Zusammenfassung
Die Labordiagnostik hat sowohl im empfohlenen initialen „work up“ bei Verdacht auf eine chronisch entzündliche Darmerkrankung (CED) wie auch für das Monitoring des Krankheitsverlaufs und des Therapieansprechens einen klar umrissenen Stellenwert: Mithilfe der „Basislaborparameter“ wie z. B. Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG) können krankheitsspezifische Aktivitätsindizes erstellt werden, und neue serologische Marker (u. a. ANCA [„antineutrophil cytoplasmic antibodies“], ASCA [„anti-saccharomyces cerevisiae antibodies“]) dienen der ergänzenden Differenzierung der CED-Entitäten. Derzeit dürfte das Stuhl-Calprotectin – als am weitreichendsten untersuchter fäkaler Inflammationsmarker – v. a. aufgrund der hohen Sensitivität initial und zur Einschätzung der Krankheitsaktivität der relativ beste Surrogatmarker sein. Nach wie vor ist aber die endoskopisch-histopathologische Evaluierung nicht nur für die Diagnose unabdingbar, sondern auch bezüglich des erklärten Therapieziels des „mucosal healing“, also im Rahmen der präzisen Verlaufsdokumentation. Der Entwicklung weniger invasiver „Biomarker“, die möglichst gut mit dem Schleimhautbefund korrelieren, kommt besondere Bedeutung zu, um die derzeit oft noch notwendige invasive Reevaluierung verringern zu helfen. Wie die Wertigkeit sowohl in der Routine etablierter, aber auch neuer, teils experimentell angewandter serologischer, fäkaler und funktioneller Laborparameter bzw. -tests einzuschätzen ist, und welche diagnostischen Methoden in Erprobung sind, wird im vorliegenden Beitrag erläutert.
Abstract
Laboratory diagnostics are part of the recommended initial diagnostic work-up for suspected chronic inflammatory bowel disease (IBD) as well as for monitoring disease activity and treatment response. Basic laboratory parameters, such as the erythrocyte sedimentation rate (ESR), are used to determine disease-specific activity indices and more novel serological markers, e.g. antineutrophil cytoplasmic antibodies (ANCA) and anti-Saccharomyces cerevisiae antibodies (ASCA) are used to differentiate between IBD entities. Currently, fecal calprotectin, the most broadly investigated fecal inflammatory marker to date, seems to be the relatively best surrogate marker, both initially and for assessment of disease activity and this can be largely attributed to its high sensitivity; however, endoscopic and histopathological evaluations are still mandatory in establishing the diagnosis and also for checking on current treatment paradigms, including treat to target and with respect to the ultimate treatment goal of mucosal healing. Because regular re-endoscopies cause a high burden on pediatric patients, the development of less invasive biomarkers correlating as closely as possible with mucosal features is particularly important. How long-standing routinely used parameters but also more novel and even experimentally applied serological, fecal and functional laboratory markers and diagnostic methods can be rated within this context and which diagnostic methods are undergoing trials are summarized in this article.
Avoid common mistakes on your manuscript.
Die endoskopisch-histologische Evaluation ist zur Diagnose einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) unabdingbar, aber für Kinder und Jugendliche besonders belastend. Daher kommt der Entwicklung weniger invasiver, seien es serologische, fäkale oder funktionelle, Biomarker, die zu Diagnostik und weiterem Monitoring der Erkrankung verwendet werden können, zunehmende Bedeutung zu. Dies gilt umso mehr, als das erklärte Therapieziel des „mucosal healing“, also der histologischen Remission, derzeit mit letzter Konsequenz nur invasiv nachgewiesen werden kann.
Routinediagnostik (konventionelle serologische und fäkale Laborparameter)
Anforderungen an den idealen Labormarker
Ein für das Management einer CED idealer Labormarker sollte vielen Ansprüchen genügen. In der initialen Diagnostik sollte ein Marker zwischen CED, anderen gastrointestinalen Erkrankungen, aber auch den CED-Subentitäten unterscheiden helfen, also möglichst spezifisch sein. Zudem sollte er zur Erfassung der Schwere der Erkrankung per se, der Krankheitsaktivität und zur Prognose eines Schubs herangezogen werden können, ebenso wie zum Monitoring von Krankheitsverlauf und Therapieansprechen. Des Weiteren sollte der zugrunde liegende Labortest minimalinvasiv, einfach anzuwenden und validiert sein sowie und ein rasches Ergebnis bei möglichst geringen Kosten erbringen [1].
