. Eine konsistente Statistik bei Kindern mit T2D besteht zurzeit nicht. Hierfür werden einheitliche diagnostische Kriterien und Screeningmethoden benötigt [14]. Viele der jungen Patienten haben kaum Beschwerden, sie benötigen aber dennoch im Hinblick auf mögliche Spätschäden eine effiziente Therapie. Im Vergleich zu Erwachsenen kommt es bei Jugendlichen zu einer rascheren Progression des T2D. Mikroalbuminurie, Hypertonie und Dyslipidämie treten bereits frühzeitig auf. Diese Komorbiditäten resultieren in einem höheren Risiko für Niereninsuffizienz und einer erhöhten Mortalität bei Erwachsenen mittleren Alters [20].
Bis zu 85 % der klinisch als T2D klassifizierten Jugendlichen, insbesondere in westlichen Ländern, leiden an Übergewicht oder Adipositas [2]. Im Gegensatz dazu gibt es auch Länder wie Japan [26] und Indien [22], in denen ca. 30–50 % der Jugendlichen mit T2D normalgewichtig sind. Italien und Spanien weisen zwar bei Jugendlichen europaweit die höchsten Adipositasraten, jedoch eine niedrige T2D-Prävalenz auf [1, 4]. Dies reflektiert die komplexe Pathogenese des juvenilen T2D.
In der Therapie des T2D und der zugrunde liegenden und assoziierten Risikofaktoren wird primär Wert auf eine Lebensstilmodifikation mit vermehrter Bewegung, Ernährungsberatung und psychologischer Betreuung gelegt. Langzeiterfolge bei einer ausschließlichen Therapie durch eine Lebensstilintervention werden nur bei unter 10 % der Patienten erreicht [25]. Neben einer Lebensstilmodifikation stehen gegenwärtig nur wenige Therapieoptionen zur Verfügung.
Bis vor Kurzem waren lediglich Metformin und Insulin zur Therapie des T2D bei Kindern und Jugendlichen zugelassen. Eine ausreichende glykämische Kontrolle kann damit oftmals nicht erreicht werden. Bei 27 % der Jugendlichen mit T2D lag der HbA1c-Wert über 9,5 % und damit deutlich über dem Zielbereich von 7 % [10, 30]. Eine US-amerikanische Studie überprüfte, welche Therapieform bei übergewichtigen Jugendlichen den Blutzucker am zuverlässigsten normalisiert. Im Rahmen der TODAY-Studie wurden 699 Jugendliche im Alter von 10 bis 17 Jahren über einen Zeitraum von 4 Jahren beobachtet. Als Therapie kamen Metformin sowie Lebensstiländerungen mit kalorischer Einschränkung und vermehrter körperlicher Aktivität zum Einsatz. Nur die Hälfte der jungen Patienten erreichte mit Metformin einen akzeptablen Blutzucker über die Beobachtungszeit. Die Änderung des Lebensstils brachte keine zusätzliche Besserung, zumal bei den Jugendlichen im Schnitt keine Gewichtsreduktion erreicht wurde [31]. Die Ergebnisse zeigen, dass eine alleinige Metformintherapie beim Großteil der an T2D erkrankten Jugendlichen nicht ausreichend ist. Viele benötigen zusätzliche Schulungen, intensivere Lebensstiländerungen oder eine Insulintherapie. Die Verabreichung von Insulin führt allerdings häufig zu einer Gewichtszunahme und begünstigt in weiterer Folge eine Verschlechterung der Insulinresistenz. Eine Therapie mit Insulin wird daher bei Erwachsenen erst nach Ausschöpfung aller anderen verfügbaren Antidiabetika begonnen und bis dahin möglichst vermieden [7].
Seit 2019 ist mit Liraglutid auch eine Substanz aus der Gruppe der Glucagon-like-Peptide-1(GLP-1)-Rezeptor-Agonisten zur Therapie von T2D bei Kindern ab dem 10. Lebensjahr zugelassen. Die Literatur dazu ist im Folgenden kurz dargestellt.
