Psoriasis ist eine immunvermittelte chronisch entzündliche Hauterkrankung, die jede Hautoberfläche betreffen kann und sich meist als erythematöse, schuppende Plaques darstellt [1]. Die Prävalenz der Psoriasis liegt weltweit bei ca. 2 % [1]. Es gibt mehrere bekannte Faktoren, die eine Psoriasisexazerbation triggern können. Neben Nikotin, Alkohol, einem erhöhten Body Mass Index (BMI), Stress, Traumata und Infektionen gehören bestimmte Medikamente, wie z. B. β‑Blocker, Lithium, Antimalariamedikamente (Hydroxychloroquin), Interferone, Imiquimod, ACE-Hemmer, Terbinafin, Tetracyclin, NSARs und Fibrate, dazu [2,3,4].

Der Mechanismus der Beeinflussung durch Medikamente ist komplex. Es ist jedoch bekannt, dass einige Arzneimittel die Hyperproliferation von Keratinozyten und die IL-23/IL-17-Achse beeinflussen können [4]. β‑Blocker führen zu einer Abnahme des intraepidermalen zyklischen Adenosinmonophosphats (cAMP), ein intrazellulärer Botenstoff, der für die Stimulation von Proteinen zur zellulären Differenzierung und Hemmung der Proliferation verantwortlich ist, und verursachen dadurch eine Hyperproliferation der Keratinozyten [2, 3]. Ein Zusammenhang zwischen einer Exazerbation der Psoriasis und einer Infektion mit beispielsweise Streptokokken, Staphylococcus aureus oder einer HIV-Infektion wurde bereits belegt [4, 5].

Ein Zusammenhang zwischen Psoriasis vulgaris und einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV‑2 (COVID-19) wurde bereits kurz nach Ausbruch der Pandemie beschrieben. Hierbei fiel auf, dass in allen anfänglichen Fallberichten die Patienten das Antimalariamedikament Hydroxychloroquin erhalten hatten, was ein bekannter medikamentöser Trigger der Psoriasis ist [6,7,8, 24]. Mechanistisch liegt der Exazerbation das inhibitorische Potenzial von Hydroxychloroquin auf die epidermale Transglutaminase zugrunde [27, 28]. Dies bedingt eine unkontrollierte Keratinozytenhyperproliferation, was sogar in seltenen Fällen eine De-novo-Psoriasis pustulosa auslösen kann [3].

Später wurden in einzelnen Fällen nach COVID-19-Erkrankung auch ohne medikamentösen Trigger das Auftreten einer Psoriasis guttata sowie z. B. der Übergang einer Psoriasis pustulosa vom Typ Hallopeau in eine generalisierte pustulöse Psoriasis beschrieben [9, 26, 30]. Dass COVID-19, wie im klinischen Alltag oft beobachtet, eine bekannte Psoriasis verschlechtern kann, wurde kürzlich mittels einer multizentrischen Beobachtungsstudie publiziert, in der es bei 23 der 358 beobachteten Psoriasispatienten (6,4 %) zu COVID-19 gekommen war [25]. In 15 dieser 23 Fälle (65,2 %) wurde eine Exazerbation der Psoriasis beschrieben, jedoch in keinem Fall eine Erythrodermie. Wie hoch der Anteil der Patienten mit Hydroxychloroquin-Einnahme lag, wurde nicht beschrieben. Somit stellt unser unten beschriebener Fall die Erstbeschreibung einer Erythrodermie nach COVID-19 bei vorbekannter Psoriasis dar.

