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Prüfungssimulation
Fallschilderung
Der Patient kommt zu Fuß in die Notaufnahme, da er seit ca. 5 Tagen heftige Flankenschmerzen rechtsseitig habe, die in die Leiste und den Unterbauch ausstrahlen. Aufgrund einer Steinanamnese habe er daraufhin viel Blasen- und Nierentee getrunken, weil er von einem neuerlichen Nierenstein ausgegangen sei. Allerdings sei die Schmerzqualität anders als bei den vorherigen Steinabgängen. Sonstige Vorerkrankungen werden nicht berichtet. Anamnestisch ist ein vermehrter Nikotinkonsum (1 Schachtel/Tag) zu eruieren. Der Patient berichtet des Weiteren über gelegentliche Kopfschmerzen, wegen derer er Ibuprofen einnähme. Auffälligkeiten bei der Diurese im Sinne eines schäumenden Urins, einer Makrohämaturie oder einer Dysurie werden verneint. Auch der Stuhlgang wird als unauffällig beschrieben.
Körperliche Untersuchung und Vitalparameter.
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Blutdruck 173/102 mm Hg, Herzfrequenz 87/min, Temperatur 36,2 °C, Sauerstoffsättigung 100 %, Atemfrequenz 14/min
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An Kopf und Hals keine Besonderheiten; Zahnstatus unauffällig; Lungen bds. seitengleich belüftet; vesikuläres Atemgeräusch; Herztöne rein, regelmäßig, keine vitientypischen Geräusche; Abdomen weich, kein Druckschmerz, keine Abwehrspannung, keine Resistenzen tastbar, Peristaltik unauffällig; Flankenklopfschmerz rechts; keine Ödeme; neurologischer Status orientierend unauffällig
Prüfungsfragen
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Was ist Ihre erste Verdachtsdiagnose bei diesem Patienten?
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Wie lautet Ihre Differenzialdiagnose?
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Welche Diagnostik streben Sie als Erstes an?
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Welche Ursachen für einen Niereninfarkt sind Ihnen bekannt?
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Welche Umgebungsdiagnostik streben Sie an?
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Welche therapeutischen Maßnahmen ergreifen Sie?
Antworten
Was ist Ihre erste Verdachtsdiagnose bei diesem Patienten?
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Bei Flankenschmerzen muss in der Regel von einem retroperitonealen Schmerz ausgegangen werden, insbesondere wenn in der klinischen Untersuchung – wie bei diesem Patienten – auch ein Flankenklopfschmerz besteht.
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Aufgrund der Steinanamnese wäre die wichtigste Verdachtsdiagnose in diesem Fall eine Steinpassage. Die Ausstrahlung des Schmerzes in Leiste und Unterbauch lässt daran denken.
Wie lautet Ihre Differenzialdiagnose?
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Differenzialdiagnostisch ist ein entzündlicher Prozess im Sinne einer Pyelonephritis, aber auch z. B. eine retroperitoneale Fibrose zu diskutieren.
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Ebenfalls sind ein Niereninfarkt, ein Psoasabszess, ein retroperitoneales Hämatom oder eine Aortendissektion denkbar.
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Nicht vergessen werden sollten vertebragene Ursachen.
Welche Diagnostik streben Sie als Erstes an?
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Neben einer Ultraschalluntersuchung, die bettseitig durchgeführt werden kann, ist am schnellsten eine Untersuchung mit Urinteststreifen möglich.
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Alle anderen Laborwerte werden auf sich warten lassen.
Der Fall.
Abdomensonographie:
Bds. kein Harnaufstau; bds. in Form und Größe unauffällige Nieren; duplexsonographisch Perfusionsausfall im Bereich des mittleren Drittels der rechten Niere; Gallenblase steinfrei und ohne akute oder chronische Entzündungszeichen; Leber homogen, keine Cholestase, keine Ileuszeichen; keine freie Flüssigkeit intraperitoneal und pleural; Aorta glattwandig, V. cava atemmoduliert, paraaortaler Raum unauffällig
Laborwerte:
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Urinstatus: Eiweiß negativ, Erythrozyten negativ, Leukozyten negativ, Glukose negativ, pH-Wert 8 (5–8), spezifisches Gewicht 1015 g/ml (1001–1035 g/ml), Nitrit negativ, Bilirubin negativ, Mikroalbumin im Urin 7 mg/l, Albumin-Kreatinin-Quotient 8 mg/g (< 20 mg/g)
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Blutuntersuchungen: Ergebnisse s. Tab. 1
Merke.
Laborchemisch manifestiert sich ein Niereninfarkt häufig mit einer Hämaturie (32 %).
Diese liegt bei unserem Patienten nicht vor.
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Eine Kreatininerhöhung ist abhängig von der Ausdehnung des renalen Infarkts und davon, ob z. B. ein bilaterales Ereignis vorliegt [1].
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In aller Regel findet man auch eine Erhöhung der Laktat-Dehydrogenase (LDH). Da das primäre Ereignis bei unserem Patienten bereits einige Tage zurückliegt, ist der LDH-Peak nicht bekannt.
