Zusammenfassung
Muttermilch (Stillen) stellt die Norm der Säuglingsernährung dar. Stillen ist die Standardernährungsform für den ersten Lebensabschnitt eines Menschen. In der Folge wird bei der Einführung von Beikost aus ausschließlichem Stillen weiterbegleitendes Stillen – bis zum vollständigen Übergang zur Familienkost. Die Zusammensetzung der Muttermilch und die hormonelle Steuerung der Milchbildung sind optimal auf das Kind abgestimmt. Stillen ist jedoch kein instinktives, sondern ein sozial erlerntes Verhalten und bedarf von Anbeginn an begleitender Information und Beratung der Mutter und der Familien. Medizinisches Fachpersonal wird als kompetent in Ernährungsfragen erachtet und sollte daher über ausreichende wissenschaftlich fundierte Kenntnis bezüglich der physiologischen Vorgänge im Zusammenhang mit Stillen sowie der Kurz- und Langzeitauswirkungen von Stillen auf die Gesundheit von Mutter und Kind verfügen. Ebenso sollten die Risiken von Formulaernährung (Säuglingsfertignahrung auf Kuhmilchbasis) für die Entwicklung und verschiedene Erkrankungen bekannt sein.
Abstract
Human milk (breastfeeding) is the normal form of nutrition for infants. Breastfeeding is the standard form of feeding during the first period of life of a human being. When introducing supplementary foods, exclusive breastfeeding evolves into partial breastfeeding up to complete transition to the family diet. The composition of breastmilk and hormonal control of lactation are optimally adapted to the infant; however, breastfeeding is not an instinct but a socially acquired behavior that requires accompanying information and counselling from the start. Medical personnel are considered to be competent in questions concerning breastfeeding and nutrition. They should have sufficient scientifically based knowledge about the physiological processes in breastfeeding as well as short and long-term effects on the health of mother and child. The risks of formula feeding (industrial infant nutrition on the basis of cowʼs milk) for the development and various diseases should also be known.
Avoid common mistakes on your manuscript.
Lernziele
Nach Lektüre dieses Beitrags
kennen Sie die wissenschaftlichen Hintergründe zu Stillen und Muttermilchernährung.
verstehen Sie die Situationen rund ums Stillen und können sowohl stillende wie auch nichtstillende Mütter/Eltern informieren und beraten.
verstehen Sie die physiologischen Verhaltensmuster von Säuglingen und ziehen die korrekten Schlüsse und Empfehlungen daraus.
erkennen Sie an, dass Stillen, Muttermilchernährung und Formulanahrung (Säuglingsfertignahrung auf Kuhmilchbasis) nicht gleichwertig sind und können kompetent darüber informieren.
können Sie fundiert über Kurz- und Langzeitauswirkungen von Stillen auf kindliche und mütterliche Gesundheit aufklären.
Einleitung
Dass Stillen und Ernährung mit Muttermilch der Standard für Säuglinge ist, ist lange akzeptiert. Dass Stillen auch auf Mütter und die Gesellschaft Auswirkungen hat, findet in den letzten Jahren Eingang in die medizinisch wissenschaftliche Literatur. Im Jahr 2016 wurde den individuellen, wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Kurz- und Langzeitauswirkungen von Stillen und Muttermilchernährung in der Zeitschrift Lancet ein ganzes Heft gewidmet [1, 2, 3, 4]. Obwohl Pädiater/-innen unmittelbar mit dem Thema befasst sind, mangelt es oft an ausreichender wissenschaftlich fundierter Kenntnis auf dem Gebiet des Stillens [5, 6], um Eltern so zu informieren, dass sie ihre individuelle und informierte Entscheidung über die Form der Ernährung ihrer Kinder treffen können. Stillen ist kein Instinkt; es ist sozial erlerntes Verhalten [7], daher ist ausreichende Kenntnis über die physiologischen Verhaltensmuster von Säuglingen notwendig, um Mütter/Eltern z. B. bei auftretenden Problemen wie „zu wenig Milch“ (empfundener Milchmangel) aufklären und unterstützen zu können.
Mütter/Eltern erachten Ärzte/Ärztinnen als kompetent in Stillfragen [7] und leiden unter einer nichteinheitlichen Information („jeder sagt mir etwas anderes“; [8]). Dieser Beitrag fasst die wichtigsten wissenschaftlichen Hintergründe rund ums Stillen/Muttermilchernährung zusammen, damit Pädiater/-innen die Situationen von Müttern und Kindern rund ums Stillen verstehen und sowohl stillende wie auch nichtstillende Mütter/Eltern kompetent informieren und beraten können.
Kasuistik 1
Eine 38-jährige Mutter (Erstgravida [1 G]/Primapara [1 P], Z. n. sekundärer Sectio) stellt sich 5 Tage nach der Entlassung aus dem Krankenhaus wegen massiver beidseitiger Schmerzen beim Stillen in der Stillambulanz vor. Das Kind ist 9 Tage alt, Geburtsgewicht 3850 g, niedrigstes Gewicht am 2. Lebenstag 3570 g, Entlassungsgewicht am 6. Lebenstag 3930 g, aktuelles Gewicht 4090 g. Es wird ausschließlich gestillt, etwa 10- bis 12-mal/Tag altersentsprechend ad libitum angelegt. Die Mutter berichtet, sie sei bereits mit leicht wunden Mamillen entlassen worden. Die nachbetreuende Hebamme habe ihr zu lokaler Applikation von Dexpanthenolcreme geraten. Die Schmerzen hätten allerdings in den letzten Tagen so zugenommen, dass sie sich bereits vor dem Anlegen des Kindes fürchte und das Stillen fast nicht mehr erträglich sei. Im Pflegebericht der Krankengeschichte waren bereits wunde Mamillen und eine Abnahme des Körpergewichts beim Neugeborenen von mehr als 7 % dokumentiert. Die visitierenden Ärzte hatten am 2. Tag post partum: „stillt gut“ und am Tag 6 „stillt“ vermerkt. Bei der gynäkologischen Entlassungsuntersuchung am Tag 6 war der Zustand der Mammae und Mamillen nicht extra dokumentiert, allerdings waren im Entlassungsbrief die „Mamillen bds. mit Rhagaden“ angeführt und auch richtig codiert (ICD-10 O92.1). Neun Tage post partum, am Tag der Vorstellung in der Stillambulanz, zeigen sich an den beidseitigen Mamillen ulzerierende Wunden, links etwas mehr als rechts (Abb. 1a, b). Bei der Beobachtung einer Stillmahlzeit wird eine suboptimale Anlegetechnik festgestellt (der Mund des Säuglings ist nicht weit genug geöffnet; es wird wenig Brustgewebe erfasst; die Lippen sind nicht nach außen gestülpt). Unter Angabe von Schmerzen beim Stillen kommt es dennoch zur Auslösung des Milchspendereflexes bei der Mutter mit Zeichen des Milchtransfers zum Kind. Nach dem Stillen weisen die Mamillen neben den Ulzerationen auch Zeichen der zu starken Kompression (Verformung der Mamille) auf.
Prozedere (s. Abschn. „Probleme mit der laktierenden Brust – Schmerzen beim Stillen, wunde Mamillen, Milchstau, Mastitis“): Der Mutter wird als Erstes bestätigt, dass das Neugeborene gut gedeiht. Es hat zwar initial über 7 % des Gewichts abgenommen, aber am Tag 6 das Geburtsgewicht überschritten und nimmt entlang der Perzentile zu. Anschließend wird die Mamillenwundpflege schrittweise etabliert und auf Analgesie geachtet (z. B. Paracetamol oder Ibuprofen, 3‑ bis 4‑mal täglich, wenn möglich 20 min vor dem Stillen). Im weiteren Verlauf wird der Mutter eine verbesserte und evtl. alternative Anlegetechniken gezeigt.
Kasuistik 2.
