Die pulmonale Hypertonie (PH) ist Ausdruck einer pathologischen Druckerhöhung im kleinen Kreislauf. Ursachen können pulmonalarterielle Veränderungen, aber auch pulmonalparenchymatöse und -interstitielle Erkrankungen oder pathologische Veränderungen der linksseitigen Herzstrukturen mit erhöhten linksseitigen Füllungsdrücken sein. Zu den im Kindesalter am häufigsten vorkommenden PH-Formen zählen v. a. die idiopathische/familiäre pulmonalarterielle Hypertonie (PAH) und PAH bei angeborenen Herzfehlern [1].

Alte und neue Definitionskriterien der pulmonalen Hypertonie

Die PH war bislang gemäß internationalen Leitlinien definiert als eine Erhöhung des invasiv gemessenen pulmonalarteriellen Mitteldrucks (mPAP) ≥25 mm Hg in Ruhe. Bei Kindern, insbesondere im Zusammenhang mit angeborenen Herzfehlern und signifikantem Shunt, wurde schon seit einigen Jahren empfohlen, als zusätzliches Diagnosekriterium den Lungengefäßwiderstand – indiziert zur Körperfläche – zu verwenden (PVRi), um das Vorliegen einer pulmonalhypertensiven Gefäßerkrankung („pulmonary vascular disease“, PVD) mit erhöhtem PVR festzustellen. Hierbei spricht laut der Definition des 6th World Symposium on Pulmonary Hypertension (WSPH) 2018 ein PVRi ≥3 WU · m2 KOF für das Vorliegen einer pulmonalhypertensivve Gefäßerkrankung (PHVD), also PH mit einer präkapillären Komponente (Voraussetzung ist ein normales oder erniedrigtes Herzzeitvolumen, [2]).

Auf dem WSPH 2018 in Nizza wurde eine neue Definition der PH vorgeschlagen, die die Senkung der Obergrenze des normalen mPAP von 24 auf 20 mm Hg beinhaltet [3]. Hintergrund dieser Änderung ist, dass Registerstudien bei erwachsenen PH-Patienten bereits in diesem Druckbereich eine erhöhte Mortalität gezeigt haben [4, 5].

Aus Gründen der Einheitlichkeit wurde diese neue PH-Definition (mPAP >20 mm Hg) auch von der pädiatrischen „Task Force“ des WSPH 2018 übernommen. Sie findet sich ebenfalls in dem 2019 publizierten aktualisierten Konsensuspapier des „European Pulmonary Vascular Disease Network“ wieder (Tab. 1; [6]). Es gibt allerdings keine publizierten Studien, die zeigen, dass im Kindesalter ein dauerhaft – nach neuer Definition – gering erhöhter mPAP-Bereich (21–24 mm Hg) in Ruhe zu einem schlechteren Outcome oder sogar zu einer erhöhten Letalität führt [2, 6].

Tab. 1 Aktuelle Definitionen der pulmonalen Hypertonie im Kindesalter. (Modifiziert nach Hansmann et al. [6])

Klinische Relevanz

Das Fehlen von klinischen Daten ist v. a. bei Neugeborenen, jungen Säuglingen, ehemaligen Frühgeborenen mit Lungenerkrankungen, wie bronchopulmonale Dysplasie (BPD), und Kindern mit signifikanten prä- oder posttrikuspiden Shunts (z. B. Atrium- oder Ventrikelseptumdefekt oder persistierender Ductus arteriosus) zu berücksichtigen. Insbesondere eine protrahierte postnatale kardiopulmonale Adaptation mit einem ungewöhnlich langsamen, sukzessiven Abfall des PVR auf Normalwerte (>6 bis 8 Wochen), alveoläre Diffusionsstörungen mit Hypoxämie (z. B. BPD, chronische interstitielle Lungenerkrankung, pulmonale Glykogenose) und angeborene Herzfehler mit Shunt gehen sehr häufig mit einem mPAP-Wert >20 mm Hg und einem PVRi ≥3 WU · m2 KOF einher [6]. Bei adäquater und rechtzeitiger Behandlung (v.a. operativer oder interventioneller Verschluss bei angeborenem Herzfehler mit signifikantem Links-rechts-Shunt) entwickelt nur ein Bruchteil dieser Kinder eine chronische, mitunter lebenslange PH mit dauerhafter PVR-Erhöhung (PHVD), die dann allerdings mit einer erhöhten Mortalität assoziiert ist [7].

