FormalPara Leserbrief zu

Kowalzik F, Faber J, Knuf M (2017) Korrelate für Infektionsschutz nach Impfung. Monatsschr Kinderheilkd 165:588. https://doi.org/10.1007/s00112-017-0313-1

Einmal mehr ist es den Herausgebern der Monatsschrift Kinderheilkunde gelungen, alltagstaugliche Informationen zu einem Oberthema, hier: Labormedizin, facettenreich und unterhaltsam dem Leser nahezubringen. Das launige Editorial verspricht nicht zu viel, und es macht Spaß, die Artikel zu lesen. Die Abbildungen zur visuellen Stuhlskala und auch die Tabelle mit den altersabhängigen Kreatininnormwerten oder die Stadieneinteilung der chronischen Nierenkrankheit kann man sich kopieren oder elektronisch zum Gebrauch hinterlegen. Allein die Tab. 2 mit den Korrelaten des Impfschutzes nach Impfung im Artikel von Kowalzik et al. macht mir diesbezüglich Sorgen. Der Kollege Niehues hat ja sehr treffend dargestellt, wie Laborwerte ohne Evidenz gerne als mögliche „objektive“ Hilfe für Entscheidungen „missbraucht“ werden. Im Labor gehört es zur alltäglichen Routine, die fehlende Messbarkeit des Impfschutzes gegen Pertussis zu diskutieren. Vermutlich ausgelöst durch die Diskussion mit den Eltern, eine Auffrischimpfung zu begründen, sucht man oder wird dazu aufgefordert, einen „objektiven“ Wert zu erheben, der die Notwenigkeit dieser Maßnahme belegt. Ich befürchte, dass ich zukünftig der Unkenntnis der aktuellen Literatur bezichtigt werde, da doch in der oben angegebenen Tabelle steht, dass 5 IU Antikörper gegen das Pertussistoxin mit Impfschutz korrelieren. Zwar wird im Text darauf hingewiesen, dass Grenztiter nicht mit Individualschutz korrelieren, und im letzten Satz des Fazits für die Praxis wird noch einmal darauf hingewiesen, dass der Impferfolg in der Routine nicht überprüft werden sollte –, aber abgelegt wird die Tabelle zum Vergleich ohne Text. Wie sie auch ohne Text übernommen wurde: In der Originalarbeit ist die Tabelle mit „Quantitative correlates and surrogates of protection after vaccination“ überschrieben, aber im Text wird explizit darauf hingewiesen, dass die Konzentrationen von Antikörpern gegen verschiedene Impfantigene, die als protektiv anzusehen sind, kontrovers diskutiert werden, und dass es keinen absoluten Grenzwert gibt. Der Wert von 5 bis 10 IU Antikörper gegen das Pertussistoxin/ml Serum, gemessen mittels ELISA („enzyme-linked immuno sorbent assay“), wurde als wichtiger Vergleichswert („important benchmark“) vorgeschlagen. Das Studium der 4 von Plotkin hierzu zitierten Originalarbeiten [1,2,3,4,5] lässt auf Anhieb nicht erkennen, wie er diesen Wert ermittelte. Nachdem die Borrelienserologie gerne zur Klärung von Müdigkeit und Leistungsabfall in der Schule verwendet wird, kann ich nur hoffen, dass die Tabelle nicht dazu animiert, zukünftig vor dem Sommerurlaub den Schutz vor Borreliose messen zu wollen …