Inwiefern konventionelle Basistests ebenso wie neue, im klinischen Alltag noch kaum eingesetzte Marker dieser Erwartung gerecht werden könnten, wird im Folgenden bezüglich der Wertigkeit bei initialer Diagnostik, CED-Differenzierung und Verlaufskontrolle zusammengefasst. Die genetische Diagnostik, u. a. zur Charakterisierung der „very early onset inflammatory bowel diseases“ (VEOIBD; [2]) ist ebenso wenig Gegenstand dieser Arbeit wie Methoden des Drugmonitoring, die J. Däbritz im vorliegenden Heft erläutert.
Die Diagnosekriterien für pädiatrische CED wurden 2014 in revidierter Form von der „Paediatric IBD Porto Group“ der European Society for Paediatric Gastroenterology, Hepatology and Nutrition (ESPGHAN, [3]) publiziert. Diese führen in einem speziellen Algorithmus zahlreiche Laborparameter zur initialen Diagnostik auf. Hierzu zählen serologische Inflammationsmarker, die in unspezifische (gesamtes Blutbild, Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit [BSG], C‑reaktives Protein [CRP], Gesamteiweiß, Albumin und Eisenstoffwechselparameter) und spezifischere („anti-saccharomyces cerevisiae antibodies“ [ASCA] und perinukleäre „antineutrophil cytoplasmic antibodies“ [pANCA], atypische ANCA [X-ANCA] etc.) unterteilt werden können. Ebenso sind der fäkale Inflammationsmarker Calprotectin und mikrobiologische Analysen des Stuhls Bestandteile des Algorithmus.
Serologische Marker
Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit
Die Bestimmung des BSG-Einstunden-Werts ist bei Morbus Crohn (MC) im Kindes- und Jungendalter zur Erfassung der Krankheitsaktivität wichtig. Diese ist nicht nur Teil des Pediatric Crohnʼs Disease Activity Index (PCDAI), einem seit 1991 weltweit angewandten Index zum Monitoring der Erkrankung, sondern auch des erst kürzlich publizierten „weighted PCDAI“ [4]. Im PCDAI entspricht ein BSG-Einstunden-Wert <20 mm/h 0 Punkten, ein Wert von >50 mm/h aber 15 Punkten und wirkt sich damit wesentlich auf den Aktivitätsindex insgesamt aus.
C-reaktives Protein
Der sich rasch ändernde Wert des „Akute-Phase-Proteins“ CRP korreliert recht gut mit der intestinalen Inflammation (CRP ~10–40 mg/l bei milder Inflammation vs. ~50–200 mg/l bei schwerer aktiver Erkrankung). Individuelle Unterschiede des CRP-Ausgangswertes sind aufgrund von CRP-Genpolymorphismen möglich. Dessen ungeachtet ist das je nach CED-Subentität unterschiedliche CRP-„Verhalten“ erwähnenswert – mit wesentlich stärkerer CRP-Reaktion bei MC im Vergleich zur Colitis ulcerosa (CU). So erklärt sich u. a., weshalb der „dynamischere“, bei einem Schub rascher ansteigende und durch eine Anämie weniger beeinflusste CRP-Wert bei CED-Patienten für die Einschätzung der Krankheitsaktivität als nützlicher gilt als die BSG [1]. Dies war auch kürzlich Gegenstand einer retrospektiven Einzelkohortenstudie mit 135 an CED erkrankten Kindern: Beide Laborparameter wurden mit klinisch, endoskopisch-histologisch und radiologisch nachgewiesener Krankheitsaktivität korreliert, sowohl zu Beginn als auch während des 5‑jährigen Follow-up (Tab. 1). Bei Diagnosestellung eines MC waren BSG- und CRP-Werte jeweils signifikant höher als bei CU (BSG: 72 vs. 48 %, p = 0,022; CRP: 85 vs. 46 %, p = 0,001). In den Follow-up-Untersuchungen der MC-Patienten fand sich eine signifikante Korrelation der BSG-Werte mit der klinischen, endoskopischen und histologischen Aktivität, nicht aber mit den radiographischen Befunden. Die CRP-Werte korrelierten signifikant mit der klinischen Aktivität. Für die Verlaufskontrolle bei CU erwiesen sich aber beide Parameter als wenig nützlich [5].