Wirkung von GLP-1
Glucagon-like Peptide 1 ist ein Inkretinhormon, welches im Darm freigesetzt wird. Es steigert die glucoseabhängige Insulinsekretion der β‑Zellen im Pankreas und senkt die unangemessen hohe Sekretion von Glukagon [15]. Außerdem kommt es zu einer verlangsamten Entleerung des Magens. In einer Studie von Manell et al. lagen die GLP-1-Werte in der Gruppe mit gestörter Glucosetoleranz um 50 % unter den Werten der Gruppe mit normaler Glucosetoleranz. Auch während des oralen Glucosetoleranztests (oGTT) waren die GLP-1-Werte postprandial um 50 % niedriger bei den Teilnehmern mit T2D im Vergleich zu der Gruppe mit normaler Glucosetoleranz [15].
Liraglutid kann einerseits als Antidiabetikum zur medikamentöse Monotherapie in Kombination mit Bewegung und Diät eingesetzt werden. Andererseits kann das Medikament als Add-on zu Metformin oder alleine bei einer Unverträglichkeit von Metformin verabreicht werden. Es wird in einem Fertig-Pen zur täglichen s.c.-Applikation angewandt und kann unabhängig von den Mahlzeiten verabreicht werden [28].
Liraglutid in der Therapie des T2D bei Erwachsenen
Bei Erwachsenen wurde Liraglutid bereits 2009 zugelassen. Die Initialdosis bei Erwachsenen beträgt 0,6 mg täglich für eine Woche, danach folgt eine Titration auf 1,2 mg s.c. täglich in der zweiten Woche. Die maximal empfohlene tägliche Dosis von 1,8 mg s.c. sollte nicht überschritten werden [19]. Die Pharmakokinetik von Liraglutid ermöglicht eine durchgehende glykämische Kontrolle für 24 h und somit eine einmal tägliche Applikation [17]. Der GLP-1-Agonist zeigte in Studien eine bessere glykämische Kontrolle als Rosiglitazon und Insulin glargin [5]. Die β‑Zell-Funktion wird durch Liraglutid verbessert und somit auch die Insulinsensitivität und die glykämische Kontrolle [17]. Aufgrund der lang anhaltenden Wirkung von Liraglutid können gebesserte nüchterne und postprandiale Blutzuckerwerte erreicht werden [17]. Somit wird auch der HbA1c-Wert reduziert [8]. Liraglutid führt bei Erwachsenen zusätzlich zu einem Gewichtsverlust und senkt den systolischen Blutdruck [8]. Eine doppelblinde randomisierte Studie von Marso et al. mit Liraglutid bei Patienten mit T2D kam zu dem Ergebnis, dass in der Liraglutidgruppe weniger Patienten aufgrund von kardiovaskulären Ursachen starben als in der Placebogruppe [16]. In der LEAN-Studie normalisierte sich die nichtalkoholischen Steatohepatitis histologisch [3]. Das Nebenwirkungsprofil bei Erwachsenen beinhaltet insbesondere gastrointestinale Nebenwirkungen, wie dosisabhängige Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Diese traten hauptsächlich in den ersten 4 Wochen der Therapie auf und wurden mit der Zeit weniger [19]. Das Risiko für Hypoglykämien ist bei einer glucoseabhängigen Wirkung auf die Insulinsekretion im Vergleich zu anderen Antidiabetika sehr niedrig [19]. Insgesamt ist Liraglutid in der Therapie des T2D bei Erwachsenen im Hinblick auf die glykämische Kontrolle und die kardiovaskulären Risikofaktoren fester Bestandteil des therapeutischen Spektrums.
Studien bei Jugendlichen mit GLP-1-Rezeptor-Agonisten
Bei Jugendlichen gibt es bislang nur wenige veröffentlichte Studien mit täglicher Anwendung von Liraglutid bei Übergewicht und bei Übergewicht mit T2D. Danne et al. konnten für 12- bis 17-Jährige unter Anwendung des Dosierungsschemas für Erwachsene ein gutes Sicherheits- sowie ein niedriges Nebenwirkungsprofil zeigen [6]. Bei einer 5‑wöchigen Studie bei 10- bis 17-jährigen Patienten mit T2D, die die Pharmakokinetik von Liraglutid untersuchte, zeigten sich eine gleich gute Toleranz und Pharmakokinetik wie bei Erwachsenen [21]. In einer Studie zu Sicherheit und Pharmakokinetik von Liraglutid bei Jugendlichen mit T2D von Klein et al. zeigte sich ein größerer Abfall des HbA1c in der Gruppe mit Liraglutid im Vergleich zu Placebo. Des Weiteren wurden eine ähnliche Sicherheit, Verträglichkeit und Pharmakokinetik bei Jugendlichen mit T2D wie bei Erwachsenen festgestellt [12].
