Brandverletzungen gibt es, solange es Feuer gibt. Jedoch weicht die thermische Verletzung beim Kind in Ursache und Verhalten vom thermischen Trauma beim Erwachsenen ab. Nicht nur die dünnere Haut, auch die unterschiedlichen Proportionen beim Kleinkind prädisponieren für die besondere Empfindlichkeit nach einem thermischen Trauma. Schwere lebensbedrohliche Brandverletzungen sind in unseren Breiten zum Glück selten, nichtsdestotrotz bleibt die Behandlung brandverletzter Kinder eine große Herausforderung für ein interdisziplinäres Team von Spezialisten.

Epidemiologie

Laut World Health Organization (WHO) stellen Brandverletzungen ein globales gesundheitliches Problem dar, mit weltweit jährlich rund 270.000 Todesfällen, die mehrheitlich in „Low“- und „Middle-income“-Staaten v. a. in Südostasien auftreten. Entsprechend dieser WHO-Zahlen sind rund 30 % der Opfer unter 20 Jahre alt, woraus sich für Kinder das hohe Risiko, eine tödliche Brandverletzung davonzutragen, mit 3,9 Todesfällen/100.000 Einwohner ergibt. Bei ein- bis 9‑jährigen Kindern sind Brandverletzungen die 11. häufigste Todesursache [1]. Die ökonomischen Auswirkungen hinsichtlich der Langzeitmorbidität sind ebenso beträchtlich. Zwar stellen schwere und somit lebensbedrohliche Brandverletzungen bei Kindern nicht zuletzt wegen erfolgreicher Präventivmaßnahmen in unseren Breiten eine Seltenheit dar. Dennoch bleiben die Zahlen der notwendigen stationären Aufnahmen über die letzten Jahre konstant. Rund 40 bis 50 Patienten werden pro Jahr an der interdisziplinären Brandverletzteneinheit der Universitätskinderklinik Graz stationär aufgenommen; etwa 200 Patienten/Jahr werden mit durchschnittlich 2,5 Kontakten ambulant betreut. Dies ergibt eine Inzidenz pro Jahr von rund 20 brandverletzten Kindern/100.000 Einwohner in unserem österreichischen Einzugsgebiet (Steiermark, Kärnten, Südburgenland).

Brandverletzungen sind weltweit die 11. häufigste Todesursache bei ein- bis 9‑jährigen Kindern

Bei der retrospektiven Analyse unseres Patientenguts (n = 1451) über die letzten 25 Jahre waren 65,1 % der thermischen Verletzungen Verbrühungen, 14,1 % Kontaktverbrennungen und 12,7 % Flammenverbrennungen. Die weiteren Ursachen waren Explosionen, chemische und elektrische Verbrennungen, Sonnenbrand und andere. Verbrühungen gehen nur in 16 % der Fälle mit einer ganz dermalen Verbrennung (s. Abschn. „Verbrennungstiefe, Grad 3“) einher, jedoch sind Kontakt- und elektrische Verbrennungen deutlich häufiger drittgradig. Die bevorzugten Lokalisationen von thermischen Verletzungen betrafen gleichermaßen obere und untere Extremitäten, die Hände und den vorderen Brustbereich, gefolgt von Gesicht und Füßen. Die Geschlechterverteilung war zu zwei Drittel (64 %) männlich, und 60 % der Patienten waren ein bis 5 Jahre alt. Es passierten 80 % der Verletzungen zu Hause, hier überwiegend im Umfeld der Küche und des Badezimmers. In knapp 1 % der Fälle war eine Misshandlung ursächlich für die thermische Verletzung. Über den Beobachtungszeitraum von 25 Jahren zeigte sich eine Reduktion der Krankenhausaufenthaltsdauer von durchschnittlich 7 Tagen (1988–1992) auf 2 ½ Tage (2008–2012), entsprechend einer Reduktion von 1,4 auf 0,8 Tage pro Prozent verbrannter Körperoberfläche (KOF, [2]).

Die Kriterien, wann es zur Aufnahme in ein spezialisiertes Brandverletztenzentrum kommen soll, sind in den deutschsprachigen Leitlinien definiert (Tab. 1, [3]). Hinsichtlich der Schwere der Verletzung gelten als Prädiktoren für Mortalität junges Alter, große verbrannte KOF, ein großer Anteil an drittgradiger Verbrennung, Inhalationstrauma, mehrere Beatmungstage, längere Aufenthaltsdauer oder höhere Risiko-Scores (Abbreviated Burn Severity Index [ABSI], Paediatric Risk of Mortality [PRISM]).

Tab. 1 Kriterien zum Transfer in ein Brandverletztenzentrum

Noxe

Pathophysiologisches Korrelat der thermischen Hautverletzung ist die Eiweißdenaturierung. Bei Kleinkindern ist meistens eine Verbrühung mit heißer Flüssigkeit ursächlich. Diese bewirkt im Vergleich zu einer Verbrennung eine verstärkte proinflammatorische Reaktion und kann zu vermehrten systemischen Komplikationen führen [4]. Durch den Bewegungsdrang und die zunehmende Mobilität erweitern Kinder ihren Radius und kommen so in Kontakt mit heißen Substanzen oder Oberflächen und dies vorwiegend im Bereich des Haushalts und insbesondere der Küche. Eine besondere Form der Verbrühung ist die Fettverbrühung (Abb. 1), die aufgrund der höheren Temperatur, der Zähigkeit und daher einer längeren Kontaktzeit zu tieferen Verletzungen führt. Verbrennungen der Haut entstehen durch Kontakt mit Flammen, meistens durch entflammte Bekleidung. Auch Explosionstraumata mit einer kurzen heißen Stichflamme führen zu Verletzungen, meistens im Bereich von unbekleideten Körperpartien. Bei Explosionen und Verbrennungen ist insbesondere die Möglichkeit eines Inhalationstraumas durch Einatmen heißer oder giftiger Gase zu beachten. Zunehmend mobil werdende Kleinkinder sind hinsichtlich Kontaktverbrennungen v. a. im Bereich der Hände und Füße gefährdet, da sie die oberflächliche Hitze z. B. eines Kaminofenfensters nicht abschätzen können und bei Kontakt der Fluchtreflex noch nicht entsprechend ausgebildet ist. Eine Besonderheit stellt die Elektroverbrennung dar, die im Haushalt meist durch Niedervoltage verursacht wird. Hier sieht man oft kleine Verletzungen, die wegen der Hitzeentwicklung meist die ganze Dermis verletzen und somit häufig Verbrennungen 3. Grades entsprechen (Abb. 2).