Ob es eine „Hierarchie“ in der Wertigkeit von u. a. BSG und CRP hinsichtlich ihrer Aussagekraft beim initialen „work-up“ noch vor der Endoskopie gibt, wurde prospektiv bei 256 pädiatrischen CED-Patienten (MC: 151; CU: 95; CED-unklassifiziert [CED-U]: 10) untersucht: Es hatten 56,4 % und 53,4 % der Patienten zu hohe BSG- bzw. CRP-Werte. Auch in dieser Studie waren diese Werte bei MC- signifikant höher als bei CU-Patienten, bei denen wiederum signifikant häufiger normale BSG- und CRP-Befunde erhoben wurden (CU 34 %; MC 15,8 %; p = 0,0035). Insgesamt waren die serologischen Inflammationsmarker bei 15 % der diagnostizierten CED-Patienten unauffällig [6].
„Antineutrophil cytoplasmic antibodies“/„anti-saccharomyces cerevisiae antibodies“
Der positive Ausfall der ANCA- bzw. ASCA-Reaktion ist ein CED-Charakteristikum, dessen Wertigkeit für die Differenzierung der 3 CED-Subentitäten (MC, CU, CED-U) bisher am umfangreichsten von Birimberg-Schwartz et al. [7] untersucht wurde: In einer retrospektiven multizentrischen Longitudinalstudie mit 406 pädiatrischen Patientinnen und Patienten aus 23 Zentren ging es v. a. um die Abgrenzung der CED‑U von MC und CU. Hierzu wurden übereinstimmend große Kohorten analysiert (29 % mit MC-Colitis, 35 % mit CU, 36 % mit CED-U).
Der „dynamischere“ CRP-Wert ist zur Einschätzung der CED-Krankheitsaktivität nützlicher als die BSG
Bei CED‑U wurde die Konstellation pANCA−/ASCA− am häufigsten gefunden, während das Seroprofil pANCA−/ASCA+ eine gute Differenzierung von MC-Colitis vs. CED‑U erlaubte (Spezifität 83 %; positiver prädiktiver Wert 96 %). Im Gegensatz dazu war das Seroprofil pANCA+/ASCA− für die Differenzierung der CED-Subentitäten nicht so aussagekräftig, korrelierte aber bei Diagnose einer CU signifikant mit der Schwere der Erkrankung (p = 0,033), ebenso wie das Profil ASCA+/ASCA+ mit besonders ausgeprägter Krankheitsaktivität bei MC-Colitis.
Zusammenfassend erscheint derzeit der Nutzen dieser Seroprofile für die Vorhersage des weiteren Krankheitsverlaufs bei CED mit Prädilektion im Colon noch nicht überzeugend und sollte nicht als einziges Diagnostikum zur Differenzierung von CED‑U vs. MC-Colitis und CU herangezogen werden.
Fäkales Calprotectin
Calprotectin, ein Protein der Multigenfamilie S‑100, dient dem Nachweis neutrophiler Granulozyten in entzündetem intestinalem Gewebe, und zwar mithilfe einer Stuhlprobe. Der Test auf fäkales Calprotectin (FC) ist nichtinvasiv und bezüglich einer gastrointestinalen Inflammation sehr sensitiv, aber nicht so spezifisch (0,98; 95 %-KI 0,95–0,99 bzw. 0,68; 95 %-KI 0,5–0,86). Große Vorteile stellen die Stabilität bei Raumtemperatur über mehrere Tage, die Resistenz gegenüber der Degradierung und die geringen Nachweiskosten dar [8].
Das FC dient seit Langem der Indikationsstellung für Endoskopien des Gastrointestinaltrakts bei CED-Verdacht [3]. In einer Metaanalyse wurde untersucht, ob die Hinzufügung der FC-Bestimmung als Einzeltest – auch im Vergleich zu serologischen Markern – in einem symptomorientierten Vorhersagemodell hilfreich zur Differenzierung der CED-Subentitäten und zur Einschätzung des Risikos schwerer Erkrankung sein könnte (Tab. 2). In diese Analyse wurden nur Studien inkludiert, die genügend individuelle Daten zu Kindern mit mäßigem bis schwerem CED-Risiko boten, um die adäquate Validierung des FC anhand endoskopisch-histologischer Diagnostik bzw. klinischem Follow-up zu erlauben. Obwohl auch serologische Parameter (CRP, BSG, Thrombozyten, Hämoglobin, Albumin) für sich genommen und in Ergänzung zu den klinischen Symptomen die Unterscheidung, ob ein Patient eine CED hatte oder nicht, signifikant verbesserten, erwies sich FC als bester Marker: Durch seine zusätzliche Analyse ließ sich die „Area under the curve“ (AUC) der Symptome um 0,26 verbessern und der Evaluierung der klinischen Symptome der relativ größte diagnostische Wert hinzufügen [9]. Allein durch zusätzliche FC-Bestimmung stieg die Identifizierung jener Patienten, die keine CED hatten, von 33 auf 91 %. Der Anteil jener, die fälschlich als Niedrigrisikopatienten für eine CED eingestuft worden waren, nahm von 16 auf 9 % ab. Vor allem die Gruppe, die zunächst als mit mäßigem CED-Risiko klassifiziert worden war, verringerte sich von 55 auf 6 %.
