Lernziele

Nach Lektüre dieses Beitrags …

  • kennen Sie die häufigsten und wichtigsten Nagelerkrankungen im Kindes- und Jugendalter,

  • sind Ihnen kindgerechte Behandlungsstrategien bekannt,

  • können Sie die Eltern hinsichtlich des Verlaufs und der geeigneten Therapie beraten.

Einleitung

Obwohl einige Nagelveränderungen im Kindesalter den Nagelveränderungen bei Erwachsenen ähneln und ähnlich behandelt werden, gibt es eine Reihe spezifischer Krankheitsbilder, die erkannt werden müssen, um die Eltern über den Verlauf und die geeignete Therapie bestmöglich zu beraten. Diese Arbeit widmet sich häufigen Nagelveränderungen, die im Kindes- und Jugendalter auftreten, und stellt kindgerechte Behandlungsstrategien vor.

Transiente Nagelveränderungen

Transiente Nagelveränderungen treten entweder physiologisch oder nach äußeren Einwirkungen auf, bilden sich aber mit der Zeit zurück und benötigen daher keine Therapie. Wichtig ist dabei eine entsprechende Aufklärung der Eltern über die Ursache und einen selbstlimitierenden Verlauf.

Koilonychie

Der Begriff Koilonychie beschreibt eine löffelförmige Eindellung der Nagelplatten, die bei Säuglingen und Kleinkindern aufgrund der physiologisch noch dünnen Nagelplatte eine Normvariante darstellt (Abb. 1). Mit dem kindlichen Wachstum wird die Nagelplatte dicker und stabiler, sodass sich die Konkavität des Nagels meist spontan zurückbildet. Eine spezifische Therapie der Koilonychie ist daher nicht notwendig. Die Eltern sollten auf ein passendes (nicht zu enges) Schuhwerk für das Kind achten. Koilonychie kann auch ein Symptom des Eisenmangels darstellen. Dieser ist in Deutschland bei ausreichender Ernährung allerdings selten zu erwarten [1].

Abb. 1
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Koilonychie der Zehennägel bei einem 1‑jährigen Jungen. Es zeigt sich eine dünne Nagelplatte mit deutlicher Konkavität. (Mit freundl. Genehmigung © G. Balakirski)

Beau-Reil-Querfurchen und Onychomadese

Bei den Beau-Reil-Querfurchen (auch Beau-Linien genannt) handelt es sich um Querfurchen, die über die ganze Breite des Finger- oder Zehennagels verlaufen. Sie sind ein Ausdruck einer vorübergehenden Wachstumsstörung in der Nagelmatrix. Eine Maximalvariante dieses Befundes stellt eine komplette proximale Nagelablösung, die Onychomadese, dar. Hierbei kommt es zu einem vorübergehenden Wachstumsstopp in der Nagelmatrix. Der Befall nur eines Zehen- oder Fingernagels spricht mehr für ein traumatisches Ereignis. Sind mehrere Nägel betroffen, ist eine systemische Ursache wahrscheinlich. Dabei stellen Infekte (wie Hand-Mund-Fuß-Krankheit oder Varizellen), lokale Infektionen (wie Paronychie), Autoimmunerkrankungen (wie Alopecia areata, Kawasaki-Syndrom und Stevens-Johnson-Syndrom) und Medikamente (Zytostatika, Retinoide) die häufigsten Auslöser dar [2, 3]. Die Veränderungen der Nägel können 6 bis 8 Wochen nach einem der geschilderten Ereignisse auftreten. Eine spezifische Therapie existiert nicht. Es handelt sich hierbei fast immer um selbstlimitierende Krankheitsbilder.

Leukonychia punctata oder striata

Eine weitere harmlose Veränderung der Nägel stellt die Leukonychia punctata oder die Leukonychia striata dar. Diese zeichnen sich durch weißliche, stecknadelkopfgroße Flecken (punctata) oder Querstreifen (striata) aus. Als Ursache wird eine parakeratotische Verhornung mit Lufteinschlüssen infolge eines Traumas oder einer mechanischen Irritation vermutet. Es handelt sich hierbei um einen selbstlimitierenden Zustand, wenn der Auslöser beseitigt wird [4].

Yellow-Nail-Syndrom

Der Begriff beschreibt eine manchmal bei Säuglingen nach Geburt auftretende Gelbfärbung der Nägel, welche durch Einlagerung von Bilirubin auftreten kann. Hier handelt sich um einen physiologischen, selbstlimitierenden Zustand [4]. Davon abzugrenzen ist der Begriff Yellow-Nail-Syndrom im Erwachsenenalter, mit dem eine seltene Kombination verschiedener Symptome (Nageldystrophie mit gelb verfärbten, teils verdickten Nägeln, Lymphödem und Beteiligung des Respirationstraktes mit rezidivierenden Bronchopneumonien) unklarer Ätiologie bezeichnet wird [5].

Angeborene Nagelveränderungen

„Congenital malalignment of the great toe nails“

Diese angeborene Deviation der Wachstumsrichtung kann sowohl einen als auch beide Großzehennägel betreffen. Es handelt sich um eine häufige angeborene Nagelveränderung bei Kindern, die in der Regel bereits bei der Geburt vorhanden ist, sich aber auch in den ersten 2 Lebensjahren manifestieren kann. Es wird eine familiäre Häufung beobachtet. Die abweichende Wachstumsrichtung führt zu Nagelwachstumsstörungen und Veränderungen der Nagelplatte. Diese zeigt sich verdickt, verliert die Durchsichtigkeit, es bilden sich Querrillen (Abb. 2). Zudem wird in den verdickten Nägeln oft bakterielle oder mykotische Besiedlung beobachtet. Die betroffenen Nägel neigen zu quer verlaufenden Bruchstellen, die ebenfalls das Nagelwachstum behindern und zur Abrundung der Nagelform nach distal führen können. Die häufigsten Komplikationen dieses Krankheitsbildes sind der eingewachsene Zehennagel (Unguis incarnatus) und eine ausgeprägte krallenartige Verkrümmung des Nagels (Onychogrypose) [6]. Eine symptomatische Therapie beinhaltet keratolytische Maßnahmen (beispielsweise mit 20–40 % Harnstoff) und eine podologische Mitbehandlung durch regelmäßiges Abschleifen der verdickten Nagelplatte, um mechanische Störung im Alltag zu mindern. Bei schmerzhaftem Einwachsen des Nagels kann eine entsprechende Korrektur des Unguis incarnatus beispielsweise mittels Phenolkaustik erfolgen. Bei ausgeprägter schmerzhafter Onychogrypose, bei der eine konservative Therapie nicht mehr wirksam ist, kann eine proximale atraumatische Nagelavulsion hilfreich sein [7]. Eine operative Korrektur des Malalignments mit der kompletten Ablösung des Nagelapparates und Reimplantation in der richtigen Position ist möglich, allerdings wird in über der Hälfte der Fälle von einer Spontanheilung ausgegangen. Daher wird ein abwartendes Verhalten angeraten. Die Eltern sollten auf ein passendes, bequemes Schuhwerk achten.

