Im Herbst und Winter 2020/2021 wird mit großer Wahrscheinlichkeit die Bettenkapazität in den Kinder- und Jugendkliniken noch knapper werden als in den Vorjahren. In den Herbst- und Wintermonaten wird – in Abhängigkeit vom Lebensalter – eine voraussehbar große Zahl von Kindern und Jugendlichen in Kinderkliniken wegen Atemwegsinfektionen hospitalisiert werden. Der Umgang mit Fällen einer vermuteten oder nachgewiesenen SARS-CoV-2-Infektion in Bezug auf Isolierung oder ggf. Kohortierung wird die bereits durch die üblichen saisonalen Virusinfektionen (u. a. RSV [respiratory syncytial virus] oder Influenzavirus) oft über die Grenzen hinaus belasteten Kinder- und Jugendkliniken vor erhebliche zusätzliche Herausforderungen stellen.

Dies wird zu Engpässen in der Versorgung nicht nur der akut erkrankten Kinder, sondern mutmaßlich auch von chronisch kranken und chirurgischen Patienten wie auch von Neu- und Frühgeborenen führen. Eine Erweiterung von Kapazitäten durch Bereitstellung zusätzlicher Betten wird im Allgemeinen – nicht zuletzt aufgrund von Personalmangel bei Ärzten und Pflegepersonal – nicht realisierbar sein. Regional müssen frühzeitig Vorbereitungen und Absprachen zwischen benachbarten Kliniken und mit den niedergelassenen Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzten getroffen werden. Gegebenenfalls sind in diese Vereinbarungen auch die Krankenhausdirektionen, die Kassenärztliche Vereinigung und die Gesundheitsämter einzubeziehen. Grundsätzlich müssen pragmatische, gleichwohl aber krankenhaushygienisch vertretbare Lösungsansätze für den Umgang mit vermuteten oder nachgewiesenen SARS-CoV-2-Infektionsfällen vorbereitet werden.

Die Überlegungen zur Kapazitätsüberschreitung der Kinder- und Jugendkliniken sind auch vor dem Hintergrund des seit Jahren bestehenden Personalmangels zu betrachten. Beschäftigte im Gesundheitswesen und insbesondere in Kinder- und Jugendkliniken sind einem erhöhten Risiko einer Infektion mit SARS-CoV‑2 während ihrer beruflichen Tätigkeit ausgesetzt. Der effektive Schutz der am Patienten tätigen Mitarbeiter ist daher eine der wichtigsten Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung des Betriebs einer Kinderabteilung unter den zu erwartenden Herausforderungen der kommenden Herbst‑/Wintersaison.

Aktuell werden Kinder und Jugendliche mit respiratorischen, gastrointestinalen oder weiteren Symptomen, die auf eine schwere systemische Infektion hinweisen, sowie Patienten mit Geruchs- oder Geschmacksstörungen mittels Rachen- oder Nasopharyngealabstrich regelhaft auf eine SARS-CoV-2-Infektion getestet. In der Vergangenheit waren hierfür ausschließlich PCR-Verfahren verfügbar. Hier variiert die Zeit zwischen Abstrichentnahme und Ergebnismitteilung in der Realität zwischen wenigen Stunden und mehreren Tagen je nach örtlichen Gegebenheiten. Bis zum Erhalt des Testergebnisses bleibt der Verdacht auf eine SARS-CoV-2-Infektion bestehen, und der hospitalisierte Patient muss entsprechend isoliert oder kohortiert werden. In naher Zukunft werden Antigenschnelltests mit akzeptabler Testperformance (Sensitivität und Spezifität) oder auch PCR-Tests als Point-of-care-Diagnostik ein Analyseergebnis innerhalb 1 h verfügbar machen. Die Anwendung von Schnelltests könnte den Umgang mit dieser Situation speziell in der Kinder- und Jugendmedizin erheblich erleichtern. Bezüglich Verfügbarkeit und den Modalitäten der Anwendung sowie der Testperformance in der pädiatrischen Population bestehen allerdings noch beträchtliche Unsicherheiten.

Wegen der Kozirkulation mit anderen respiratorischen Erregern, die als Verursacher der akuten Infektionssymptomatik bei den betroffenen Kindern bei Weitem häufiger auftreten werden als SARS-CoV‑2, sollten alle Kinder mit entsprechenden Symptomen bei Aufnahme ins Krankenhaus in Abhängigkeit von der regionalen und jahreszeitlichen Inzidenz auf spezifische respiratorische Erreger (RSV, Influenza) getestet werden, um so die Kohortierung der Patienten steuern zu können. Wenn das Kind typische Krankheitssymptome von COVID-19 (z. B. Geruchs- oder Geschmacksstörungen) aufweist oder eine entsprechende Anamnese eines direkten Kontakts mit einem Patienten mit nachgewiesener SARS-CoV-2-Infektion vorliegt, erfolgen die Abstrichentnahme unter entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen (FFP2-Maske, Schutzkittel, Handschuhe, Brille) sowie die Isolierung des Patienten bis zum Erhalt des Testergebnisses; das weitere Vorgehen wird je nach Testergebnis festgelegt: Positiv getestete Kinder werden isoliert oder kohortiert unter den entsprechenden etablierten Hygienestandards (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Hygiene.html).

In allen übrigen Situationen orientiert sich die Versorgung der Kinder an der Inzidenz von SARS-CoV‑2 im Kreis bzw. im Einzugsgebiet. Ist die Inzidenz niedrig (kumulative Anzahl der Neuinfektionen in den letzten 7 Tagen: <25/100.000) oder mittelhoch (25–50/100.000), erfolgt die Abstrichentnahme unter Standardhygienebedingungen (Mund-Nasen-Schutz [Medizinprodukt] und Schutzbrille oder Visier). Die Kohortierung erfolgt je nach Erreger oder Symptomatik. Wenn die Inzidenz der Neuerkrankungen in der Region hoch ist (>50/100.000), erfolgen die Abstrichentnahme unter entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen sowie die Isolierung des Patienten bzw. Kohortierung.

Bei der Aufnahme auf Stationen mit besonders vulnerablen Patienten wie Kinderonkologie, Intensivstation oder Kinderkardiologie kann es ggf. sinnvoll sein, auch bei niedrigerer Inzidenz im Kreis alle, d. h. auch elektiv aufzunehmende Kinder abzustreichen und zunächst zu isolieren, bis das Abstrichergebnis vorliegt. Dies ist nach ärztlicher Risikoanalyse vor Ort festzulegen.

Die Tab. 1 beschreibt die wichtigsten Szenarien und konkretisiert das Vorgehen im Hinblick auf die Abstrichentnahme und die Hygienekonzepte wie Isolierung oder Kohortierung.

Tab. 1 Stationäre Aufnahme von Kindern im Winter 2020/2021d