Mutter, 28 Jahre, G 1/P 1; Spontanpartus 39 + 4 SSW. Das Kind wird ausschließlich gestillt und gedeiht laut medizinischer Beurteilung gut, allerdings hat es in den ersten 3 Lebensmonaten nur 120 g/Woche zugenommen (physiologisch ist in den ersten beiden Monaten mindestens eine Gewichtszunahme von 170 g/Woche). Mit der Zeit zeigt das Kind ein zunehmend unruhiges Trinkverhalten an der Brust, sodass die Mutter die Stillambulanz aufsucht. Das Kind wiegt mit 4,5 Monaten 4970 g und ist damit unter die 3er-Perzentile abgefallen. Es werden die Diagnosen sekundäre Hypogalaktie und Gedeihstörung des gestillten Säuglings gestellt sowie aufgrund des dringenden Bedarfs, eine weitere Gewichtsabnahme zu vermeiden, sofort ein Zufüttern mit Formulanahrung an der Brust mithilfe eines Brusternährungssets während des Stillens begonnen (Abb. 2). Unter der Anleitung zu häufigem Anlegen, kurzfristigem Zufüttern von Formulanahrung mithilfe des Brusternährungssets und Steigerung der Milchmenge durch das häufige Anlegen stellen sich die ausreichende Gewichtsentwicklung und Normalisierung des Trinkverhaltens ein. Schließlich ist ausschließliches Stillen möglich, und die altersgerechte Einführung von Beikost bei entsprechenden Signalen des Kindes kann erfolgen.
Muttermilch – ein Traumprodukt
Muttermilch ist in ihrer Zusammensetzung zu jedem Zeitpunkt der Stillzeit ideal auf das Kind abgestimmt, und fördert das optimale Gedeihen, die Entwicklung und die Gesundheit. Die Zusammensetzung der Muttermilch wird beeinflusst durch das Stadium der Laktation (Tab. 1), das Gestationsalter und die Reife des Kindes, die Dauer einer Stillmahlzeit sowie das Stillverhalten des Babys, hingegen nur in vergleichbar geringem Maß durch die Ernährung der Mutter [7].
Die Hauptnährstoffe der Muttermilch (Laktose, Fette, Proteine) werden in den milchbildenden Zellen der Brustdrüse, Laktozyten, synthetisiert und daraus sezerniert. Die Laktozyten entwickeln und spezifizieren sich während der Schwangerschaft unter dem Einfluss von Prolaktin.
Kolostrum
Kolostrum wird bereits während der Schwangerschaft und in den ersten Tagen nach der Geburt gebildet. Es enthält besonders hoch konzentrierte Immunglobuline u. a. immunmodulierende Proteine, z. B. IgA, Laktoferrin und Lysozym. Wegen des hohen Zellgehalts (Abb. 3) ist es dickflüssig; die Farbe oft gelblich (β-Karotin). Kolostrum enthält im Vergleich zu reifer Muttermilch höhere Konzentrationen an Vitamin A, Vitamin E und Mineralstoffen. Es regt u. a. die Ausscheidung des Mekoniums an, fördert das Wachstum von Lactobacillus bifidus und hat eine stabilisierende Wirkung auf die Blutzuckerkonzentration [7, 11]. Daraus leitet sich die Empfehlung der Kolostrumgabe bei Neugeborenen zur Hypoglykämieprävention ab (AWMF-Leitlinie: Betreuung Neugeborener diabetischer Mütter [12]). Konkret würde diese Empfehlung bei einem 5 h alten gesunden reifgeborenen Baby mit einem gemessenen Blutzuckerwert von 40 mg/dl (2,2 mmol/l) lauten, dass die Mutter ihr Baby stillen und ggf. dazu wecken sollte. Eine Stunde nach dem Stillen sollte die Blutzuckerkonzentration wieder kontrolliert werden.
Die initiale Kolostrummenge, die das Neugeborene pro Stillmahlzeit am ersten Tag erhält, beginnt mit ca. 2–7 ml beim ersten Stillen. Am 3. Tag sind 20 ml und mehr pro Stillmahlzeit zu erwarten [14]. Die wichtigste Voraussetzung für eine kontinuierliche physiologische Steigerung der Milchmenge pro Mahlzeit ist häufiges Anlegen von Anfang an, weil die damit verbundene Entleerung der Brust das Signal für die neuerliche Milchbildung ist [7].
Merke
Die Etablierung der Milchbildung erfolgt durch häufiges Anlegen des Säuglings mindestens 10- bis 12-mal/Tag vom ersten Tag an.
Reife Muttermilch
Der Eiweißgehalt der Muttermilch ist im Vergleich zu der Milch anderer Säugetiere niedrig (0,9–1,0 g/100 ml), angepasst an die Wachstumsanforderungen des Säuglings und belastet Nieren und Kreislauf des Kindes nicht. Der Molkeanteil enthält wichtige immunspezifische Stoffe wie z. B. Immunglobuline, Laktoferrin, α‑Lactalbumin, Albumin und Lysozym, und auch Lipasen (antiinfektiv), Zytokine (antiinflammatorisch; z. B. Interleukin 10) oder Prostaglandine (antiinflammatorisch; [7]).
Die Laktose als Kohlenhydrat in der Muttermilch deckt konstant ca. 40 % des Energiebedarfs des Säuglings; ihr Gehalt wird und kann durch die Ernährung der Mutter nicht beeinflusst werden [7]. Neben Laktose sind kleinere Mengen weiterer Kohlenhydrate vorhanden, die humanen Muttermilcholigosaccharide: Es wurden bereits 400 verschiedene oligomere Kohlenhydrate identifiziert; diese wirken antibakteriell und fördern die Entwicklung einer gesunden Darmflora ([14]; Abb. 4).
Merke
Muttermilch und Formulanahrung sind aufgrund der Inhaltsstoffe nicht gleichwertig.
Fett ist der größte Kalorienlieferant (50–55 % des Energiebedarfs) in der Muttermilch und der Bestandteil, der am stärksten variiert. Der Fett- und damit Kaloriengehalt steigt mit der Entleerung der Brust deutlich an. Der Kaloriengehalt von Muttermilch kann von etwa 60 kcal/100 ml am Beginn einer Stillmahlzeit bis zu 95 kcal/100 ml gegen Ende der Stillmahlzeit betragen [17, 18].
Muttermilch enthält zelluläre Komponenten, vorrangig Makrophagen (zur Phagozytose) und Lymphozyten [17]. Im Kolostrum beträgt die Zahl der Zellen ca. 4000/mm3 oder µl, das entspricht ca. 4 Mio. in 1 ml. Es sind etwa gleich viele Zellen wie im peripheren Blut enthalten ([7]; Abb. 3).
Einfluss der Ernährung der Mutter
In Bezug auf die Zusammensetzung der Nährstoffe und deren Verhältnis zueinander ist Muttermilch äußerst stabil und wird im Regelfall in stets gleichbleibender Qualität zur Verfügung gestellt [7, 19]. Die biochemische Zusammensetzung der Muttermilch hängt ab vom Stadium der Laktation, der Tageszeit, dem Zeitpunkt innerhalb einer Stillmahlzeit, ob das Baby ein Frühgeborenes war, vergleichsweise wenig aber von der mütterlichen Ernährung. Probleme mit der Zusammensetzung der Muttermilch treten erst dann auf, wenn die Mutter ausgeprägt unterernährt ist oder eine sehr restriktive Diät durchführt. Unterernährte Mütter bilden ungefähr die gleichen Anteile an Protein, Fett und Kohlenhydraten wie gut ernährte Mütter, haben aber weniger Milch. Nur sehr wenige Inhaltsstoffe der Muttermilch lassen sich durch die Ernährung der Mutter beeinflussen, am relevantesten sind Eisen, Jod und Vitamin D; der Gehalt an wasserlöslichen Vitaminen wie Ascorbinsäure, Thiamin und Vitamin B12 wird durch eine unzureichende Ernährung schnell beeinträchtigt [7, 19, 20].
Der Jodgehalt der Muttermilch korreliert mit der Jodzufuhr durch die Ernährung der Mutter [21] und ist essenziell für die Entwicklung der kindlichen Schilddrüse, weshalb eine ausreichende Versorgung der Mutter sicherzustellen ist. In Deutschland und Österreich soll die Mutter laut Empfehlung während der Stillzeit Jod mit 100 µg täglich supplementieren [19].
Der Vitamin-D-Gehalt der Muttermilch kann durch die Ernährung der Mutter beeinflusst werden [20].
Bei einer vegetarischen/veganen Ernährungsweise der Mutter bestehen erhöhte Risiken für Mangelerscheinungen bei Mutter und Kind, weshalb diese in der Schwangerschaft und Stillzeit nicht empfohlen wird. Wenn die Mutter sich trotzdem dafür entscheidet, ist es essenziell, dass sie ihre Ernährung durch entsprechende Supplementierung (stets Vitamin B12, wünschenswert mit anderen Mikronährstoffen wie z. B. Vitamin B6 und Zink) ergänzt. Eine umfassende Ernährungsberatung ist in jedem Fall anzuraten [19, 22].