Abb. 2
figure 2

Angeborener Großzehennagelschiefstand („congenital malalignment of the great toenail“ oder laterale Nageldeviation) bei einem 4‑jährigen Kind mit erkennbarer Verdickung und Achsenabweichung des Großzehennagels sowie des ersten Strahls nach lateral. (Mit freundl. Genehmigung © C. Löser)

Ektodermale Dysplasien

Bei angeborenen Onychodystrophien der Nägel werden die Eltern nach Anomalien der Haare und Zähne befragt, und das Kind wird zielgerichtet untersucht. Eine Reihe der genetischen Erkrankungen mit unterschiedlichen Vererbungsmustern, die Nägel, Haare, Zähne, Haut und Schweißdrüsen betreffen, ist unter dem Sammelbegriff ektodermale Dysplasien zusammengefasst. Besteht eine Beteiligung mehrerer Organsysteme und somit ein Verdacht auf Vorliegen einer ektodermalen Dysplasie, sollten eine molekulargenetische Untersuchung und genetische Beratung angeboten werden [8].

Infektionen am Nagelorgan

Onychomykose

Obwohl die Onychomykose im Erwachsenenalter etwa die Hälfte der pathologischen Nagelveränderungen verursacht, ist sie im Kindes- und Jugendalter relativ selten. Die geschätzte Prävalenz liegt bei etwa 2,6 % [9]. Der Hauptrisikofaktor dabei ist die positive Familienanamnese, da Kinder und Jugendliche sich oft im häuslichen Umfeld durch die betroffenen Eltern oder Großeltern infizieren. Auch Sportaktivitäten wie Fußball spielen bei der Übertragung der Erreger eine Rolle [9]. Weitere signifikante prädisponierende Faktoren sind Adipositas und Diabetes mellitus.

Die häufigsten Erreger sind ähnlich wie im Erwachsenenalter Trichophyton (T.) rubrum, T. tonsurans und T. interdigitale [10]. Eine Onychomykose durch Hefepilze (Candida spp.) stellt eine Rarität dar, sie kann jedoch in besonderen Situationen, beispielsweise bei unreifen Neugeborenen mit unvollständig entwickeltem Immunsystem, Kindern und Jugendlichen mit chronischer mukokutaner Kandidose oder unter iatrogener Immunsuppression auftreten [11].

Klinisch können sowohl einzelne als auch alle Nägel betroffen sein. Ohne Therapie verläuft die Erkrankung chronisch progredient. Am häufigsten dringt der Erreger von distal oder lateral unter die Nagelplatte ein, was zu einer Nagelbetthyperkeratose, Dyschromie und letztlich Onycholyse führt (distale und/oder laterale subunguale Onychomykose). Diagnostisch ist in der Regel der mikroskopische Erregernachweis im Direktpräparat (nach Zusatz von Kaliumlauge [KOH]) möglich. Die mykologische Kultur stellt weiterhin den Goldstandard dar. Zudem steht heute die PCR(Polymerasekettenreaktion)-Diagnostik zur Verfügung, die schnell und zuverlässig bei fraglichen und komplexen Fällen zur Diagnosesicherung beitragen kann, jedoch aufgrund der hohen Kosten aktuell nicht routinemäßig durchgeführt wird [12].

Obwohl bei Erwachsenen eine Lokaltherapie der Onychomykose bei einem milden Befall (weniger als 50 % der Nagelplatte im distalen Bereich oder bis zu 3 Nägel betroffen) oder oberflächlichen Onychomykoseformen effektiv sein kann, existiert eine Expertenmeinung, dass Onychomykose bei Kindern stets einer Systemtherapie zusätzlich zur Lokaltherapie bedarf [13]. Allerdings stellen in Deutschland alle verfügbaren systemischen Antimykotika eine Off-label-Therapie im Kindesalter dar, sodass eine ausführliche Aufklärung der Eltern (inklusive schriftlicher Einwilligung bei Therapie mit für Kinder nicht zugelassenen Präparaten) erfolgen muss (Tab. 1). Trotz fehlender Zulassung werden die Präparate in der Regel problemlos vertragen. Vor der Initiierung einer Systemtherapie wird die Bestimmung der Leberfunktionsparameter (v. a. aus forensischen Gründen) empfohlen.

Tab. 1 Übersicht über antimykotische Systemtherapien, die bei Onychomykose im Kindesalter eingesetzt werden können. (In Anlehnung an [13])

Da Pilzsporen längere Zeit in der Umgebung auch ohne Kontakt zum Wirt überleben können, wird eine entsprechende Sanierung des infizierten Schuhwerks und der Teppiche im häuslichen Umfeld gefordert (gründliche Reinigung, ggf. Desinfektion mit geeigneten Sprays). Eine Mitbehandlung aller betroffenen Familienangehörigen wird empfohlen.

