Neuroendokrine Tumoren (NET) des gastroenteropankreatischen Systems (GEP) umfassen eine Gruppe von Tumoren mit großer Heterogenität bezüglich ihres proliferativen und endokrinen Verhaltens. Ebenso breit ist das Spektrum der klinischen Verläufe: Auf der einen Seite stehen indolente Tumoren, die zufällig in der Bildgebung oder bei der histologischen Aufarbeitung von Operationspräparaten diagnostiziert werden, auf der anderen Seite werden klinisch rasch progrediente Verläufe bei Tumoren mit hoher Proliferationsrate und aggressivem metastatischem Potenzial beobachtet. Neben diesen onkologisch geprägten Charakteristika sind systemische Wirkungen spezifischer Sekretionsprodukte zu beachten, beispielsweise:

  • Hypoglykämien bei Insulinomen,

  • Flushsymptome und Diarrhöen beim Karzinoidsyndrom oder

  • die Folgen eines endogenen Hyperkortisolismus bei einer ektopen Sekretion des adrenokortikotropen Hormons (ACTH).

Die Diagnostik der NET bedarf damit in aller Regel einer Kombination endoskopischer, bildgebender, hormoneller und histologischer Verfahren, um ein sicheres Staging und Grading als Grundlage einer Therapieentscheidung zu gewährleisten. In Abhängigkeit vom individuellen Befund sind an der Therapie auch Ärzte diverser Fachdisziplinen wie Chirurgen, Internisten, Nuklearmediziner und Strahlentherapeuten beteiligt.

Die Diagnostik bedarf in aller Regel einer Kombination endoskopischer, bildgebender, hormoneller und histologischer Verfahren

Da GEP-NET mit einer Inzidenz von etwa 5/100.000 Einwohnern eine insgesamt seltene Tumorentität sind, wurden in den letzten Jahren vermehrt klinische Schwerpunktzentren gegründet, in denen besondere Expertise auf logistische und apparative Voraussetzungen für eine optimale Patientenversorgung trifft. Flankiert werden diese Schwerpunktbildungen durch Leitlinien verschiedener nationaler wie auch internationaler Fachgesellschaften, die sich der GEP-NET zunehmend angenommen haben. Hierzu zählen die Leitlinien der European Neuroendocrine Tumor Society [1], des National Comprehensive Cancer Network [2] und der North American Neuroendocrine Tumor Society [3]. Ebenso ist zu beobachten, dass die Zahl und die Güte von Interventionsstudien im Fachgebiet und damit letztlich die therapeutischen Optionen für Patienten mit GEP-NET zunehmen. Die im Jahr 2009 publizierte PROMID-Studie etwa war die erste placebokontrollierte Phase-3b-Studie zur antiproliferativen Wirkung von Octreotid bei inoperablen bzw. metastasierten NET des Dünndarms [4]. In der kürzlich publizierten RADIANT-3-Studie wurde eine relevante Verlängerung des progressionsfreien Überlebens durch den Mammalian-target-of-rapamycin(mTOR)-Inhibitor Everolimus nachgewiesen [5]. Auch für den Multityrosinkinaseinhibitor Sunitinib ergab sich bei Patienten mit NET des Pankreas eine signifikante Verlängerung des progressionsfreien Überlebens [6]. Eine Reihe neuer technischer Verfahren, u. a. in der funktionellen Bildgebung und in der Radiorezeptortherapie, haben die diagnostischen und therapeutischen Optionen für viele Patienten zudem erweitert. Die nachfolgenden Schwerpunktartikel geben einen umfassenden Überblick über neue Entwicklungen im Themengebiet.

Ein zukünftiges Ziel wird sein, zunehmend individualisierte Therapieentscheidungen treffen zu können, die sich etwa auf neue molekulare, metabolische oder bildgebende Marker beziehen lassen. Grundlage für diese Entwicklungen werden leistungsfähige Register und assoziierte Biobanken sein, die neben zukünftigen Interventionsstudien wichtige Voraussetzungen für eine Verbesserung der klinischen Versorgung von Patienten mit GEP-NET darstellen.

F. Beuschlein

M. Reincke