Merke
Die Zusammensetzung von Muttermilch wird nur in vergleichbar geringem Maß durch die Ernährung der Mutter beeinflusst (cave: ausgeprägte mütterliche Unterernährung oder restriktive Ernährungsweise).
Aus den Unterschieden in der Zusammensetzung von Muttermilch und Formulanahrung leitet sich die Empfehlung der WHO zur Reihenfolge der Ernährungsarten bei Säuglingen ab [23]. Diese sieht als erste Wahl das Stillen vor, als zweite Wahl die Fütterung mit Milch der eigenen Mutter, als dritte Wahl die Fütterung mit Frauenmilch und schließlich als vierte Wahl die Fütterung mit Formulanahrung. Im deutschsprachigen Raum bereitet die Verfügbarkeit von Frauenmilch Probleme. Es gibt nur vereinzelt Humanmilchbanken, die Frauenmilch für Termingeborene kommerziell anbieten; dadurch ist der Preis hoch (7–10 €/l). Da aber immer mehr Mütter nach dieser Alternative fragen, ist es wichtig, dass auch Pädiater sie kennen und adäquat dazu Stellung nehmen können. Frauenmilch muss bestimmte Qualitätsstandards erfüllen. Ein Erwerb von Frauenmilch über Internetforen kann diese nicht garantieren und kann daher nicht empfohlen werden. Für Frühgeborene ist die Fütterung mit Frauenmilch medizinisch indiziert, daher verfügen praktisch alle Neonatologien, die (kleine) Frühgeborene betreuen, über interne Frauenmilchbanken, um die Ernährung mit humaner Milch zu gewährleisten, falls keine Muttermilch zur Verfügung steht.
Wichtig ist die Erkenntnis, dass auch kürzeres Stillen oder Teilstillen Vorteile für Mutter und Kind hat (Dosis-Wirkung-Prinzip von Stillen; s. Abschn. Kurz- und Langzeitauswirkungen von Stillen auf kindliche und mütterliche Gesundheit).
Selbstverständlich benötigen auch Frauen, die nach informierter Entscheidung nicht stillen möchten oder können, ebenso eine ausreichende Beratung und Begleitung für die Auswahl der geeigneten Nahrung und Art der Fütterung. Prinzipiell ist Pre-Nahrung als einzige Formulanahrung über den gesamten Zeitraum bis zur Einführung von Kuhmilch empfohlen. Andere Milchstufen (1er, 2er) sind nicht erforderlich. Die Flaschenfütterung sollte unter Berücksichtigung der Stimulation aller Sinne erfolgen und gewisse Kriterien erfüllen (z. B. Seitenwechsel, Blickkontakt, Füttern nach Bedarf u. Ä.). Informationen dazu geben z. B. die „Ratgeber Flaschensauger – was kann vom Stillen abgeschaut werden“ [24] und „Braucht mein Baby einen Schnuller“ [25].
Physiologie der Laktation
Das Wissen rund um die physiologischen Vorgänge der Laktation ist Voraussetzung für eine kompetente Beratung und fachliche Einschätzung (Tab. 1).
Die Laktogenese I beginnt mit ca. 16 Schwangerschaftswochen, d. h., dass bereits präpartal Milch gebildet wird. Mit der Plazentaloslösung beginnt der Abfall von Progesteron; Prolaktin als Schlüsselhormon der Laktogenese stimuliert nun ungehindert die Laktozyten. Gleichzeitig wird der Abstand zwischen den Alveolarzellen in der Brustdrüse durch Schluss der „tight junctions“ geringer [17]. Gekennzeichnet sind diese Vorgänge durch die initiale Brustdrüsenschwellung – im Volksmund auch „Milcheinschuss“ genannt. Die Schwellung ist durch eine vermehrte Ansammlung von Lymphflüssigkeit im Gewebe bedingt und kennzeichnet die Laktogenese II. Etwa in den ersten 2 Wochen etabliert sich die Bildung der reifen Milch. Dieser anfangs nur endokrin gesteuerte Vorgang wird zunehmend zu einem autokrinen Prozess, d. h., dass sich die Milchproduktion nach Häufigkeit und Grad der Entleerung richtet. Milch, die in der Alveole verbleibt, reduziert die Nachbildung der Milch über das milchhemmende Protein „feedback inhibitor of lactation“ (FIL). Steigt die Konzentration des FIL in den Alveolen, verlangsamen die Laktozyten die Milchbildung. Über die folgenden 4 bis 6 Wochen kommt es zur weiteren Reifung der milchbildenden Strukturen; die Milchbildung wird gesichert (Laktogenese III; Tab. 1).
Merke
-
Das Saugen des Kindes an der Brust stimuliert die Ausschüttung von Prolaktin (und Oxytozin).
-
Es spielt gemeinsam mit der Entleerung der Brust die maßgebliche Rolle für die Milchmenge sowie die Etablierung und Aufrechterhaltung der Laktation.
Neben Prolaktin ist Oxytozin für das Stillen essenziell. Oxytozin wird durch Stimulation der Mamille und des Brustgewebes pulsierend ausgeschüttet und ist für das Auslösen des Milchspendereflexes („let down reflex“) verantwortlich. Durch die Kontraktion der Myoepithelialzellen rund um die Alveolen wird die Milch aus den Alveolarräumen in die Milchgänge gepresst und entleert ([17]; Tab. 2).
Physiologische Verhaltensmuster des Säuglings
Neugeborene und Säuglinge zeigen unabhängig von der Art der Ernährung (Stillen oder mit Flasche) folgende physiologische Verhaltensmuster:
„clusterfeeding“ oder „Lagerfeuerstillen“,
Stillfrequenzen,
Schlafverhalten des Säuglings,
Entwicklungsschübe,
Saugverhalten des Säuglings.
Diese Verhaltensmuster zu kennen ist essenziell, um nicht vorschnell die (meist nichtkorrekte) Schlussfolgerung zu ziehen, dass die Mutter z. B. „zu wenig Milch“ produziert. Auf den physiologischen Verhaltensmustern des Säuglings baut sich die Beratung zum Stillbeginn und danach auf.
Bausteine des guten Stillbeginns
Ein guter Stillbeginn sichert die Selbstwirksamkeit von Mutter und Kind und ermöglicht die erfolgreiche, stabile, andauernde Stillbeziehung. Dafür sind mehrere Faktoren entscheidend; verschiedene Bausteine können und sollen in unterschiedlicher Intensität eingesetzt werden, um das Stillen gut zu etablieren. Manche dieser Bausteine werden nur bei Schwierigkeiten zur Unterstützung benötigt, andere bilden die Basis jeder Stillbeziehung. Zur Beurteilung des Stillbeginns und um ergänzende sinnvolle Bausteine und Maßnahmen auszuwählen, sind beobachten und reflektieren der Gesamtsituation in jeder Phase wichtig. Entscheidend für die Mutter ist zu erfahren, dass Pädiater/-innen sie und ihr Kind beraten und unterstützen sowie ggf. den Kontakt zu einer kompetenten Stillberatung („international board certified lactation consultant“, IBCLC) herstellen, die weiterführende Informationen zu den einzelnen Inhalten geben kann.
„Bonding – self-attachment“
Der direkte ununterbrochene Hautkontakt („skin-to-skin“) unmittelbar nach der Geburt ist essenziell, um sowohl die Bindung als auch das Stillen von Anfang an optimal zu fördern [32, 33]. Das gesunde Termingeborene findet in 9 instinktiv angeborenen Schritten die Brust selbstständig (Self-attachment; [32]). Alle (unnötigen) Eingriffe können das Stillen und das Bindungsverhalten in den ersten Stunden nach der Geburt empfindlich stören und haben weitreichende Auswirkungen auf die Mutter-Kind-Interaktion [32, 33]. Bonding und Self-attachement sind auch während einer operativen Geburt möglich und wünschenswert (Bonding bei Sectio; [34]), ebenso ist der direkte Hautkontakt bei (extremen) Frühgeborenen so schnell wie möglich nach der Geburt und unter Aufsicht eines Neonatologen/Neonatologin anzustreben. Selbstverständlich steht die Gesundheit von Mutter und Kind im Vordergrund, allerdings ist zu bedenken, dass die Gesundheit des Kindes in hohem Maß davon abhängt, dass die Mutter eine starke Bindung entwickelt und dadurch sicherer und kompetenter in der Versorgung des Kindes wird. Bonding ist eine wichtige Grundlage für das weitere Leben, unabhängig davon, ob das Kind gestillt oder mit der Flasche ernährt wird. Falls die „golden hour“ nach der Geburt nicht für das Bonding genutzt werden konnte, ist ein späteres Bonding immer möglich und erstrebenswert („rebonding“, [32, 33]).