Zusätzliche FC-Bestimmung erwies sich zur Identifizierung von Patienten, die keine CED haben, als hilfreich
Ob FC auch dem seriellen Monitoring der CED-Aktivität und des Therapieerfolgs dient, wurde anhand von 5, teils prospektiven, pädiatrischen Studien mit 15 bis 76 Patienten mit MC bzw. CU und einer Biologikatherapie untersucht [10]. Als wichtigstes Ergebnis zeigte sich, dass die FC-Werte nach der Therapie signifikant niedriger waren als vorher, womit das Ansprechen auf die Therapie eindeutig unterstrichen werden konnte. Ob eine FC-Einzelmessung bei klinisch inaktiver CED einen erneuten „relaps“ vermuten lassen könnte, war Gegenstand der Analyse 7 weiterer Studien, mit jeweils 40 bis 100 Patienten: Der Vergleich der FC-Medianwerte von Patienten in Remission mit jenen im Schub, ergab übereinstimmend hohe Sensitivitäten für die Vorhersage eines Rückfalls (~90 %), mit Spezifitäten um 83 % [10]. Ergänzend stellte eine pädiatrische Studie mit fast 80 Kindern fest, dass Therapieintensivierungen – lediglich aufgrund steigender FC-Werte – generell eine klinische Besserung bewirkten und die Messung nur dieses einen Parameters daher wesentlich war [11].
Wie sich ein anderer fäkaler Biomarker, Lactoferrin, im Vergleich zu FC beurteilen lässt, ist einem systematischen Review von 19 Studien mit fast 2500 Patienten mit aktiver CED zu entnehmen: Der Vergleich von CRP, FC, Stuhl-Lactoferrin und dem endoskopischen Befund als „Goldstandard“ ergab für das CRP eine Sensitivität von 0,49 bezüglich der endoskopisch aktiven Erkrankung (Spezifität 0,92). Im Gegensatz dazu erwies sich die diagnostische Genauigkeit beider Stuhlmarker als wesentlich besser – so betrug bei FC die Sensitivität 0,88 (Spezifität 0,73), und bezüglich des Stuhl-Lactoferrin zeigten sich ähnlich gute Ergebnisse (Sensitivität 0,82; Spezifität 0,79; [12]).
Neue serologische Marker
Ob neue serologische Marker (12 untersuchte Marker, u. a. Antikörper [AK] gegen bakterielles Flagellin CBir, Anti-Glykan-AK bzw. pankreatische Auto-AK) bei pädiatrischen Patienten eine verbesserte Differenzierung zwischen MC und CU bzw. CED und gesunden Kontrollen ermöglichen, wurde von Kovács et al. systematisch analysiert [13]: Dabei erwiesen sich gASCA (Mannan-Epitop von Saccharomyces cerevisiae) für die Diagnose eines MC und Anti-I2 für die Diagnose einer CU als jeweils am sensitivsten (Sensitivität 60,7–62,7 % bzw. 41,7–42 %). Auch der positive Vorhersagewert des gASCA für MC vs. CU war für besonders hoch (87,1–92,5 %, Tab. 3). Bezüglich der Unterscheidung von MC und gesunden Kontrollen ergaben sich hohe Sensitivitäts- und Spezifitätswerte (87,4 % bzw. 89,3 %), bei Kombinationen der Marker „pancreatic antibodies“ (PAB) und/oder ASCA und/oder pANCA für die Differenzierung zwischen CU und gesunden Kontrollen dürfte derzeit pANCA am geeignetsten sein (Sensitivität 77,5 %; Spezifität 94,2 %), aber auch Kombinationen von pANCA und u. a. PAB (Sensitivität 79,6 %; Spezifität 94,2 %; Tab. 4).