Im Bereich der Extremitäten ist auf die Entwicklung eines Kompartmentsyndroms zu achten

Dabei muss man insbesondere im Bereich der Extremitäten auf die Entwicklung eines Kompartmentsyndroms achten. Des Weiteren kommt es durch Erfrierungen und Verätzungen zu epidermalen Schäden oder Hautverlusten, die therapeutisch meistens wie thermische Verletzungen zu behandeln sind. Eine Seltenheit stellen Hochvoltverletzungen bei Kindern dar, die jedoch meistens mit lebensbedrohlichen Schäden im Rahmen eines polytraumatischen Geschehens einhergehen und somit in diesem Algorithmus abgearbeitet werden müssen.

Abb. 1
figure 1

Fettverbrühung vom Grad 2b mit weißlichem Wundgrund

Abb. 2
figure 2

Elektroverbrennung 3. Grades

Ausdehnung

Allgemein und somit auch bei Kindern gültig ist die Bestimmung der Ausdehnung in Prozent der KOF entsprechend der Handflächenregel, wobei die Hand des Patienten, einschließlich der Finger, 1 % der KOF ausmacht. Dies ist eine grobe Abschätzung, sollte jedoch in der Notfallsituation ausreichend sein. Zur genauen Abschätzung der verletzten Oberfläche dienen u. a. Verbrennungs- und KOF-Skizzen wie z. B. der Lund and Browder chart. Hier ergeben sich die größten Oberflächenunterschiede zwischen Erwachsenen und Kindern im Bereich des Kopfes. Die Oberfläche des Kopfes macht bei Kleinkindern knapp 20 % aus, hingegen wird diese Region bei Erwachsenen nur mit 9 % beziffert. Die für Erwachsene gültige Neunerregel ist somit bei Säuglingen und Kleinkindern nur bedingt anwendbar. Die Abschätzung der verbrannten KOF anhand dieser Verbrennungsskizzen ist v. a. bei mehrseitigen Verletzungen aufwendig und vorwiegend der Klinik vorbehalten; hier können anhand der Fotodokumentation die Tabellen ausgefüllt werden. Verschiedene technische Hilfsmittel und Software- bzw. App-Applikationen helfen neuerdings, das Ausmaß der verbrannten KOF zu dokumentieren. Die eigene Erfahrung, aber auch Literaturhinweise zeigen, dass das Ausmaß einer thermischen Verletzung bei der Erstbeurteilung meistens überschätzt wird. Dies ist v. a. im Hinblick auf Transferierungskriterien, aber auch in Bezug auf die Volumentherapie relevant [5].

Verbrennungstiefe

Die im Folgenden beschriebenen 4 Grade werden unterschieden. Klinisch ergibt sich meistens ein Kontinuum zwischen den einzelnen Graden bzw. der Oberflächenverteilung.

1. Grad.

Thermische Verletzungen vom Grad 1 sind epidermal. Es kommt zur schmerzhaften Rötung der Haut, jedoch ohne sichtbare Blasenbildung. Das häufigste Beispiel ist der Sonnenbrand. Die Abheilung erfolgt innerhalb der nächsten Tage durch Abtrocknung und Schuppung und hinterlässt keine Narben.

2. Grad.

Die Verbrühung/Verbrennung vom Grad 2 ist immer blasenbildend; hier wird zwischen der oberflächlich dermalen Verletzung (Grad 2a) und der tief dermalen Verletzung (Grad 2b) unterschieden. Klinisch zeigt die Verbrennung/Verbrühung des Grades 2 im Akutstadium nach Entfernung der Blasen einen mehr oder minder roten bis möglicherweise gering weißlich imponierenden Wundgrund. Die Verletzung ist schmerzhaft, da die Schmerzrezeptoren und Hautanhangsgebilde intakt sind, und nach Druck ist eine Rekapillarisierung gegeben. Der Unterschied zwischen den Graden 2a und b ergibt sich aus dem Heilungsprozess. Bei einem protrahierten Verlauf von länger als 2 Wochen spricht man von einer tief dermalen Verletzung (Grad 2b), die bei spontaner Abheilung auch Narben hinterlassen kann.

3. Grad.

Die Verbrennung/Verbrühung 3. Grades ist ganz dermal, d. h., es kommt zu einer völligen Denaturierung der gesamten Dermis. Die Hautanhangsgebilde sind ebenfalls verletzt oder zerstört; deshalb können keine Berührung und keine Schmerzen mehr empfunden werden. Der Aspekt ist weißlich, ledrig, derb, und diese Wunden können keine spontane Wundheilung mehr erfahren (Abb. 3). Nachdem bei Verletzungen des Grades 3 immer zumindest im Randbereich auch Areale vom Grad 2 zu erwarten sind, ist natürlich auch bei tiefen Verletzungen eine entsprechende Schmerztherapie angebracht.