Periunguale Verrucae vulgares

Verrucae vulgares sind häufige, weltweit verbreitete, durch humane Papillomaviren (HPV) bedingte Hautinfektionen. Die häufigsten Erreger sind HPV 1, 2, 4, 27, 57. Grundsätzlich kann jede Körperregion betroffen sein, wobei periunguale Verrucae vulgares verhältnismäßig häufig beobachtet werden. Sie treten sowohl am proximalen oder seitlichen Nagelfalz als auch unter der Nagelplatte auf (Abb. 3), was je nach Ausprägung des Hautbefundes zu einer partiellen Onycholyse und zu Schmerzen führen kann. In ausgeprägten Fällen kann es zu einer kompletten Destruktion der Nagelplatte kommen [14].

Abb. 3
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Periunguale Verruca vulgaris mit partiellem Befall des Nagelbettes bei einem 16-jährigen Jugendlichen. (Mit freundl. Genehmigung © G. Balakirski)

Obwohl eine Spontanremission einige Monate bis Jahre nach dem Auftreten der Läsionen möglich ist, tendiert man zur frühzeitigen Therapie, um einer möglichen Ausbreitung und Autoinokulation vorzubeugen. Auch der mögliche Leidensdruck spielt beim Befall der sichtbaren und kosmetisch wichtigen Areale eine große Rolle. Es existieren zahlreiche Therapieoptionen, die auf 3 Therapieprinzipien beruhen: physikalische oder chemische Zerstörung der Warze, Inhibierung der Virusreplikation in den Keratinozyten und Induktion oder Verstärkung der Immunreaktion gegen Warzengewebe [15]. Neben den zugelassenen topischen Substanzen (Salicylsäure, Milchsäure, 5‑Fluorouracil, Dithranol etc.), liegen auch zahlreiche nicht zugelassene Substanzen für den sog. „off label use“ wie Podophyllotoxin, Imiquimod, Bleomycin oder Tretinoin vor (Tab. 2). Zudem können chirurgische Verfahren wie Kryochirurgie, Elektrokoagulation oder Kürettage angewandt werden. Eine photodynamische Therapie („off label use“) oder die Behandlung mit ablativem Laser (Erbium:YAG oder CO2) kann erwogen werden, wobei bei Kindern die Anwendung des Farbstofflasers aufgrund guter Wirksamkeit und niedriger Nebenwirkungsrate besonders häufig in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben wird [16, 17]. Besonders wirksam sind in der Erfahrung der Autoren die Kombinationen aus mehreren Therapieoptionen (z. B. Vorbehandlung mit Salicylsäure-haltigen Externa und Kürettage, individuell angepasste Kryochirurgie oder Elektrokoagulation bzw. Argon-Plasma-Koagulation).

Tab. 2 Auflistung gängiger Therapieoptionen bei periungualen Verrucae vulgares

Paronychie, Bulla repens und Panaritium

Paronychie bezeichnet eine Entzündung des Nagelfalzes. Diese kommt im Kindesalter verhältnismäßig häufig vor. Erreger können bei kleinen Verletzungen in die periunguale Haut eindringen, beispielsweise infolge von Nagelpflege oder Nägelkauen oder bei Mazeration der Nagelumgebung aufgrund Daumenlutschens. Am häufigsten wird als dabei Staphylococcus (S.) aureus identifiziert, aber auch Pseudomonas (P.) aeruginosa, Candida spp. oder Herpes-simplex-Virus können eine Paronychie verursachen. Klinisch imponiert ein schmerzhaftes, teils nässendes Erythem, aber auch kleine flüssigkeits- oder eitergefüllte Blasen können vorkommen [18]. Entwickeln sich auf dem Boden einer Paronychie großflächige pralle Blasen, spricht man von einer Bulla repens. Topisch desinfizierende Maßnahmen (beispielsweise mit Octenidin- oder Polyhexanid-haltigen Lösungen) sind in der Regel für die Therapie einer Paronychie oder Bulla repens ausreichend. Bei großflächigen Blasen kann eine sterile Punktion unter Schonung des Blasendachs vorgenommen werden. Eine gefürchtete Komplikation ist jedoch der Übergang in ein tiefes Panaritium mit extrem schmerzhafter Rötung, Überwärmung, Schwellung und teils Fluktuation [4]. In solchen Fällen werden eine operative Sanierung mit Inzision zur Entlastung des Gewebes und ggf. eine systemische Antibiotikatherapie gemäß Antibiogramm notwendig.

Skabies

Eine Nagelbeteiligung kommt regelmäßig bei Scabies crustosa vor [19]. Vermutlich gelangen die Skabies-Milben durch das Kratzen nach subungual und induzieren typische subunguale Hyperkeratosen mit nachfolgender distaler Onycholyse. Zusätzlich kann eine Nagelbeteiligung im Kindesalter auch bei klinisch unauffälligen Nägeln auftreten. In Studien konnten bei etwa 6 % der Kinder Skabies-Milben auflichtmikroskopisch unter den Nägeln identifiziert werden. Beschrieben wurde v. a. die Beteiligung der Daumen- oder Großzehennägel [20].

Die Behandlung der Skabies bei Nagelbeteiligung ist mit hohem Aufwand verbunden. Grundsätzlich sollten Finger- und Zehennägel bei jeder Skabies-Infektion kurz geschnitten werden. Um eine optimale Wirkung der topischen Skabies-Therapie beim Nagelbefall zu ermöglichen, werden Hyperkeratosen an den Nägeln mithilfe Salicylsäure-haltiger Externa (z. B. 10–20 %, NRF [Neues Rezeptur-Formularium] 11.43) nach Hand- und Fußbädern abgelöst. Diese keratolytische Therapie sollte vor der Initiierung der Skabies-Behandlung erfolgen, aber auch nach dem ersten und zweiten Therapiezyklus wiederholt werden [19]. Da die Effektivität der oralen Ivermectin-Therapie bei Nagelbeteiligung unklar ist [21], sollte diese bei Nagelbefall stets in Kombination mit topischer Skabies-Behandlung (mittels Permethrin‑, Crotamiton- oder Benzylbenzoat-haltigen Externa) angewendet werden.