Im Jahr 2019 wurde Liraglutid von der europäischen Arzneimittelagentur (EMA) für Kinder und Jugendliche ab einem Alter von 10 Jahren zur Behandlung eines T2D zugelassen [28]. Die Ausweitung der Zulassung auf Kinder ab 10 Jahren beruht auf den Ergebnissen der Ellipse-Studie [27]. Es handelte sich dabei um eine doppelblinde, randomisierte Phase-3-Studie mit Liraglutid bei 134 Jugendlichen (10 bis 17 Jahre) mit T2D und Übergewicht. Die vorbestehende medikamentöse Therapie der Studienteilnehmer bestand aus Metformin bzw. Metformin in Kombination mit Insulin. Alle Studienpatienten erhielten eine zusätzliche Therapie mit bis zu 1,8 mg Liraglutid oder Placebo s.c. täglich über 26 Wochen und erreichten eine deutliche Verbesserung der glykämischen Kontrolle. Nach weiteren 26 Wochen in offenem Studiendesign verbesserte sich die glykämische Kontrolle weiter. In der Liraglutidgruppe erreichten beinahe doppelt so viele Patienten wie in den Vergleichsgruppen einen HbA1c-Wert von weniger als 7 %. Ein unerwartetes Ergebnis dieser Studie war das Fehlen eines Unterschieds zwischen den Gruppen im Body-Mass-Index (BMI) z‑Score oder im Körpergewicht in Woche 26; ein Befund, der sich von den Ergebnissen der Studien bei Erwachsenen unterschied [5, 8]. Die Studienautoren zogen als Erklärung dafür die relativ geringe Anzahl an Patienten, das weitere Wachstum der Kinder und die Tatsache, dass nur ungefähr 50 % der Liraglutidgruppe die volle Dosis von 1,8 mg s.c. pro Tag erhielten, in Erwägung [27].
GLP-1-Rezeptor-Agonisten bei Adipositas ohne T2D
Weghuber et al. konnten kürzlich die Wirksamkeit und Sicherheit von Exenatid, einem anderen GLP1-Analogon, einmal wöchentlich s.c. bei normoglykämischen Jugendlichen mit Adipositas zeigen. In dieser Studie wurde über 6 Monate bei 10- bis 18-Jährigen eine doppelblinde randomisierte placebokontrollierte Gabe von Exenatid 2 mg s.c. wöchentlich oder Placebo untersucht. Eine BMI-SDS-Reduktion von −0,09 konnte damit ebenso wie signifikante Reduktionen des Gewichts, des Hüftumfangs und des subkutanen Fettgewebes erzielt werden [29]. Kürzlich konnte zudem gezeigt werden, dass die Anwendung von Liraglutid (3,0 mg) über 56 Wochen in Kombination mit einer Lifestyletherapie zu einer signifikant stärkeren Verringerung des BMI-SDS als Placebo plus Lifestyletherapie bei normoglykämischen Jugendlichen mit Adipositas führt [11]. Liraglutid war Placebo in Bezug auf die Änderung des BMI-SDS in Woche 56 gegenüber dem Ausgangswert überlegen (geschätzte Differenz −0,22; 95 %-Konfidenzintervall [95 %-KI] −0,37 bis −0,08; p = 0,002). Bei 51 von 113 Teilnehmern der Liraglutidgruppe und bei 20 von 105 Teilnehmern der Placebogruppe (geschätzter Prozentsatz 43,3 % gegenüber 18,7 %) wurde eine Verringerung um mindestens 5 % beobachtet, 10 % wurden in 33 bzw. 9 beobachtet (geschätzter Prozentsatz 26,1 % gegenüber 8,1 %). Eine stärkere Reduktion wurde mit Liraglutid als mit Placebo für den BMI (geschätzte Differenz, −4,64 Prozentpunkte) und für das Körpergewicht (geschätzte Differenz, −4,50 kg [für absolute Veränderung] und −5,01 Prozentpunkte [für relative Veränderung]) beobachtet.