Anlegen und intuitives Stillen
Das korrekte Anlegen und eine gute Stillposition von Anfang an ermöglichen effektives Saugen und Gedeihen des Säuglings und beugen Problemen vor (wie z. B. wunden, schmerzenden Mamillen; unangenehme Brustdrüsenschwellung, Milchstau, Mastitis; Unruhe und schlechtes Gedeihen des Neugeborenen; frühe Zufütterung; Zweifel der Mutter an ihrer Kompetenz; [8, 35]).
Stillfrequenzen und -menge, Clusterfeeding
Häufiges und uneingeschränktes Stillen von Anfang an (ca. 8- bis 12-mal/24 h) entspricht dem natürlichen Verhalten eines Neugeborenen und sichert eine stabile Milchbildung [7, 17]. Portionsgrößen und Abstände zwischen den Stillmahlzeiten variieren im Tagesverlauf (Clusterfeeding; Abb. 5). Durchschnittlich trinkt ein Säugling etwa 4 Wochen nach der Geburt konstant 700–800 ml; diese Menge Muttermilch wird gebildet. Während die Mengen bei der Flaschenfütterung kontinuierlich steigen, bleiben die aufgenommene Nahrungsmenge und damit auch die Zufuhr von Eiweiß über die Monate des ausschließlichen Stillens gleich (Prävention von Übergewicht und Diabetes mellitus; [36]).
Vor allem in den ersten Wochen kommt es regelmäßig zu sog. Clusterfeeding-Episoden (meist in den frühen Abendstunden), in denen der Säugling über mehrere Stunden in sehr kurzen Abständen kleine Stillmahlzeiten einnimmt, unterbrochen von kurzen Schlafpausen. Häufiges Wechseln der Seite, an der das Kind stillt, ist in dieser Phase typisch und unterstützt das erneute Auslösen eines Milchspendereflexes. Uneingeschränktes Stillen nach Bedarf, einschließlich Clusterfeeding-Phasen in den ersten Wochen, sichert die Milchbildung für die nächsten Monate und ermöglicht eine differenzierte Kommunikation zwischen Mutter und Kind (Bindungsförderung).
Nutritives und nonnutritives Saugen
Eine Stillmahlzeit besteht im Regelfall aus wechselnden Episoden von nutritivem und nonnutritivem Saugen, die durch den Säugling selbst gesteuert werden (Abb. 6). Beide Komponenten sind physiologisch sowie für eine gute Entwicklung des Kindes und eine stabile Stillbeziehung erforderlich.
Schlafverhalten
Säuglinge weisen im Vergleich zu Erwachsenen eine längere Tagesschlafzeit, aber höhere „Rapid-eye-movement“(REM)-Aktivität, daher häufigere und kurze statt weniger langer Schlafphasen auf (Abb. 7). Ein adultes Schlafmuster ist erst im Alter von etwa 3 Jahren ausgebildet. Körperkontakt und Saugen erleichtern das Einschlafen, oft schläft das Kind direkt an der Brust ein oder wird getragen, bis es schläft. Das gemeinsame Schlafen von Mutter und Kind in unmittelbarer Nähe und unter sicheren Bedingungen unterstützt den Aufbau einer stabilen Stillbeziehung und schützt zugleich vor dem „sudden infant death syndrome“ (SIDS; [37]).
Entwicklungsschübe (früher Wachstumsschübe)
Säuglinge wirken auch nach der Etablierung der Stillbeziehung öfter für einige Tage unruhiger und möchten „ununterbrochen“ gestillt werden. Wenn diesem Bedürfnis temporär entsprochen sowie der Mutter-Kind-Bindung und -Interaktion Zeit gewidmet wird, spielt sich der Alltag bald wieder ein. Viele Kinder erreichen im Anschluss Entwicklungsschritte/Meilensteine [36].
Merke
Die physiologischen Verhaltensmuster des Säuglings zu kennen, ist essenziell, um nicht vorschnell die (meist nicht korrekte) Schlussfolgerung zu ziehen, dass die Mutter „zu wenig Milch“ hat.
Stillschwierigkeiten/Gründe für vorzeitiges Abstillen
Empfundener Milchmangel – Gedeihen des Kindes
Ein gesundes Kind gedeiht perzentilenparallel (WHO-Wachstumskurven: [39]), nimmt in den ersten 3 Monaten zwischen 170 und 330 g/Woche zu, scheidet regelmäßig Harn und Stuhl aus und entwickelt sich altersentsprechend. Sind diese Eckpunkte gewährleistet, besteht kein Milchmangel, obwohl dies eine häufige Sorge der Eltern und der Familie ist [8, 36]. Die unterstützende bestärkende Beratung des/der Pädiaters/der Pädiaterin spielt daher eine wesentliche Rolle in der Erhaltung des Stillens. Wenn eine Mutter beispielsweise glaubt, zu wenig Milch zu haben, weil ihr 3 Wochen altes Baby bisher zwar gut zugenommen hat, seit einigen Tagen aber unruhiger ist und vermehrt weint, sollte erfragt werden, was sich im Alltag geändert hat bzw. wie der Alltag verläuft. Eine tatsächliche Einschränkung der Milchmenge ergibt sich häufig, wenn die Mutter wieder mit dem Rauchen beginnt. Beispielhaft ist die Situation, dass die Mutter auf Nachfrage angibt, durch ihre zwei älteren Kinder zusätzlich sehr in Anspruch genommen zu sein und aus Nervosität wieder zu rauchen begonnen hat.
Probleme mit der laktierenden Brust – Schmerzen beim Stillen, wunde Mamillen, Milchstau, Mastitis
Probleme der laktierenden Brust, wie wunde Mamillen oder Milchstau und Mastitis, führen häufig zum frühzeitigen Abbruch der Stillbeziehung. Wunde Mamillen entstehen durch Verletzungen mit oder ohne Infektionen. Fissuren, Hautabschürfungen, Rhagaden, Entzündungszeichen an Mamille und/oder Areola mammae, Schorfbildung sowie helle oder dunkle Flecken auf der Mamille, eitrige oder gelbe Beläge können vorliegen. Häufigste Ursachen sind eine ungünstige Stillhaltung und nichtkorrektes Ansaugen bzw. ein nicht physiologisches Saugverhalten des Kindes.
Das leitlinienkonforme Vorgehen sieht vor Beginn einer Therapie wunder Mamillen die Evaluation folgender Ursachen vor: Stilltechnik (Position und Frequenz), Saugtechnik des Kindes, Anwendung von Stillhilfsmitteln (Pumpen, Stillhütchen), anatomische Besonderheiten bei Kind und Mutter, psychische Faktoren und das Vorliegen einer verstärkten initialen Brustdrüsenschwellung [40].
Der Zustand der Mamillen ist entscheidend von Stilltechnik und -position abhängig. Beim Einsatz von Stillhilfsmitteln (wie Pumpen und Stillhütchen) ist auf deren korrekte Anwendung zu achten. Bei anatomischen Faktoren des Kindes (wie z. B. ein zu kurzes Zungen- oder Lippenband) soll eine kausale Therapie erfolgen. Neben dem korrekten Anlegen und Positionieren des Kindes unterstützen wechselnde Stillpositionen und Maßnahmen zur Auslösung des Milchspendereflexes (Oxytozinmassage, auch Kolostummassage genannt) die Behandlung wunder Mamillen. Lokal wird die topische Verwendung von hochgereinigtem Lanolin empfohlen. Alkoholische Lösungen, Cremes oder Salben auf Paraffinbasis werden nicht empfohlen. Stilleinlagen sollen häufig gewechselt und luftdurchlässige Artikel bevorzugt werden. Kann das Kind aufgrund starker Schmerzen nicht angelegt werden, sollte die betroffene Brust, so häufig wie vorher gestillt wurde, manuell oder mechanisch effizient entleert werden, um das Auftreten eines Milchstaus oder einer Mastitis zu vermeiden.
Im Fall von wunden Mamillen ist neben der Händehygiene auch auf die sorgfältige Reinigung der Mamillen (unter Anwendung steriler Kochsalzlösung, pH-neutraler Seifenlösung oder eines Antiseptikums) zu achten. Sind die Mamillen infiziert, stellen sie ein hohes Risiko für eine Mastitis dar; hier sollte antibiotisch (vorzugsweise systemisch) therapiert werden.
