Der Niereninfarkt ist eine vaskuläre Störung, die zu einem irreversiblen Nierenschaden führen kann, und stellt eine seltene Ursache von Abdominal- und Flankenschmerzen dar. Die Routinediagnostik mit Blut- und Urinanalyse sowie nicht kontrastverstärktem Ultraschall ist oft unspezifisch, erst die kontrastverstärkte Bildgebung erlaubt eine sichere Diagnosestellung. Die Ätiologie des Niereninfarkts ist mannigfaltig. Therapeutisch steht der Erhalt des Nierenparenchyms im Vordergrund.

Anamnese

Ein 28-jähriger Mann stellte sich notfallmäßig mit akuten rechtsseitigen nicht kolikartigen Flankenschmerzen und Nausea vor. Vorerkrankungen, insbesondere eine arterielle Hypertonie, Drogenkonsum und in der Familie gehäuft vorkommende Erkrankungen, bestanden anamnestisch nicht. Eineinhalb Jahre zuvor war es bei einem Motorradunfall zu einer Kontusion mit Hämatomausbildung der rechten Flanke gekommen, gefolgt von einer prolongierten Schmerzsymptomatik. Eine ärztliche Konsultation war nicht erfolgt.

Befund

Es präsentierte sich ein normotoner, normokarder und afebriler Patient mit einer Druckdolenz im rechten Mittelbauch und klopfdolenter rechter Nierenloge. In der Laboruntersuchung waren die neutrophilen Granulozyten mit 6,3 ∙ 109/l (Referenz 1,5–5,7 ∙ 109/l), das C‑reaktive Protein (CRP) mit 41,8 mg/l (<5,1 mg/l) und die Laktat-Dehydrogenase (LDH) mit 446 U/l (125–220 U/l) erhöht. Die Nierenretentionswerte waren normwertig mit einem Kreatininspiegel von 91 µmol/l (geschätzte glomeruläre Filtrationsrate nach Chronic-Kidney-Disease-Epidemiology-Collaboration[CKD-EPI]-Formel >90 ml/min pro 1,73 m2) und einem Harnstoffwert von 3,3 mmol/l (3,2–7,4 mmol/l). Der Urinstatus war unauffällig. Die Abdomensonographie im B‑Bild zeigte eine unauffällige Appendix und unauffällige Nieren beidseits, ohne Stauung oder Nephrolithiasis. Aufgrund von persistierenden Beschwerden erfolgte eine Computertomographie mit nativer und venöser Phase, die eine dreiecksförmige Hypodensität des rechten Nierenunterpols mit perifokaler ödematöser Imbibition zeigte.

Weiterführende Diagnostik

Bei Infarkt des rechten Nierenunterpols wurde der Patient stationär aufgenommen und eine intravenöse Antikoagulation mit Heparin begonnen. Der Severe-acute-respiratory-syndrome-coronavirus-2(SARS-CoV-2)-Abstrich fiel negativ aus. In der ergänzenden computertomographischen Angiographie (CTA) zeigte sich ein 11 mm großes teilthrombosiertes Nierenarterienaneurysma (NAA) einer segmentalen Nierenarterie rechts (Abb. 1). Die kardiologische Diagnostik zeigte normwertige Befunde in der transthorakalen Echokardiographie und im 24 Stunden Langzeit-Elektrokardiogramm. Die Gerinnungsdiagnostik war unauffällig, ebenso die Diagnostik auf Hepatitiden und Vaskulitiden sowie die serologische Untersuchung auf weitere Erkrankungen des rheumatologischen Formenkreises. Bildgebend konnten kein aortaler Thrombus als Emboliequelle und keine weiteren Aneurysmen (aortal, viszeral, zerebral) nachgewiesen werden. Aufgrund des Traumas in der Vorgeschichte gingen wir von einem embolisierenden Aneurysma nach traumatischer Dissektion der Nierensegmentarterie aus.

