Anamnese und klinischer Befund

Wir stellen den Fall eines ansonsten gesunden 32-jährigen Mannes vor, der mit mRNA-1273 erstgeimpft wurde und die Impfung ohne anfängliche lokale Reaktion vertrug. Anamnestisch lagen weder Allergien (insbesondere nicht auf Impfstoffe, Kosmetika oder Darmspüllösungen) noch Hinweise auf vorangegangene Impfreaktionen vor. Zehn Tage nach der Impfung wurde in unmittelbarer Nähe der Injektionsstelle eine erythematöse Plaque mit anfänglich urtikariellem Aussehen beobachtet, die schließlich einen Durchmesser von mehr als 10 cm erreichte (Abb. 1). Nach der zentrifugalen Ausbreitung verblasste die Plaque zentral und bildete sich anschließend innerhalb von 24 h ohne systemische oder topische Behandlung vollständig zurück. Eine Stanzbiopsie aus dem Zentrum der Plaque zeigte eine dermale, perivaskuläre und periadnexiale Dermatitis (Abb. 2a, b). Die Epidermis war von orthokeratotischem Horn bedeckt ohne Anzeichen von Spongiosa oder Interface-Dermatitis. Das dermale perivaskuläre und periadnexiale Infiltrat erstreckte sich von der papillären Dermis bis in die tiefe retikuläre Dermis und die Subkutis. Es handelte sich hauptsächlich um ein lymphozytäres Infiltrat mit einer Beimischung von Histiozyten und neutrophilen Granulozyten, vereinzelten Mastzellen und spärlichen eosinophilen Granulozyten (Abb. 2c). Die Hautgefäße waren mit neutrophilen Granulozyten gefüllt. Es wurden keine vaskulitischen oder vaskulopathischen Veränderungen festgestellt. Die Immunhistochemie zeigte überwiegend CD3+-T-Zellen mit einer ausgewogenen Expression von CD4+ und CD8+ (Abb. 2d, e). Die CD20-Färbung zeigte nur ein geringes B‑Zell-Infiltrat. Dieses histologische Muster kann bei verschiedenen Hauterkrankungen auftreten, darunter polymorphe Lichteruption, Lupus erythematodes, Morphea, Infektionskrankheiten (z. B. Lepra, Lues, Borrelia burgdorferi) und Arzneimittelreaktionen. Da das histologische Muster an einen Lupus erythematodes tumidus erinnert, wurden eine immunhistochemische Färbung mit CD123-Antikörper sowie eine Toluidin-Färbung durchgeführt. Es gab keine Vermehrung plasmazytoider dendritischer Zellen und keine dermalen Muzinablagerungen. CD138-Antikörper zeigten keine Hinweise auf eine Plasmazellpopulation im Infiltrat, die den Verdacht auf eine Infektionskrankheit, insbesondere auf ein Erythema chronicum migrans, erwecken könnte.

Abb. 1
figure 1

Erythematöse Plaque am linken Oberarm (12 cm × 10 cm) am Tag 10 nach der Impfung mit mRNA-1273

Abb. 2
figure 2

Histologischer Befund, Biopsie 10 Tage nach Auftreten des lokalen Erythems. a Stanzbiopsie mit normaler Epidermis, dermalen oberflächlichen und tiefen perivaskulären und perifollikulären lymphozytären Infiltraten, die bis in das subkutane Gewebe reichen. Hämatoxylin-Eosin(HE)-Färbung, Maßstab = 500 µm. b Perifollikuläres lymphozytäres Infiltrat ohne Grenzflächenveränderungen, Exozytose oder Follikulotropismus. HE-Färbung, Maßstab = 100 µm. c Tiefes perivaskuläres Infiltrat mit überwiegenden Lymphozyten, eingestreuten Mastzellen und neutrophilen Granulozyten sowie einzelnen eosinophilen Granulozyten. Die Gefäßlumina sind mit neutrophilen Granulozyten gefüllt. HE, Maßstab = 50 µm. c und d CD4- (c) und CD8-Färbung (d) zeigen ein T‑Zell-dominantes Infiltrat mit ausgewogener Expression von CD4- und CD8+-Zellen

Diagnose

Aufgrund der Klinik sowie der Histologie stellten wir die Diagnose einer Impfreaktion nach mRNA-basiertem Impfstoff („COVID-Arm“) mit Beteiligung der tiefen Dermis und Subkutis.

