In den 1960er Jahren erschien durch den Einsatz von Antibiotika und Impfstoffen die über Jahrhunderte von Infektionserregern ausgehende Gefährdung zumindest für die Bevölkerung in den industrialisierten Ländern gebannt. Die Entdeckung neuer Erreger, die Entwicklung von Resistenzen gegen Antibiotika und antivirale Medikamente sowie die Möglichkeit der weltweiten Verbreitung durch internationalen Flugverkehr und Massentourismus zeigte allerdings, dass wir weit davon entfernt sind, in einer Welt zu leben, in der Infektionskrankheiten nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Angesichts dieser globalen Herausforderungen haben Maßnahmen zur Prävention von Infektionskrankheiten heutzutage eine besondere Bedeutung.

Bedeutung von Infektionskrankheiten

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stellt die Gefährdungen, die von neu oder wieder aufgetretenen Infektionskrankheiten ausgehen kann, in den Mittelpunkt ihres Weltgesundheitsberichts von 2007. Seit 1970 wurde jedes Jahr mindestens ein neuer Erreger identifiziert [19]. Das im Jahr 2003 entdeckte Coronavirus, das für das schwere akute respiratorische Syndrom (SARS) verantwortlich ist, zeigte auf eindrückliche Weise, dass Erreger keine Landesgrenzen akzeptieren, aber auch wie internationale Zusammenarbeit bei der Identifizierung des Erregers und bei der Implementierung von Kontrollmaßnahmen eine weitere Ausbreitung mit katastrophalen Folgen verhindern konnte [8].

Infektionskrankheiten wie Tuberkulose, HIV und Malaria gehören nach wie vor zu den häufigsten Todesursachen weltweit [18]. In den industrialisierten Ländern sieht die Lage zwar etwas anders aus, aber auch hier zeigt sich ein Zusammenhang zwischen niedrigem sozioökonomischem Status und einem erhöhten Risiko für Infektionskrankheiten. In Deutschland finden sich unter den 10 häufigsten Todesursachen lediglich Pneumonien aus dem Bereich der Infektionskrankheiten (Abb. 1). 2001 verstarben schätzungsweise 31.000 Personen in Deutschland an Infektionskrankheiten [9].

Infektionskrankheiten gehören nach wie vor zu den häufigsten Todesursachen weltweit

Im Jahresbericht des European Centre for Diseases Prevention and Control zu übertragbaren Erkrankungen von 2007 werden neben der zunehmenden Zahl von nosokomialen Infektionen, insbesondere durch multiresistente Erreger, Infektionen durch HIV, Pneumokokken, Influenza und Tuberkulose als die größten Herausforderungen für die europäische Gemeinschaft auf diesem Gebiet identifiziert. Eine niedrige Geburtenrate und zunehmende Lebenserwartung wird die Krankheitslast von Infektionskrankheiten durch Pneumokokken und Influenza in den nächsten Jahren erhöhen [1]. Ein weiteres nicht selten länderübergreifendes Problem in industrialisierten Ländern stellen nahrungsmittelassoziierte Ausbrüche dar.

Abb. 1
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Die 10 häufigsten Todesursachen in Deutschland 2006. (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Präventionsmaßnahmen und Rahmenbedingungen

Die Empfehlung und Implementierung von Präventionsmaßnahmen sind vorrangige Aufgaben des öffentlichen Gesundheitswesens, ihre Befolgung ist für jeden klinisch tätigen Arzt von zentraler Bedeutung.

Primäre Prävention zielt auf die Verhinderung von Krankheiten bei gesunden Personen, in dem Falle von Infektionskrankheiten auf noch nicht infizierte. Sekundäre Prävention soll das Fortschreiten eines Krankheitsprozesses bei einer bereits infizierten, aber noch asymptomatischen Person unterbinden. Tertiäre Prävention schließlich versucht, physische aber auch soziale Folgen von Krankheiten zu limitieren und umfasst häufig Rehabilitationsmaßnahmen (Tab. 1).