Abb. 3
figure 3

Zirkuläre Flammenverbrennung 3. Grades am Arm und im Gesicht. Es besteht die Gefahr eines Kompartmentsyndroms

Grad 4.

Die thermische Verletzung 4. Grades entspricht der Verkohlung. Das gesamte Gewebe ist bis zu den tiefen Strukturen geschädigt und muss chirurgisch versorgt werden.

Besonderheiten beim Kind

Die Hautdicke des Kindes beträgt altersabhängig 1/4 bis 1/5 des Erwachsenen (Erwachsene 2,5 mm, Kleinkind 0,5 mm) und ist auch von der Lokalisation abhängig. Hand- und Fußflächen sowie der Nackenbereich haben im Vergleich zum Gesicht dickere Haut. Aus diesem Grund kann eine Flüssigkeit mit einer Temperatur von 54 °C beim Kleinkind schon in 10 s zu einer Verbrühung 3. Grades führen; dagegen wäre bei Erwachsenen eine Einwirkzeit von 30 s notwendig.

Unterkühlungs- und Dehydrationsgefahr beim Kleinkind sind zu berücksichtigen

Ein weiterer wesentlicher Unterschied bei Kindern betrifft die Proportionen zwischen KOF und Körpergewicht. Kleinkinder haben deutlich weniger Masse in Bezug auf die KOF, weshalb nach Exposition bzw. Schädigung der Epidermis der Temperaturverlust im Vergleich zu Erwachsenen schneller und auch der Flüssigkeitsverlust größer ist. Daher ist neben der Gefahr der raschen Auskühlung und Hypothermie auch die Dehydration beim Kleinkind zu berücksichtigen, die sich aufgrund der verminderten Reservekapazität und der vermehrten Evaporation ergibt. Die systemische Unterkühlung ist unbedingt zu vermeiden, da es im Bereich der unterschiedlichen Zonen der frischen thermischen Wunde (Koagulations-, Stase- und Hyperämiezone) durch Vasokonstriktion und Hypoperfusion zu ungünstigen Effekten und somit zum Nachtiefen kommen kann.

Erste Hilfe und präklinische Versorgung

Für die Ersthelfer, bei Kindern oft die Eltern, gelten die allgemeinen Prinzipien der Notfallmedizin:

  • Bergung des Opfers aus der Gefahrenzone, ohne sich selbst zu gefährden,

  • Ausschalten der Ursache und Unterbrechung der Hitzeeinwirkung,

  • Entfernen der Kleider, dann Kühlung der Wunden, jedoch Vermeiden einer Auskühlung des Patienten und begleitend

  • Alarmierung der Rettungskette.

Die lokale Kühlung der Wunden erfolgt idealerweise mit Leitungswasser in einer gewünschten Temperatur von 15–20 °C, mit dem bei isolierter kleinflächiger Verbrennungswunde bis zur Schmerzfreiheit gekühlt werden kann. Je größer die Verbrennungswunde ist, desto kürzer ist die Zeit der Kühlung. Hier gilt es unbedingt, eine allgemeine Unterkühlung zu vermeiden, bzw. es darf kein Eiswasser verwendet werden. Vor allem Neugeborene und kleine Säuglinge mit einem verbrannten KOF-Anteil >15 % sind hypothermiegefährdet. Sofern die weitere Kühlung mithilfe von Wasser wegen der Hypothermiegefahr nicht mehr möglich ist, soll das Opfer in ein trockenes, warmes, sauberes, nicht zwingend steriles Handtuch und darüber in eine Rettungsfolie eingewickelt werden. Weiteres Auskühlen muss unbedingt vermieden werden, bzw. bei entsprechender Indikation muss die weitere (not-)ärztliche Versorgung stattfinden. Um in weiterer Folge auch während des Transports eine Hypothermie zu vermeiden, sind möglicherweise schon angebrachte großflächige feuchte Gelverbände (z. B. Water-Jel) wieder zu entfernen, da diese dem Körper Wärme entziehen. Da die Wunden selbst stark nässen, sind trockene Wundauflagen ideal. Der Transport soll in vorgewärmten Transportmitteln und bei entsprechenden Distanzen mit dem Rettungshubschrauber (RTH) erfolgen.

Mithilfe suffizienter kann Analgesie Schmerzfreiheit bei stabilen Vitalfunktionen erreicht werden

Dabei ist die suffiziente Analgesie mit dem Ziel, eine Schmerzfreiheit bei stabilen Vitalfunktionen zu erreichen, unerlässlich. Die Applikation des Analgetikums kann rektal, nasal, bukkal, sublingual, enteral, i.v. oder i.o. erfolgen, abhängig vom Alter des Kindes und den Gegebenheiten. Als Erstapplikation bietet sich jedoch für die notwendige Sedoanalgesie bei Säugling und Kleinkind die rektale bzw. nasale Gabe eines Benzodiazepins in Kombination mit S‑Ketamin an. Die Wirkung ist verhältnismäßig rasch nach der Resorption durch die Schleimhäute zu erwarten. Die nasale Applikation mithilfe eines Nasenzerstäubers („mucosal atomisation device“, MAD) hat hier einen festen Stellenwert errungen. Soweit die Situation es erfordert, kann nach Wirkungseintritt der nasal oder rektal verabreichten Medikamente sodann ein i. v.-Zugang etabliert und die weitere Medikation parenteral dosiert werden. Auch Opioidanalgetika (z. B. Fentanyl) zeigen nach nasaler Applikation rasche Wirkung.