Der Mechanismus der Immunantwort auf COVID-19 ist sehr komplex und hängt hauptsächlich von B‑ und T‑Zellen, NK-Zellen wie auch mehreren Mediatoren wie IL-12, IL-15, Interferon-α/β und -γ ab [10]. Bei schweren Verläufen wurde bei einer Gruppe von COVID-19-Erkrankten auch eine Erhöhung proinflammatorischer Zytokine wie IL‑6, TNF‑α, IL-17A beobachtet, die bekannte Ziele von Psoriasissystemtherapeutika sind [10, 11]. Italienische Studien konnten aber keine eindeutigen Signale für schwerere Verläufe der COVID-19-Erkrankung bei Psoriasis zeigen [10]. Der Nachweis von SARS-CoV‑2 erfolgt regelhaft mittels PCR-Untersuchung eines Nasopharyngealabstrichs. Beim Auftreten von Hautmanifestationen im Rahmen der Erkrankung gelang der PCR-Virusnachweis vor Kurzem sogar in einer Hautprobe [12].

Im Rahmen des Fortschreitens der Impfkampagne gegen COVID-19 sehen wir im klinischen Alltag zahlreiche exazerbierte Psoriasispatienten auch nach Vakzinierung unabhängig von der Art des Vakzins (mRNA- oder Vektor-basiert). Dies wurde erst kürzlich in einer Fallserie bestätigt [29].

Fallbeschreibung

Anamnese.

Wir berichten hier über einen 60 Jahre alten Patienten mit einer seit 1998 bekannten Psoriasis vulgaris, der sich nach einer durchgemachten symptomatischen Infektion mit SARS-CoV‑2 mit positivem und nach häuslicher Quarantäne negativem Nachweis durch PCR-Abstrich in unserer Klinik vorstellte. Bereits 2018 sei es nach einer bakteriell verursachten Pneumonie zu einer Exazerbation der Psoriasis gekommen. Neben einer mittelschweren Psoriasis vulgaris waren bei dem Patienten ein Zustand nach Myokardinfarkt 2018, eine mechanische Aortenklappe, ein metabolisches Syndrom mit arterieller Hypertonie, Diabetes mellitus Typ II, Hypercholesterinämie und Adipositas (BMI 35,2 bei 173 cm Körpergröße und 104 kg Körpergewicht) sowie eine COPD (Z. n. ca. 100 Packyears) bekannt. Der Patient erkrankte im Januar 2021 an COVID-19. Neben starker Abgeschlagenheit entwickelte er im Verlauf der Erkrankung Geschmacks- und Geruchsverlust, Appetitlosigkeit sowie Kopfschmerzen. Laut Patient seien kein Fieber, Husten oder stärkere Luftnot aufgetreten, sodass lediglich eine häusliche Quarantäne über 14 Tage ohne neue Medikation oder Änderung der Dauermedikation mit anschließend negativem Abstrich erfolgte. Fünf Tage nach Nachweis der Infektion kam es zu einer massiven Exazerbation mit Erythrodermie der zuletzt unter Lokaltherapie über etwa 6 Monate gut kontrollierten Psoriasis (vormals nur leichtgradige Herde an Ellenbogen und Knie, PASI <3). In der Vergangenheit habe es bei stärkerer Ausprägung Therapieversuche mit Fumarsäureestern und Acitretin über jeweils 4 Wochen gegeben, die bei Unverträglichkeit abgesetzt werden mussten. Zuletzt sei eine systemische Therapie mit MTX 20 mg s.c. von 02/19 bis Sommer 2020 erfolgt, die bei gutem Hautbefund vom Patienten eigenständig abgesetzt worden war (danach keine Verschlechterung).

Befund.

Bei der Vorstellung zeigte der Patient eine Erythrodermie mit ausgeprägten konfluierenden erythematosquamösen Plaques am ganzen Integument mit besonderer Betonung des Stammes und der Extremitätenstreckseiten (PASI 57,6) (Abb. 1). Durch die vorhandenen Hautschmerzen war der Patient in seiner Bewegung stark eingeschränkt.

 

Abb. 1
figure 1

Exazerbation der Psoriasis vulgaris nach Infektion mit SARS-CoV‑2, Erythrodermie mit ausgeprägten großflächig konfluierenden erythematosquamösen Plaques

Therapie und Verlauf.