Tab. 1 Beispiele für Präventionsmaßnahmen aus dem Bereich Infektionskrankheiten

Für einige der bereits genannten Infektionskrankheiten stehen sowohl spezifische Präventionsmaßnahmen wie Impfungen als auch medikamentöse Therapien zur Behandlung zur Verfügung, für andere kann durch die Beachtung von Standardhygienemaßnahmen, rasche Identifikation des Erregers und möglicher Resistenzen und den gezielten Einsatz von Medikamenten eine weitere Verbreitung verhindert werden.

Die konsequente Behandlung vieler Infektionskrankheiten wie z. B. der Tuberkulose oder sexuell übertragbarer Erkrankungen durch Chlamydien, Gonokokken oder Treponema pallidum kann Infektionsketten unterbinden und allein dadurch präventiv wirken.

Screeningprogramme für bestimmte Bevölkerungsgruppen wie z. B. für Schwangere können das Vorliegen auch einer asymptomatischen Infektion erfassen. Durch den Einsatz präventiver Maßnahmen kann gegebenenfalls eine Übertragung auf das Neugeborene verhindert werden. Ein Beispiel hierfür ist die Simultanprophylaxe (aktive und passive Immunisierung) bei Neugeborenen von Hbs-Antigen positiven Müttern.

Für eine effektive Kontrolle von Infektionskrankheiten und Umsetzung von Präventionsmaßnahmen sind Surveillancesysteme und eine entsprechende Infrastruktur im Gesundheitswesen und im Bereich öffentliche Gesundheit eine wichtige Voraussetzung, damit Infektionskrankheiten rechtzeitig erkannt, darauf reagiert und auftretende Probleme verhindert werden können. Ohne Daten zur Inzidenz von Infektionskrankheiten und Veränderungen in der Bevölkerung ist eine zeitnahe und an die Situation angepasste Empfehlung von Kontrollmaßnahmen, zu denen Präventionsstrategien zählen, kaum möglich.

Mit der Implementierung des Infektionsschutzgesetzes im Jahr 2001, das auch die Meldepflicht von Infektionskrankheiten für Ärzte regelt, kommt dem Robert Koch-Institut (RKI) in Deutschland als zentraler Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung und -prävention eine besondere Rolle bei der Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten zu [7]. Aufklärung über Infektionskrankheiten, Übertragungswege, Schutzmöglichkeiten und Impfungen sind präventive Maßnahmen und gehören zu den Kernaufgaben im Infektionsschutz.

Im Folgenden wird auf spezifische Präventionsmaßnahmen gegen übertragbare Infektionskrankheiten, die ihre Anwendung in der Individualmedizin finden, eingegangen. Zu nennen sind hier insbesondere vorbeugende Impfungen, die vor einer Infektion mit dem Erreger schützen sollen und Maßnahmen der Postexpositionsprophylaxe, die nach Kontakt mit dem Erreger eine Infektion verhindern bzw. abschwächen sollen. Anschließend werden am Beispiel von HIV und Influenza zudem Präventionsmaßnahmen im Bereich öffentliche Gesundheit und auf Bevölkerungsebene erwähnt. Andere wichtige Bereiche, auf die in dieser Übersicht nicht eingegangen wird, sind die Prävention nosokomialer Infektionen und die Verhinderung nahrunsgmittelassoziierter Erkrankungen und Ausbrüche. Bezüglich der Prävention nosokomialer Infektionen sei auf die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention verwiesen, die auf den Internetseiten des RKI einzusehen sind.

Schutzimpfungen

Schutzimpfungen gehören zu den effektivsten und kostengünstigsten Präventionsmaßnahmen im medizinischen Bereich [10]. In industrialisierten Ländern werden Impfungen häufig als individuelle Maßnahme wahrgenommen. Viele Impfungen haben aber auch zugleich bevölkerungsbezogene Effekte. Wohl keine andere medizinische Maßnahme hat in den letzten 100 Jahren mehr zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit beigetragen als Impfungen [3].