Dieses leitlinienkonforme Vorgehen wurde auch in Kasuistik 1 angewandt. Bei tiefen beidseitigen ulzerierenden, wunden Mamillen durch suboptimale Anlegetechnik und Positionierung wurde zunächst aufgrund der starken Schmerzen beim Stillen eine Stillpause vereinbart. Die schmerzfreie Gewinnung von Muttermilch mithilfe einer elektrischen Pumpe mit Doppelpumpset erfolgte 8‑mal in 24 h. Die Mamillen wurden mit physiologischer NaCl-Lösung gereinigt, und anschließend wurde die topische Anwendung von hochgereinigtem Lanolin als Salbenverband unter Entlastung der Mamillen durch „Wiener-Donuts“ gewählt (Herstellung aus Gaze-Tupfern; [41]).
So wurde die Laktation aufrechterhalten, das Neugeborene wurde ausschließlich mit Muttermilch ernährt, und die wunden Mamillen heilten rasch ab. Es folgten erste Stillversuche an der intakten rechten Mamille mit Optimierung der Anlegetechnik. Parallel pumpte die Mutter an der linken Seite ab. Die Mamillen heilten unter diesem Regime (Wundbehandlung, Entlastung der Mamillen und Entleerung der Brust) vollständig ab, schließlich wurde das schmerzfreie ausschließliche Stillen mit perzentilengerechtem Gedeihen des Kindes erzielt.
Merke
-
Rasches Beantworten von Fragen und entsprechende Begleitung ermöglichen die erfolgreiche Stillbeziehung zwischen Mutter und Kind und beugen unfreiwilligem Abstillen vor.
-
Das rechtzeitige Hinweisen auf bzw. Hinzuziehen einer StillberaterIn („international board certified lactation consultant“, IBCLC) ist sinnvoll.
Medikamente in der Stillzeit
Da stillende Mütter von allen akuten und chronischen Erkrankungen betroffen sein können, die auch außerhalb der Stillzeit auftreten, ist die Frage nach den Auswirkungen von Infektionen und Medikamenten auf das gestillte Kind eine häufige und wichtige. Es existieren nur ganz wenige Ausnahmen, bei denen eine Infektion der Mutter die Trennung von Mutter und Kind notwendig macht; Abstillen ist so gut wie nie erforderlich. Wenn z. B. die Mutter eines 2 Monate alten ausschließlich gestillten Kind Kontakt mit Röteln hat, sollte sie weiterstillen, weil ohnehin von einer Infektion des Kindes ausgegangen werden kann. Der Säugling profitiert von den Antikörpern der Mutter, die über den enteromammären Kreislauf in die Milch gelangen.
Obwohl so gut wie in allen Medikamenteninformationen von einer Einnahme in der Stillzeit abgeraten wird, gibt es über mehrere Jahrzehnte gesammelte wissenschaftlich begründete Informationen zu Sicherheit und Wirksamkeit von Medikamenten in Schwangerschaft und Stillzeit [42]. Bei Unklarheiten kann und soll eine Nachfrage (Fachbuch, für medizinisches Fachpersonal auch Internetanfrage oder telefonische Anfrage möglich) erfolgen, bevor das am besten geeignete Medikament für die stillende Mutter ausgewählt wird.
Eine absolute Indikation zum Abstillen besteht äußerst selten, da es in praktisch allen wichtigen Medikamentengruppen „stillverträgliche“ Medikamente gibt. Tatsächliche Kontraindikationen bestehen nur vereinzelt, diese betreffen die Anwendung von Zytostatika und Radionukliden. Relative Kontraindikationen, die einer individuellen Abwägung der Situation (Dringlichkeit der Anwendung, Alter des Säuglings u. Ä.) und informierten Entscheidung der Mutter unterliegen, sind z. B. Kombinationstherapien mehrerer psychotroper Substanzen.
Bezüglich der möglichen Einnahme eines Medikament durch die stillende Mutter gelten folgende Grundregeln:
Stillende Frauen können krank werden. Eine stillende Mutter muss bei Bedarf medikamentös behandelt werden.
Nichtmedikamentöse Behandlungsoptionen erwägen.
Es sollen Medikamente ausgewählt werden, mit denen es schon ausreichend Erfahrungen gibt („alte Bekannte“ anstatt neuerer Medikamente).
Soweit möglich, soll eine Monotherapie angestrebt werden.
Eine notwendige (Langzeit‑)Therapie darf nicht abgesetzt werden.
Merke
-
Abstillen bei Medikamenteneinnahme der stillenden Mutter ist nur in Ausnahmefällen erforderlich.
-
Praktisch für alle Indikationen gibt es sichere und stillverträgliche Medikamente.
Kurz- und Langzeitauswirkungen des Stillens auf kindliche und mütterliche Gesundheit
Die unmittelbaren und nachhaltigen Effekte des Stillens bzw. die Auswirkungen des Nichtstillens und der Verabreichung von Formulanahrung auf die Gesundheit von Mutter und Kind, die Umwelt sowie die Wirtschaft sind in den letzten Jahrzehnten zahlreich wissenschaftlich untersucht und zusammengefasst worden [43, 44, 45, 46]. Dass Stillen/Ernährung mit Muttermilch für das Kind vorteilhaft ist, steht schon länger außer Zweifel. Wenn Kinder über mindestens 6 Monate gestillt werden, wird eine Risikominderung für späteres Übergewicht um etwa 25 % erreicht (Zusatzmaterial online: Tab. 4: Auswirkungen von Stillen). Weniger bekannt sind möglicherweise die Vorteile, die das Stillen für die Mutter hat.
Nichtquantifizierbar sind zurzeit die Schäden durch Nichtstillen. Muttermilch ist ein natürliches, erneuerbares Produkt, das ökologisch sicher ist und den „Konsumenten“ ohne Umweltverschmutzung erreicht. Muttermilchersatz hinterlässt jedoch einen ökologischen Fußabdruck. Er benötigt Energie zur Herstellung, Verpackungsmaterial, Treibstoff für die Auslieferung sowie Wasser, Energie und Reinigungsmittel bei der täglichen Anwendung. Es wird geschätzt, dass 4000 l Wasser für 1 l Formulanahrung verbraucht werden. In den USA werden für die Verpackung von Muttermilchersatznahrung jährlich 550 Mio. Dosen, 86.000 t Metall und 364.000 t Papier verbraucht [2].
Werden die Auswirkungen des Stillens in ihrer Gesamtheit betrachtet, lässt sich mit Recht sagen, dass gute Stillförderung durch eine kompetente Information und Beratung gelingen kann, und dass „Stillen die Welt gesünder, gerechter und klüger macht“ [1, 2, 3, 4].
Merke
-
Stillen hat sowohl unmittelbare wie auch nachhaltige Effekte auf die kindliche und mütterliche Gesundheit; körperlich und psychisch. Es stärkt die Bindung zwischen Mutter und Kind.
-
Stillen reduziert nicht nur die Sterblichkeit von Müttern und Kindern, es verhindert Erkrankungen und hinterlässt keinen negativen ökologischen Abdruck.
-
Stillen spielt nicht nur für das Individuum eine Rolle, sondern auch für die Umwelt und die Wirtschaft.
Weiterführende Informationen
Weiterführende Informationen finden sich auf den in Tab. 3 aufgeführten Internetseiten.
Fazit für die Praxis
-
Stillen hat sowohl unmittelbare wie auch nachhaltige Effekte auf die kindliche und mütterliche Gesundheit, körperlich und psychisch. Es stärkt die Bindung zwischen Mutter und Kind.
-
Stillen reduziert das Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko von Müttern und Kindern, es verhindert Erkrankungen und hinterlässt keinen negativen ökologischen Abdruck.
-
Stillen spielt nicht nur für das Individuum eine Rolle, sondern auch für die Umwelt und die Wirtschaft.
-
Die Etablierung der Milchbildung erfolgt durch regelmäßiges Anlegen (Stillen) des Säuglings mindestens 10- bis 12-mal/Tag (24 h) vom ersten Tag an.
-
Die physiologischen Verhaltensmuster des Säuglings zu kennen, ist essenziell, um nicht vorschnell die (meist nicht korrekte) Schlussfolgerung zu ziehen, dass die Mutter „zu wenig Milch“ hat.
-
In Bezug auf die Zusammensetzung der Nährstoffe und deren Verhältnis zueinander ist Muttermilch äußerst stabil und kann durch die Ernährung der Mutter nur in vergleichsweise geringem Maß beeinflusst werden, letzteres gilt aber für einige kritische Inhaltsstoffe wie beispielsweise Vitamin D, B12, und Jod.