Die klinische Relevanz eines niedrigeren mPAP-Grenzwerts ist bei den häufigsten pädiatrischen PH-Formen (PAH bei angeborenen Herzfehlern, idiopathische/familiäre PAH) ohnehin fraglich, da bei Diagnosestellung der mPAP im Fall der vorliegender oben genannter PAH-Formen einen Wert von 24 mm Hg meistens deutlich überschreitet.

Aber auch für andere Diagnosegruppen, die mit einer PH im Kindesalter assoziiert sein können (z. B. PH bei BPD), die sich in unterschiedlichsten Schweregraden präsentieren kann, ist die Behandlungsindikation von Kindern mit einem mPAP <25 mm Hg aufgrund fehlender Daten ebenso unklar. Zudem werden diese häufig sehr jungen Patienten nicht immer einer diagnostischen Herzkatheteruntersuchung unterzogen.

Konsequenz bezüglich der Therapie und deren Indikationsstellung

Eine Änderung der Definition einer Erkrankung und – wie in diesem Fall – eine Herabsetzung der mPAP-Grenze zur Diagnosestellung wirft die Frage auf, ob – und wenn ja – inwiefern sich dadurch die Indikation zur Therapie ändert, insbesondere bei komplett symptomfreien Patienten. Hierbei sind nicht nur die Fehlindikationen zur Behandlung oder die Kosten der Arzneimitteltherapie, sondern auch unerwünschte Wirkungen der einzusetzenden Pharmaka zu berücksichtigen [6].

Für die Therapie der PAH stehen in Deutschland neben den Kalziumantagonisten derzeit folgende PH-spezifische Substanzen zur Verfügung: Die Substanzgruppe der Phosphodiesterase-5(PDE-5)-Hemmer (Sildenafil und Tadalafil); Riociguat, ein Stimulator der löslichen Guanylatzyklase; die Endothelinrezeptorantagonisten (ERA: Ambrisentan, Bosentan und Macitentan), die Prostazyklinanaloga Iloprost (inhalativ), Epoprostenol, Treprostinil (s.c. und i.v.) sowie der Prostazyklin(IP)-Rezeptor-Agonist Selexipag. Diesen spezifischen Therapeutika („advanced therapies“) werden, im Vergleich zu definiert (Reagibilitätstest) eingesetzten Kalziumantagonisten, zusätzlich zur Vasodilatation noch weitere andere antiproliferative Effekte zugeschrieben, die den Progress des Gefäßumbaus verlangsamen oder verhindern sollen.

Die aktuelle Datenlage bezüglich der Therapie der PAH im Kindesalter ist durch den Mangel an randomisierten kontrollierten Studien limitiert; pharmakologische Behandlungsempfehlungen sind daher oft angelehnt an Erwachsenenleitlinien. Zu den wenigen bisher in Europa für die Behandlung der PAH im Kindesalter zugelassenen Medikamenten gehören Sildenafil und Bosentan (Bosentan ist ab dem vollendeten 1. Lebensjahr zugelassen). Die übrigen PAH-Medikamente werden bei Kindern bisher als „Off-label“-Therapie eingesetzt, wie es auch für andere chronische Erkrankungen in anderen pädiatrischen Disziplinen häufig der Fall ist [8].