Abb. 1
figure 1

Die 3‑dimensionale Rekonstruktion der computertomographischen Angiographie zeigt das Nierenarterienaneurysma einer segmentalen Nierenarterie rechts (weißer Pfeil) mit konsekutivem Niereninfarkt (roter Pfeil)

Diagnose

  • Embolisierendes Aneurysma nach traumatischer Dissektion der Nierensegmentarterie

Therapie und Verlauf

Die selektive diagnostische Angiographie bestätigte die Diagnose. Es zeigten sich zwei kräftige Nierensegmentarterien ausgehend aus dem Aneurysma, die etwa 20 % des Nierenparenchyms der rechten Seite versorgten (Abb. 2a). Nach interdisziplinärer Besprechung führten wir ein perkutanes selektives Coiling des Nierensegmentarterienaneurysmas und der zwei daraus abgehenden Äste durch (Terumo AZUR® Pushable 18, 4 mm helikal, verschiedene Längen, Terumo Corp., Shibuya, Tokio, Japan; Abb. 2b). Der periinterventionelle Verlauf war komplikationslos. Der Patient war beschwerdefrei, normoton und die Nierenfunktion blieb normal. Die Antikoagulation wurde beendet. Einen Monat später zeigte sich in der CTA ein komplett thrombosiertes Aneurysma. Der Patient war weiterhin beschwerdefrei und befand sich in gutem Allgemeinzustand.

Abb. 2
figure 2

a Selektive Angiographie des Nierensegmentarterienaneurysmas (weißer Pfeil). b Angiographie nach vollständigem Coiling des Nierensegmentarterienaneurysmas (weißer Pfeil) und der zwei daraus abgehenden Äste

Diskussion

Der Niereninfarkt ist eine seltene Ursache von Abdominal- oder Flankenschmerzen auf der Notfallstation mit einer Inzidenz von 4 bis 7 pro 1000 Personen. Laboranalytisch sind LDH und CRP in 80 % der Fälle erhöht, die Nierenretentionswerte in 40 % [1]. Kardiovaskuläre und idiopathische Ursachen des Niereninfarkts sind am häufigsten, insbesondere bei älteren Patienten. Patienten mit Hyperkoagulabilität oder Trauma als Ursache des Niereninfarkts sind mit 45 Jahren im Schnitt um 10–15 Jahre jünger [1].

Zwischen lebenslanger Antikoagulation und einer Intervention wird individuell abgewogen

In unserem Fall lag ein embolisierendes Aneurysma vor, sehr wahrscheinlich nach traumatisch bedingter Dissektion, am ehesten nach oben genanntem Motorradunfall mit Flankenhämatom. Dabei kommt es nach Einriss der Intima durch Blutstrom zwischen die Wandschichten zu einer Schwächung der Wand und zur Bildung eines Aneurysmas. Dieses kann thrombosieren und embolisieren, was bei 8–11 % der Nierenarterienaneurysmen (NAA) auftritt [2]. Diagnostik der Wahl ist die CTA oder Magnetresonanzangiographie (MRA; [3]). Zur besseren Darstellbarkeit wird in ausgewählten Fällen die selektive Angiographie empfohlen [2].

Grundsätzlich wird bei Patienten mit NAA eine Thrombozytenaggregation und ab einer Aneurysmagröße von 3 cm die operative Sanierung empfohlen [2]. Im vorliegenden Fall handelte es sich um ein embolisierendes NAA. Dabei müssen individuell die Vor- und Nachtteile einer lebenslangen Antikoagulation und regelmäßigen radiologischen Nachkontrolle mittels CTA/MRA gegen die Vor- und Nachtteile einer Intervention abgewogen werden [2]. In unserem Fall betreibt der Patient eine Kontaktsportart und ist regelmäßig im Ausland im Außendiensteinsatz, sodass wir uns für ein aktives Vorgehen entschieden. Dabei stellt das interventionelle Coiling die Therapie der Wahl für distale NAA dar [2]. Der dabei induzierte Niereninfarkt wurde auf 20 % des rechten Nierenparenchyms geschätzt und führte bei unserem jungen Patienten zu keiner Veränderung der Nierenfunktion und zu keiner arteriellen Hypertonie. Bei komplett thrombosiertem Aneurysma in der Verlaufs-CTA ist die Therapie abgeschlossen und keine weitere Nachkontrolle nötig.

Fazit für die Praxis

  • Leitsymptom des Niereninfarkts sind Abdominal- und Flankenschmerzen.

  • C‑reaktives Protein und Laktat-Dehydrogenase sind in über 80 % der Fälle erhöht, die Nierenfunktion in 40 % eingeschränkt.

  • Die altersabhängige Ursachenverteilung mit kardiovaskulären und idiopathischen Ursachen bei älteren Patienten sowie Hyperkoagulabilität und Trauma bei Jüngeren sollte bekannt sein und die Diagnostik interdisziplinär erfolgen.

  • Im Vordergrund der Therapie stehen der Erhalt der restlichen Nierenperfusion sowie die Prävention der Aneurysmaruptur.