Schutzimpfungen gehören zu den effektivsten und kostengünstigsten Präventionsmaßnahmen

Mit zunehmendem Erfolg eines Impfprogramms rückt die Frage nach Nebenwirkungen und Verträglichkeit von Impfungen in den Vordergrund. Von Impfungen wird gefordert, dass sie einzelne Personen oder eine Bevölkerung zuverlässig und möglichst ohne Nebenwirkungen vor Infektionen schützen. Schwere unerwünschte Arzneimittelwirkungen durch heutzutage zugelassene Impfstoffe unter Beachtung der Kontraindikationen sind äußerst selten und der Nutzen von Impfungen sowohl für das Individuum als auch für die Gemeinschaft überwiegt bei weitem das Risiko [2]. Jeder Verdacht auf eine unerwünschte Arzneimittelwirkung im Rahmen einer Impfung, die über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgeht, unterliegt der Meldepflicht [7].

Gerade wegen der Erfolge von Impfprogrammen wird heute die Gefahr, die von vielen impfpräventablen Erkrankungen ausgehen kann, nicht mehr wahrgenommen und führt nicht selten zu Impfmüdigkeit oder sogar generellen Ablehnung von Impfungen [13]. Dies kann Folgen für den Einzelnen, aber auch für die gesamte Bevölkerung haben. Es ist die Aufgabe aller im Gesundheitssystem Tätigen, solchen Entwicklungen entgegenzuwirken. Die Zahl der absoluten Impfgegner wird in Deutschland auf weniger als 2% geschätzt [10].

Impfungen schützen zunächst das Individuum vor einer Infektion, können aber in Abhängigkeit von dem jeweiligen Erreger ab einer ausreichend hohen Durchimpfung Ausbrüche der Erkrankung in der Bevölkerung verhindern (Herdimmunität). Herdimmunität ist dann gegeben, wenn die Anzahl der immunen Personen in der Bevölkerung hoch genug ist, sodass der Kontakt einer suszeptiblen Person mit einer infizierten Person unwahrscheinlich wird.

Das Ziel von Impfprogrammen kann in Abhängigkeit von dem jeweiligen Erreger und der Krankheitslast sowie von globalen Strategien die Reduktion von Morbidität und Letalität, die Kontrolle, Elimination oder sogar Eradikation des Erregers sein. Ein erfolgreiches Beispiel für Eradikation ist die 1956 von der WHO beschlossene und 1980 zertifizierte Ausrottung der Pocken. Bei der Elimination wird das endemische Vorkommen eines Erregers in einer Region beendet. Nach einer Einschleppung von Krankheitsfällen aus einer anderen Region ist eine neue Ausbreitung in der Bevölkerung nicht mehr möglich. Zur Elimination der Masern ist beispielsweise eine Durchimpfung der Bevölkerung von 95% notwendig, die allerdings in Deutschland bisher nicht erreicht wurde, sodass es immer wieder zu lokalen und regionalen Ausbrüchen kommen kann [17]. In der europäischen Gemeinschaft sind einige der impfpräventablen Erkrankungen beinahe bzw. vollständig eliminiert. In Deutschland herrscht keine Impfpflicht.

Die aktualisierten Empfehlungen der am RKI ansässigen ständigen Impfkommission (STIKO) werden regelmäßig im Epidemiologischen Bulletin veröffentlicht und sind auf den Internetseiten des RKI einsehbar.

Die Standardimpfungen umfassen Diphtherie, Pertussis, Tetanus, Haemophilus influenzae Typ b, Hepatitis B, humane Papillomaviren, Poliomyelitis, Pneumokokken, Meningokokken, Masern, Mumps, Röteln, Varizellen und Influenza. Neben den Standardimpfungen als generellen Impfungen beinhalten die STIKO-Veröffentlichungen die Empfehlungen zu Auffrischimpfungen, Indikationsimpfungen für bestimmte Risikogruppen, Impfungen aufgrund eines erhöhten beruflichen Risikos, Reiseimpfungen und Maßnahmen zur postexpositionellen Prophylaxe [11].

