Kurze Hinführung zum Thema

Mit Sorge beobachten Kinder- und Jugendmediziner mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Allergologie die Entwicklung, dass im letzten Jahrzehnt immer weniger Mediziner die Zusatzweiterbildung Allergologie abschließen. Im Gegensatz dazu steht die Tatsache, dass die Inzidenz atopischer Erkrankungen v. a. auch im Kindes- und Jugendalter dramatisch gestiegen ist. Gerade hier spielen die Primär- und Sekundärprävention eine entscheidende Rolle. Mit stetiger Weiterentwicklung der molekularen Allergiediagnostik sowie neuen Therapieoptionen u. a. im Bereich der Biologika nimmt zudem die Komplexität der allergologischen Patientenversorgung zu. In diesem Beitrag werden die Struktur sowie die Rahmenbedingungen der Weiterbildung Allergologie in der Pädiatrie analysiert.

Hintergrund und Fragestellung

In den letzten Jahren war im Bereich der Allergologie ein deutlicher Rückgang abgelegter Prüfungen zu verzeichnen (224 Prüfungsabsolventen 2007 und 111 im Jahr 2016). Im Gegensatz dazu ist eine Zunahme von Allergien im Kindesalter zu verzeichnen. Im Rahmen der Datenerhebung der KiGGS-Welle 2 (Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland, 2014–2017) zeigte sich, dass 16 % aller Kinder in Deutschland von einer atopischen Erkrankung betroffen sind (2,1 Mio.) und bei 23,7 % jemals eine atopische Erkrankung festgestellt wurde, sodass dies einen enormen Stellenwert in der Praxis von Pädiatern einnimmt. Besorgniserregend ist, dass im Vergleich zur ersten Hälfte des 20. Jh. bei den 0 bis 17 Jahre alten Kindern die Zwölfmonatsprävalenz für Heuschnupfen (8,8 %), Neurodermitis (7,0 %) und Asthma (3,5 %) auf hohem Niveau stabil bleibt [8]. Zusätzlich sind seltene, z. T. schwer verlaufende Krankheitsbilder wie z. B. ein „food protein-induced enterocolitis syndrome“ (FPIES) primär in der Kinderheilkunde anzutreffen. Kinderärzte/Kinderärztinnen haben die Aufgabe, die Familien im Hinblick auf Primär‑, Sekundär- und Tertiärprävention allergischer Erkrankungen zu beraten, um frühzeitig eine entsprechende Diagnostik und Therapie einleiten zu können. Aktuell spielt dies leider in der klinischen Ausbildung zum Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin eine marginale Rolle.

Daher entstand die Idee, genauer zu erfassen, wie die Ausbildung hin zu allergologisch spezialisierten Kinderärzt*innen verläuft. Die Nachwuchsgruppe der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPAU) führte zu diesem Thema Anfang 2018 eine Umfrage durch. Ziel dieser Umfrage war es, die Rahmenbedingungen der allergologischen Ausbildung von Kinderärzt*innen in Deutschland genauer zu beleuchten, um anhand der Ergebnisse neue Ausbildungsansätze zu etablieren, die Ausbildung insgesamt attraktiver zu gestalten sowie junge Kolleg*innen vermehrt für das Fach Allergologie zu begeistern.

Zeitgleich wurde das Format der Zusatzweiterbildung Allergologie überarbeitet und mit der Musterweiterbildungsordnung (MWBO) am 18.05.2018 auf dem Deutschen Ärztetag verabschiedet [2]. Die nun beschlossene berufsbegleitende allergologische Zusatzweiterbildung, die – wie auch zuvor – einheitlich für alle Fachdisziplinen gilt, basiert zum einen auf einem Kurssystem, welches theoretische Inhalte vermittelt, sowie der praktischen Ausbildung bei einem Weiterbildungsermächtigten für Allergologie, für die bestimmte Fallzahlen erbracht werden müssen [6, 10].

Ziel der hier vorgestellten Umfrage war es, den derzeitigen Stand der Weiterbildung der kinderärztlich tätigen Allergolog*innen in Deutschland darzustellen und verbesserungswürdige Aspekte in der Weiterbildung v. a. im Hinblick auf die neue MWBO hervorzuheben.

