Kindliche Extremitätensarkome stellen große Anforderungen an die behandelnden ÄrztInnen dar. Die weite Tumorresektion mit tumorfreien Resektionsrändern und ein daraus resultierendes geringes Rezidivrisiko stehen oft im Widerspruch zum möglichst ausgiebigen Funktionserhalt. Obwohl die rekonstruktiven Möglichkeiten laufend zunehmen, sollte die Planung des operativen Eingriffs mit den Erwartungen des/der PatientIn und der betroffenen Familie abgestimmt sein. Sie sollte mögliche Limitationen und Komplikationen sowie die Gesamtprognose der PatientInnen berücksichtigen, um dem/der individuellen PatientIn die optimale Lebens- und Versorgungsqualität zu garantieren.

Grundlagen

Primär maligne Tumoren der Knochen und der Weichteile („Sarkome“) sind bei pädiatrischen PatientInnen sehr seltene Erkrankungen, die mit großen diagnostischen und therapeutischen Herausforderungen assoziiert sind, da die korrekte (Differenzial‑)Diagnose oft verzögert festgestellt wird [1]. Die Vielfältigkeit, mit der sich diese Tumoren oft radiologisch und klinisch präsentieren, erfordert ein hohes Maß an Aufmerksamkeit durch die behandelnden Ärztinnen und Ärzte.

Die extremitätenerhaltende Chirurgie umfasst all jene Maßnahmen, die darauf abzielen, den malignen Tumor vollständig (mit Sicherheitsabstand) zu entfernen sowie den entstandenen knöchernen bzw. Weichteildefekt im Hinblick auf ein zufriedenstellendes onkologisches, kosmetisches und funktionelles Ergebnis zu rekonstruieren.

In den letzten 40 Jahren führten die Verbesserungen der einzelnen Chemotherapieschemata und der bildgebenden Maßnahmen (Computertomographie [CT] und Magnetresonanztomographie [MRT]) dazu, dass in bis zu 85 % der Fälle eine lokale Tumorkontrolle mit Extremitätenerhalt möglich ist [4]. Das Hauptziel der Sarkombehandlung ist selbstverständlich die Lebenserhaltung: Im Vordergrund steht die onkologische Heilung, gefolgt von Extremitäten- und Funktionserhalt unter Minimierung des Komplikationsrisikos bzw. gefolgt vom kosmetischen Ergebnis [12].

Epidemiologie

Primär maligne Knochentumoren sind seltene Tumoren, die etwa 0,2 % aller Tumoren ausmachen und mit einer Inzidenz von ca. 1–2/100.000 EinwohnerInnen/Jahr auftreten [2]. Knochensarkome sind bei Kindern häufiger anzutreffen als bei Erwachsenen [1]. Die Hauptinzidenz liegt in der 2. Lebensdekade und fällt damit in den Zeitraum des beschleunigten kindlichen bzw. pubertalen Skelettwachstums. Der häufigste primäre maligne Knochentumor des Kindesalters ist das Osteosarkom, das etwa 60 % aller kindlichen Knochensarkome ausmacht, gefolgt von Ewing-Sarkomen, die ca. 30 % aller primär malignen Knochentumoren des Kindesalters darstellen.

Diese Knochensarkome treten in gewissen anatomischen Regionen bevorzugt auf. Das Osteosarkom entsteht in den meisten Fällen im distalen Femur (45 %), in der proximalen Tibia (20 %) und im proximalen Humerus (10 %). Das Ewing-Sarkom kommt dagegen insbesondere im Bereich des proximalen Femurs und der Femurdiaphyse vor (22 %), gefolgt vom knöchernen Becken (18 %), von der Brustwand bzw. der proximalen Tibia (je 8 %; [2]).

Diagnostisches Vorgehen

Typischerweise werden die PatientInnen mit Schmerzen und einer Schwellung des betroffenen Areals vorstellig. Die Schmerzen sind charakteristischerweise belastungsunabhängig und treten oft während der Nacht verstärkt auf. Über die Zeit nehmen Schmerzen, Schwellung und ein daraus resultierendes Hinken kontinuierlich zu.