In den industrialisierten Ländern findet sich eine relativ hohe Durchimpfung für die meisten Standardimpfungen, die im Säuglings- bzw. Kindesalter verabreicht werden. In Deutschland berücksichtigen die Impfempfehlungen in dieser Altersgruppe auch die Termine zu den Vorsorgeuntersuchungen. Defizite finden sich bei der Umsetzung von Impfempfehlungen, die Jugendliche, Erwachsene und ältere Menschen betreffen – hier sind vor allem internistisch tätige Ärzte gefragt. Um auch diese Altersgruppen zu erreichen, müssen langfristig entsprechende Strategien entwickelt werden. Auf einige der von der STIKO empfohlenen Standardimpfungen insbesondere mit Relevanz für internistisch tätige Ärzte wird im Folgenden ausführlicher eingegangen.

Influenza

Die Influenza zeigt einen saisonalen Verlauf mit Erkrankungshäufungen in den Wintermonaten (Abb. 2). In Deutschland sterben jedes Jahr schätzungsweise 7000 bis 13.000 Menschen an Influenza, infolge einer Influenzawelle kommt es zu 2–3 Mio. zusätzlichen Arztbesuchen.

Die Influenzaimpfung zählt zu den Standardimpfungen ab dem 60. Lebensjahr und sollte jährlich mit dem von der WHO saisonal empfohlenen Impfstoff vorzugsweise in den Monaten Oktober und November durchgeführt werden. Die Impfempfehlungen umfassen zudem Personen mit chronischen Krankheiten sowie medizinisches Personal und Personal in Alten- und Pflegeheimen. Eine Querschnittserhebung zur Influenzaimpfung in Deutschland zeigte besondere Defizite bei der Zielgruppe des medizinischen Personals, von denen ca. 25% geimpft waren. Die Durchimpfung der Personen älter als 60 Jahre betrug ca. 50% und die der chronisch Kranken ca. 45% [14]. Die Zielsetzung der WHO für 2010 ist eine Durchimpfung der älteren Bevölkerung von 75%. Zur Verbesserung der Durchimpfung haben die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und das RKI in der Saison 2007/2008 ihre Kampagne zur Förderung der Impfung gegen Influenza fortgesetzt.

Abb. 2
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Die Balken stellen die übermittelten Influenzaerkrankungen nach Meldemonat in der Saison 2004/2005, 2005/2006 und 2006/2007 in Deutschland dar. Die durchgehende Linie zeigt die durchschnittlich übermittelten Influenzaerkrankungen nach Meldemonat in diesem Zeitraum. (Quelle: Robert Koch-Institut, SurvStat, http://www3.rki.de/survstat, Datenstand 14.10.2007)

Pneumokokken

Pneumokokken gehören in allen Altersgruppen zu den häufigsten Erregern von ambulant erworbenen Pneumonien. Ab dem vollendeten 2. Lebensjahr steht ein Polysaccharidimpfstoff gegen 23 Pneumokokken-Serotypen zur Verfügung. Die Standardimpfung mit diesem Impfstoff wird für alle Personen ab dem 60. Lebensjahr empfohlen. Zusätzlich wird eine Impfung bei Personen mit chronischen Krankheiten sowie angeborenen oder erworbenen Immundefekten empfohlen. Eine Wiederholungsimpfung sollte nach 6 Jahren bzw. in Abhängigkeit von der Zielgruppe nach Angaben des Impfstoffherstellers erfolgen.

Pneumokokken sind neben den Meningokokken die häufigste Ursache für invasiv verlaufende bakterielle Erkrankungen bei Säuglingen und Kleinkindern. Durch eine generelle Impfung für Kinder bis zum Alter von 2 Jahren gegen Pneumokokken mit einem Pneumokokken-Konjugat-Impfstoff gegen 7 Pneumokokken-Serotypen soll die Morbidität durch invasive Pneumokokkeninfektionen reduziert werden. Surveillancedaten aus den USA zeigten zudem einen signifikanten Rückgang von Erkrankungen verursacht durch Pneumokokken in allen Altersgruppen nach Einführung einer generellen Pneumokokkenimpfung für Kinder bis zum Alter von 2 Jahren [4]. Der Impfstoff schützt nicht nur vor Erkrankungen, sondern auch vor Kolonisation und kann somit möglicherweise die Verbreitung von antibiotikaresistenten Pneumokokkenstämmen verhindern. Die Resistenz von Pneumokokken gegen Antibiotika ist bisher auf wenige Serotypen begrenzt, von denen die meisten in dem konjugierten Impfstoff enthalten sind.