Es erfolgten die stationäre Aufnahme des Patienten und Behandlung mit Balneophototherapie (initial Schwefelmineralwasser, im Verlauf Solebäder + UVB 311 nm) und Lokalsteroiden. Im Verlauf wurde nach durchgemachter Infektion mit SARS-CoV‑2 die systemische Therapie mit MTX 15 mg 1‑mal/Woche s.c. wieder eingeleitet. Dies erfolgte aufgrund des in der Vergangenheit guten Therapieansprechens unseres Patienten auf MTX und der bis dato guten Sicherheitslage von MTX im Fall des Auftretens von COVID-19 (keine schlechteren COVID-19-Verläufe bei MTX-Patienten beschrieben [31, 32]). Die Laboruntersuchungen bei Aufnahme zeigten: CRP 2,75 mg/dl (normal: <0,5 mg/dl), BSG 30 mm/h (normal: <20 mm/h), Leukozyten 11,59 Tsd/µl (normal: 3,91–10,90 Tsd/µl), Neutrophilen-Lymphozyten-Ratio (NLR) 5,01. Unter der Therapie konnte innerhalb von 14 Tagen eine deutliche Besserung des Hautbefundes erzielt werden (PASI 25,6) (Abb. 2). Die Laborkontrolle nach 3 Tagen zeigten bereits einen deutlichen Rückgang der Entzündungsparameter: CRP 0,97 mg/dl (normal: <0,5 mg/dl), BSG 11 mm/h (normal: <20 mm/h), Leukozyten 7,48 Tsd/µl (normal: 3,91–10,90 Tsd/µl), Neutrophilen-Lymphozyten-Ratio (NLR) 3,48.

 

Abb. 2
figure 2

Verbesserung der Psoriasisläsionen nach 14 Tagen Therapie

Diskussion

Unser Fall stellt die erste Publikation einer Psoriasiserythrodermie nach COVID-19-Erkrankung ohne medikamentösen Trigger dar. Die beschriebene Exazerbation der Psoriasis bei unserem vorgestellten Patienten unterstützt die aus Fallberichten und einer multizentrischen Beobachtungsstudie bekannte Hypothese, dass eine COVID-19-Infektion einen starken Trigger für eine Psoriasis darstellt [9, 25]. Da während einer COVID-19-Erkrankung bekanntermaßen stark erhöhte Spiegel u. a. der Psoriasisschlüsselzytokine IL-17 oder auch TNF‑α gemessen werden können, mag dies eine Erklärung für eine derartige Exazerbation sein [13]. Eine spezifische antipsoriatische Therapie wie die Balneophototherapie kombiniert mit einer Systemtherapie wie Methotrexat vermag, wie berichtet, diese Exazerbation jedoch wieder erfolgreich zu therapieren.

Ob eine Systemtherapie den Verlauf einer SARS-CoV-2-Erkrankung negativ beeinflusst, bleibt bis heute umstritten. Die Psoriasis stellt selbst ggf. einen Risikofaktor für symptomatische COVID-19-Verläufe dar [14]. In der Literatur finden sich zahlreiche Übersichtsartikel, Fallserien und retrospektive Untersuchungen, die bislang aber nicht eindeutig zeigen konnten, dass eine Systemtherapie einen Risikofaktor für schlechtere klinische Verläufe von COVID-19 darstellt [15,16,17,18].