Ob mithilfe des zusätzlichen Einsatzes dieser Marker der weitere Erkrankungsverlaufs stratifiziert werden kann, konnte bisher insofern gezeigt werden, als die Positivität des Nachweises von Anti-OmpC, Anti-CBir1, Anti-I2 und ASCA bei Kindern mit strikturierendem oder perforierendem MC-Phänotyp und damit MC-spezifischer Operation assoziiert sind. Dagegen korrelierten hohe Anti-CBir1- bzw. pANCA-Spiegel bei an einer CU erkrankten Kindern und Jugendlichen mit einer Pouchitisneigung nach durchgeführter ileoanaler Anastomose [14].
Fokussiert auf die Anti-Glykan-Kohlenhydrat-AK („anti-mannobioside carbohydrate antibodies“ [AMCA], „anti-chitobioside carbohydrate antibodies“ [ACCA], „anti-laminaribioside carbohydrate antibodies“ [ALCA], Anti-Laminarin‑, Anti-Chitin-AK) als Seromarker und ihren Stellenwert bei initialer Diagnostik und Follow-up stehen Daten von 195 CED-Patienten (MC: 107; CU: 88) im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen zur Verfügung: Die Multivariatanalyse ergab, dass eine Positivität von zumindest einem Anti-Glykan-Kohlenhydrat-AK signifikant mit MC (<0,0001) und CU (<0,0007) im Vergleich zu Kontrollpersonen korrelierte. Zur Differenzierung von MC und CU war die Kombination positiver ASCA- und ANCA-Nachweise am effizientesten, was sich durch die zusätzliche Analyse der Anti-Laminarin-AK noch verbessern ließ. In der Einschätzung des Risikos eines schweren Krankheitsverlaufs half v. a. die AMCA-Bestimmung [15].
Ergänzend dazu wurde die Frage, ob bei Kindern und Jugendlichen mit MC ein strikturierender oder penetrierender Krankheitsverlauf anhand des Seroprofils vermutet werden könnte, prospektiv von Kugathasan et al. analysiert [16]: In einer multizentrischen Studie mit 913 Patienten erwiesen sich die Positivität von ASCA-IgA- bzw. CBir1-Antikörpern als hochsignifikant, v. a. für einen strikturierenden, aber auch einen penetrierenden Phänotyp (p < 0,00816 bzw. p < 0,007).
Ob die serologische Reaktivität auch bei CU Aussagen zum Phänotyp erlaubt, untersuchten kürzlich Spencer et al. und fanden, dass ein hoher pANCA-Titer mit einer extensiven Erkrankung assoziiert ist [17].
Neue Technologien
Charakterisierung der Mikrobiotadiversität
Zur Objektivierung des Therapieziels der histologischen Remission („mucosal healing“, „deep remission“) ist derzeit die regelmäßige endoskopisch-histologische Reevaluation nötig. Diese könnte idealerweise, zumindest teils, durch eine nichtinvasive Diagnostik ersetzt werden. Bisher haben aber jegliche molekulare (z. B. pluripotente Vorläufer/pluripotente Stammzellen; [18]), epigenetische, mikrobielle oder metabolische Charakterisierungen einer Schleimhautheilung noch keinen Eingang in die Routinediagnostik gefunden (Abb. 1).
Da bei CED das „Ökosystem“ verändert ist – so ist „Niedrigrisiko“-CED eher mit der Dominanz von z. B. Bifidobakterien assoziiert ist, während bei aktiver CED wesentlich mehr Enterobacteriaceae oder Neisseriaceae gefunden werden – könnten mikrobielle Biomarker zur genauen Beschreibung des Krankheitsverlaufs genutzt werden (Tab. 5): Solche mikrobiotaassoziierten Biomarker (z. B. Lipopolysaccharide, LPS) lassen sich sogar einschließlich der Charakterisierung ihrer Diversität (z. B. Faecalibacterium-Spezies) aus dem Serum bestimmen. Die Analyse der Mikrobiota des Speichels kann ebenfalls aufschlussreich sein, denn ihre Zusammensetzung ändert sich ebenso je nach CED-Verlauf. Und auch die Untersuchung der Mikrobiota aus der Rektummukosa – hier ist die Biopsieentnahme relativ wenig invasiv – ist aussagekräftiger als jene des fäkalen Kompartments.