Nagelveränderungen bei chronisch entzündlichen Dermatosen

Psoriasis vulgaris

Die Prävalenz der Nagelbeteiligung bei pädiatrischen Patienten mit Psoriasis wird zwischen 17 % und 38 % beschrieben [22]. Eine Nagelpsoriasis wird in der Regel mit einem ausgeprägteren kutanen Befall in Verbindung gebracht. Zudem weisen die Patientin mit Nagelbeteiligung ein höheres Risiko einer Psoriasisarthritis (PsA) auf: Obwohl die PsA bei Psoriasis mit einer Prävalenz von etwa 20 % beschrieben ist, tritt bei 80–90 % der Patienten mit PsA eine Nagelbeteiligung auf.

Die Pathogenese der Nagelbeteiligung bei Psoriasis bestimmt das klinische Bild. Die Veränderungen können von der Nagelmatrix, vom Nagelbett oder vom Hyponychium ausgehen. Die häufigsten Nagelveränderungen bei Nagelpsoriasis sind Tüpfel, Onycholyse, subunguale Hyperkeratosen und Ölflecken (Abb. 4).

Abb. 4
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Ölflecken stellen eine der häufigsten Nagelveränderungen im Rahmen der Nagelpsoriasis dar und beruhen auf einer psoriatischen Läsion im Nagelbett. (Mit freundl. Genehmigung © C. Löser)

Der Einfluss der Nagelpsoriasis auf die Lebensqualität und Funktionalität der Hände und Füße ist mittlerweile international anerkannt. Zur Objektivierung des Nagelbefalls wird der Nail Psoriasis Severity Index (NAPSI) verwendet. Die aktuelle Leitlinie zur Therapie der Psoriasis hat einen Nagelbefall mit Onycholyse oder Onychodystrophie von mindestens 2 Fingernägeln als ein sog. Upgrade-Kriterium definiert, bei dessen Vorliegen die Psoriasis als mittelschwer bis schwer eingestuft werden kann, auch wenn das Ausmaß der Hautbeteiligung alleine das nicht erlaubt (PASI [Psoriasis Area and Severity Index] < 10) [23].

Bei einem milden Nagelbefall kann eine lokale Applikation der topischen Kortikosteroide und Vitamin‑D3-Analoga am Nagelfalz ausreichen. Bei einem ausgeprägten Befall oder bei Vorliegen einer PsA sollte eine Systemtherapie eingeleitet werden. Zurzeit stehen 5 für Kinder- und Jugendliche zugelassene Systemtherapien für Behandlung einer Psoriasis vulgaris zur Verfügung (Tab. 3). Zu beachten ist, dass Cyclosporin A und Methotrexat für die Therapie bei Kindern und Jugendlichen mit Psoriasis nicht zugelassen sind und eine Off-label-Therapie darstellen, obwohl für die Anwendung dieser Präparate im Kindesalter umfangreiche Erfahrungen vorliegen.

Tab. 3 Zugelassene Systemtherapien der Psoriasis vulgaris im Kindes- und Jugendalter

Atopische Dermatitis

Ähnlich wie bei Psoriasispatienten können bei Patienten mit atopischer Dermatitis Nagelveränderungen bedingt durch die Entzündung des proximalen Nagelfalzes auftreten. Beschrieben werden v. a. Tüpfel, distale Onycholyse und Trachyonychie. Bei Kindern mit atopischer Dermatitis zeigten sich in der Kapillarmikroskopie eine Rarefizierung, pathologische Dilatation und vermehrte Verzweigung der Kapillaren sowie avaskuläre Areale. Das Ausmaß dieser Kapillarveränderungen korrelierte mit der Ausprägung des Hautbefundes der Patienten gemessen an SCORAD (SCORing Atopic Dermatitis) [24]. Zusätzlich zeigte sich bei Kindern und Jugendlichen mit atopischer Dermatitis eine Korrelation zwischen der Ausprägung des Hautbefundes an unteren Extremitäten und einer Dystrophie der Zehennägel. Ein ähnlicher Zusammenhang zwischen Veränderungen der Fingernägel und Hautveränderungen an den Armen oder Händen konnte allerdings nicht bestätigt werden [25].

Für eine spezifische Therapie der Nagelveränderungen bei atopischer Dermatitis gibt es keine evidenzbasierten Empfehlungen. Die Therapieansätze orientieren sich an der Therapie von Nagelveränderungen bei anderen entzündlichen Dermatosen. Eine Anwendung topischer Kortikosteroide am proximalen Nagelfalz kann zu einer Befundbesserung führen. Intraläsionale Kortikosteroidinjektionen in den proximalen Nagelfalz wurden bei Kindern als gut verträglich und wirksam berichtet, allerdings lagen dabei die Erfolgsraten bei unter 50 % nach 4 Monaten bzw. 2 Injektionen [26]. Unklar ist bislang, ob systemische Medikamente (wie Dupilumab), die bei ausgeprägtem Hautbefund eingesetzt werden, auch einen positiven Effekt auf die Nagelveränderungen haben. Für erwachsene Patienten wurden hier widersprüchliche Erfahrungen berichtet. Es liegen 2 Publikationen über die Abheilung der Nageldystrophie [27, 28] und 1 Erfahrungsbericht über das Neuauftreten einer Nageldystrophie [29] bei Patienten mit atopischer Dermatitis unter der Therapie mit Dupilumab vor. Bei Letzterem kam es jedoch zu einer Spontanheilung trotz fortgeführter Therapie. Erfahrungen über den Einsatz von Systemtherapien zur Behandlung der Nagelveränderungen bei Kindern mit atopischer Dermatitis finden sich in der aktuellen wissenschaftlichen Literatur nicht. Es ist auch unklar, ob milde bis moderate Nagelveränderungen bei atopischer Dermatitis mit der Zeit auch ohne Therapie abheilen würden. Daher empfehlen wir in solchen Fällen eine gute Aufklärung der Eltern über die Genese und Prognose der Nagelläsionen und bei Bedarf einen Therapieversuch mit topischen Kortikosteroiden. Intraläsionale Kortikosteroidinjektionen können für Kinder auch nach vorheriger Lokalanästhesie als traumatisierend erlebt werden, daher sollten diese ausgeprägten Fällen mit ausdrücklichem Therapiewunsch vorbehalten bleiben. Außerdem ist dabei das langfristige Atrophierisiko zu bedenken, das bisher in den Studien nicht ausreichend untersucht wurde.