Atemwegssituation ist abzuschätzen und Intubationsnotwendigkeit sorgfältig abzuwägen

Die Indikation zur Anlage eines i. v.-Zugangs ist abhängig vom Verbrennungsausmaß und den regionalen Strukturen. Schockgefahr ergibt sich ab einer verbrannten KOF von 10–20 %. Nach 45 min können etwa 20 % des intravasalen Volumens verloren sein und die Gefahr eines hypovolämischen Schocks besteht. Bei Transportzeiten über 45 min und einem Ausmaß über 20 % verbrannter KOF ist somit die Anlage eines i. v.-Zugangs zu erwägen. Einer schlechten peripheren Venensituation (Schock, Hypothermie) kann am zielführendsten durch einen i.o.-Zugang begegnet werden. Dieser kann auch durch verbrannte Haut beim Kind in erster Linie im Bereich der proximalen Tibia erfolgen. Die Volumentherapie hat entsprechend einer Schockbehandlung mit einem Bolus von 10–20 ml/kgKG bzw. dann 10–20 ml/kgKG und h durch eine isotonische und kristalline Lösung (z. B. Ringer-Laktat-, isotonische Kochsalzlösung [0,9 %ig]) zu erfolgen. Bei schweren Verbrennungen über 50 % der KOF ist ein möglichst früher Beginn einer Volumentherapie überlebenswichtig [6].

In der notärztlichen Versorgung muss nach Abschätzung des Verbrennungsausmaßes bei Indikation der parenterale Zugang innerhalb eines angepassten Zeitrahmens etabliert werden. Transportmittel, -weg und auch das Transportziel sind mitbeeinflussende Faktoren. Wenn einmal ein i.v.-Zugang etabliert ist, soll jedoch andererseits eine Überinfusion vermieden werden, da diese Flüssigkeit durch das entstehende Kapillarleck nur zeitlich begrenzt intravaskulär zur Verfügung steht. Im Rahmen der Erstversorgung gilt es auch, die Atemwegssituation abzuschätzen und die Notwendigkeit einer Intubation sorgfältig abzuwägen. Sollte eine Atemnotsymptomatik im Zusammenhang mit dem Trauma oder im Rahmen von Begleitverletzungen, ein Inhalations-, ein Explosionstrauma mit Verbrennungen im Gesicht-Hals-Bereich oder eine ausgedehnte Verbrennung bestehen, ist bereits präklinisch eine Luftwegsicherung anzustreben. Diese erfolgt wegen des zu erwartenden Schleimhautödems idealerweise mit dem größtmöglichen Tubus.

Präklinische Wundversorgung

Entfernung von Schmuck, Ringen und Piercings ist angezeigt; ein Débridement von Blasen und Blasenresten ist vor Ort nicht notwendig. Das Aufbringen von Salben, Sprays oder großflächigen feuchten Verbänden sollte vermieden werden. Betroffene Extremitäten oder der Kopf sollten hochgelagert werden.

Klinische Versorgung

Wenn die Gegebenheiten oder die lokalen Versorgungsstrukturen bei schwerer Verbrennung den primären Transfer in ein Brandverletztenzentrum verunmöglichen, gilt es, folgende Maßnahmen auch in einem nichtspezialisierten Zentrum bzw. in einer zwischengeschalteten Institution durchzuführen:

  • suffiziente Analgosedierung bei gesicherten Vitalfunktionen,

  • gesicherte Atemwege bei Indikation auch mithilfe der Intubation,

  • Flüssigkeitsmanagement mit sorgfältiger Bilanzierung nach Anlage eines Blasendauerkatheters.

Eine strenge Temperaturüberwachung (ösophageale, rektale oder vesikale Temperatursonde) ist essenziell, und für ein entsprechend warmes Raumklima (bis 35 °C) ist zu sorgen. Gemäß dem Schweregrad ist zu erwägen, ein erweitertes z. T. invasives Monitoring über einen Zentralvenenkatheter (ZVK) und eine arterielle Druckmessung noch vor Verlegung in ein Brandverletztenzentrum zu etablieren.

Intensivmedizinisches Management

Das Flüssigkeits- und Volumenmanagement in den ersten 24–48 h ist essenziell in der Versorgung von schwerbrandverletzten Kindern. Dieses wird entsprechend unterschiedlicher Formeln für die ersten 24 h errechnet. Als Richtwert zur Anpassung der Infusionsgeschwindigkeit wird eine Harnmenge mit einem Zielvolumen von 0,5–1 ml/kgKG und h, gemessen über jeweils 3 h, angestrebt. Die verschiedenen, zur Verfügung stehenden Formeln zur Berechnung des Infusionsbedarfs in den ersten 24 h ergeben bei einem 3‑jährigen Patienten mit 40 % verbrannter KOF sehr unterschiedliche Flüssigkeitsmengen, von knapp über 1 bis knapp über 3 l [7].