Tetanus

Die Zahl der gemeldeten Tetanuserkrankungen in der europäischen Gemeinschaft liegt bei bzw. unter einer Erkrankung pro 1 Mio. Einwohner. Gründe hierfür sind eine hohe Durchimpfung und hygienische Lebensbedingungen. Nach erfolgter Grundimmunisierung mit dem Tetanustoxoidimpfstoff wird eine Auffrischimpfung in 10-jährigen Abständen empfohlen. Eine Postexpositionsprophylaxe nach Verletzungen wird in Abhängigkeit von vorausgegangenen Tetanusimpfungen und der Schwere der Verletzung verabreicht.

Diphtherie

Im westlichen Europa, in Nordamerika und Japan tritt die Diphtherie seit Jahren nur noch sporadisch auf, in den meisten Fällen handelt es sich dann um importierte Infektionen. Mitte der 1990er Jahre kam es zu Diphtherie-Ausbrüchen in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Der zur Verfügung stehende Toxoidimpfstoff induziert eine toxinspezifische Immunität, die eine Erkrankung weitgehend verhindert, allerdings nicht vor einer Infektion bzw. Kolonisation schützt, sodass auch unter Geimpften Keimträger vorkommen können. Nach Exposition wird unabhängig vom Impfstatus eine präventive antibiotische Therapie empfohlen. Auffrischimpfungen werden in 10-jährigen Abständen nach erfolgter Grundimmunisierung empfohlen.

Poliomyelitis

Die Eradikation der Polioviren gehört zu den erklärten Zielen der WHO. Seit 1992 trat in der europäischen Gemeinschaft keine endemische Poliomyelitiserkrankung mehr auf und im Jahr 2002 wurde die WHO-Region Europa als poliofrei deklariert. Empfohlen werden eine Grundimmunisierung und eine Auffrischimpfung im Alter von 9 bis 17 Jahren.

Pertussis

In den 1990er Jahren erfolgte die Einführung eines azellulären Pertussisimpfstoffs. In den Jahrzehnten davor stand ein Ganzkeimimpfstoff zur Verfügung, der aufgrund des Nebenwirkungsspektrums zeitweilig zu einem dramatischen Rückgang der Impfungen gegen Pertussis geführt hatte. Geimpfte Personen können vorübergehend Träger von Bordetella pertussis sein.

In den letzten Jahren wurden eine ansteigende Pertussisinzidenz und eine Verschiebung des Erkrankungsalters beobachtet. Aus diesem Grund hat die STIKO ihre Impfempfehlungen entsprechend adaptiert. Neben einer Auffrischimpfung für Jugendliche, soll eine Auffrischimpfung bereits im Vorschulalter erfolgen. Bei der Durchführung von Auffrischimpfungen ist zu beachten, dass seit 2005 kein monovalenter Pertussisimpfstoff mehr zur Verfügung steht. Da die Immunität nach durchgemachter Infektion bzw. erfolgter Grundimmunisierung nur von begrenzter Dauer ist, wird in letzter Zeit in einigen Ländern eine generelle Auffrischimpfung gegen Pertussis im Erwachsenenalter diskutiert [15]. Für enge Kontaktpersonen wird eine antibiotische Prophylaxe empfohlen.

Hepatitis B

Hepatitis B gehört zu den durch Blut und Geschlechtsverkehr übertragbaren Erkrankungen. Zur Sicherheit von Blutprodukten und Verhinderung einer Übertragung wird jeder Spender von Blutbestandteilen auf Hbs-Antigen getestet. In der Schwangerschaft erfolgt ein Screening auf Hbs-Antigen. Neugeborene von Hbs-positiven Müttern erhalten direkt nach der Geburt eine Simultanprophylaxe mit Hepatitis-B-Impfstoff und Hepatitis-B-Immunglobulinen zur Verhinderung einer Infektion.

Ein ausreichender Impfschutz gegen Hepatitis B wird für alle im medizinischen Bereich tätige Personen gefordert.