Mithilfe mikrobieller Marker kann aktuell v. a. zwischen MC und „Nicht-MC“ unterschieden werden
Kombinierte man die Ergebnisse solcher Untersuchungen, ließe sich evtl. ein „Dysbiosesindex“ zur klinischen Nutzung entwickeln. Da sich aber die Mikrobiotakompositionen interindividuell stark unterscheiden und sich selbst die Komposition beim einzelnen Patienten über die Zeit ändert, ist derzeit der Vorhersagewert evtl. Indikatororganismen im Hinblick auf Diagnose, Phänotyp der Erkrankung oder Therapieansprechen noch zu gering, als dass solch ein mikrobieller Marker routinemäßig eingesetzt werden könnte [19].
In diesem Kontext ist eine multizentrische Studie mit mehr als 2000 MC- und CU-Patienten im Vergleich zu Kontrollprobanden besonders interessant, da sie u. a. die longitudinale Auswertung eines Datensatzes von 115 Mio. analysierten Sequenzen beinhaltet [20]: Dabei zeigten sich Cluster-Formationen die Mikrobiota, die – je nachdem, ob es sich um MC- oder CU-Patienten oder Kontrollprobanden handelte – signifikant divergierten. Vor allem die Mikrobiota der MC-Patienten waren im Vergleich zu CU-Patienten und Kontrollprobanden bezüglich der Qualitätsmerkmale „Reichtum“ und „Ausgeglichenheit“ signifikant beeinträchtigt. Auch taxonomische Differenzen der Mikrobiota von MC-Patienten und Kontrollen fielen auf, u. a. fanden sich wesentlich mehr Anaerobier bei MC-Patienten. Diese Dysbiose war bei den MC-Patienten der spanischen Kohorte besonders ausgeprägt, und es kristallisierten sich 8 mikrobielle Gruppen heraus, die evtl. eine für MC spezifische mikrobielle Signatur darstellen könnten: Aktuell wies diese Signatur im Vergleich zur Signatur der Gesamtkohorte eine Sensitivität von 80 % und Spezifität von 94 % auf (MC vs. Kontrollprobanden) sowie Sensitivitäten von 89 % für MC. vs. Reizdarmsyndrom bzw. von 91 % vs. CU. Damit bestätigte sich, dass MC und CU auch auf dem Mikrobiota-Level unterschiedliche CED-Subtypen darstellen und außerdem mithilfe mikrobieller Marker v. a. zwischen MC und „Nicht-MC“ unterscheiden kann. Spannend ist, dass Mikrobiotaanalyse dieser Qualität bereits für 150 €/ Stuhlprobe erhältlich sind, mit einer Untersuchungsdauer von einem Tag.
Fäkale Aminosäureprofile
Ob die Analyse von Aminosäureprofilen (Separation der Aminosäuren mithilfe der Ionenaustauschchromatographie und Detektion via UV-Absorption) aus dem Stuhl zur Entwicklung diagnostisch nutzbarer noninvasiver Biomarker beitragen könnte, war Gegenstand einer pädiatrischen Studie (Tab. 6; [21]): In der Fall-Kontroll-Studie mit 30 CED-Patienten (15 MC, 15 CU) – noch ohne Therapie – vs. 15 bezüglich Alter, Geschlecht, Herkunftsregion und Ausbildung übereinstimmenden Kontrollprobanden wurden klinischer Status, endoskopischer Befund, CRP, FC und fäkale Aminosäureprofile erfasst. Die Aminosäureprofile der CED-Patienten unterschieden sich hinsichtlich 6 der 19 analysierten Aminosäuren (Histidin, Tryptophan, Phenylalanin, Leucin, Tyrosin und Valin) signifikant von jenen der Kontrollprobanden – mit AUC-Werten >0,75 und generell höheren Leveln bei CED. Das hohe diskriminative Potenzial betraf auch die Unterscheidung zwischen MC und CU sowie zwischen CU und Kontrollprobanden, mit signifikanten Differenzen bezüglich 5 der 19 Aminosäuren. Auch dieser Test ist relativ rasch umzusetzen und nicht teuer.