Studiendesign und Methoden

Die Nachwuchsgruppe der GPAU führte im Jahr 2018 eine Umfrage anhand von Fragebogen durch. Befragt wurden zum einen alle Kinderärzte/Kinderärztinnen mit der Weiterbildungsermächtigung für Allergologie in Deutschland, sowie Kinderärzte/Kinderärztinnen, die sich in der Weiterbildung Allergologie befinden oder diese innerhalb der letzten 5 Jahre abgeschlossen haben.

Zur Vorbereitung der Umfrage wurden 2 Fragebogen für die Weiterbildungsermächtigten und die Weiterzubildenden entwickelt, in denen demografische Daten sowie Daten zum Ausbildungsstandort und den Rahmenbedingungen der Ausbildung erfasst wurden. Angelehnt an den Ausbildungskatalog wurden inhaltliche Schwerpunkte dokumentiert sowie die Ausbildung praktischer Fertigkeiten abgefragt. In offenen Fragefeldern wurden Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Ausbildungsinhalte sowie Wünsche zur Verbesserung der allergologischen Weiterbildung erfasst. Zuletzt wurden beiden Gruppen Fragen zur Qualität der Weiterbildung gestellt.

Aus den Listen der Landesärztekammern wurden die zur Weiterbildung in der Allergologie ermächtigten Kinderärzte/Kinderärztinnen deutschlandweit ermittelt (n = 169). Zum Zeitpunkt der Umfrage gab es 51 Kolleg*innen im Gebiet der Westdeutschen Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Allergologie und Pneumologie e. V. (WAPPA), 51 im Gebiet der Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Allergologie und Pneumologie Süd e. V. (APGAS), 36 im Gebiet der Norddeutschen Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Allergologie und Pneumologie (NAPPA) und 31 im Gebiet der Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Pneumologie und Allergologie e. V. (APPA) (Abb. 1). Allen wurden per Post 2 Fragebogen zugeschickt, einen für sie selbst und einen für die potenziell Weiterzubildenden. Es wurde darum gebeten, auch die Weiterzubildenden der letzten 5 Jahre zu kontaktieren. Die Beantwortung konnte in Papierform oder mit einem „online tool“ (EvaSys, Electric Paper Evalutionssysteme GmbH, Lüneburg, Deutschland) erfolgen.

Abb. 1
figure 1

Verteilung der regionalen Gesellschaften und der Weiterbildungsermächtigten in Deutschland. (a aus [11], mit freundl. Genehmigung, ©WAPPA, alle Rechte vorbehalten; b aus [1], mit freundl. Genehmigung, ©batchgeo, alle Rechte vorbehalten)

Ergebnisse

Umfrage der Weiterbildungsermächtigten

In der Umfrage der Weiterbildungsermächtigten betrug der Rücklauf der Fragebogen 33 % (56 von 169). Das mittlere Alter lag bei 54 Jahren (Altersverteilung 40 bis 65 Jahre), wobei 29 % der Befragten zwischen 61 und 65 Jahren sind. 80 % der Befragten waren männlich. Die meisten der Befragten hatten eine 18-monatige und damit volle Weiterbildungsermächtigung (71 %). 31 % boten ihre Weiterbildung ausschließlich in einer Praxis an, 4 % an einer Rehabilitationsklinik, 33 % an einem nichtuniversitären Krankenhaus und 21 % an einer Universitätsklinik. Die Weiterbildung wurde in 6 Fällen (11 %) in Kombination unterschiedlicher Einrichtungen angeboten. Es arbeiteten 11 Kolleg*innen als Chefärzte/Chefärztinnen, 23 als Oberärzte/Oberärztinnen. Fast ein Drittel der Befragten waren Praxisinhaber. 70 % der Befragten hatten eine persönliche KV-Ermächtigung. Aktuell befanden sich bei 17 pädiatrischen Kolleg*innen niemand in der Weiterbildung Allergologie (davon 10 im niedergelassenen Bereich), 38 Kolleg*innen haben eine/einen oder mehr Weiterbildungsassistentin/Weiterbildungsassistenten. Innerhalb der letzten 3 Jahre hatten 10 Kolleg*innen keine/keinen Weiterbildungsassistentin/Weiterbildungsassistenten, 41 Kolleg*innen hatten eine/einen oder mehr. In der Umfrage wurden hauptsächlich wirtschaftliche Gründe, aber auch ein fehlendes Interesse und persönliche Leistungserbringung angegeben, weshalb Weiterbildungsstellen unbesetzt blieben (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Anzahl der Weiterbildungsassistent*innen bei einem Weiterbildungsermächtigten