Der Impfschutz sollte regelmäßig überprüft und gegebenenfalls geboostert werden. Bei Exposition mit dem Erreger muss in Abhängigkeit vom Impfschutz eine Postexpositionsprophylaxe erfolgen. Bei der Hepatitis-B-Impfung hat sich gezeigt, dass die Impfung als Indikationsimpfung bzw. Impfung für Personen mit beruflichem Risiko nicht zu einer Reduktion der Inzidenz auf Bevölkerungsebene geführt hat. Daher gehört die Impfung gegen Hepatitis B seit 1995 zu den Standardimpfungen. Der Impfstoff gegen Hepatitis B ist der erste rekombinant hergestellte Impfstoff.

Varizellen

Seit 2004 wird die Impfung gegen Varizellen von der STIKO als einmalige Standardimpfung empfohlen, verabreicht im Kombinationsimpfstoff mit Masern, Mumps und Röteln ist eine 2-malige Impfung erforderlich. Durch eine generelle Impfung aller Kinder kann es möglicherweise zu einer Verschiebung des Erkrankungsalters nach oben kommen. Dies hätte allerdings nur dann eine Bedeutung, wenn die absolute Zahl der Erkrankungen ansteigt. Durch eine verminderte Zirkulation von Varizellen in der Bevölkerung werden Schutzeffekte durch eine natürliche Boosterung geringer und möglicherweise kann es dadurch zu einem vermehrten Auftreten von Herpes-zoster-Erkrankungen kommen. Hierzu liegen bisher keine ausreichenden Daten vor.

Eine aktive Immunisierung gegen Varizellen als Indikationsimpfung wird für bestimmte Personenkreise empfohlen. Die passive Immunisierung mit Varizella-Zoster-Immunglobulin zur Verhinderung bzw. Abschwächung der Erkrankung für Personen mit einem erhöhten Risiko für Komplikationen durch Varizellen wird innerhalb von 96 h nach Exposition empfohlen. Ein Impfstoff gegen Herpes zoster erhielt im Mai 2006 die europäische Zulassung.

Meningokokken

Die Inzidenz von Meningokokkenerkrankungen in den industrialisierten Ländern beträgt 0,5–5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. In Deutschland überwiegen Erreger der Serogruppe B, für die kein Impfstoff zur Verfügung steht. Etwa 25% der Erkrankungen werden durch Meningokokken der Serogruppe C verursacht. Seit 2006 wird von der STIKO die Impfung mit einem konjugierten Impfstoff gegen Meningokokken der Serogruppe C im 2. Lebensjahr empfohlen. Mittel der Wahl für eine medikamentöse Postexpositionsprophylaxe für enge Kontaktpersonen ist Rifampicin, alternativ können Ceftriaxon oder Ciprofloxacin verabreicht werden.

Humane Papillomaviren

In Deutschland ist seit September 2006 ein Impfstoff gegen humane Papillomaviren Typ 6, 11, 16 und 18 zugelassen. Zur Reduktion der Krankheitslast durch Gebärmutterhalskrebs hat die STIKO im März 2007 die Einführung einer generellen Impfung gegen humane Papillomaviren für alle Mädchen im Alter von 12–17 Jahren empfohlen. Die Grundimmunisierung, bestehend aus 3 Impfdosen, soll vor dem ersten Geschlechtsverkehr verabreicht werden.

Einige der hier aufgeführten Schutzimpfungen finden auch in der Postexpositionsprophylaxe Anwendung (Tab. 2).

Tab. 2 Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Einzelheiten siehe Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut/Stand 2007)

Prävention von HIV-Infektionen

Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre lag der Schwerpunkt zur Bekämpfung der HIV-Epidemie in Präventionsmaßnahmen. Mit Einführung der antiretroviralen Therapie hat diese mittlerweile einen gleichwertigen Stellenwert in der Kontrolle von HIV und AIDS. Im Jahr 1987 wurde in Deutschland die BZgA vom Bundesministerium für Gesundheit mit der Konzeption und Durchführung der breitenwirksamen Präventionskampagne „Gib AIDS keine Chance“ beauftragt. Zwar ist in Deutschland die HIV-Prävalenz von 0,6 pro 1000 Einwohner im westeuropäischen Vergleich gering, in den letzten Jahren kam es aber zu einer Zunahme der HIV-Neuinfektionen [12].