Elektrokardiogramm (EKG):
Normfrequenter Sinusrhythmus, Indifferenztyp, 1 ventrikuläre Extrasystole (VES), unauffällige Erregungsausbreitung und -rückbildung (Abb. 1)
Der Fall.
Computertomographie (CT):
Zur weiteren Diagnostik und da der Patient unverändert über Schmerzen klagt, wird eine CT (Abb. 2) des Abdomens mit Kontrastmittel veranlasst. Es zeigt sich ein ausgedehnter Infarkt der rechten Niere.
Alternativ wären noch eine Magnetresonanztomographie und ein Isotopennephrographie infrage gekommen.
Welche Ursachen für einen Niereninfarkt sind Ihnen bekannt?
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Die häufigsten Ursachen eines Niereninfarkts sind kardiale Erkrankungen.
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Darüber hinaus kann eine Dissektion der Nierenarterie z. B. im Rahmen einer Aortendissektion auftreten (Tab. 2).
Welche Umgebungsdiagnostik streben Sie an?
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Neben transthorakaler und transösophagealer Echokardiographie, Langzeit-EKG und einer erweiterten Gerinnungsdiagnostik wird noch eine Tumorsuche durchgeführt.
Der Fall.
Echokardiographisch sehen wir eine unauffällige Pumpfunktion und keine Klappenvitien. Die transösophageale Echokardiographie ergibt ebenfalls keine pathologischen Befunde. Das Langzeit-EKG über 48 h zeigt durchgehend einen normfrequenten Sinusrhythmus mit einzelnen monomorphen VES. Ein Trauma kann anamnestisch ausgeschlossen werden. Hinweise auf eine Autoimmunerkrankung gibt es zum Untersuchungszeitpunkt nicht (Lupusantikoagulans negativ; Anticardiolipinantikörper negativ).
Auch eine Fettstoffwechselstörung (Cholesterin 160 mg/dl, High-density-Lipoprotein[HDL]-Cholesterin 95 mg/dl, Low-density-Lipoprotein[LDL]-Cholesterin 101 mg/dl) kann nicht dargestellt werden. Insofern gehen wir von einem idiopathischen Niereninfarkt aus.
Welche therapeutischen Maßnahmen ergreifen Sie?
Der Fall.
Es erfolgt eine therapeutische Antikoagulation mit niedermolekularem Heparin. Die CT-Bilder werden mit den Kollegen der interventionellen Radiologie diskutiert. Aufgrund der unauffälligen Nierenfunktion und der Dauer der Symptomatik wird von einer Revaskularisation im Sinne einer interventionellen Therapie mittels Lyse bzw. Thrombusaspiration Abstand genommen. Nach erfolgter Umgebungsdiagnostik wird eine orale Antikoagulation mit Phenprocoumon eingeleitet.
Merke.
Der Niereninfarkt ist eine seltene Erkrankung. Am häufigsten finden sich kardioembolische Ereignisse infolge eines Vorhofflimmerns, einer eingeschränkten Pumpfunktion mit Ausbildung eines Ventrikelthrombus, aber auch infolge einer Endokarditis.
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In der Literatur gibt es Einzelfallbeschreibungen zu Niereninfarkten als Folge von Vaskulitiden, Drogenabusus und neuerdings auch einer „coronavirus disease 2019“ (COVID-19).
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Bei der Therapie eines Niereninfarkts sollte eine Rekanalisation immer evaluiert werden.
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Dazu gehört die Beurteilung der Vaskularisation der betroffenen Niere, die Ausdehnung des Befundes, die Dauer der Symptomatik und letztendlich die Diskussion, ob interventionell radiologisch oder chirurgisch revaskularisiert werden soll.
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Therapeutisch stehen eine orale Antikoagulation und die Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung im Vordergrund.
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Empfohlen wird eine 6‑monatige orale Antikoagulation, die in Abhängigkeit vom Risikoprofil des Patienten ausgedehnt werden sollte.
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Der Fall.
Bei unserem Patienten kann kein Auslöser eruiert werden. Im Follow-up nach 3 Monaten hat sich erwartungsgemäß ein Parenchymdefekt ausgebildet. Eine eingeschränkte Nierenfunktion besteht nicht.
Die orale Antikoagulation wird über 6 Monate fortgesetzt und dann beendet. Weitere Ereignisse sind bislang nicht aufgetreten. Auch die Vorstellung in einer Gerinnungsambulanz erbringt keine neuen Erkenntnisse.
Literatur
Bourgoult M, Grimbert P, Verret C et al (2013) Acute renal infarction: a case series. Clin J Am Soc Nephrol 8(3):392–398. https://doi.org/10.2215/CJN.05570612
Oh YK, Yang CW, Kim Y‑L et al (2016) Clinical characteristics and outcomes of renal infarction. Am J Kidney Dis 67(2):243–252. https://doi.org/10.1053/j.ajkd.2015.09.019
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M. Abu-Tair gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von der Autorin keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts, über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
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Redaktion
M. Abu-Tair, Bielefeld
B. Bader, Berlin
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Abu-Tair, M. 42/m mit unklaren Flankenschmerzen. Internist 63 (Suppl 2), 290–293 (2022). https://doi.org/10.1007/s00108-022-01319-7
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00108-022-01319-7