Die radiologische Basisabklärung umfasst Röntgenaufnahmen. In den meisten Fällen wird sich hierbei ein maligner Knochentumor mit charakteristischen radiologischen Zeichen präsentieren, wie z. B. eine unscharfe Begrenzung der Läsion. Des Weiteren finden sich osteolytische und/oder -sklerotische Areale sowie eine Periostreaktion, die sich als Codman-Dreieck oder „Sunburst“-Phänomen darstellen kann. Eine kontrastmittelverstärkte MRT-Untersuchung des betroffenen Areals und der benachbarten Kompartments (z. B. gesamtes Femur bei Vorliegen eines pathologischen Prozesses am distalen Bereich) ist unerlässlich für die Beurteilung von Tumorgröße und -ausdehnung und um das Vorliegen möglicher „skip lesions“ auszuschließen, die in ca. 2 % aller Fälle auftreten [3, 11].

Eine Biopsie sollte immer im Hinblick auf die definitive chirurgische Versorgung geplant und idealerweise auch von dem Chirurgen/der Chirurgin durchgeführt werden, dem/der die Definitivversorgung obliegt [14]. Die von einer inadäquat durchgeführten Biopsie ausgehenden Gefahren und Nachteile für die PatientInnen sind in der orthopädischen Literatur gut dokumentiert. Sie können den Extremitätenerhalt wesentlich erschweren oder sogar verunmöglichen und damit eine Amputation notwendig machen [17].

Entscheidungsfindung und Aufklärung der PatientInnen

Die präoperative Behandlungsphase bietet dem Chirurgen/der Chirurgin die Möglichkeit, eine Beziehung zu dem Patienten/der Patientin und zu dessen/deren Familie aufzubauen und gemeinsam mit diesen mögliche chirurgische Behandlungsoptionen und -alternativen zu besprechen. Dabei sollten der Patient/die Patientin und die Familie, soweit wie möglich, am Entscheidungsprozess mitwirken. Dies betrifft nicht nur die chirurgischen Eingriffe selbst, sondern erstreckt sich auch auf mögliche Komplikationen und Risiken der jeweiligen Eingriffe, daran anschließende Nachbehandlungen, Mobilisierungsschemata und potenzielle Folgeeingriffe. Insgesamt ist mit einer höheren postoperativen Zufriedenheit zu rechnen, wenn die PatientInnen und ihre Familien präoperativ ausreichend aufgeklärt und in den Entscheidungsprozess eingebunden wurden [23].

Prinzipien der chirurgischen Versorgung – Extremitätenerhalt

Die extremitätenerhaltende Versorgung hat sich in den vergangenen 30 Jahren als Goldstandard der orthopädischen Onkochirurgie etabliert, ohne das onkologische Outcome zu gefährden [13, 24]. Ein multidisziplinärer Ansatz bedeutet die Kollaboration von TumorchirurgInnen, OnkologInnen, StrahlentherapeutInnen, PathologInnen und RadiologInnen, die auf Knochen- und Weichteiltumoren spezialisiert sind. Das Team umfasst des Weiteren auch plastisch-rekonstruktive ChirurgInnen, PhysiotherapeutInnen und andere mehr.

Resultierende Beinlängendifferenzen, Deformitäten und Wachstumsverzögerungen sind zu bedenken

Da sich extremitätenerhaltende Verfahren zunehmender Beliebtheit erfreuen, werden laufend die rekonstruktiven Techniken weiterentwickelt und diskutiert, sodass auch heute, 30 Jahre nach Aufkommen der extremitätenerhaltenden Chirurgie, keine allgemeingültige Richtlinie für die Wahl des optimalen rekonstruktiven Verfahrens gegeben werden kann. Als mögliche Optionen für die Rekonstruktion langstreckiger ossärer Defekte stehen Megaendoprothesen, vaskularisierte Fibula-Autografts, interkaläre Allografts und „composites“ zwischen Endoprothesen und Allografts zur Verfügung. Bei Kindern kommt als spezielle Herausforderung hinzu, dass das knöcherne Längenwachstum noch nicht abgeschlossen ist, und daher resultierende Beinlängendifferenzen (BLD), Deformitäten und evtl. Wachstumsverzögerungen berücksichtigt werden müssen. Es werden oft mehrfache Reoperationen notwendig, um diese Folgeerscheinungen zu therapieren [26].