Atemtests
Erkrankungen, die mit ausgeprägtem Stress einhergehen – z. B. zystische Fibrose, Diabetes mellitus Typ 1 oder Tuberkulose – können u. a. mithilfe der molekularen Analyse der Ausatemluft näher charakterisiert werden. Hierbei kommen massenspektrometrische Techniken wie Gaschromatographie oder auf Sensorarrays von Nanopartikeln beruhende Verfahren zur Anwendung. Inwiefern sich die so untersuchten „volatilen organischen Komponenten“ („volatile organic compounds“, VOC) von CED-Patienten im Vergleich zu an infektiöser Diarrhö Erkrankten und gesunden Probanden unterscheiden, analysierten Monasta et al. in einer Fall-Kontroll-Studie. Die Autoren versuchten, ein spezifisches VOC-Muster, das mit veränderter intestinaler Homöostase einhergeht, zu erfassen [22]. Verglichen wurden 4 Gruppen pädiatrischer Patienten mit MC-Colitis oder CU vs. Kontrollprobanden mit unspezifischen gastrointestinalen Symptomen bzw. Kontrollprobanden, die einer Operation unterzogen worden waren, aber keine gastrointestinale Erkrankung hatten. Die Analyse der alveolaren Ausatemluft erfolgte mithilfe 4 unterschiedlicher Modelle, beginnend mit 81 VOC, einschließlich dem Alter der Untersuchten als zusätzlicher unabhängiger Variabler: Die Untersuchung von 18 VOC, einschließlich des Patientenalters, ergab für die Unterscheidung von CED vs. Kontrollprobanden eine 95 %ige Sensitivität dieser Komponenten. Ähnlich hoch war die Sensitivität (94 %), wenn Patienten mit MC und CU verglichen wurden (anhand von 13 VOC). Auch für den Vergleich von CED-Patienten mit Kontrollprobanden, die gastrointestinale Symptome hatten, ergab sich – beruhend auf 15 VOC – eine Sensitivität von 94 % (Spezifitäten 65 bzw. 76 %).
Eine weitere Untersuchung zur Wertigkeit der VOC als noninvasivem Biomarker, aus Harn und Stuhl, erfolgte inzwischen bei 20 vier- bis 17-jährigen Patienten mit CED-Verdacht: Die Proben wurden während des initialen Work-up, aber noch vor den Endoskopien entnommen und die Ergebnisse von jeweils 5 neu diagnostizierten Patienten mit MC bzw. CU mit 10 bezüglich Alter und Geschlecht passenden Kindern mit normalem histologischem Befund verglichen. Die VOC-Profile sowohl aus dem Stuhl (p-Wert 0,038; AUC 0,73) wie auch aus dem Harn (0,028, AUC 0,78) divergierten signifikant zwischen CED-Patienten und Kontrollprobanden. Die Profile wurden daher, ungeachtet der beiden Medien, aus denen sie analysiert wurden, hinsichtlich des Potenzials eines noninvasiven Biomarkers als für die pädiatrische CED-Diagnostik gleich gut eingestuft [23].
Fazit für die Praxis
-
Noninvasive Labortechniken ergänzen die invasive Diagnostik chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen (CED) wesentlich und werden für das Monitoring von Verlauf und Therapieansprechen immer wichtiger, da sie zunehmend mit dem Schleimhautbefund korrelieren.
-
Von den serologischen Routinemarkern erwiesen sich C‑reaktives Protein (CRP) und – etwas weniger – die Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG) als hilfreich im Management von Morbus Crohn (MC) bei Kindern, aber als weniger aussagekräftig bei Colitis ulcerosa (CU). Zur Differenzierung der CED-Entitäten sind Marker wie „antineutrophil cytoplasmic antibodies“ (ANCA; CU) und „anti-saccharomyces cerevisiae antibodies“ (ASCA; MC) eine Ergänzung. Obwohl weniger spezifisch, ist der hohe Stellenwert des fäkalen Calprotectins (FC) für den CED-Ausschluss sowie das Monitoring von Krankheitsaktivität und Therapieansprechen derzeit im klinischen Alltag unwidersprochen.
-
Interessant zur noch differenzierteren noninvasiven Charakterisierung von CED vs. Nicht-CED, CED-Phänotyp sowie Schwere und Verlauf der Erkrankung dürften neuere serologische Marker (u. a. IgA-Antikörper gegen Saccharomyces cerevisiae [ASCA-IgA]- bzw. Antikörper gegen das Flagellin CBir1 [CBir1-AK]), mikrobielle CED-spezifische Signaturen sowie volatile organische Komponenten aus Ausatemluft, Stuhl und Harn sein.