Trachyonychie

Als Trachyonychie wird eine Veränderung der Nägel bezeichnet, die sich mit einer grauen Oberflächenriffelung präsentiert. Sie kann mit einer Verdickung oder Verdünnung der Nagelplatte einhergehen. Die Nägel fühlen sich rau an und werden in der medizinischen Literatur oft mit Sandpapier verglichen. Seltener kann sich Trachyonychie mit Tüpfelbildung an der Nagelplatte ohne Rillenbildung präsentieren (Tab. 4). Die Anzahl der betroffenen Nägel kann variieren. Beim Befall aller Finger- und Zehennägel spricht man von einem Twenty-Nail-Syndrom (oder Twenty-Nail-Dystrophie). Dabei handelt es sich allerdings um eine deskriptive Beschreibung des klinischen Bildes, ohne dass man die Ursache des Geschehens ableiten kann [30].

Tab. 4 Klinische und pathophysiologische Unterschiede zwischen den beiden Trachyonychieformen

Trachyonychie kann im jeden Alter auftreten, wird aber v. a. im Kindesalter beobachtet. Dabei liegt der Inzidenzgipfel zwischen dem 3. und 12. Lebensjahr. Eine genaue Prävalenz ist nicht bekannt. In etwa der Hälfte der Fälle handelt es sich um eine idiopathische Form. Eine familiäre Häufung wurde ebenfalls beschrieben. Es existiert dennoch eine Reihe von Erkrankungen, die mit Trachyonychie assoziiert werden können (Tab. 5). Daher gehört zu jeder Trachyonychieabklärung eine komplette körperliche Untersuchung inklusive Inspektion der oralen Mukosa. Zudem sollte eine Onychomykose als mögliche Diagnose ausgeschlossen werden. Eine bioptische Diagnosesicherung ist in der Regel nicht notwendig und wird schweren, therapieresistenten Fällen vorbehalten bleiben. Dabei sollte eine longitudinal ausgerichtete Biopsie mit Anteilen der Nagelmatrix und des Nagelbettes erfolgen [30].

Tab. 5 Relevante Erkrankungen des Kindesalters, die mit einer Trachyonychie assoziiert sein können. (In Anlehnung an [30])

Da es sich bei Trachyonychie um eine gutartige Nagelveränderung mit einer hohen Spontanheilungsrate (> 50 %) handelt, wird bei Kindern ein zurückhaltendes Verhalten empfohlen. Allerdings wird die mediane Dauer bis zur Rückbildung zwischen 32 und 77 Monaten berichtet [30].

Lichen ruber

Der Lichen ruber ist eine chronisch entzündliche Erkrankung, die im Kindesalter relativ selten vorkommt. In einer vor einigen Jahren publizierten großen Kohorte mit 316 pädiatrischen Patienten zeigte sich in 13,9 % der Fälle eine Nagelbeteiligung [31]. Dabei kommen die Autoren zum Schluss, dass Lichen ruber im Kindesalter ähnlich wie bei Erwachsenen verläuft und auf die etablierten Therapien ansprechen kann.

Klinisch zeigen sich eine Nageldystrophie, Onycholyse sowie Hyperkeratose des Nagelbetts (Abb. 5). In seltenen Fällen kann es zum Verlust der Nägel (Anonychie) kommen. Die Erkrankung kann schnell fortschreiten und zu einer irreversiblen Vernarbung der Nagelmatrix führen. Daher sollte die Diagnose zügig gestellt und die Therapie zeitnah nach der Diagnosestellung eingeleitet werden. Es handelt sich in der Regel um eine klinische Diagnose. Bei Verdacht auf Lichen ruber der Nägel sollten daher die gesamte Haut und die Mundschleimhaut (zur Identifikation der möglichen Wickham-Streifung) inspiziert werden. Eine Biopsieentnahme zur histologischen Diagnosesicherung erscheint den Autoren nur in Ausnahmefällen notwendig.

Abb. 5
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Lichen ruber der Nägel mit sichtbarer beginnender Nagelbettvernarbung (Dig. [Digitus] III und IV). (Mit freundl. Genehmigung © C. Löser)

Eine leitlinienbasierte Empfehlung für die Therapie der Nagelbeteiligung bei Lichen ruber im Kindesalter existiert bislang nicht, daher werden viele Therapieoptionen wie im Erwachsenenalter durchgeführt. Bei Beteiligung von weniger als 3 Nägeln und einer milden bis mäßigen Ausprägung werden in der aktuellen Literatur intraläsionale Triamcinolon-Injektionen (5–10 mg/Sitzung) empfohlen. Dabei erfolgen Injektionen sowohl in den proximalen Nagelfalz als auch in das Nagelbett mit dem Intervall alle 2 bis 3 Monate. Hierbei sind allerdings eine mögliche Schmerzhaftigkeit des Verfahrens und ein langfristiges Atrophierisiko zu bedenken, die im Kindesalter eine größere Rolle als bei Erwachsenen spielen können. Beim Befall mehrerer Nägel oder einem ausgeprägten klinischen Bild wird zusätzlich eine Systemtherapie empfohlen. Orale Retinoide (Acitretin, Alitretinoin) haben sich auch als effektiv erwiesen. Beim Einsatz systemischer Retinoide im Kindesalter sollte jedoch eine mögliche vorzeitige Schließung der Wachstumsfugen als Therapienebenwirkung berücksichtigt werden. Bei ausgeprägtem Nagelbefall und therapierefraktärem Verlauf können klassische Immunsuppressiva wie Ciclosporin (3–5 mg/kg Körpergewicht/Tag) eingesetzt werden [32]. Eine weitere mögliche Therapieoption könnte die lokale Bade-PUVA-Therapie darstellen [33], die im Einzelfall diskutiert werden kann. Grundsätzlich sind im Kindesalter aber Vorsicht und Zurückhaltung bei Anwendung der UV-Therapien geboten, sodass diese Behandlung nur als „individueller Heilversuch“ und nach ausführlicher Aufklärung der Eltern über mögliche längerfristige Nebenwirkungen (z. B. gesteigertes Hautkrebsrisiko) erwogen werden kann.