-
Stillen ist auch bei Medikamenteneinnahme der stillenden Mutter möglich, da es für praktisch alle Indikationen sichere und stillverträgliche Medikamente gibt.
Literatur
Victora CG, Bahl R, Barros AJD, França GVA, Horton S, Krasevec J, Murch S, Jeeva Sankar M, Walker N, Rollins NC, The Lancet Breastfeeding Series Group* (2016) Breastfeeding in the 21st century: epidemiology, mechanisms, and lifelong effect. Lancet 387:475–490
Rollins NC, Bhandari N, Hajeebhoy N, Horton S, Lutter CK, Martines JC, Piwoz EG, Richter LM, Victora CG, The Lancet Breastfeeding Series Group (2016) Why invest, and what it will take to improve breastfeeding practices? Lancet 387:491–504
Lancet Editorial (2016) Breastfeeding: achieving the new normal. Lancet 387:404
Hansen K (2016) Breastfeeding: a smart investment in people and in economies. Lancet 387:416
Feldman-Winter L, Barone L, Milcarek B, Hunter K, Meek J, Morton J, Williams T, Naylor A, Lawrence RA (2010) Residency curriculum improves breastfeeding care. Pediatrics 126:289–297. https://doi.org/10.1542/peds.2009-3250
Dixit A, Feldman-Winter L, Szucs KA (2015) “Frustrated,” “depressed,” and “devastated” pediatric trainees: US academic medical centers fail to provide adequate workplace breastfeeding support. J Hum Lact 31:240–248. https://doi.org/10.1177/0890334414568119
Lawrence RA, Lawrence RM (2016) Breastfeeding: a guide for the medical profession, 8. Aufl. Elsevier, Philadelphia, USA
Karall D, Ndayisaba JP, Heichlinger A, Kiechl-Kohlendorfer U, Stojakovic S, Leitner H, Scholl-Bürgi S (2015) Breastfeeding duration—early weaning: Do we sufficiently consider the risk factors? J Pediatr Gastroenterol Nutr 61:577–582
http://www.stillunterstuetzung.de/index.htm. Zugegriffen: 17.04.2020
Infoblatt Brusternährungsset, von Márta Guóth-Gumberger, Laktation und Stillen 2014; 3
Hong J, Jeppesen PB, Nordentoft I, Hermansen K (2007) Fatty acid-induced effect on glucagon secretion is mediated via fatty acid oxidation. Diabetes Metab Res Rev 23:202–210. https://doi.org/10.1002/dmrr.663
AWMF Leitlinie: Betreuung Neugeborener diabetischer Mütter, https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/024-006l_S2k_Betreuung_von_Neugeborenen_diabetischer_Muetter_2017-10.pdf. Zugegriffen: 17.04.2020
American Academy of Pediatrics (2012) https://pediatrics.aappublications.org/content/129/3/e827. Zugegriffen: 17.04.2020
Walker M (2017) Breastfeeding management for the clinician—using the evidence, 4. Aufl. Jones and Bartlett Inc. Publishers, Sudbury
Hebammenforum 6/2014, S. 570
http://doublethink.us.com/paala/wp-content/uploads/2012/11/whats-in-breastmilk-poster-canada.jpg. Zugegriffen: 20.02.2020
Riordan J, Wambach K (2016) Breastfeeding and human lactation, 5. Aufl. Jones and Bartlett Inc. Publishers, Sudbury
Meier PP, Engstrom JL, Murtaugh MA, Vasan U, Meier WA, Schanler RJ (2002) Mothers’ milk feedings in the neonatal intensive care unit: accuracy of the creamatocrit technique. J Perinatol 22:646–649. https://doi.org/10.1038/sj.jp.7210825
Koletzko B, Bauer CP, Cierpka M, Cremer M, Flothkötter M, Graf C, Heindl I, Hellmers C, Kersting M, Krawinkel M, Przyrembel H, Vetter K, Weißenborn A, Wöckel A (2016) Ernährung und Bewegung von Säuglingen und stillenden Frauen: Aktualisierte Handlungsempfehlungen von „Gesund ins Leben – Netzwerk Junge Familie“, eine Initiative von IN FORM. Monatsschr Kinderheilkd 164(Suppl 5):S433–S457. https://doi.org/10.1007/s00112-016-0173-0
Taylor SN, The Academy of Breastfeeding Medicine (2018) ABM clinical protocol #29: iron, zinc, and vitamin D supplementation during breastfeeding. Breastfeed Med 13:398–404. https://doi.org/10.1089/bfm.2018.29095.snt
Azizi F, Smyth P (2009) Breastfeeding and maternal and infant iodine nutrition. Clin Endocrinol 70:803–809
Plank R, Ernährungskommission der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (2018) Sicherheit und Risiken vegetarischer und veganer Ernährung in Schwangerschaft, Stillzeit und den ersten Lebensjahren: Stellungnahme zu Sicherheit und Risiken bei unterschiedlichen Formen vegetarischer und veganer Ernährung der Mutter in Schwangerschaft und Stillzeit und bei Säuglingen und Kleinkindern. Monatsschr Kinderheilkd. https://doi.org/10.1007/s00112-018-0554-7
World Health Organization, UNICEF (2003) Global strategy for infant and young child feeding. https://www.who.int/nutrition/publications/infantfeeding/9241562218/en/. Zugegriffen: 20.02.2020
„Ratgeber Flaschensauger – was kann vom Stillen abgeschaut werden“ (www.paediatrie.at/phocadownload/Ratgeber/Broschuere_Flaschensauger_2010.pdf). Zugegriffen: 20.02.2020
„Braucht mein Baby einen Schnuller“ (www.paediatrie.at/phocadownload/Ratgeber/Broschuere_Braucht%20mein%20Baby%20einen%20Schnuller_2013.pdf). Zugegriffen: 17.04.2020
Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) (2014) Monatsschr Kinderheilkd 6:527–538. https://doi.org/10.1007/s00112-014-3129-2
Ernährungskommission der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) (2014) Monatsschr Kinderheilkd 162:834–836. https://doi.org/10.1007/s00112-014-3195-5
www.richtigessenvonanfangan.at (Beikostempfehlungen). Zugegriffen: 17.04.2020
Ernährungskommission der Schweizer Gesellschaft für Pädiatrie (SGP): http://www.swiss-paediatrics.org/sites/default/files/2017.07.21_empfehlung_saeuglingsernaehrung_d_korr.pdf. Zugegriffen: 20.02.2020
World Health Organisation (WHO) (2019) Global strategy for infant feeding and young child nutrition. https://www.who.int/mediacentre/news/statements/2011/breastfeeding_20110115/en/. Zugegriffen: 20.02.2020
European Society for Pediatric Gastroenterology and Nutrition (2009) J Pediatr Gastroenterol Nutr 49:112–125
Widström AM, Brimdyr K, Svensson K, Cadwell K, Nissen E (2019) Skin-to-skin contact the first hour after birth, underlying implications and clinical practice. Acta Padiatr 108:1192–1204. https://doi.org/10.1111/apa.14754
Moore ER, Bergman N, Anderson GC, Medley N (2016) Early skin-to-skin contact for mothers and their healthy newborn infants. Cochrane Database Syst Rev. https://doi.org/10.1002/14651858.CD003519.pub4
Stevens J, Schmied V, Burns E, Dahlen H (2014) Immediate or early skin-to-skin contact after a Caesarean section: a review of the literature. Matern Child Nutr 10:456–473. https://doi.org/10.1111/mcn.12128
Colson S (2012) Biological Nurturing: the laid-back breastfeeding revolution. Midwifery Today 101:9–11
Spangler A, Wambach K (2014) Clinical Guidelines for the Establishment of Exclusive Breastfeeding, 3. Aufl. ILCA International Lactation Consultant Association, Raleigh
American Academy of Pediatrics (2016) SIDS and other sleep-related infant deaths: updated recommendations for a safe infant sleeping environment. Pediatrics. https://doi.org/10.1542/peds.2016-2938
Sears W (2008) Schlafen und Wachen – Ein Elternbuch für Kindernächte. La Leche Liga, Zürich. ISBN 978-3-906675-03‑9
WHO Wachstumskurven, https://www.who.int/childgrowth/en/. Zugegriffen: 20.02.2020
Arzneimittel in Schwangerschaft und Stillzeit. Pharmakovigilanz und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie. www.embryotox.de. Zugegriffen: 20.02.2020
www.stillen-institut.com. Zugegriffen: 17.04.2020
Bauer Z, Kämmerer B, Nindl G (2017) Bedeutung des Stillens: Eine Bewertung der aktuellen Studienlage. http://www.stillen-institut.com/media/01-Bedeutung-Stillen-2018.pdf. Zugegriffen: 20.02.2020
Koletzko B, Fleischer Michaelsen K, Hernell O (Hrsg) (2000) Short and long term effects of breastfeeding on child health. Kluwer Academic/Plenum Publishers
WHO, Dept of Child and Adolescent Health and Development (2007) Evidence on the long-term effects of breastfeeding: systematic reviews and meta-analyses. www.who.int/child-adolescent-health. Zugegriffen: 20.02.2020
Special Issue: Impact of Breastfeeding on Maternal and Child Health (2015) Acta Paediatrica 104 (Supplement S46): 1–134. DOI:10.1111/apa.13136.