Die meisten Weiterbildungsermächtigten waren Mitglieder der WAPPA (27 %) und der APGAS (25 %) (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Verteilung der Weiterbildungsermächtigten vs. Weiterbildungsassistent*in in den regionalen Gesellschaften. a Weiterbildungsermächtigte, b Weiterbildungsassistent*innen

Umfrage der Weiterzubildenden

32 Weiterbildungsassistent*innen beantworteten den Fragebogen. Die meisten der Weiterbildungsassistent*innen waren weiblich (66 %). Das mittlere Alter lag bei 38 Jahren (Altersverteilung 30 bis 50 Jahre). Der Großteil der Befragten (78 %) führte ihre Weiterbildung an einer Klinik durch, davon fast die Hälfte an einer Universitätsklinik. Die Ausbildung in einer kombinierten Rehabilitations- sowie Akutklinik durchliefen zwei Teilnehmer*innen und ein Teilnehmer an einer reinen Rehabilitationsklinik. Keiner der Teilnehmer*innen absolvierte die Ausbildung in einer Praxis.

Die Mehrzahl der Weiterbildungsassistent*innen arbeitete in Vollzeit (59 %), es gibt jedoch auch unterschiedliche Teilzeitmodelle. An der Universität arbeiten die meisten Kollege*innen in Vollzeit (64 %). An den nichtuniversitären Kliniken liegt die Quote der Vollzeitbeschäftigten bei 57 %. Die männlichen Kollegen arbeiteten in den meisten Fällen in Vollzeit (82 %), wohingegen die weiblichen Kolleginnen zu gleichen Teilen in Vollzeit bzw. Teilzeit arbeiten.

Auf die Frage, welchen Anteil allergologische Inhalte in der wöchentlichen Gesamtarbeitszeit ausmachten, gaben 6 Befragte an, in mehr als 50 % ihrer Arbeitszeit allergologisch tätig zu sein; alle anderen arbeiteten den überwiegenden Anteil allgemeinpädiatrisch. Im Durchschnitt lag der Anteil der allergologischen Inhalte an der Gesamtarbeitszeit an Universitätskliniken bei 35 %, an den nichtuniversitären Kliniken und Rehabilitationskliniken bei 28 % (Abb. 4). Durch Dienste kam es bei 41 % der Teilnehmer*innen häufig vor, dass wenig Zeit für die spezielle allergologische Weiterbildung blieb. Die Mehrzahl der Weiterzubildenden gab an, dass die Weiterbildung häufig außerhalb der regulären Arbeitszeit stattfand (82 % an Universitätskliniken und 64 % an nichtuniversitären Kliniken). Die Assistenten an Rehabilitationskliniken verneinten dies. Die Hälfte der Befragten arbeitete im Bereich Allergologie auch wissenschaftlich.

Abb. 4
figure 4

Anteil allergologischer Tätigkeit eines/einer Weiterbildungsassistenten/Weiterbildungsassistentin an der Gesamtarbeitszeit

In einem weiteren Befragungsblock wurden nun die Weiterbildungsinhalte untersucht. In allen Weiterbildungsstätten werden Provokationstests durchgeführt; in fast allen werden orale Provokationen, Hauttests und spezifische Immuntherapien durchgeführt (>90 %); einige speziellere Untersuchungen wurden deutlich seltener durchgeführt (Abb. 5). Die Mehrheit aller Weiterbildungsassistent*innen gab an, an Hospitationen teilnehmen zu können (63 %). Analog zu den Weiterbildungsermächtigten verteilten sich die Mitgliedschaften auch hier hauptsächlich mit 9 Teilnehmer*innen auf die WAPPA und mit 7 Teilnehmer*innen auf die AGPAS. NAPPA und APPA waren deutlich seltener vertreten (Abb. 3).