In diesem Zusammenhang wird nochmals auf die Notwendigkeit der exakten Einschätzung der verbrannten KOF, die diesen Formeln zugrunde liegt, hingewiesen. Unter 15 % verbrannter KOF sollte die enterale Flüssigkeitszufuhr angestrebt und nur abhängig von Nüchternzeiten für die Wundversorgung parenteral ergänzt werden. Über 15 % verbrannter KOF berechnen wir bei Kindern unter 20 kgKG das Defizit mit 5000 ml/m² verbrannter KOF zusätzlich zu einem Erhaltungsbedarf von 1500 ml/m² KOF (Galveston-Formel), bei Kindern über 20 kgKG berechnen wir das Defizit mit 2(–4) ml/kgKG und Anteil (%) verbrannter KOF. Von diesen Mengen wird jeweils eine Hälfte in den ersten 8 h, die zweite Hälfte in den restlichen 16 h verabreicht. Dieser Defizittropf besteht aus kristalliner, isotonischer Flüssigkeit (Ringer-Laktat-, 0,9 %ige NaCl-Lösung). Der Einsatz von Humanalbumin wird kontrovers diskutiert, erfolgt jedoch abhängig von den Laborbefunden erst in den zweiten 24 h der Versorgung. Die Rolle der Kolloide ist noch nicht ganz geklärt. Die Gabe von Katecholaminen sollte nur ausnahmsweise in der Frühphase bei niedrigem peripheren Widerstand z. B. nach Elektroverbrennungen, bei exfoliativen Hauterkrankungen oder bei einem warmen Schock erfolgen. Dobutamin hat seine Berechtigung bei einem dokumentierten „low cardiac output“; hier sollte ein invasives bzw. nichtinvasives Herzzeitvolumen-Monitoring zum Einsatz kommen. Besondere Bedingungen, die ein „wirklich schwer brandverletztes Kind“ mit sich bringt und die ein interdisziplinäres Setting in einem spezialisierten Umfeld zwingend notwendig machen, ergeben sich durch ein begleitendes Inhalationstrauma, eine hochvoltelektrische Verbrennung, großflächige chemische Verbrennungen, große Areale mit Verbrennungen 3. bzw. 4. Grades oder Umstände mit verspäteter Flüssigkeitsverabreichung und protrahiertem Schockgeschehen.

Durch multimodale interdisziplinäre Versorgung gilt es die Entwicklung der Verbrennungskrankheit zu verhindern

Im Rahmen der multimodalen interdisziplinären Versorgung eines schwer brandverletzten Kindes gilt es, die Entwicklung der Verbrennungskrankheit mit systemischem Inflammationssyndrom (SIRS), Sepsis und drohendem oder folgendem Lungen- und Multiorganversagen zu vermeiden. Ein begleitendes Inhalationstrauma schädigt neben den Atemwegen die Gasaustauschgrenze in den Lungen; dies geht mit einem reduzierten Sauerstoffangebot im Gewebe, einem erhöhten interstitiellen Druck sowie daraus resultierender Ischämie und Infektionsgefahr einher. Auch ein begleitendes vermindertes Herzzeitvolumen führt über Endorganischämie und Acidose zur Fortsetzung der Spirale der Verbrennungskrankheit.

Spezielle Situationen

Inhalationstrauma.

An ein Inhalationstrauma ist v. a. nach Bränden in geschlossenen Räumen, Exposition gegenüber heißen Gasen und Explosionen zu denken. Ein Inhalationstrauma ist auch ohne Hautverletzungen möglich. Klinisch sind Rußspuren im Oropharynx, verkohltes Sputum, versengte Gesichts- und Nasenhaare sowie Gesichts- und Halsverbrennungen wegweisend. Ebenso finden sich eine respiratorische Symptomatik mit Heiserkeit, Husten oder gar eine Atemnotsymptomatik mit Stridor, Giemen, Tachy- und Dyspnoe (Abb. 4). Neben den direkten Zeichen der respiratorischen Insuffizienz können Bewusstseinsstörung, Desorientiertheit, Agitation oder Angst indirekt über die Hypoxämie auf ein Inhalationstrauma hinweisen.

Präklinisch müssen die Atemwege gesichert werden; klinisch wird im Rahmen der Versorgung und mithilfe der Bronchoskopie das Inhalationstrauma bestätigt oder ausgeschlossen. Die Behandlung eines schweren Inhalationstraumas ist der pädiatrischen Intensivstation mit entsprechendem Atemwegsmanagement und der Anwendung differenzierter lungenprotektiver Beatmungsstrategien vorbehalten. Inhalative Steroide zeigen möglicherweise über ihre antiinflammatorischen Eigenschaften einen Benefit [8]. Die hyperbare Oxygenierung (HBO) ist beim Inhalationstrauma durch wenig Evidenz belegt, eine Ausnahme bildet eine begleitende Kohlenstoffmonoxidintoxikation. Diese ist bei einem Carboxyhämoglobin(CO-Hb)-Gehalt >20 % plus entsprechender klinischer Symptomatik zu erwarten.

Abb. 4
figure 4

Explosionsverletzung mit Inhalationstrauma

Kompartmentsyndrom.

Ein Kompartmentsyndrom entsteht durch erhöhten Gewebsdruck bei zirkulären Verbrennungen im Bereich der Extremitäten, der Hände und Finger oder auch des Thorax und des Abdomens. Einerseits wirkt der Nekroseschorf einschnürend, andererseits besteht durch das Kapillarleck ein erhöhter Gewebedruck. Bei peripher kühlen und/oder weißen Extremitäten, schwach oder schlecht tastbaren Pulsen bzw. nichtauffindbarem Pulsoxymetersignal gilt es als chirurgische Notmaßnahme, den Schorf zu spalten (Escharotomie) bzw. auch die Faszienlogen freizulegen (Fasziotomie). Dieses Vorgehen hat, sollte man ein Kompartmentsyndrom befürchten, als chirurgische Notfallmaßnahme unmittelbar zu erfolgen. Als besondere Komplikation kann ein abdominelles Kompartmentsyndrom auftreten, das eine dringliche chirurgische Intervention erfordert.

Therapie des Energiebedarfs.

Nach einer schweren Verbrennung kommt es innerhalb der ersten Tage zu einem hypermetabolischen Zustand; hierbei wirken die systemische Inflammationsreaktion, die gestörte Hypothalamusfunktion und Temperaturregulation sowie der erhöhte Katecholamin-Load ursächlich. Dadurch kommt es zu einem vermehrten Proteinkatabolismus und zu vermehrter Lipolyse. Es sind unvermeidbare negative Auswirkungen auf die Wundheilung und die Abwehrkräfte sowie in weiterer Folge auf den Body-Mass-Index (BMI) zu beobachten.