Bocar D (1998) J Hum Lact 4(4):158–158
AWMF S3-Leitlinie (2013) Therapie entzündlicher Erkrankungen in der Stillzeit. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015_071l_S3_Therapie_entz%C3%BCndlicher_Brustentz%C3%BCndungen_Stillzeit_2__2013-02-abgelaufen.pdf. Zugegriffen: 20.02.2020
Funding
Open access funding provided by University of Innsbruck and Medical University of Innsbruck.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Ethics declarations
Interessenkonflikt
Gemäß den Richtlinien des Springer Medizin Verlags werden Autoren und Wissenschaftliche Leitung im Rahmen der Manuskripterstellung und Manuskriptfreigabe aufgefordert, eine vollständige Erklärung zu ihren finanziellen und nichtfinanziellen Interessen abzugeben.
Autoren
D. Karall: A. Finanzielle Interessen: Honorare und Kostenerstattungen im Rahmen der Tätigkeit als lehrende Universitätsprofessorin bei Fortbildungen für Kinderärztinnen und -ärzte, Laktationsberaterinnen und -berater sowie Allgemeinärztinnen und -ärzte, ca. 4‑mal jährlich. – B. Nichtfinanzielle Interessen: angestellte Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Innsbruck, Department für Kinder- und Jugendheilkunde, Universitätsklinik für Pädiatrie, Bereich Angeborene Stoffwechselstörungen | Stellvertretende Klinikdirektorin der Klinik für Pädiatrie, Medizinische Universität Innsbruck | Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde | Mitgliedschaften: Society for the Study of Inborn Errors of Metabolism, Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Stoffwechselstörungen, Gesellschaft für Neuropädiatrie, Verband der Still- und LaktationsberaterInnen Österreichs, Ethikkommission der Medizinischen Universität Innsbruck. G. Nindl: A. Finanzielle Interessen: Honorare im Rahmen der Tätigkeit als Seminarleiterin in der Fortbildung von medizinischem Personal auf dem Gebiet des Stillens, als Referentin bei verschiedenen Tagungen und Kongressen, in der Fortbildung von Krankenhauspersonal in diversen Kliniken und als Stillberaterin in freier Praxis. – Bezahlter Berater/interner Schulungsreferent/Gehaltsempfänger o. Ä.: Gehalt als Direktorin des Europäischen Instituts für Stillen und Laktation. – B. Nichtfinanzielle Interessen: berufliche Tätigkeit: angestellte und freiberufliche Tätigkeit als Still- und Laktationsberaterin IBCLC, Arbeitgeber: Europäisches Institut für Stillen und Laktation (anerkannter, gemeinnütziger Verein in Osterreich) | Anbieten von Seminaren und Fortbildungsveranstaltungen auf dem Gebiet der Stillberatung, außerdem laufend Veröffentlichung von fachlichen Informationen und Artikeln zu allen Themen zur Still- und Laktationsberatung/-medizin | zurzeit in keinen Organisationen oder Berufsverbänden tätig. I. Zittera: A. Finanzielle Interessen: Honorare und Kostenerstattung im Rahmen der Tätigkeit als Referentin auf dem Gebiet Laktation für Krankenhäuser bzw. das Europäische Institut für Laktation und Stillen (ca. 6‑mal im Jahr). – B. Nichtfinanzielle Interessen: angestellte Ärztin, Oberärztin, Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, A. ö. Bezirkskrankenhaus Lienz, Lienz | Mitgliedschaften: Verband der Still- und LaktationsberaterInnen Österreichs, ÖGGG (Fachgesellschaft Gynäkologie und Geburtshilfe Österreich), Sprecherin der Sektion Babyfriendly im ONGKG. A. Bier: A. Finanzielle Interessen: Honorare im Rahmen der Tätigkeit als Dozentin in der Fortbildung von medizinischem Personal auf dem Gebiet des Stillens, als Referentin bei verschiedenen Tagungen und Kongressen sowie in der Fortbildung von Multiplikatorinnen – u. a. auch über das Netzwerk „Gesund ins Leben“ (Deutschland) und die Initiative „Richtig Essen von Anfang an“ (Österreich). – Als Angestellte des Europäischen Instituts für Stillen und Laktation: Gehalt | als selbstständig tätige Still- und Laktationsberaterin IBCLC: Honorar für die Beratung von Familien. – B. Nichtfinanzielle Interessen: berufliche Tätigkeit: angestellte und freiberufliche Tätigkeit als Still- und Laktationsberaterin IBCLC, Arbeitgeber: Europäisches Institut für Stillen und Laktation (anerkannter, gemeinnütziger Verein in Osterreich) | Anbieten von Seminaren und Fortbildungsveranstaltungen auf dem Gebiet der Stillberatung, außerdem laufend Veröffentlichung von fachlichen Informationen und Artikeln zu allen Themen zur Still- und Laktationsberatung/-medizin | ehrenamtliche Stillberaterin für La Leche Liga Deutschland bis Ende 2017 | zurzeit in keinen Organisationen oder Berufsverbänden tätig. G. von der Ohe: A. Finanzielle Interessen: Schulungsreferenten‑, Referenten- und Beraterhonorare im Rahmen der Tätigkeit als Referentin in der Fortbildung von medizinischem Personal auf dem Gebiet des Stillens, als Referentin bei verschiedenen Tagungen und Kongressen, als Gutachterin für babyfreundliche Einrichtungen in Deutschland sowie als Referentin in der Fortbildung von Krankenhauspersonal in diversen Kliniken. – B. Nichtfinanzielle Interessen: berufliche Tätigkeit: Ärztin in eigener Beratungspraxis als Still- und Laktationsberaterin IBCLC in Hamburg, tätig auf Honorarbasis beim Europäischen Institut für Stillen und Laktation (anerkannter, gemeinnütziger Verein in Osterreich), Gutachterin für babyfreundliche Krankenhäuser im Auftrag von ClarCert (www.clarcert.com) für den Verein „Babyfreundlich“ in Deutschland | Mitgliedschaften: Ärztekammer Hamburg, Academy of Breastfeeding Medicine (www.bfmed.org), Europäisches Institut für Stillen und Laktation (www.stillen-institut.com), Berufsverband Deutscher Laktationsberaterinnen (www.bdi-stillen.de), Verein „Babyfreundlich“ in Deutschland (www.babyfreundlich.org). M. Guóth-Gumberger: A. Finanzielle Interessen: Honorare und Kostenerstattung im Rahmen der Tätigkeit als Lehrende auf Fortbildungen für Kinderärztinnen und -ärzte sowie Laktationsberater und -beraterinnen. – B. Nichtfinanzielle Interessen: IBCLC in freier Praxis, Lehrtätigkeit | Fachbuch- und Fachartikelautorin. S. Scholl-Bürgi: A. Finanzielle Interessen: Forschungsunterstützung von der Fa. Nutricia für die Studie „Erfassung von Daten zur Mikrobiota bei Propionacidämie“ (Propionic Acidemia Microbiota Data Collection, PAMDC). – Kostenerstattung für Vorträge sowie Teilnahme an Kongressen über ketogene Ernährungstherapien: Fa. Nutricia, Fa. Dr. Schär. – B. Nichtfinanzielle Interessen: angestellte Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde, Tirol Kliniken, Department für Kinder- und Jugendheilkunde | Universitätsklinik für Pädiatrie, Bereich Angeborene Stoffwechselstörungen | Sekretärin der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde | Mitgliedschaften: Ernährungskommission der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde, Society for the Study of Inborn Errors of Metabolism, Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Stoffwechselstörungen, Gesellschaft für Neuropädiatrie.