Abb. 5
figure 5

Angebotene Weiterbildungsinhalte an den einzelnen Einrichtungen in Prozent

Gemeinsamer Fragenkatalog

Angelehnt an den Ausbildungskatalog für Allergologie wurden beiden Gruppen von Teilnehmer*innen Fragen zu Qualitätskriterien gestellt. Nach Meinung der Weiterbildungsermächtigten wurden prozentual häufiger regelmäßige Weiterbildungsgespräche durchgeführt, gab es häufiger einen strukturierten Weiterbildungsplan sowie feste Zeiten/Strukturen für die Besprechung von Patienten (Abb. 6). Fast ein Drittel der Weiterbildungsermächtigten gaben an, dass es eine strukturelle Unterstützung von wissenschaftlicher Tätigkeit für die in Weiterbildung befindlichen Ärzte/Ärztinnen gab, aber auch die Weiterbildung regelmäßig außerhalb der Regelarbeitszeit stattfand. Bei der Zufriedenheit mit den aktuellen Bedingungen für die Weiterbildung wurde im Mittel die Schulnote 3 angegeben. Als Verbesserungsvorschläge wurden von den Weiterbildungsermächtigten finanzielle Fördermaßnahmen durch die kassenärztliche Vereinigung, die Ärztekammer oder über Stipendien sowie einen höherer Stellenwert in der allgemeinen pädiatrischen Facharztausbildung angegeben.

Abb. 6
figure 6

Qualität der Weiterbildung in der pädiatrischen Allergologie

Diskussion

Die vorliegende Umfrage liefert in der brisanten Frage der Umstrukturierung oder Neuausrichtung der allergologischen Weiterbildung für die Pädiatrie einige wichtige Aspekte. Das mittlere Alter der Weiterbildungsermächtigten für Allergologie lag im Mittel bei 54 Jahren, wobei 29 % über 60 Jahre alt waren. Hier zeichnet sich eine Lücke in der Ausbildung ab, wenn die älteren Weiterbilder aus dem Beruf ausscheiden. Dies macht sich schon jetzt dadurch bemerkbar, dass bestehende Weiterbildungsstellen nicht besetzt werden und entsprechend die Zahl derer, die ihre Weiterbildung mit einer Prüfung abschließen, zurückgeht.

Die Weiterbildungsermächtigten sind im Gegensatz zu den Weiterbildungsassistent*innen v. a. männlich (80 vs. 34 %). Der Frauenanteil im Medizinstudium liegt bei mittlerweile fast 70 %; dies entspricht auch in etwa dem in unserer Umfrage erhobenen Prozentsatz der in Weiterbildung befindlichen Kolleginnen (66 %). Frauen sind weiterhin in Führungspositionen kaum vertreten, 13 % haben eine Leitungsposition, 31 % eine Stelle als Oberärztin, und der Anteil an Professorinnen lag 2017 bei 23 %. Auch in den Gremien der ärztlichen Selbstverwaltung, im deutschen Ärztetag und in den Berufsverbänden sind Frauen nicht angemessen vertreten (16,7–27,6 %). Eine Studie zum Frauenanteil in Führungspositionen in 16 Fächern (Medical Woman on Top 2019) kommt zu dem Ergebnis, dass eine Parität erst in 32 Jahren erreicht werden kann und bis dahin die Ausbildung, Therapiekonzepte und medizinische Meinungsbildung v. a. durch Männer geprägt sein werden [4, 7, 8]. Bei der Verteilung der Arbeitszeitmodelle ist ein klassisches Bild erkennbar. Die männlichen Kollegen arbeiten meistens in Vollzeit (82 %), wohingegen die Frauen zu etwa gleichen Teilen in Teilzeit als auch in Vollzeit arbeiten. Häufig sind Frauen diejenigen, die den größten Anteil der Familienarbeit übernehmen, sodass eine enorme Doppelbelastung im Spagat zwischen Beruf und Familie besteht. Aufgrund der aktuellen Geschlechterverteilung in der Medizin müssen nun flexiblere Arbeitszeitmodelle und Positionen geschaffen werden, um im Sinne der Vereinbarkeit von Beruf und Familie auch für in Teilzeit arbeitende Kollegen Anreize zu schaffen, sich weiterzuqualifizieren und Karriere machen zu können [3, 5].