Eine extremitätenerhaltende Chirurgie sollte immer in Betracht gezogen werden, wenn ein maligner Knochen- oder Weichteiltumor mit entsprechend weiten und ausreichenden Resektionsrändern entfernt werden kann und daraus auch in weiterer Folge eine erhaltenswerte Funktion der Gliedmaßen resultiert. Ein angemessener Resektionsrand garantiert meist eine geringe Lokalrezidivrate. Das Resultat der extremitätenerhaltenden Chirurgie sollte einen gewissen Grad an Funktion garantieren und auch kosmetisch annehmbar erscheinen. Eine relative oder gar eine komplette Schmerzfreiheit ist ein zusätzliches Ziel. Die Rekonstruktion der Extremität, ob endoprothetisch, biologisch oder hybrid, sollte auf jeden Fall die Bewältigung der Alltagsanforderungen ermöglichen.

Maligne Knochentumoren sind oft metaphysär lokalisiert, sodass die Wachstumsfuge nicht erhalten werden kann. Dieses Faktum sollte vor jeder Operation bedacht und bei der Planung der Rekonstruktion berücksichtigt werden. Beinlängendifferenzen bis zu 2 cm können mithilfe von Schuheinlagen und Sohlenaufdoppelungen ausgeglichen werden, ohne chirurgische Intervention. Beinlängendifferenzen größer als 2 cm können durch unterschiedliche Maßnahmen kompensiert werden, wie Epiphysiodesen der kontralateralen Extremität, Wachstumsprothesen oder modulare Implantate mit konsekutiven Revisionsoperationen.

Extremitätenerhaltende Chirurgie kann und soll auch bei palliativen PatientInnen durchgeführt werden. Dies führt zur Linderung bestehender Schmerzen, verbessert die Lebensqualität und trägt zu einem verbesserten Köperbild bei. Die Vorteile des Prozedere überwiegen, auch wenn das Überleben der PatientInnen nicht langfristig ist.

Endoprothetische Rekonstruktionen

Endoprothesen dienen der Rekonstruktion von Gelenken. Nach Tumorresektionen können Megaprothesen, Implantate, mit denen Gelenke und angrenzende Knochendefekte rekonstruiert werden, zur Anwendung kommen. Diese können, bedingt durch deren Modularität, intraoperativ hinsichtlich Größe und Länge „legoartig“ den lokalen Notwendigkeiten angepasst werden. Mittlerweile können nahezu sämtliche anatomischen Lokalisationen wie der proximale, distale oder gesamte Oberschenkel, die proximale Tibia und der proximale bis hin zum gesamten Humerus endoprothetisch rekonstruiert werden [19].

Die Hauptvorteile der modularen Endoprothesensysteme sind, dass sie meist in den größeren (Tumor‑)Zentren in allen Formen und Größen zur Verfügung stehen, die sofortige Stabilität garantiert werden kann und die Vollbelastung möglich ist. Somit kann postoperativ schnell mit der Physiotherapie begonnen werden. Ausmaß und Intensivität der Physiotherapie sind lediglich durch die Weichteilheilung limitiert, die meistens innerhalb von ein paar Wochen abgeschlossen ist. Muskeln und/oder deren Sehnenansätze werden oft an den Megaprothesen refixiert, um ein funktionstüchtiges Gelenk zu schaffen.

Modernes Tumorendoprothesendesign ermöglicht eine minimal- oder nichtinvasive Implantatverlängerung

Pädiatrische Patienten haben oft einige spezifische Anforderungen, welche der/die orthop. ChirurgIn bedenken sollte, bevor die endgültige Wahl der rekonstruktiven Methode im aktuellen Fall erfolgt. Wachstumsprothesen sind eine Option für Kinder, deren Längenwachstum der Extremitäten noch nicht abgeschlossen ist. Modernes Tumorendoprothesendesign ermöglicht eine minimalinvasive oder nichtinvasive Verlängerung des Implantats, um einen Ausgleich der Beinlängen zu erreichen. Ein Fallbeispiel ist in Abb. 1 dargestellt. Gezeigt sind die Nativröntgenaufnahmen eines 6‑jährigen Jungen, bei dem ein Osteosarkom im Bereich des distalen rechten Femurs diagnostiziert wurde. Nach Durchführung der weiten Resektion erfolgte eine Rekonstruktion mithilfe einer Tumorwachstumsendoprothese des distalen Femurs. Im Zuge des Längenwachstums des Jungen wurde eine Verlängerung der Wachstumsprothese vorgenommen, um die Beinlängen anzugleichen.