Nebenwirkungen der GLP-1-Rezeptor-Agonisten
Liraglutid führte in den durchgeführten Studien bei Jugendlichen lediglich zu milden Nebenwirkungen [12, 27]. Das Nebenwirkungsprofil weist insbesondere gastrointestinale Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen auf [6, 12]. In der Ellipse-Studie war die häufigste Nebenwirkung Übelkeit [27]. Ein besonderes Augenmerk wurde auch auf die Pankreasenzyme gelegt, da eine akute Pankreatitis mit GLP-1-Rezeptor-Agonisten bei Erwachsenen in Verbindung gebracht wurde. Diese Nebenwirkung trat bei Jugendlichen nicht auf. Lipase und Amylase waren bei allen Patienten, die mit Liraglutid behandelt wurden, im Normbereich [12, 27]. Nebenwirkungen führten in der Studie von Danne et al. bei keinem Patienten zu einem Abbruch der Behandlung [6]. Milde Hypoglykämien traten in der Liraglutidgruppe häufiger auf im Vergleich zur Placebogruppe. Liraglutid verursachte jedoch keine schweren Hypoglykämien [6].
Die Zukunft der GLP-1-Rezeptor-Agonisten
Liraglutid sollte im klinischen Alltag in der Therapie bei T2D bei Jugendlichen bei Versagen einer Metforminmonotherapie frühzeitig eingesetzt werden. Die Therapie mit Victoza kostet mit monatlich 119 € das Vierfache im Vergleich zu einem humanen Mischinsulin mit ca. 27 € monatlich. Durch die Therapie mit dem GLP-1-Rezeptor-Agonisten kann eine bessere glykämische Kontrolle erreicht werden. Im Gegensatz hierzu kommt es bei Insulin zu einer Gewichtszunahme und einer weiteren Verschlechterung der Insulinresistenz. Weitere Phase-3-Studien zu GLP-1-Rezeptor-Agonisten wie Dulaglutid (NCT02963766) oder Semaglutid (NCT04102189), die bereits bei Erwachsenen zugelassen sind, werden aktuell durchgeführt und lassen auch bei Jugendlichen Vorteile in Bezug auf die Gewichtsentwicklung erwarten. Bezüglich des Effekts auf den BMI sind jedoch deutliche substanzspezifische Unterschiede zu erwarten. In einer Studie von Fraser et al. wurde zudem Sitagliptin, ein Dipeptidylpeptidase(DPP)-4-Inhibitor, das GLP‑1 im Körper abbaut, bei pädiatrischen Patienten mit T2D getestet. Es konnte eine gute Toleranz bei 10- bis 17-Jährigen bestätigt werden [9].
Eine einmal wöchentliche Verabreichung der GLP-1-Rezeptor-Agonisten kann zu einer höheren Compliance beitragen. In den nächsten Jahren werden vermutlich noch weitere Antidiabetika für Kinder und Jugendliche mit T2D zur Zulassung geprüft.
Fazit für die Praxis
-
Die Basis der T2D-Therapie bei Kindern und Jugendlichen ist immer eine Lebensstilmodifikation, im Sinne einer Ernährungsumstellung und vermehrter Bewegung.
-
Eine Monotherapie mit Metformin ist bei Jugendlichen mit Übergewicht und manifestem T2D häufig nicht ausreichend.
-
Der GLP-1-Rezeptor-Agonist Liraglutid wurde im Juni 2019 für Jugendliche mit T2D ab 10 Jahren in Europa zugelassen.
-
Liraglutid kann in Kombination mit Metformin oder bei einer Metforminunverträglichkeit als Monotherapie zur Therapie des T2D bei Jugendlichen verordnet werden.
-
Liraglutid wird einmal täglich mit einer Anfangsdosis von 0,6 mg s.c. angewandt. Eine Dosissteigerung kann bis zu 1,8 mg täglich erfolgen.
-
Die Verabreichung von Liraglutid erfolgt unabhängig von den Mahlzeiten.
-
Liraglutid führte lediglich zu milden, insbesondere gastrointestinalen Nebenwirkungen. Das Risiko für schwere Hypoglykämien ist sehr niedrig.