Momentan wird die Weiterbildung Allergologie zum größten Teil in der Klinik angeboten und durchgeführt. Die Weiterbildungsmöglichkeit in einer Praxis wurde von keinem der Befragten genutzt. Dies entsprach auch dem Bild der befragten Weiterbildungsermächtigten, bei denen 10 von 17 Stellen in der Praxis unbesetzt waren. Man kann trotz geringer Beteiligung der Weiterbildungsassistent*innen vermuten, dass die Voraussetzungen einer allergologischen Weiterbildung hinsichtlich der Lerninhalte in einer Klinik deutlich besser sind. Die Weiterbildungsermächtigten boten nur in 6 Fällen kombinierte Weiterbildungen mit unterschiedlichen Einrichtungen z. B. Praxis und Klinik an. Einige diagnostische Methoden sind meistens aufgrund einer nächtlichen Überwachung z. B. bei der Ultrarush-Hyposensibilisierung bei Bienen‑/Wespengiftallergie und bei Nahrungsmittelprovokationen besser in der Klinik durchführbar. Eine Rotation in eine Klinik ist somit für jeden Weiterbildungsassistenten sicher notwendig, jedoch sind auch viele Untersuchungstechniken z. B. unterschiedliche Hauttestverfahren ebenfalls in einer Praxis erlernbar. Die Etablierung von kombinierten Ausbildungsmodellen zwischen Kliniken und Praxen könnte dazu beitragen, die Weiterbildung Allergologie attraktiver zu machen und mehr Weiterbildungsstellen zu besetzen. Langfristig könnte damit die flächendeckende Versorgung durch allergologisch spezialisierte Kinderärzte und die Vernetzung zwischen den einzelnen Weiterbildungsstätten verbessert werden.

In der Umfrage der Weiterbildungsassistent*innen zeigt sich, dass in den meisten Fällen (79 %) während der Weiterbildungszeit weniger als 50 % ihrer Arbeitszeit auf den Schwerpunkt Allergologie verwendet werden, wovon ein Fünftel sogar weniger als 10 % der Arbeitszeit allergologisch tätig ist. Ursächlich sind hierfür bei 41 % der Teilnehmer*innen Bereitschaftsdienste. Die Weiterbildung findet bei den meisten Befragten auch außerhalb der Regelarbeitszeit statt, sodass hier ein zusätzlicher Einsatz erbracht wird. Dieser Mehreinsatz ist oft nicht geregelt, die Dokumentation der Überstunden häufig unzureichend und für viele in Teilzeit arbeitende Kolleg*innen sind Überstunden aufgrund von z. B. festen Betreuungszeiten der Kinder kaum möglich. Grundsätzlich ist dies ein Problem kleiner Weiterbildungsfächer, wie z. B. der Allergologie, der Rheumatologie oder der Infektiologie, da die Patienten meistens unterschiedlichen Stationen zugeteilt sind, der Weiterbildungsassitent*in diese im Rahmen der normalen Tätigkeit zusätzlich betreut und nicht ausschließlich dafür freigestellt ist. Im Gegensatz dazu haben andere Subspezialisierungen wie Kinderkardiologie oder Kinderonkologie in der Regel eigene Abteilungen und Stationen, sodass die Weiterzubildenden 100 % ihrer Arbeitszeit in dem entsprechenden Bereich absolvieren. Hinzu kommt, dass die Ambulanzen in den Kliniken oft persönliche Ermächtigungsambulanzen (70,4 %) sind. Voraussetzung für ein selbstständiges Arbeiten wäre die Genehmigung der Mitarbeit in der Ermächtigungsambulanz, z. B. im letzten Drittel der Ausbildung, durch die kassenärztliche Vereinigung und eine Gewährleistung des Weiterbildungsermächtigten, mindestens 50 % der Arbeitszeit im Weiterbildungsgebiet arbeiten zu können. Die Möglichkeit hierzu würde ebenso verbessert werden, wenn allergologische Patienten auf einzelnen Stationen konzentriert betreut werden, auf denen die Weiterbildungsassistent*innen dann eingesetzt werden könnten.