Abb. 1
figure 1

Nativröntgenaufnahmen eines 6‑jährigen Jungen. a Osteosarkom im Bereich des distalen rechten Femurs; b Rekonstruktion mithilfe einer Tumorwachstumsendoprothese; c Verlängerung der Wachstumsprothese

Obwohl diese „wachsenden“ Endoprothesen meist mit neuester Technologie ausgestattet sind, ist die Revisionsrate im Vergleich zu Standardtumorendoprothesen noch deutlich höher [8].

Megaendoprothesen haben jedoch zwei relativ große Nachteile. Der erste ist, dass die Endoprothesen-Knochen-Kontaktfläche oft nicht dauerhaft stabil ist, sodass sich die Tumorendoprothesen nach längerer Zeit lockern können (aseptische Lockerung). Dies bringt die Notwendigkeit für zumindest eine bis mehrere Reoperationen mit meist zusätzlichem Knochenverlust mit sich. Dennoch sind die Revisionsverfahren in der Regel erfolgreich. Das zweite große Problem der Tumorendoprothetik ist eine relativ hohe Infektionsrate. Metallimplantate gelten immer als „locus minoris resistentiae“ für eine Infektion. Dies gilt sowohl für die frühe (intra- oder postoperative) als auch für die späte (hämatogene Ausbreitung von einer anderen Lokalisation) Infektion [7]. Diese schweren Komplikationen sind bei etwa 10 % der Patienten zu sehen. Eine infizierte Endoprothese bei immunsupprimierten Kindern stellt diesbezüglich eine Herausforderung in der chirurgischen Behandlung dar, und manchmal ist mehr als eine Revision erforderlich, um die Infektion zu sanieren, sofern dies überhaupt möglich ist. Die periprothetische Infektion bleibt derzeit jedoch ein ungelöstes Problem [7].

Andere, mechanische Komplikationen, wie Implantatbrüche oder periprothetische Frakturen, werden je nach Lokalisation und Frakturart mit diversen Osteosyntheseverfahren oder durch Wechsel des Implantats behandelt.

Henderson et al. publizierten eine Klassifizierung von chirurgischen Behandlungskomplikationen. Diese Klassifikation inkludiert die häufigsten möglichen Komplikationen nach chirurgischen, endoprothetischen und biologischen Rekonstruktionen und scheint sich für Vergleiche der chirurgischen Behandlungen zwischen verschiedenen Studien zu eignen (Tab. 1; [9]).

Tab. 1 Klassifikation für das Versagen von extremitätenerhaltenden Verfahren nach (endoprothetischer oder biologischer) Rekonstruktion bei Knochentumoren. (Nach Henderson et al. [9])

Biologische Rekonstruktionen

Knochendefekte nach der Tumorresektion können mithilfe der Knochentransplantation rekonstruiert werden. Dazu gehören Allografts (Knochentransplantat von einem Fremdspender der gleichen Spezies), Autografts, Kombinationen von beiden oder die Kombination von Allografts und Endoprothesen („allograft-prosthesis composite“, APC; [27]). Allogene Knochentransplantate werden unter sterilen Bedingungen im Rahmen von Multiorganentnahmen bei Totspendern entnommen, verpackt und gelagert [25].

Für Zentren mit einer eigens geführten Knochenbank ist es möglich, auf das optimale Allograft zurückzugreifen, das an die Form und die Größe des knöchernen Defekts nach Tumorresektion angepasst werden kann. Diese Allotransplantate werden an den Restknochen mithilfe von Plattensystemen, Schrauben und/oder Marknägeln befestigt. Die Refixation der Weichteile dient ebenfalls der Verbesserung der Funktion, ähnlich wie im Fall der Endoprothesen, wobei die Erfolgsraten mit einem verbesserten funktionellen Outcome höher sind. Die Komplikationsrate ist ähnlich wie bei der endoprothetischen Rekonstruktion [16].