Literatur
Vermeire S et al (2006) Laboratory markers in IBD: useful, magic, or unnecessary toys? Gut 55(3):426–431
Uhlig HH (2014) The diagnostic approach to monogenic very early onset inflammatory bowel disease. Gastroenterology 147(5):990–1007
Levine A (2014) ESPGHAN revised porto criteria for the diagnosis of inflammatory bowel disease in children and adolescents. J Pediatr Gastroenterol Nutr 58(6):795–806
Turner D et al (2017) Which PCDAI version best reflects intestinal inflammation in pediatric Crohn disease? J Pediatr Gastroenterol Nutr 64(2):254–260
Alper A et al (2017) Correlation of ESR and CRP with pediatric inflammatory bowel disease activity. J Pediatr Gastroenterol Nutr 65(2):e25–e27
Ashton JJ et al (2018) Analysis and hierarchical clustering of blood results before diagnosis in pediatric inflammatory bowel disease. Inflamm Bowel Dis. https://doi.org/10.1093/ibd/izy369
Birimberg-Schwartz L, Turner D, Paediatric IBD Porto Group of ESPGHAN, Paediatric IBD Porto Group of ESPGHAN (2016) pANCA + ASCA in children with IBD‑U, Crohn’s colitis, and UC—a longitudnal report from the IBD Porto group of ESPGHAN. Inflamm Bowel Dis 22(8):1908–1914
Kostakis ID et al (2013) Fecal calprotectin in pediatric IBD: a systematic review. Dig Dis Sci 58(2):309–319
Holtman GA (2017) Use of laboratory markers in addition to symptoms for diagnosis of IBD in children: a meta-analysis of individual patient data. JAMA Pediatr 171(10):984–991
Sipponen T, Kolho KL et al (2015) Fecal calprotectin in diagnosis and clinical assessment of IBD. Scand J Gastroenterol 50(1):74–80
El-Matary W, Abej E, Deora V, Singh H, Bernstein CN (2017) Impact of fecal calprotectin measurement on decision-making in children with inflammatory bowel disease. Front Pediatr 25(5):7
Mosli MH et al (2015) CRP, fecal calprotectin, and stool Lactoferrin for detection of endoscopic activity in symptomatic inflammatory bowel disease patients: a systematic review + meta-analysis. Am J Gastroenterol 110(6):802–819
Kovács M, Veres G et al (2014) New serological markers in pediatric patients with inflammatory bowel disease. World J Gastroenterol 20(17):4873–4882
Dubinsky MC et al (2008) Increased immune reactivity predicts aggressive complicating CD in children. Clin Gastroenterol Hepatol 6(10):1105–1111
Paul S et al (2015) Association of anti-glycan antibodies and IBD course. J Crohns Colitis 9:445–451
Kugathasan S et al (2017) Prediction of complicated disease course for children newly diagnosed with Crohn’s disease: a multicentre inception cohort study. Lancet 389(10080):1710–1718
Spencer EA et al (2018) Serologic reactivity reflects clinical expression of UC in children. Inflamm Bowel Dis 24(6):1335–1343
Marlicz W et al (2018) Emerging concepts in non-invasive monitoring of Crohn’s disease. Therap Adv Gastroenterol 11:1756284818769076. https://doi.org/10.1177/1756284818769076
Dubinsky M (2015) Diagnostic and prognostic microbial biomarkers in IBD. Gastroenterology 149(5):1265–1274
Pascal V et al (2017) A microbial signature for Crohn’s disease. Gut 66(5):813–822
Bosch S et al (2018) Fecal amino acid analysis can discriminate de novo treatment-naïve pediatric inflammatory bowel disease from controls. J Pediatr Gastroenterol Nutr 66(5):773–778
Monasta L et al (2017) Inflammatory bowel disease and patterns of volatile organic com-pounds in the exhaled breath of children: a case-control study using Ion molecule reaction-mass spectrometry. PLoS ONE 12(8):e184118
El Manouni S et al (2019) Simultaneous assessment of urinary and fecal volatile organic compound analysis in de novo pediatric IBD. Sensors (Basel) 19(20):E4496. https://doi.org/10.3390/s19204496
Funding
Open access funding provided by Medical University of Graz.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Ethics declarations
Interessenkonflikt
A.C. Hauer gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von der Autorin keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Additional information
Redaktion
A. Hauer, Graz
R. Kerbl, Leoben
Rights and permissions
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de.
About this article
Cite this article
Hauer, A.C. Labordiagnostik bei chronisch‑entzündlichen Darmerkrankungen. Monatsschr Kinderheilkd 168, 314–322 (2020). https://doi.org/10.1007/s00112-020-00853-8
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00112-020-00853-8