In unserer Umfrage bestand eine große Diskrepanz zwischen Weiterbildungsermächtigten und Weiterbildungsassistent*innen bei der Frage nach dem Vorhandensein eines strukturierten Weiterbildungskatalogs sowie der Durchführung von Weiterbildungsgesprächen. Die Weiterbildungsermächtigten sind in fast 90 % der Fälle der Meinung, dass regelmäßige Weiterbildungsgespräche durchgeführt werden, die Weiterbildungsassistent*innen können das in nur 62 % der Fälle bestätigen. Nur ein Drittel (28 %) der Weiterbildungsassistent*innen gab an, dass die Weiterbildung auf einem strukturierten Weiterbildungsplan basiert vs. zwei Drittel (59 %) bei den Weiterbildungsermächtigten. Insgesamt ist es sicher sinnvoll, regelmäßige Gespräche in die Ausbildung einzuplanen, um den Weiterbildungskatalog, Ziele und konkrete Aufgaben zu besprechen und konstruktive Kritik und Wünsche zu äußern. Zurückzuführen ist die diskrepante Wahrnehmung möglicherweise auf eine mangelnde Kommunikation, aber auch auf eine noch bestehende unterschiedliche Auffassung medizinischer Ausbildung ärztlicher Generationen.

Viele erforderliche Lehrinhalte werden nicht in allen Einrichtungen gleichermaßen abgedeckt. Eine mögliche Lösung wären Hospitationsangebote. Bereits in zwei Drittel aller Weiterbildungseinrichtungen sind nach Angabe der Befragten Hospitationen möglich, jedoch fehlt oft der zeitliche Rahmen, diese durchzuführen. Die Zusatzweiterbildung Allergologie ist in unterschiedlichen Fachrichtungen möglich (HNO, Allgemeinmedizin, Dermatologie, innere Medizin und Pädiatrie), weshalb es die unterschiedlichsten Schnittstellen gibt, die nur durch Hospitationen in Weiterbildungsstätten mit bestimmten Schwerpunkten erlernt werden können. Mittlerweile hat die Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPAU) durch Anstoß der Nachwuchsgruppe einem Hospitationsstipendium zur Förderung von Hospitationen für allergologisch tätige Kinderärzte/Kinderärztinnen zugestimmt. An unserer Umfrage haben sowohl im Bereich der Weiterbildungsermächtigten als auch der Weiterbildungsassistent*innen mehr Mitglieder aus der WAPPA und der APGAS teilgenommen. Dies liegt sicherlich an der deutlich höheren Zahl an Weiterbildungsermächtigten in diesen Gebieten (ca. 30 % mehr). Um flächendeckend eine gute Versorgung der Kinder mit allergologischen Krankheitsbildern zu gewährleisten, müssen auch in den nördlichen und östlichen Regionen der APPA und NAPPA mehr Kinderärzte/Kinderärztinnen allergologisch weitergebildet werden (Abb. 1). Aktuell müssen v. a. in Ostdeutschland Kinder mit schweren Nahrungsmittelallergien weite Strecken zurücklegen, um einen Termin bei einem allergologisch spezialisierten Pädiater zu bekommen und eine entsprechende Beratung zum Schutz vor lebensbedrohlichen Anaphylaxien zu erhalten. Auch von einem flächendeckenden Angebot für Nahrungsmittelprovokationen sind wir in Deutschland weit entfernt.