Diskussion

Der mRNA-basierte Impfstoff mRNA-1273 gegen SARS-CoV‑2 wurde im Januar 2021 in Europa zugelassen. In einer Phase-3-Studie mit 30.420 Probanden wurden bei weniger als 1 % der Probanden verzögerte Reaktionen an der Injektionsstelle beobachtet [1]. Zu diesen Reaktionen gehörten ein verhärtetes Erythem und Empfindlichkeit bei Berührung an der Injektionsstelle. Blumenthal et al. berichteten über 12 Patienten mit ähnlichen Reaktionen 4 bis 11 Tage nach der Impfung [2]. Der hier vorgestellte Patient tolerierte die zweite Impfung ohne weitere lokale Reaktion, was gegen eine Sensibilisierung vom Typ IV spricht und mit Beobachtungen in der Literatur übereinstimmt [2].

Es hat sich gezeigt, dass die intramuskuläre Injektion zu einer (gewünschten) verlängerten Proteinexpression an der Injektionsstelle führt [3,4,5]. Nachdem der mRNA-Impfstoff an der Injektionsstelle von Antigen-präsentierenden Zellen internalisiert wurde, wird das Antigen von diesen Zellen in seiner nativen Form (oder als bereits prozessierte Peptide) über MHC‑I auf CD8+-Zellen oder als prozessierte extrazelluläre Antigene über MHC-II auf CD4+-Zellen präsentiert. Dadurch werden zytotoxische T‑Zellen aktiviert, und die Differenzierung von B‑Zellen durch T‑Helferzellen wird unterstützt [6, 7]. Wir beobachteten eine lokale Reaktion auf mRNA-1273 mit einer 10 Tage nach Injektion erstmals aufgetretenen und sich im Verlauf rasch ausbreitenden erythematösen Plaque an der Injektionsstelle und einer perivaskulären sowie periadnexialen oberflächlichen und tiefen lymphozytären Dermatitis als histologisches Korrelat.

Hautveränderungen nach einer COVID-19-Infektion sind gut bekannt [8]. Das histologische Muster, das bei Chilblain-ähnlichen, akralen Läsionen („COVID-Toes“) beschrieben wird, weist eine gewisse Ähnlichkeit mit unserem Fall auf mit einer oberflächlichen und tiefen perivaskulären und periadnexialen lymphozytären Entzündung, allerdings sind in unserem Fall keine keratinozytären Schäden und vaskulitischen Veränderungen vorhanden [9].

In einer neueren Studie wurden ähnliche histologische Befunde bei einem Patienten beschrieben, der nach einer Impfung gegen SARS-CoV‑2 eine große lokale Reaktion zeigte. In Übereinstimmung mit unserem Befund zeigte dieses Präparat oberflächliche perivaskuläre und perifollikuläre lymphozytäre Infiltrate, jedoch wurde keine Beteiligung im Bereich der tiefen dermalen Anteile beobachtet [2]. Wir berichten daher über die erste verzögerte T‑Zell-vermittelte Reaktion auf den neuartigen mRNA-basierten Impfstoff mRNA-1273 mit einem tiefen Reaktionsmuster, das bis in das subkutane Gewebe reicht.

Fazit für die Praxis

  • Sowohl im Rahmen einer COVID-19-Infektion als auch nach Impfungen wurden verschiedene Hautveränderungen beschrieben.

  • Nach Impfungen gegen das SARS-CoV-2-Virus mit mRNA-basierten Impfstoffen wurden verzögerte Lokalreaktionen beschrieben. Diese sind in der Regel durch oberflächliche lymphozytäre Infiltrate gekennzeichnet. Dieser Fall zeigt erstmals auch eine bis in die Subkutis reichende, überwiegend lymphozytäre, T‑Zell-dominante Infiltration.

  • Bei einer verzögerten Lokalreaktion ohne systemische Beteiligung oder Hinweis auf eine allergische Reaktion besteht kein erhöhtes Risiko einer schweren allergischen Impfreaktion bei Folgeimpfungen, worüber PatientInnen aufgeklärt werden sollten.