Es wird lediglich auf Grundlage allgemeiner Sicherheitsprofile aus Registern aus der Vor-Corona-Zeit geschlussfolgert, dass Präparate wie Ciclosporin, Methotrexat oder TNF-α-Inhibitoren einen SARS-CoV-2-infektionsfördernden Effekt haben könnten. Für MTX hingegen zeigen aktuelle Registerdaten, dass es in der Realität hier zu keinen schlechteren Verläufen gekommen ist [31, 32]. Ferner könnten moderne Biologika wie IL-17- oder IL-23-Antikörper protektive Effekte besitzen, da sie den bei COVID-19 kritischen Zytokinsturm abmildern könnten [10, 11]. Dies beruht jedoch nur auf theoretischen Modellen. Die bis dato größte Analyse von Verläufen von COVID-19 bei Psoriasispatienten wurde kürzlich auf dem Jahreskongress der Amerikanischen Dermatologischen Gesellschaft AAD (Annual Congress of the American Academy of Dermatology) vorgestellt [19]. Hier wurden Daten einer der größten Gesundheitsdatensätze der USA (Symphony Dataset) präsentiert und bei mehr als 167.000 Psoriasispatienten das Auftreten von COVID-19-Erkrankungen sowie deren Korrelation mit topischen Systemtherapeutika gezeigt (>36.000 Datensätze von mit Biologika behandelten Psoriasispatienten). Es zeigte sich, dass Psoriasispatienten im Vergleich zu Kontrollpersonen eine um 33 % erhöhte Inzidenz an COVID-19 aufwiesen. Eine Behandlung mit TNF-α-Inhibitoren führte jedoch zu einer um 18 % reduzierten Inzidenz gegenüber rein topisch behandelten Psoriasispatienten bzw. Reduktion um 17 % gegenüber Kontrollen. Unter Methotrexat kam es sogar zu einer Inzidenzreduktion gegenüber topisch behandelten Psoriasispatienten um 25 %. Unter Behandlung mit IL-17-Inhibitoren stieg die Inzidenz gegenüber Kontrollen um 51 und bei Therapie mit dem IL-12/23-Antikörper Ustekinumab um 37 % an. Dies mag dadurch zu erklären sein, dass IL-17 und IL-23 bei der initialen Abwehr einer Infektion mit SARS-CoV‑2 eine wichtige Rolle spielen. Zum Thema Hospitalisierung und Mortalität wurde kürzlich ein Review-Artikel publiziert, der sämtliche Publikationen bis zum 09.06.2020 in MEDLINE (PubMed) zu den Schlagwörtern „Psoriasis, Biologics und COVID-19“ auswertete. Hierbei zeigte sich, dass etwa 0,3 % der Psoriasispatienten unter einer COVID-19-Erkrankung litten, wobei die Hospitalisierungsrate bei 0,1 % lag. Unter den insgesamt 10.509 Patienten wurde kein Tod durch COVID-19 gemeldet [20].

Zu einer Exazerbation einer bestehenden Psoriasis kann es aber auch nach (COVID-19-)Impfungen kommen [30]. Dass Impfungen zur Exazerbation einer Psoriasis führen können, ist z. B. für die Influenzaimpfung bekannt [21]. Exazerbationen nach COVID-19-Vakzinierung konnten wir bei zahlreichen unserer Patienten mit Psoriasis beobachten. Trotz allem gilt für unsere Patienten die dringende Empfehlung für eine Durchführung der Impfung, um schwere klinische Verläufe von COVID-19 zu verhindern. Sowohl von der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft als auch der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie gibt es keine klare Empfehlung, eine immunmodulierende Therapie zu verändern bzw. mehrwöchige Therapiepausen zu implementieren (eine Ausnahme stellt hier lediglich der B‑Zell-depletierende Antikörper Rituximab dar) [22, 23]. Ob Präparate, wie z. B. Methotrexat, um den Zeitpunkt der Impfung herum pausiert werden sollen, ist nach Studienlage nicht klar zu sagen, sodass der betreuende Arzt hier die Entscheidung zu treffen hat [23].

Fazit für die Praxis

  • Eine COVID-19-Erkrankung, aber auch eine Vakzinierung gegen COVID-19 können zu den neuen Triggerfaktoren der Psoriasis gezählt werden. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass bei der Betreuung von Psoriasispatienten bei aktiver COVID-19-Erkrankung bzw. nach Impfung eine erhöhte Aufmerksamkeit herrschen sollte, um etwaige Exazerbationen umgehend zu therapieren und somit stärkste Exazerbationen wie eine Erythrodermie zu verhindern.

  • Durch eine adäquate antipsoriatische Therapie kann eine mögliche Exazerbation schnell und erfolgreich therapiert werden, sodass das Exazerbationsrisiko kein Argument gegen eine Vakzinierung darstellt.