Literatur
Aguayo A, Vela A, Aniel-Quiroga A et al (2013) Absence of diabetes mellitus type 2 in obese children and adolescents in the north of Spain. J Pediatr Endocrinol Metab 26:25–29. https://doi.org/10.1515/jpem-2012-0200
American Diabetes Association (2000) Type 2 diabetes in children and adolescents. Diabetes Care 23:381–389. https://doi.org/10.2337/diacare.23.3.381
Armstrong MJ, Gaunt P, Aithal GP et al (2016) Liraglutide safety and efficacy in patients with non-alcoholic steatohepatitis (LEAN): A multicentre, double-blind, randomised, placebo-controlled phase 2 study. Lancet 387:679–690. https://doi.org/10.1016/S0140-6736(15)00803-X
Cambuli VM, Incani M, Pilia S et al (2009) Oral glucose tolerance test in Italian overweight/obese children and adolescents results in a very high prevalence of impaired fasting glycaemia, but not of diabetes. Diabetes Metab Res Rev 25:528–534. https://doi.org/10.1002/dmrr.980
Croom KF, McCormack PL (2009) Liraglutide: a review of its use in type 2 diabetes mellitus. Drugs 69:1985–2004. https://doi.org/10.2165/11201060-000000000-00000
Danne T, Biester T, Kapitzke K et al (2017) Liraglutide in an adolescent population with obesity: a randomized, double-blind, placebo-controlled 5‑week trial to assess safety, tolerability, and Pharmacokinetics of Liraglutide in adolescents aged 12–17 years. J Pediatr 181:146–153. https://doi.org/10.1016/j.jpeds.2016.10.076
Davies MJ, D’Alessio DA, Fradkin J et al (2018) Management of hyperglycemia in type 2 diabetes, 2018. A consensus report by the American Diabetes Association (ADA) and the European Association for the study of diabetes (EASD). Diabetes Care 41:2669–2701. https://doi.org/10.2337/dci18-0033
Deacon CF (2009) Potential of liraglutide in the treatment of patients with type 2 diabetes. Vasc Health Risk Manag 5:199–211. https://doi.org/10.2147/vhrm.s4039
Fraser IP, Neufeld ND, Fox LA et al (2019) A randomized clinical trial to evaluate the single-dose pharmacokinetics, pharmacodynamics, and safety of sitagliptin in pediatric patients with type 2 diabetes. Pediatr Diabetes 20:48–56. https://doi.org/10.1111/pedi.12790
Hamman RF, Bell RA, Dabelea D et al (2014) The SEARCH for diabetes in youth study: rationale, findings, and future directions. Diabetes Care 37:3336–3344. https://doi.org/10.2337/dc14-0574
Kelly AS, Auerbach P, Barrientos-Perez M et al (2020) A randomized, controlled trial of liraglutide for adolescents with obesity. N Engl J Med 382:2117–2128. https://doi.org/10.1056/NEJMoa1916038
Klein DJ, Battelino T, Chatterjee DJ et al (2014) Liraglutide’s safety, tolerability, pharmacokinetics, and pharmacodynamics in pediatric type 2 diabetes: a randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Diabetes Technol Ther 16:679–687. https://doi.org/10.1089/dia.2013.0366
Lynch JL, Barrientos-Pérez M, Hafez M et al (2019) 1329-P: national differences and similarities in youth-onset type 2 diabetes. Diabetes 68:1329. https://doi.org/10.2337/db19-1329-P
Lynch JL, Barrientos-Pérez M, Hafez M et al (2020) Country-specific prevalence and incidence of youth-onset type 2 diabetes: a narrative literature review. Ann Nutr Metab. https://doi.org/10.1159/000510499
Manell H, Staaf J, Manukyan L et al (2016) Altered plasma levels of glucagon, GLP‑1 and glicentin during OGTT in adolescents with obesity and type 2 diabetes. J Clin Endocrinol Metab 101:1181–1189. https://doi.org/10.1210/jc.2015-3885
Marso SP, Daniels GH, Brown-Frandsen K et al (2016) Liraglutide and cardiovascular outcomes in type 2 diabetes. N Engl J Med 375:311–322. https://doi.org/10.1056/NEJMoa1603827