Die Tendenz zur Einheilung des Restknochens in das Allotransplantat ist relativ gering; diese erstreckt sich oft nur etwa 1 cm um die Kontaktfläche herum. Das bedeutet, dass lange Allotransplantate im mittleren Teil meist avital sind [6]. Dennoch: Wenn das Allotransplantat stabil und die Einheilungstendenz gut ist, stellt die Allotransplantation eine permanente Lösung dar [20].

Eine weitere rekonstruktive Option ermöglicht die Nutzung der freien Fibula aus dem kontralateralen Bein, mit der langstreckige Knochendefekte nach Sarkomresektionen überbrückt und rekonstruiert werden können. Fibuläre Autografts können vaskularisiert oder nichtvaskularisiert sein; bei vaskularisierten Transplantaten bleibt ein blutzuführendes Gefäß erhalten, um die Vitalität des Knochens zu garantieren. Ziele sind die Osteointegration am Transplantationsort und die Hypertrophie des Knochens als Zeichen der mechanischen Belastbarkeit, wobei dieser Prozess mehrere Monate dauern kann. Beispielhaft sind in Abb. 2 die bildgebenden Befunde eines 8 Jahre alten Jungen dargestellt, der mit Schmerzen im Bereich der rechten unteren Extremität vorstellig wurde; diese hatten anamnestisch seit 2 Monaten bestanden. Nativradiologische Aufnahmen, MRT und bioptische Abklärung führten zur Diagnose eines Ewing-Sarkoms. Im Anschluss an die neoadjuvante Chemotherapie wurde eine weite Resektion der distalen Tibia durchgeführt. Es erfolgte eine Rekonstruktion mit einer freien, gefäßgestielten Fibula der Gegenseite. Zwei Jahre postoperativ zeigt sich eine exzellente Einheilung des Fibula-Autografts; die Gewichtsbelastung im Rahmen der Mobilisation hatte einen bemerkenswerten Umbau zur Folge.

Abb. 2
figure 2

a,b Aufnahmen eines Ewing-Sarkoms bei einem 8‑jährigen Jungen (a Nativröntgen; b koronare MRT); c Postop. Nativröntgen nach weiter Resektion der distalen Tibia und Rekonstruktion mit freier, gefäßgestielter Fibula der Gegenseite; d,e Nativrötgen 2 Jahre postoperativ exzellente Einheilung des Fibula-Autografts

Alternativ kann eine Kombination aus einem Allotransplantat (Primärstabilität) und einem Autograft (Vitalität) eine weitere Option für einige Patienten oder anatomische Lokalisationen darstellen. Ein Beispiel findet sich in Abb. 3. Das 15-jährige Mädchen wurde aufgrund einer pathologischen Femurfraktur in der orthopädischen Ambulanz vorstellig. Eine Biopsie sicherte die Diagnose eines „High-grade“-Osteosarkoms. Nach Durchführung der präoperativen Chemotherapie erfolgte die chirurgische Versorgung mithilfe der weiten Tumorresektion, die das gesamte proximale Femur bis 9 cm oberhalb des Kniegelenkspalts einschloss. Die Resektion umfasste auch die Mitnahme der Mm. vastus lateralis, vastus intermedius und vastus medialis, die die Fraktur bedeckt hatten. Die Rekonstruktion des knöchernen Defekts erfolgte mithilfe einer Endoprothese, zementiert in einem Femur-Allograft. Das Allograft selbst wurde am verbleibenden Anteil des distalen Femurs durch mehrfach verschraubte Platte verankert.