Wissenschaftliche Leitung
Die vollständige Erklärung zum Interessenkonflikt der Wissenschaftlichen Leitung finden Sie am Kurs der zertifizierten Fortbildung auf www.springermedizin.de/cme.
Der Verlag
erklärt, dass für die Publikation dieser CME-Fortbildung keine Sponsorengelder an den Verlag fließen.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Additional information
Wissenschaftliche Leitung
R. Berner, Dresden
B. Koletzko, München
A. Schuster, Düsseldorf
W. Sperl, Salzburg
Caption Electronic Supplementary Material
CME-Fragebogen
CME-Fragebogen
Eine Mutter glaubt, zu wenig Milch zu haben. Ihr 3 Wochen altes Baby hat zwar bis jetzt gut zugenommen, seit einigen Tagen ist es aber noch unruhiger und weint vermehrt. Was ist am ehesten ein Anzeichen dafür, dass die Milchmenge zu knapp sein könnte?
Das Kind schläft selten länger als 2 h und möchte in den Wachphasen häufig gestillt werden.
Die Brust ist weicher als in der ersten Zeit, und besonders am Abend meldet sich das Kind wiederholt zum Stillen, sodass die Mutter schließt, die Milchmenge reiche nicht aus.
Beim Versuch, die Milchmenge zu überprüfen, konnten mit einer Handpumpe nur 10 ml abgepumpt werden.
Immer wieder kommt es vor, dass das Baby bei einer Stillmahlzeit nach einigen Minuten die Brust loslässt und schreit.
Die Mutter ist noch zusätzlich durch ihre zwei älteren Kinder sehr in Anspruch genommen und hat aus Nervosität wieder zu rauchen begonnen.
Welches Milchvolumen produziert die Mehrzahl der Mütter laut den meisten Studien, wenn sie ein Baby einen Monat lang gestillt hat?
Circa 500 ml/Tag
Circa 800 ml/Tag
Circa 1000 ml/Tag
Das hängt von der Größe und dem Geburtsgewicht des Babys ab.
Das kann nicht festgelegt werden, da das Milchvolumen auch zur gleichen Laktationsphase von einer Mutter zur anderen deutlich unterschiedlich ist.
Was ist ein eindeutiges Zeichen für gutes Gedeihen des Babys entsprechend der WHO-Gewichtskurven?
Die Gewichtszunahme beträgt zwischen 130 und 160 g/Woche in den ersten 2 Monaten.
Das Neugeborene erreicht sein Geburtsgewicht spätestens mit 20 Tagen.
Es wiegt mit 3 Monaten weniger als ein mit Formulanahrung ernährtes Kind gleichen Alters.
Die Gewichtskurve läuft entlang der 10. Perzentile.
Das Baby hat sein Geburtsgewicht mit 6 Monaten verdoppelt.
Ein 4 Wochen altes Baby wird voll gestillt und hat sich gut entwickelt. Seit einem Tag ist das Kind sehr unruhig und will alle 1–2 h an die Brust. Wie sollte sich die Mutter am ehesten verhalten?
Sie soll weiterstillen, und die Pausen zwischen den Mahlzeiten vergrößern, damit das Kind wirklich Hunger hat und gut trinkt. In den Stillpausen soll das Kind viel getragen werden.
Das Kind sollte einen Schnuller bekommen, damit es sein Saugbedürfnis entsprechend befriedigen kann.
Das Kind durchläuft eine normale Entwicklungsphase und sorgt durch sein Stillverlangen für die Etablierung der Milchmenge, die Mutter soll daher häufiger stillen.
Das Kind hat ein größeres Hungerbedürfnis, die Mutter soll mit Formula zufüttern, bis der Wachstumsschub vorbei ist.
Um die Milchmenge zu kontrollieren, die das Baby erhält, sollte eine Stillwägung durchgeführt werden.
Um wie viel Prozent wird laut Studien eine Risikominderung für späteres Übergewicht erreicht, wenn Kinder über mindestens 6 Monate gestillt werden?
50 %
25 %
10 %
8 %
Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Stillen oder Flaschennahrung und späterem Übergewicht.
Eine Mutter ist besorgt wegen der geringen Gewichtszunahme ihres Kindes. Sie möchte den Kaloriengehalt ihrer Muttermilch gern steigern und fragt, welche Nahrungsmittel sie dafür zu sich nehmen soll. Welche Information über Ernährung während der Stillzeit ist richtig?
Es ist sehr wichtig, dass sich Mütter während der Stillzeit gesund ernähren, damit sie in der Lage sind, eine vollwertige Milch zu produzieren.
Die Zusammensetzung der Muttermilch lässt sich nur wenig von der Ernährung der Mutter beeinflussen. Nur bei langfristiger Mangel- bzw. Fehlernährung werden die Muttermilchmenge und der Gehalt einzelner Inhaltsstoffe beeinflusst.
Die Ernährung der Mutter spielt eine wichtige Rolle in Bezug auf die Zusammensetzung der Muttermilch. Vor allem der Fett- und Laktosegehalt werden stark von der Ernährung der Mutter beeinflusst.
Der Fett- und damit der Kaloriengehalt der Muttermilch lassen sich am leichtesten durch die Ernährung der Mutter beeinflussen, was bei schlecht gedeihenden Babys eine Möglichkeit zur besseren Gewichtszunahme ist.
Der Kaloriengehalt der Muttermilch ist durchgehend gleich, um allen Kindern gutes Gedeihen zu ermöglichen.
Eine Mutter mit einem 2 Monate alten ausschließlich gestillten Kind hat Kontakt mit Röteln. Welches Vorgehen ist am ehesten zu empfehlen?
Die Mutter sollte weiterstillen, weil ohnehin von einer Infektion des Kindes ausgegangen werden kann.
Die Mutter sollte das Stillen sofort beenden bzw. eine Stillpause einlegen.
Das Baby muss von der Mutter isoliert werden.
Mutter und Kind sollten sofort gegen Röteln geimpft werden.
Der Rubellavirus (Rötelnvirus) wird erst nach Ausbruch des Exanthems übertragen.
Bei einem 5 h alten gesunden reifgeborenen Baby wurde ein Blutzuckerwert von 40 mg/dl (2,2 mmol/l) gemessen. Welches Vorgehen ist am ehesten zu empfehlen?
Die Mutter sollte ihr Baby stillen und ggf. dazu wecken. Eine Stunde nach dem Stillen sollte der Blutzucker wieder kontrolliert werden.
Es ist keine Behandlung erforderlich.
Das Baby sollte oral Glucoselösung erhalten.
Das Baby sollte 30 ml künstliche Säuglingsnahrung erhalten.
Das Baby sollte oral 25 ml Fett-Kohlenhydrat-Lösung erhalten.
Wie sollte eine Mutter mit einem 16 Wochen alten Baby, das bis jetzt ausschließlich gestillt wurde, weitervorgehen?
Sie sollte in den nächsten ein bis 2 Wochen langsam Beikost einführen.
Sie sollte mit ca. 6 Monaten mit Beikost beginnen und dann jede Woche eine Stillmahlzeit durch eine Breimahlzeit ersetzen.
Sie sollte ca. 6 Monate ausschließlich stillen und mit entsprechender Beikost weiterstillen über den ersten Geburtstag hinaus.
Sie kann ausschließlich stillen, solange sie möchte, da das längere Stillen so viele Vorteile bringt.
Da ausschließliches Stillen länger als 4 Monate keine Vorteile hat, kann sie sofort Beikost einführen und möglichst bald abstillen, damit das Baby genügend feste Nahrung isst.
In neueren Forschungen zu Muttermilch wurde sowohl auf die epigenetische Wirkung als auch auf Muttermilch als ein System zur metabolischen Programmierung des Neugeborenen hingewiesen. Welche der folgenden Aussagen stimmt nicht?
Muttermilch trägt zur korrekten Steuerung von Zellwachstum und Zellteilung bei.
Muttermilch enthält Stammzellen, die epigenetisch wirksam zu sein scheinen.
Stillen ist die beste präventive Maßnahme gegen Übergewicht auch aus epigenetischer Sicht.
Muttermilch enthält mehr Protein als Formulanahrung, und dies steuert die Entwicklung.
Muttermilch enthält als Hauptkohlenhydrat Laktose.
Rights and permissions
Open Access. Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de.
About this article
Cite this article
Karall, D., Nindl, G., Zittera, I. et al. Stillen und Stillberatung. Monatsschr Kinderheilkd 168, 547–560 (2020). https://doi.org/10.1007/s00112-020-00911-1
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00112-020-00911-1