Der Energiebedarf ist direkt proportional zu Tiefe und Ausdehnung der Brandverletzung und wird u. a. von dem Alter des Patienten, dem Ernährungszustand vor dem Unfall, den täglichen therapeutischen Maßnahmen, einem begleitenden Inhalationstrauma und chronischen begleitenden Erkrankungen beeinflusst. Weitere Einflussfaktoren sind Raumtemperatur und -feuchtigkeit, Fieber, Schmerzen, Ängste, aber auch die Aktivität des Kindes und seine Genesungsfortschritte. Das Ziel ist die Konstanthaltung des vor dem Unfall vorhandenen Körpergewichts ± 5 % in einem euglykämischen Zustand mit Zielblutzuckerspiegeln zwischen 130 und 140 mg/dl. Eine Exzesskohlenhydratzufuhr mündet in einer Leberdysfunktion und über die Hyperglykämie in Wundheilungsstörungen. Bei zu erwartenden Ernährungsproblemen über eine nasogastrale Sonde sollte frühestmöglich die Anlage einer nasoduodenalen Ernährungssonde erwogen werden. Über diese kann rasch mit der enteralen Nahrungs- und Energiezufuhr begonnen werden.

Der Energiebedarf ist direkt proportional zu Tiefe und Ausdehnung der Brandverletzung

Ein weiterer wesentlicher Bestandteil in der Versorgung brandverletzter Kinder liegt in der optimierten Schmerztherapie mithilfe eines multimodalen pharmakologischen Schmerzprotokolls. Ziel ist „Null Schmerz“. Die optimierte Schmerztherapie soll von Anfang an unter Zuhilfenahme potenter Opiate in suffizienter Dosierung erfolgen und durch nichtpharmakologische Techniken ergänzt werden. Mehrere Studien haben eine unter optimaler Schmerztherapie verkürzte Wundheilungszeit darstellen können.

Operative/konservative Wundbehandlung

Abgesehen von den chirurgischen Notmaßnahmen wie Escharotomie oder Fasziotomie, stellt bei tiefen Verletzungen die chirurgische Wundversorgung mithilfe der Frühnekrektomie, im Idealfall innerhalb der ersten Woche, noch immer den medizinischen Standard dar [9]. Bei ganz dermalen Wunden (Grad 3) ist die Entfernung des nekrotischen Gewebes ehestmöglich anzustreben, da dieses lokale und systemische Entzündungsprozesse aufrechterhält. Nach initialer Stabilisierung ist somit entweder die tangentiale oder die epifasziale Nekrektomie angezeigt. Abhängig vom Gesamtausmaß der Verbrennung, der Lokalisation und der Möglichkeiten der Spenderhaut muss schrittweise vorgegangen werden. Ästhetisch sensible Bereiche wie Hände oder Gesicht-Hals-Region sind bevorzugt gegenüber z. B. dem Stamm oder den proximalen Extremitätenregionen zu betrachten. Bei Verwendung autologer Spalthaut, die von unverletzten Körperstellen oder auch vom Kopf entnommen werden kann, gilt es, durch Expansionstechniken (nach Mesh, nach Meek [10]) bei meistens limitierten Ressourcen möglichst schonend und effizient zu operieren. Steht nicht genügend autologe Spenderhaut zur Verfügung, kann eine temporäre Wunddeckung mithilfe von Allo-, Xenografts oder künstlichen Dermisersatzpräparaten erzielt werden. Planung und Ausführung dieser Eingriffe sind Brandverletztenzentren vorbehalten. Hier ist es notwendig, die entsprechende räumliche Infrastruktur zu gewährleisten. Große intra- und perioperative Blutverluste sowie eine damit verbundene Temperaturinstabilität erfordern ein gut geplantes und rasches Vorgehen. Als Wundverband zur Versorgung der empfindlichen Spalthauttransplantate haben sich Vakuumunterdrucksysteme bewährt, die insbesondere in der Phase der Frühmobilisierung bei Kindern einen guten Schutz mit Aufnahme von Blut- und Wundsekret zeigen [11].

Differenzierter bzw. verzögert ist das Vorgehen bei gemischten Verbrühungen und Verbrennungen der Grade 2a und 2b. Hier wird bei gutem Allgemeinzustand des Patienten und initial nicht sicher prognostizierbarem Heilungspotenzial abgewartet, um nach Demarkation der tieferen bzw. zweitgradigen Areale selektiv vorzugehen. Voraussetzung für das Zuwarten ist ein guter Allgemeinzustand des Patienten bei stabilen Vitalfunktionen, um ideale Voraussetzungen für die Wundheilung sicherzustellen (Abb. 5). Kleine, aber tiefe Wunden können nach Möglichkeit lokal exzidiert und die Wundränder direkt vernäht werden. Liegt die entsprechende Indikation v. a. im Hand- und im Fußbereich vor, können Vollhauttransplantate mit Entnahme aus der Leistenregion verwendet werden.