Meece J (2009) Pharmacokinetics and pharmacodynamics of liraglutide, a long-acting, potent glucagon-like peptide‑1 analog. Pharmacotherapy 29:33S–42S. https://doi.org/10.1592/phco.29.pt2.33S
Neu A, Feldhahn L, Ehehalt S et al (2018) No change in type 2 diabetes prevalence in children and adolescents over 10 years: update of a population-based survey in South Germany. Pediatr Diabetes 19:637–639. https://doi.org/10.1111/pedi.12622
Neumiller JJ, Sonnett TE, Wood LD et al (2010) Pharmacology, efficacy and safety of liraglutide in the management of type 2 diabetes. Diabetes Metab Syndr Obes 3:215–226
Perrine S (2005) Youth-onset type 2 diabetes: lessons learned from the TODAY study. Mayo Clin 23:1–7. https://doi.org/10.1038/jid.2014.371
Petri KCC, Jacobsen LV, Klein DJ (2015) Comparable liraglutide pharmacokinetics in pediatric and adult populations with type 2 diabetes: a population pharmacokinetic analysis. Clin Pharmacokinet 54:663–670. https://doi.org/10.1007/s40262-014-0229-z
Ramachandran A, Snehalatha C, Satyavani K et al (2003) Type 2 diabetes in Asian-Indian urban children. Diabetes Care 26:1022–1025. https://doi.org/10.2337/diacare.26.4.1022
Rosenbauer J, Neu A, Rothe U et al (2019) Diabetestypen sind nicht auf Altersgruppen beschränkt: Typ-1-Diabetes bei Erwachsenen und Typ-2-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen. J Heal Monit 4:31–53. https://doi.org/10.25646/5981
Schober E, Waldhoer T, Rami B, Hofer S (2009) Incidence and time trend of type 1 and type 2 diabetes in Austrian children 1999–2007. J Pediatr 155:190–193.e1. https://doi.org/10.1016/j.jpeds.2009.03.010
Smith JD, Mills E, Carlisle SE (2016) Treatment of Pediatric Type 2 Diabetes. Ann Pharmacother 50:768–777. https://doi.org/10.1177/1060028016655179
Sugihara S, Sasaki N, Amemiya S et al (2008) Analysis of weight at birth and at diagnosis of childhood-onset type 2 diabetes mellitus in Japan. Pediatr Diabetes 9:285–290. https://doi.org/10.1111/j.1399-5448.2008.00402.x
Tamborlane WV, Barrientos-Pérez M, Fainberg U et al (2019) Liraglutide in children and adolescents with type 2 diabetes. N Engl J Med. https://doi.org/10.1056/nejmoa1903822
Victoza EPAR Produktinformation. https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/victoza-epar-product-information_de.pdf. Zugegriffen: 09. April 2020
Weghuber D, Forslund A, Ahlström H et al (2020) A 6‑month randomized, double-blind, placebo-controlled trial of weekly exenatide in adolescents with obesity. Pediatr Obes. https://doi.org/10.1111/ijpo.12624
Zeitler P, Arslanian S, Fu J et al (2018) ISPAD Clinical Practice Consensus Guidelines 2018: Type 2 diabetes mellitus in youth. Pediatr Diabetes 19:28–46. https://doi.org/10.1111/pedi.12719
Zeitler P, Hirst K, Pyle L et al (2012) A clinical trial to maintain glycemic control in youth with type 2 diabetes. N Engl J Med 366:2247–2256. https://doi.org/10.1056/NEJMoa1109333
Funding
Open access funding provided by Paracelsus Medical University.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Ethics declarations
Interessenkonflikt
D. Weghuber hat Beratungshonoraria von Novo Nordisk erhalten. C. Veyder-Malberg, D. Furthner, C. Dalus, K. Maruszczak und A.-M. Schneider geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Additional information
Redaktion
F. Lagler, Salzburg
W. Rascher, Nürnberg
Rights and permissions
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de.
About this article
Cite this article
Veyder-Malberg, C., Furthner, D., Dalus, C. et al. GLP-1-Analoga in der Therapie des Typ-2-Diabetes bei Jugendlichen. Monatsschr Kinderheilkd 169, 253–257 (2021). https://doi.org/10.1007/s00112-020-01073-w
Accepted:
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00112-020-01073-w