Primäre Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung einer HIV-Infektion leiten sich aus den Übertragungswegen ab. Hierzu zählen die Testung von Blutprodukten, der geschützte Geschlechtsverkehr mit Gebrauch von Kondomen bei HIV-positiven Partnern und Partnern mit unbekanntem HIV-Status sowie die Verwendung von sterilen Spritzen und Kanülen bei intravenösem Drogengebrauch. Um das Risiko einer Mutter-Kind-Übertragung zu minimieren, kommen neben dem Verzicht auf Brusternährung und einer elektiven Sectio, antiretrovirale Medikamente zum Einsatz [5].

Eine Postexpositionsprophylaxe mit einer antiretroviralen Kombinationstherapie unter Berücksichtigung möglicher Resistenzen wird nach beruflicher Exposition durch Stich- und Schnittverletzungen mit HIV-kontaminierten Material unmittelbar nach der Exposition empfohlen. Bei Schleimhautkontakt oder Kontakt zu verletzter bzw. geschädigter Haut mit Flüssigkeiten mit hoher Viruskonzentration kann eine Postexpositionsprophylaxe angeboten werden [6].

Influenzapandemieplanung

Im Gegensatz zu dem unerwarteten Ausbruch von SARS kann eine Influenzapandemie mit den daraus resultierenden Folgen für Gesundheits-, ökonomische und Gesellschaftssysteme antizipiert werden [16]. Die WHO hat ihre Mitgliedsstaaten aufgefordert, nationale Pandemiepläne in Anlehnung an den WHO Global Influenza Preparedness Plan von 2005 auszuarbeiten. Es wird davon ausgegangen, dass eine Pandemie nicht verhindert werden kann. Ziel ist, die Auswirkungen so weit als möglich zu begrenzen. Kernpunkte des nationalen Pandemieplanes sind Maßnahmen des Krisenmanagements, die Versorgung mit antiviralen Arzneimitteln und Impfstoffen, die Surveillance sowie die internationale Abstimmung und Kommunikation.

Es handelt sich hierbei um eine seltene Gelegenheit einer Bedrohung durch die kommende Pandemie vorzugreifen und entsprechende Maßnahmen bereits vor dem Auftreten zu implementieren. Die Zeitspanne bis zur Impfstoffherstellung nach Auftreten eines pandemischen Influenzavirus wird mitentscheidend für den Verlauf der Pandemie sein. In der Zwischenzeit bis zum Auftreten einer Pandemie sollten die Impfempfehlungen gegen Influenza mit dem von der WHO empfohlenen saisonalen Impfstoff konsequent umgesetzt werden.

Fazit für die Praxis

Voraussetzung für die Umsetzung von Präventionsmaßnahmen ist ein Surveillancesystem, das Daten zur Inzidenz von Infektionskrankheiten zeitnah abbildet. Hierbei wichtig ist die Einhaltung der ärztlichen Meldepflicht von Infektionskrankheiten, die im Infektionsschutzgesetz geregelt wird. Die Beachtung von Standardhygienemaßnahmen sowie die gezielte und zeitlich begrenzte antibiotische Therapie zur Vermeidung von Resistenzentwicklungen können die Ausbreitung von nosokomialen Infektionen verhindern. Die medikamentöse Behandlung einiger Infektionskrankheiten kann Infektionsketten unterbinden und dadurch präventiv wirken. Zu den effektivsten und kostengünstigsten Präventionsmaßnahmen im medizinischen Bereich gehören Schutzimpfungen. Eine hohe Durchimpfung der Bevölkerung schützt nicht nur das Individuum, sondern auch die Gemeinschaft vor Krankheitsausbrüchen. Insbesondere bei Erwachsenen finden sich allerdings Impflücken, vor allem bei den Impfungen gegen Pneumokokken und Influenza. Diese Patienten sieht der internistisch tätige Arzt, der bei der Umsetzung von Impfempfehlungen im Erwachsenenalter besonders gefordert ist. Ärztliche Kontakte sollten dazu genutzt werden, den Impfschutz zu überprüfen und gegebenenfalls zu vervollständigen.