Im Jahr 2012 wurde eine Änderung der Weiterbildungsordnung (modulare kompetenzbasierte MWBO) auf dem Deutschen Ärztetag initiiert und schließlich im Konsens der allergologischen Fachgesellschaften vorgeschlagen. Der Berufsverband der HNO-Ärzte präferierte jedoch eine berufsbegleitende rein kursbasierte allergologische Weiterbildung, die beantragt wurde und wider aller Vereinbarungen am Deutschen Ärztetag 2018 schließlich durchgesetzt wurde. Eine berufsbegleitende Weiterbildung birgt die Gefahr, dass wichtige Kenntnisse und Fertigkeiten v. a. im Hinblick auf die pädiatrisch-allergologische Patientenversorgung fehlen oder nur theoretisch erlernt werden. Dabei ist unserer Ansicht nach gerade in der Versorgung von Kindern mit schwerer atopischer Dermatitis, Medikamentenallergien oder multiplen Nahrungsmittelallergien viel praktische Erfahrung notwendig, um die nötige Expertise zu erlangen, diese Kinder richtig zu diagnostizieren, gut zu behandeln und vernünftig zu beraten. Aufgrund der Komplexität dieser Krankheitsbilder ist es unmöglich, die Inhalte im Rahmen eines Kurssystems theoretisch zu erlernen. Des Weiteren führt natürlich eine Ausbildung mit geringerer Qualität auch dazu, dass fehlerhafte Entscheidungen in der Therapie zu einem erhöhten finanziellen Aufwand im Gesundheitssystem führen, sowie eine mangelhafte Qualität sowohl präventiver als auch diagnostischer Maßnahmen zu einer Zunahme allergischer Erkrankungen führen können. Zielführend für die Neuausrichtung der Weiterbildung Allergologie ist daher sowohl eine nachgewiesene Anzahl erfolgter Untersuchungstechniken als auch eine nachgewiesene Betreuung unterschiedlichster Patientengruppen. Vor allem in der pädiatrischen Allergologie muss die Versorgung nach einem Stufenkonzept erfolgen, um sinnlose Diagnostik und Therapie zu vermeiden. Schlussendlich müssen auch eine ausreichende Finanzierung allergologischer Arbeit sowie die Vergütung im DRG-System gewährleitet sein [9].

Limitationen

Um die Aussagekraft der Umfrageergebnisse zu erhöhen, müsste eine höhere Anzahl an Fragebogen v. a. im Bereich der Weiterbildungsassistent*innen beantwortet werden.

Ausblick

Ziel der neuen Zusatzweiterbildung Allergologie muss sein, die Zukunft der Allergologie zu sichern und weiterhin auf einem fachlich hohen Niveau zu halten. Die Umfrageergebnisse sollten in die neue MWBO integriert werden. Wünschenswert wäre auch eine Anpassung der Rahmenbedingungen an die Möglichkeiten der Weiterbildungsassistent*innen z. B. durch flexible Arbeitszeitmodelle, um möglichst viele Kolleg*innen für die Zusatzweiterbildung Allergologie zu begeistern.

Fazit für die Praxis

Mit dieser Umfrage konnte gezeigt werden, dass zum aktuellen Zeitpunkt eine deutliche Diskrepanz der Geschlechterverteilung im Bereich der beiden Gruppen Weiterbildungsermächtigte und Weiterbildungsassistent*innen besteht. Aufgrund des hohen Anteils an Frauen im Medizinstudium muss ein Umdenken hinsichtlich flexiblerer Arbeitszeitmodelle auf allen Ebenen erfolgen. Zusätzlich kommt in unserer Umfrage eine Diskrepanz zwischen den Generationen im Hinblick auf eine strukturierte, in die Arbeitszeit integrierte Weiterbildung zum Ausdruck. In die Umsetzung der neuen MWBO müssen die Umfrageergebnisse integriert werden, um der wachsenden Anzahl allergologischer Patienten und v. a. komplexen Krankheitsbilder in der pädiatrischen Allergologie gerecht zu werden. Um diesem Trend einer zunehmenden Unterversorgung der Kinder mit allergischen Erkrankungen durch Kinderärzte/Kinderärztinnen mit allergologischer Expertise entgegenzuwirken, ist es notwendig, die Weiterbildung attraktiver zu gestalten, z. B. durch strukturierte Rotations- und Hospitationsprogramme oder finanzielle Zuschüsse der niedergelassenen Weiterbildungsermächtigten durch die kassenärztlichen Vereinigungen.