Lichen nitidus und Lichen striatus

Lichen nitidus und Lichen striatus sind chronische lichenoide Dermatosen, die sich typischerweise im Vorschul- und Schulalter manifestieren. Die Ätiologie der beiden Erkrankungen ist bisher nicht geklärt. Diskutiert werden immunologische oder genetische Einflüsse. Eine Nagelbeteiligung ist bei beiden Erkrankungen möglich. Bei Lichen nitidus kann die Nagelmanifestation noch vor den Hautveränderungen auftreten. Meist ist nur ein Nagel betroffen.

Typische Nagelveränderungen bei Lichen striatus sind Dystrophie, Splittern oder Längsrillen. Bei Lichen nitidus treten Nagelveränderungen in Form von Grübchen, Längs- oder Querrillen, distalem Aufsplittern oder Trachyonychie auf [34]. Im Gegensatz zu Lichen ruber kommt es bei Lichen striatus und Lichen nitidus nicht zu einer Vernarbung, sodass die Nagelveränderungen reversibel sind. Sowohl bei Lichen nitidus als auch bei Lichen striatus handelt es sich um wenig symptomatische, selbstlimitierende Dermatosen [35]. Dies sollte bei der Beratung der Eltern berücksichtigt werden. Eine Therapie des proximalen Nagelfalzes mit topischen Kortikosteroiden kann erwogen werden, aber auch ein abwartendes Verhalten ist angesichts der guten Prognose gerechtfertigt.

Nagelpigmentierungen

Melanonychia striata longitudinalis

Eine Melanonychie entsteht durch die Ablagerung von Melaninpigment in der Nagelplatte, das durch die aktivierten Melanozyten in der Nagelmatrix produziert wird. Die Prävalenz der Melanonychia striata variiert in Abhängigkeit von Hauttyp und Herkunft. Bei Kaukasiern wird sie mit etwa 1 % angegeben. Bei Personen mit dunklerem Hauttyp und Asiaten (insbesondere Japanern) wird Melanonychia striata häufiger beobachtet und betrifft oft mehrere Nägel. Bei Kindern tritt sie allerdings deutlich seltener auf als bei Erwachsenen [36].

Nicht nur die Häufigkeit, sondern auch die Ursachen für Entstehung eines dunklen (braunen oder schwarzen) Nagelstreifens bei Kindern unterscheiden sich von denen des Erwachsenen. Melanozytäre (kongenitale) Nävi der Nagelmatrix stellen bei Kindern mit bis zu über 90 % die häufigste Ätiologie dar. Die zweithäufigste Ursache der Melanonychie bei pädiatrischen Patienten sind benigne Lentigines. Seltener wird bei Kindern eine Aktivierung der Melanozyten der Nagelmatrix durch systemische Erkrankungen oder Syndrome (wie Laugier-Hunziker Syndrom, Hämochromatose, Graft-versus-Host-Erkrankung etc.), Medikamente (wie Antibiotika, Antimykotika oder Chemotherapeutika) oder Traumata beobachtet [37].

Auch die klinischen Zeichen bei Melanonychia striata bei Kindern sind anders zu interpretieren als bei erwachsenen Patienten. Breite Streifen mit Beteiligung des Nagelhäutchens (sog. Pseudo-Hutchinson-Zeichen), Onychodystrophie und inhomogene Pigmentierung kommen bei Kindern regelmäßig vor, deuten allerdings nicht wie bei Erwachsenen auf eine maligne Neoplasie hin (Abb. 6). Im Gegensatz zu Erwachsenen, bei denen Melanonychia striata in etwa 6 % der Fälle ein malignes Melanom als Ursache hat, sind bei Kindern melanozytäre, maligne Neoplasien eine absolute Rarität. Bis dato wurden in der wissenschaftlichen Literatur bei Kindern nur 21 Fälle eines Melanoma in situ und 4 invasive Melanome bei Melanonychie beschrieben. Allerdings werden diese Berichte von aktuellen wissenschaftlichen Quellen kritisiert, da nicht nur klinische, sondern auch klare histologische Kriterien für die Diagnose eines Melanoma in situ bzw. invasiven Melanoms im Kindesalter fehlen, was die Diagnosestellung erschwert [36, 37]. Eine atypische Architektur weist bei Kindern nicht unbedingt auf Malignität hin, wie am Beispiel des Spitz-Nävus zu erkennen ist. Auch die immunhistochemischen Färbungen wie S100, Melan A und HMB-45 helfen nur, die Verteilung und Dichte der Melanozyten darzustellen, können allerdings zwischen benignen und malignen Läsionen nicht unterscheiden. Somit werden viele, insbesondere alte Fallberichte mit der Beschreibung eines subungualen Melanoma in situ oder Melanoma in situ der Nagelmatrix bei Kindern in Bezug auf die korrekte Diagnose heute infrage gestellt. Insgesamt ist die klinische und histologische Beurteilung einer Melanonychie bei Kindern weiterhin eine Herausforderung.

Abb. 6
figure 6

Beispiel einer Melanonychia striata longitudinalis mit einem ca. 2–3 mm breiten, homogen pigmentierten, braunen Streifen am Daumen. (Mit freundl. Genehmigung © C. Löser)

Zusammenfassend werden bei Kindern auffällige oder atypische klinische Zeichen bei Melanonychie der Nägel beobachtet und dürfen nicht zwangsläufig – wie bei Erwachsenen – als Hinweis auf Malignität bewertet werden. Fotodokumentation und klinische Kontrollen sind zu empfehlen, und die Indikation zur invasiven Diagnostik sollte zurückhaltend gestellt werden. Wird doch eine histologische Sicherung empfohlen, kann eine horizontale Exzision der Läsion in der Matrix nach Aufklappen des Nagels von lateral mit anschließender Reposition der Nagelplatte vorgenommen werden, um für die histologische Untersuchung unter Sicht betroffenes Gewebe zu gewinnen und spätere Nagelwachstumsstörungen zu vermeiden [7].