Zurzeit gibt es im pädiatrischen Bereich keine Evidenz für eine hämodynamische Effektivität und klinische Outcome-Verbesserung durch eine gezielte medikamentöse Therapie bei Kindern mit einem nur geringfügig erhöhten mPAP-Wert im Bereich von 21–24 mm Hg, allerdings war auch die bisherige mPAP-Grenze ≥25 mm Hg arbiträr. Sämtliche klinischen Studien zu Wirksamkeit und Sicherheit der medikamentösen Therapie der PAH wurden bei – überwiegend erwachsenen – Probanden und der bisherigen PH-Definition von mPAP ≥25 mm Hg durchgeführt. Demnach besteht Evidenz für die moderate Wirksamkeit solcher Therapien nur auf Basis der bisherigen Definition, und die Indikationsstellung für den Einsatz von oben genannten PH-Medikamenten auf Basis der nun neuen PH-Definition (mPAP-Wert >20 mm Hg) muss kritisch gesehen werden. Daher ist die gezielte medikamentöse Therapie eines Kindes oder Jugendlichen mit einer PAH zunächst in den meisten Fällen weiterhin erst ab einem mPAP ≥25 mm Hg, im Kontext der verursachenden Erkrankung meistens sogar bei höheren Druckwerten, indiziert. Dies sind – unabhängig von der Schwere der mPAP-Erhöhung – praktisch immer Einzelfallentscheidungen, die ein PH-Experte treffen sollte.

Dennoch halten die Autoren des vorliegenden Beitrags es für gerechtfertigt, Patienten, die nach alten Kriterien (mPAP-Wert ≥25 mm Hg) die Definition der PH nicht erfüllen und nach neuerer Einordnung nun als Patienten mit Lungenhochdruck eingestuft werden müssen (mPAP 21–24 mm Hg), ambulante klinische Verlaufskontrollen zu empfehlen.

Problematisch in der Nachsorge ist allerdings, dass mithilfe dopplerechokardiographischer Methoden der PAP nur bei Vorhandensein einer hinreichenden Trikuspidal-(systolischer PAP) oder Pulmonalklappeninsuffizienz (mPAP) abgeschätzt werden kann.

Für die akkurate Messung der pulmonalen Hämodynamik und der Widerstände ist nach wie vor die Herzkatheteruntersuchung der diagnostische Goldstandard, der in den meisten Fällen einer Therapie vorausgehen sollte. Auch sind diese invasiven Messungen mit Testung der pulmonalen Vasoreagibilität notwendig, um ein geeignetes Therapiekonzept für den Patienten festzulegen [9, 10].

In Einzelfällen kann selbst bei Patienten mit einer geringen mPAP-Erhöhung (21–24 mm Hg) und einer Erhöhung des pulmonalvaskulären Widerstands (PVRi ≥3 WU · m2 KOF), bei bestimmter Konstellation und bei Vorhandensein einer Symptomatik eine zielgerichtete Therapie sinnvoll sein. Bei den wenigen Kindern mit sehr geringer mPAP-Erhöhung (21–24 mm Hg), aber dennoch erhöhtem PVRi ist oft der Lungenblutfluss (Qp) erniedrigt, da sich die Berechnung des PVR aus Qp und dem mittleren transpulmonalen Druckgradienten (mTPG) ergibt (PVRi = mTPG:Qpi [indizierter Lungenblutfluss]).

Resümee

Aufgrund der Komplexität der PH im Kindesalter sollte die Indikationsstellung für eine sog PAH-spezifische Pharmakotherapie – unabhängig von der Erkrankungsschwere bei Diagnosestellung – nur den mit pädiatrischer PH-erfahrenen kinderkardiologischen Kliniken vorbehalten bleiben. Die Betreuung der betroffenen Kinder sollte unbedingt an spezielle PH-Ambulanzen angebunden werden.

Wichtig ist die Aufklärung der Patienten und deren Eltern hinsichtlich der neuen PH-Definition (mPAP >20 mm Hg): Nach dem jetzigen Erkenntnisstand ergeben sich dadurch im Kindesalter nicht notwendigerweise Therapiekonsequenzen, auch wenn der Patient mit pulmonalen Mitteldrücken von 21–24 mm Hg in der invasiven Messung formell die Diagnosekriterien für eine PH nach neuerer Definition erfüllt.

Fazit für die Praxis

  • Der Lungenhochdruck ist seit 2018 (6th World Symposium on Pulmonary Hypertension [WSPH], Nizza) als Mitteldruck >20 mm Hg neu definiert.

  • Für den pädiatrischen Bereich ändert sich aufgrund mangelnder Evidenz jedoch die Indikation zur pharmakologischen Therapie nicht.