Abb. 3
figure 3

a,b Pathologische Femurfraktur bei einem 15-jährigen Mädchen (a Nativröntgen; b koronare MRT); c Intraop. Bild nach Resektion der Mm. vastus lateralis, vastus intermedius und vastus; d Rekonstruktion des knöchernen Defekts mithilfe einer Endoprothese, zementiert in einem Femur-Allograft (intraop. Bild); e Nativröntgen postop. nach Verankerung des Allografts am verbleibenden Anteil des distalen Femurs durch eine mehrfach verschraubte Platte

Obwohl die biologische Rekonstruktion als eine sehr gute Option erscheint [21], benötigen das Einheilen des Knochens und der Transplantatumbau oft einen langen Zeitraum. Dies ist im Rahmen der gemeinsamen Behandlungsplanung ein wichtiges Thema, da die betroffenen Kinder lange Zeit nur mithilfe von Gehstützen unter Teilbelastung mobilisiert werden können.

Outcome

Nach extremitätenerhaltenden Verfahren können PatientInnen Alltagstätigkeiten wie Autofahren, Schwimmen, Fahrradfahren usw. oft ohne wesentliche Einschränkungen durchführen, egal, ob endoprothetische oder biologische Rekonstruktion. Vereinzelte PatientInnen üben auch extremere Sportarten aus, sodass eine generelle Empfehlung darüber, welche Aktivitäten möglich sind, nur sehr individuell getroffen werden kann.

Es existieren mehrere Scoring-Systeme mit dem Ziel, die Leistung von betroffenen TumorpatientInnen klinisch zu evaluieren. Zu ihnen gehören die Musculoskeletal Tumor Society Rating Scale und der Toronto Extremity Salvage Score [5, 10]. Patienten nach extremitätenerhaltenden Verfahren erreichen ein Resultat von ca. 80 %; was in Anbetracht des Resektionsausmaßes ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis ist.

Die extremitätenerhaltende Chirurgie stellt die Therapie der Wahl dar

PatientInnen nach Amputationen sind normalerweise körperlicher aktiver und weniger besorgt über etwaige Verletzungen, aber in ihrer Mobilität dennoch eingeschränkter. Nach Amputationen leiden PatientInnen oft unter einem eingeschränkten Selbstwertgefühl, fühlen sich unattraktiv und können teilweise Schwierigkeiten haben, Partner zu finden oder sexuelle Beziehungen aufzubauen. Dies ist bedingt durch die Exoprothesenversorgung und eingeschränkte soziale Aktivitäten [18]. Daher sollte die extremitätenerhaltende Chirurgie die Therapie der Wahl darstellen. Wenn sie „lege artis“ durchgeführt wird, sind die onkologischen Ergebnisse für extremitätenerhaltende Verfahren gleich denen von Amputationen [15, 22].

Infobox Weitere Informationen zum Thema

Praxis relevante Zusatzinformationen finden sich auf folgenden Webseiten:

Fazit für die Praxis

  • Orthopädische ChirurgInnen müssen ihre pädiatrischen PatientInnen und deren Eltern umfassend über die Tumorerkrankung sowie das interdisziplinäre Behandlungskonzept bzw. chirurgische Behandlungsoptionen informieren, um ihnen die bestmögliche individuelle Entscheidungsfindung zu ermöglichen.

  • Chirurgische Interventionen müssen an den Einzelfall adaptiert werden. Die neuartigsten chirurgischen Rekonstruktionsmöglichkeiten stellen daher nicht zwangsläufig die besten Therapieoptionen für jeden Patienten/jede Patientin dar.

  • Der endoprothetische Ersatz erlaubt die schnelle und zuverlässige Rekonstruktion. Die PatientInnen erzielen innerhalb weniger Monate eine sehr gute bis exzellente Funktion der betroffenen Extremität. Revisionen aufgrund von aseptischer Lockerung, Infektion oder Abrieb stellen jedoch langfristige Komplikationen bzw. Probleme dar.

  • Biologische Rekonstruktionen sind aufwendigere Verfahren, die darauf abzielen, den knöchernen Defekt mithilfe eines knöchernen Transplantats zu überbrücken. Einheilung bzw. knöcherner Ein- und Umbau nehmen Monate in Anspruch, führen jedoch – sofern erfolgreich – zu einem exzellenten und potenziell permanenten Ergebnis.

  • Obwohl gegenwärtig aufgrund der Fortschritte in der extremitätenerhaltenden Chirurgie nur noch selten durchgeführt, sollte die Amputation in ausgewählten Fällen als sinnvolle Option in Erwägung gezogen werden.