Subunguales Hämatom

Subunguale Hämatome kommen im Kindesalter häufig nach Quetschungen der Finger vor (Abb. 7). In den USA sind Traumata am distalen Fingergelenk bei Kindern die häufigsten Handverletzungen überhaupt, die in den Notfallaufnahmen behandelt werden. Der häufigste Mechanismus hierbei ist die Verletzung an einer Tür im häuslichen Umfeld [38].

Abb. 7
figure 7

Ein mehrere Wochen altes subunguales Hämatom bei einem 14-jährigen Mädchen. Trotz typischer klinischer Präsentation und bereits sichtbarem Auswachsen des gesunden Nagels wünschten die Eltern der Patientin eine Bestätigung der Diagnose. Ein unauffälliges Nagelbett nach Fensterung des Nagels mittels einer 3,5-mm-Stanze konnte die Sorgen der Familie beseitigen und fungierte in erster Linie als prozedurale, psychologische Maßnahme. Die Abbildung dient hier in erster Linie der Veranschaulichung der Symptomatik. Eine Fensterung kann bei entsprechender Fachkompetenz und Autorität in aller Regel vermieden werden. (Mit freundl. Genehmigung © G. Balakirski)

Kommt es dabei zu einer dislozierten Fraktur der distalen Phalanx, so gehört die Therapie der Verletzung in die Hände der Handchirurgen. Bei isolierten Nagelbettverletzungen mit subungualem Hämatom werden diese Patienten mitunter auch dermatologisch vorgestellt. Das Therapieziel bei einer akuten Verletzung mit subungualem Hämatom ist die Wiederherstellung der Fingerfunktion und Schmerzlinderung sowie perspektivisch ein kosmetisch gutes Ergebnis. Dabei zeigte eine Fensterung des Nagels zur Entlastung des Hämatoms (z. B. mittels einer Kanüle oder Stanze) oder rein abwartendes Verhalten ohne Interventionen die besten klinischen Ergebnisse [38]. Die Fensterung des Nagels wird nach einer Desinfektion des Fingers oder Zehen ohne Lokalanästhesie durchgeführt. Auch bei großen subungualen Hämatomen bringt dieses Verfahren eine schnelle Schmerzreduktion und ist komplikationsarm. Eine Entlastung kann auch durch Punktion mit einer Kanüle oder punktuelles Schmelzen der Nagelplatte über der akuten Blutung mit einem erhitzten Draht (aufgebogene Büroklammer) erfolgen, wobei eine sachgerechte Durchführung Verbrennungen (bei den Durchführenden) vermeidet. Sollte eine Punktion des Nagels zu schmerzhaft sein, kann alternativ eine Entlastung mit Rosenbohrer oder ablativem Laser (CO2, Erbium:YAG) erwogen werden. Im Zweifelsfall erfolgt die Durchführung in Oberst-Leitungsanästhesie. Eine Avulsion des Nagels zur Exploration des Nagelbetts wird nicht empfohlen [39].

Im Jugendalter werden subunguale Hämatome an den Fingernägeln seltener, es kommt häufiger zu subungualen Hämatomen an den Zehennägeln beispielsweise als Folge einer Sportverletzung oder beim Tragen engen Schuhwerks. Die akuten subungualen Hämatome an den Zehennägeln können, wie oben beschrieben, entlastet werden. Bei alten subungualen Hämatomen ist ein abwartendes Verhalten ausreichend. Bei starken Sorgen der Eltern kann auch bei alten subungualen Hämatomen eine Nagelfensterung erwogen werden. Dabei zeigt sich nach dem Ausräumen der Koagel das intakte Nagelbett (Abb. 4), was als Ausschluss einer Neoplasie die Ängste der Eltern beheben kann. Die dadurch resultierenden kleinen Defekte der Nagelplatte wachsen mit der Zeit aus.

Sonstige relevante Nagelveränderungen

Unguis incarnatus

Der eingewachsene Zehennagel ist ein häufiges Krankheitsbild, das nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder und primär Jugendliche betreffen kann. In den überwiegenden Fällen ist dabei die Großzehe betroffen. Mögliche Ursachen für das Einwachsen eines Zehennagels sind mechanische Traumata (beispielsweise beim Fußballspielen) oder Tragen engen Schuhwerks. Dabei führt der seitliche Druck auf den Zeh zu Verletzungen des medialen und lateralen Nagelfalzes durch die Nagelkanten, in deren Folge es zu einer Entzündung und späteren Bildung von Granulationsgewebe kommt [40]. Eine genetische Veranlagung, bei der die Nagelmatrix im Verhältnis zum Nagelbett zu groß angelegt ist, kann ebenfalls eine Rolle bei der Entstehung eines Unguis incarnatus spielen. In solchen Fällen liegt oft eine positive Familienanamnese vor.

Je nach Befundausprägung können konservative und operative Therapieoptionen angewendet werden. Begleitend sollte eine konsequente Nagelpflege mit täglichem Ausduschen des Wundsekretes, Entfernen von Krusten mittels Kompressen und Desinfektion erfolgen, da das überschießende Granulationsgewebe um den eingewachsenen Nagel für sekundäre Infektionen anfällig ist. Tägliche Fußbäder zum Aufweichen der Nagelplatte (beispielsweise mit dem Zusatz von Schmierseife) können ebenfalls eine Linderung der Beschwerden bringen. Die Anwendung topischer oder systemischer Antibiotika ist dagegen nicht sinnvoll. Zudem sollten ausschließlich weite, bequeme Schuhe und Socken getragen werden, um eine Druckentlastung auf den Nagelfalz zu gewährleisten. Die konservativen Therapien können bei leichter Ausprägung der Beschwerden erfolgreich sein und werden häufig durch die Podologen durchgeführt. Sie beinhalten ggf. das Anbringen einer Orthonyxiespange (Nagelkorrekturspange), einer Nagelfalztamponade oder eines Tape-Verbandes. Auch das Anbringen der Nagelfalzprotektoren (Röllchen) an den Nagelkanten kann den Nagelwall vor dem Kontakt mit der Kante der Nagelplatte schützen. Orthonyxiespangen sind v. a. bei seitlich gerollten Nägeln effektiv. Bei primär zu breit angelegter Nagelplatte ist die Anwendung der Nagelkorrekturspangen meist nicht sinnvoll, sodass die Indikation zur operativen Therapie frühzeitig gestellt werden kann.