Abb. 5
figure 5

Gemischte Verbrühung der Grade 2a und 2b, versorgt mit silberhaltiger Wundauflage (Mepilex-Transfer Ag), darüber ein Schutzverband

Die Versorgung oberflächlicher Wunden erfolgt konservativ. Auf ausreichende Sedoanalgesie und Sauberkeit ist zu achten. Kleine Wunden können bei vom Notarzt suffizient analgosedierten Kindern sogleich ambulant versorgt werden, großflächigere Wunden bzw. diffizile Bereiche wie Hände, Füße, Gesicht oder Anogenitalregion bedürfen der fachgerechten tiefen Sedoanalgesie bzw. einer Narkose. Die Kinder werden hierzu auf einer speziellen Wanne bei entsprechend hochtemperiertem Raumklima gelagert und somit können Hautreste und Verschmutzungen sorgfältig abgewaschen werden. Nach Abnahme von Abstrichen zur Erfassung der individuellen Keimsituation erfolgt die Reinigung der unverletzten Regionen mit antiseptischen Seifen. Hautreste werden meist stumpf mit Kompressen oder Schwämmen entfernt, wenn notwendig auch scharf mithilfe einer Schere. Bei verschmutztem Aspekt werden die zunächst sterilen Wunden mit antiseptischen Wundspüllösungen (z. B. Polyhexanid) gereinigt. Diese Eingriffe sind schmerzhaft und können nur unter suffizienter Analgesie bzw. Narkose durchgeführt werden. Hierbei ist ein kardiorespiratorisches Monitoring unverzichtbar.

Kolonisierung der Wunden durch externe nosokomiale Keime ist zu vermeiden

Ziele der konservativen Wundversorgung sind es, das Wachstum von endogenen Bakterien zu verzögern und die Kolonisierung der Wunden durch externe nosokomiale Keime zu vermeiden. Das Wundklima soll die Wundheilung unterstützen, Austrocknung vermeiden sowie Schmerzen und Unbehagen bzw. in weiterer Folge Juckreiz möglichst minimieren. Unterschiedlichste Wundauflagen stehen zur Verfügung, wobei Verbände mit einer antiseptischen Komponente bevorzugt werden. Silberhaltige Verbände haben sich hier etabliert (Mepilex Transfer Ag, Acticoat Flex, Atrauman Ag etc.). Auch andere antiseptische Komponenten (z. B. Chlorhexidin) kommen zur Anwendung. Der ideale Wundverband ist somit neben seiner antiinfektiösen Komponente gut an die Wundoberfläche anformbar und flexibel, haftet gut auf der Wunde und vermeidet die Ausbildung von Zwischenräumen. In der initialen hypersekretorischen Phase sollte Wundsekret aufgenommen bzw. nach außen abgegeben werden bzw. sollten Sekundärverbände leicht zu wechseln sein, ohne an der Wundauflage oder der Wunde selbst manipulieren zu müssen. Bei unkompliziertem Verlauf sollte die Wundauflage eine möglichst lange Verweildauer auf der Wunde gewährleisten können, um die Notwendigkeit von Verbandwechseln, die beim Kind meistens einer Sedoanalgesie oder Narkose bedürfen, zu reduzieren. Idealerweise ist auch der Wundgrund während der Heilungsphase im Rahmen der Verbandwechsel einsehbar. Wenn eine Wunde bei der Erstversorgung oder bei einem Verbandwechsel am 2. Tag als vordergründig oberflächlich zweitgradig eingeschätzt wird, kann die Wundauflage entsprechend auch den Anwendungsempfehlungen bis zu eine Woche oder länger auf der Wunde bleiben. Dies setzt einen unproblematischen Verlauf und einen guten Allgemeinzustand des Patienten ohne Fieber voraus. Idealerweise zeigt sich die Wunde nach Abnahme des Verbandes sogar schon abgeheilt bzw. führt die Ausheilung der Wunde zum Ablösen der Wundauflage (z. B. Suprathel®). Um für Kleinkinder die notwendigen Verbandwechsel bzw. auch die Abnahme der Wundauflage möglichst atraumatisch zu gestalten, werden diese Eingriffe je nach Notwendigkeit in milder Sedoanalgesie durchgeführt. Wenn nach 7 bis 10 Tagen die oberflächlichen Wunden abgeheilt sind, wird in weiterer Folge die offene Pflege mit Fettsalbe durchgeführt, oder bei Bedarf werden noch weitere luftige antiseptische Wundauflagen (z. B. auch medizinischer Honig) angewendet. Faktoren, die eine Reepithelisierung verzögern können, sind entsprechende Wundcharakteristika (Tiefe, Ausmaß der verbrannten KOF und Ursache). Hierzu zählen ebenfalls klinische Managementcharakteristika wie der Schmerzlevel beim ersten Verbandwechsel oder der Zeitraum bis zur Erstvorstellung in einem Verbrennungszentrum [12]. Eine prophylaktische antibiotische Therapie ist bei Verwendung antiseptischer Wundauflagen meist nicht generell indiziert, wird aber individuell entsprechend dem klinischen Verlauf und anhand der Keimbefunde oder der Laborparameter großzügig erwogen.

Komplikationen

Obwohl wirkliche Wundinfektionen im Zusammenhang mit der Verwendung antiseptischer Wundauflagen nach den durchschnittlichen Verbrühungen und Verbrennungen bei Kindern zum Glück selten sind, so sind diese jedoch sehr ernst zu nehmen. Nicht nur, dass die lokale Wundheilung durch eine Infektion gestört wird und somit ein „Nachtiefen“ der Wunde möglich ist, es kann sich auch schnell ein septisches Zustandsbild entwickeln (Abb. 6). Kinder neigen nicht nur bei echten Wundinfektionen, sondern auch bei gemischten Verletzungen der Grade 2a und 2b dazu, erhöhte Körpertemperatur oder Fieber zu entwickeln. Im Zweifel sind auf jeden Fall eine Wundinspektion, Desinfektion und Neuanlage eines antiseptischen Wundverbands notwendig.