Bei ausgeprägtem oder therapierefraktärem Befund kann eine operative Therapie erfolgen. Eine bewährte Therapiemethode beim eingewachsenen Zehennagel ist die seitliche Nagelteilextraktion mit anschließender Phenolverödung des seitlichen Matrixhorns (Chemokaustik) [40]. Die Rezidivraten sind bei diesem Verfahren gering, über 80 % der Patienten können mit dem einmaligen Eingriff geheilt werden [41]. Aufgrund der einfachen Durchführung, Effektivität und guter Verträglichkeit hat die seitliche Nagelteilextraktion mit anschließender Chemokaustik des seitlichen Matrixhorns die klassische sog. Emmert-Plastik mit keilförmiger Resektion der seitlichen Nagelmatrix bis auf wenige spezielle Indikationen ersetzt.

Retronychie

Ursächlich für Retronychie wird ein Trauma angenommen, bei dem es zum kurzzeitigen Wachstumsabbruch im proximalen Anteil der Nagelplatte kommt. Das Auswachsen des neuen Nagelanteils wird durch die in situ verbliebene alte Nagelplatte verhindert. Klinisch präsentiert sich bei Weiterwachstum ein verdickter Nagel in dem mehrere unterschiedliche Nagelplattengenerationen schichtweise sichtbar sind (Abb. 8). Das mechanische Hindernis führt zum proximalen Einwachsen des Nagels und häufig auch zu einer Paronychie. Wichtige klinische Kriterien für das Vorliegen einer Retronychie sind Entzündung des proximalen Nagelfalzes, Granulationsgewebe am proximalen Nagelfalz, Verdickung des proximalen Teils der Nagelplatte und Unterbrechung des Nagelwachstums (Abb. 9). Die Prävalenz und Inzidenz dieses Krankheitsbildes ist unklar, da es vermutlich unterdiagnostiziert wird [42]. Hauptsächlich ist der Großzehennagel betroffen. Die wichtigsten konservativen Therapiemethoden, die bei Retronychie beschrieben werden, sind Anwendung von topischen und intraläsionalen Kortikosteroiden oder Tapeverbände. Diese verschaffen in der Regel eine Linderung der Beschwerden und können bei leichter Retronychieausprägung erfolgreich sein [43]. Bei ausgeprägtem Befund stellt eine atraumatische Avulsion von proximal die Therapie der Wahl dar.

Abb. 8
figure 8

Beispiel für eine ausgeprägte anterograde Retronychie als Folgezustand nach wiederholtem Trauma bei einem 17-jährigen Fußballspieler. Im Unterschied zur primären Retronychie kommt es zwar immer wieder zum kurzzeitigen Wachstumsabbruch in der Nagelmatrix, aber kein Einwachsen nach proximal. Die Nagelplatte wächst dachziegelartig geschichtet nach distal. Das Bild wird mitunter auch als Gletschernagel oder Pfeilschwanzdystrophie bezeichnet. (Mit freundl. Genehmigung © G. Balakirski)

Abb. 9
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Klassisches Bild einer Retronychie mit Schwellung, Rötung und Caro luxurians im proximalen Nagelfalz. Die Patienten (oder ihre Eltern) berichten von einem (vermeintlichen) Wachstumsstopp des Nagels und fehlender Besserung auf (in Unkenntnis der Diagnose) häufig eingesetzte Antibiose. (Mit freundl. Genehmigung © C. Löser)

Rezidive einer Retronychie nach einer erfolgreichen Avulsion sind nur selten beschrieben worden. Sie treten in der Regel auf, wenn Traumata (beispielsweise Tragen enger Schuhe) fortbestehen, daher ist die Aufklärung der Eltern über die Ursache des Befundes wichtig [42].

Fazit für die Praxis

  • Viele Nagelveränderungen treten im Kindesalter vorübergehend auf und sind selbstlimitierend. So benötigen eine Koilonychie, Beau-Reil-Querfurchen, Onychomadese sowie Leukonychia punctata oder striata keine Therapie.

  • Infektionen um und an den Nägeln wie Onychomykose, periunguale Verrucae vulgares oder Nagelbefall durch Skabies können im Kindesalter auftreten und erfordern eine spezifische Therapie.

  • Bei chronisch entzündlichen Dermatosen wie Lichen ruber, Psoriasis vulgaris und atopische Dermatitis ist auch im Kindesalter eine Nagelbeteiligung möglich. Lokaltherapien mit topischen Glukokortikoiden, Triamcinolon-Injektionen in den proximalen Nagelfalz und ggf. Systemtherapien können hierfür eingesetzt werden.

  • Im Gegensatz zu erwachsenen Patienten treten atypische klinische Zeichen bei Melanonychia striata wie besonders breite Streifen, irreguläre Pigmentierung und Pseudo-Hutchinson-Zeichen bei Kindern regelmäßig auf und sind anders als bei Erwachsenen keine Malignitätskriterien.

  • Ähnlich wie bei erwachsenen Patienten kann bei Unguis incarnatus und Retronychie im Kindes- und Jugendalter eine operative Therapie notwendig sein. Atraumatische, wenig invasive Eingriffe wie Phenolkaustik und Nagelavulsion von proximal führen zu guten therapeutischen Ergebnissen.