Abb. 6
figure 6

Wundinfektion mit schmierigem Belag, Schwellung und perifokaler Rötung bei Verbrühung vom Grad 2b am Oberschenkel

Beim Vollbild eines TSS sollte rasch die intensivmedizinische Betreuung etabliert werden

Das „toxic shock syndrome“ (TSS) ist ein v. a. bei Säuglingen und Kleinkindern vorkommendes Krankheitsbild; klinisch manifestiert es sich durch eine „warme“ Schocksymptomatik. Es wird hervorgerufen durch Toxine, die meistens von Staphylococcus aureus gebildet sind. Bei kleinen und meist ambulant versorgten Wunden kann es durch Toxinbildung und Einschwemmung rasch zu einem bedrohlichen Krankheitsbild kommen, das die intensivmedizinische Versorgung notwendig macht (Abb. 7). Die Kinder präsentieren sich klinisch mit Pyrexie, Exanthem, gastrointestinaler Symptomatik, einschließlich Durchfall und Erbrechen, sowie Irritation. Laborchemisch kann eine Lymphopenie nachgewiesen werden (abgekürzt entsprechend den Kriterien der Centers for Disease Control and Prevention, CDC, [13]). Brandwunden, die mit okklusiven Wundverbänden versorgt sind, können zur Ausbildung eines TSS prädisponieren, und das Wundmilieu stellt ein ideales Medium für die Keime und deren Toxinproduktion dar [14]. Beim Vollbild eines TSS gilt es, rasch intensivmedizinische Betreuung zu etablieren und neben der Schockbehandlung die Wunde zu desinfizieren, eine systemische antibiotische Therapie entsprechend dem zu erwartenden Resistenzmilieu einzuleiten und evtl. auch Immunglobuline zu verabreichen.

Abb. 7
figure 7

Kontaktverbrennung 2. Grades an der Hand (a) und Exanthem bei „toxic shock syndrome“ (b)

Misshandlung

Typische Lokalisationen und Verteilungsmuster, wie sockenförmige Wunden oder Verletzungen am Gesäß, lassen an Kindesmisshandlung denken. Dies gilt insbesondere, wenn sie von unrealistischen Angaben über den Unfallhergang, spät nach einem Unfall aufgesuchter Hilfe, Vorhandensein zusätzlicher Verletzungen und unklaren Unfällen in der Vergangenheit begleitet sind. Entsprechend der Literatur betragen die Zahlen zwischen 2 und 25 % der Kinder mit Verbrennungen, in unserem eigenen Patientengut betrug die Prävalenz 1 % [2]. Bei Verdacht auf Misshandlung bzw. Resultat des Unfalls aufgrund von Vernachlässigung sollte auf jeden Fall die stationäre Aufnahme erfolgen, um die entsprechenden Maßnahmen für das nun geschützte Kind in die Wege leiten zu können.

Nachsorge

Die ganzheitliche Betreuung brandverletzter Kinder stellt nicht nur die Versorgung in der Akutphase sicher, sondern gewährleistet auch die Nachsorge nach Beendigung des stationären Aufenthalts. Verzögert spontan abgeheilte bzw. operierte Wunden hinterlassen Narben; hier gilt es, eine Narbentherapie einzuleiten. Neben der entsprechenden Aufklärung und Einbindung der Eltern oder Bezugspersonen in die Haut- und Narbenpflege wird die Versorgung mit Kompressionsutensilien sichergestellt. Den speziellen Bedürfnissen der Kinder mit Gewährleistung genügender Bewegungsfreiheit und auch den hygienischen Aspekten im Windelbereich ist besonders Rechnung zu tragen. Bei anatomischen Regionen, die der Kompression schwer zugänglich sind, kann mit eingenähten Pelotten bzw. Silikonanwendung gearbeitet werden. Diese Nachbetreuung sollte zumindest bis zum kompletten Ausreifen der Narben angeboten werden, v. a. um funktionelle Beeinträchtigungen rechtzeitig zu erfassen und allenfalls plastisch chirurgisch intervenieren zu können. Auch bleibt das Zentrum Erstanlaufstelle für die Eltern mit kontinuierlichem Bezug zum betreuenden Team, einschließlich psychologischer, physio- und ergotherapeutischer Betreuung.

Behandlung in einem spezialisierten Brandverletztenzentrum

In erster Intention gilt es, Überleben zu sichern sowie Komplikationen wie Infektionen und Sepsis zu vermeiden. Grundlegend ist eine möglichst schmerzfreie Behandlung mit der Vermeidung weiterer Traumatisierung; hierzu ist auch die Integration der Eltern in die Behandlung notwendig. Stigmatisierende Narben sollten möglichst minimiert sowie die Wiedererlangung der vollen Beweglichkeit und die Teilnahme am Alltagsgeschehen gewährleistet werden. Das psychische Trauma soll möglichst gelindert werden, um die Wiedereingliederung in das psychosoziale Umfeld der Familie zu begünstigen.

Fazit für die Praxis

  • Großflächige oder tiefe thermische Verletzungen beim Kind ergeben einen lebensbedrohlichen Zustand und müssen daher in einem pädiatrischen Brandverletztenzentrum behandelt werden.

  • Die Vermeidung von Unterkühlung und eine suffiziente Schmerztherapie sind in der Versorgung unabdingbar.

  • Bei drittgradigen Verbrennungen ist die Frühnekrektomie anzustreben, bei gemischten Verbrühungen der Grade 2a und 2b ist ein zunächst konservatives, abwartendes Vorgehen angezeigt.

  • Verbandwechsel sind möglichst atraumatisch und nur in ausreichender Sedoanalgesie durchzuführen.

  • Antiseptische Wundauflagen mit möglichst langer Applikationsdauer werden bei Kindern bevorzugt.

  • Versorgung und Betreuung brandverletzter Kinder sind nur durch ein multidisziplinäres Team möglich und sollten auch die Behandlung nach Narbenbildung beinhalten.