Anamnese

Ein 11-jähriger Junge stellte sich in unserer ambulanten Sprechstunde vor. Er berichtete, dass es seit etwa 9 Monaten sukzessive zur Entstehung von nunmehr 6 symptomlosen Knötchen am rechten Arm gekommen sei. Es seien keine Vorerkrankungen bekannt. Medikamente werden nicht eingenommen. Die Familienanamnese sei hinsichtlich eines Lupus erythematodes bei der Großmutter des Jungen positiv.

Befund

Am rechten Arm sowie axillär rechts zeigten sich insgesamt 6 derbe, exophytische, hautfarbene, maximal 0,8 cm durchmessende Papeln und Plaques, vereinzelt mit Teleangiektasien (Abb. 1a–c). Das restliche Integument erschien unauffällig.

Abb. 1
figure 1

Klinische Bilder des 11-jährigen Jungen. a Mehrere hautfarbene Papeln am rechten Arm. b Detailaufnahme der 0,5 cm durchmessenden hautfarbenen Papel am rechten Unterarm. c Detailaufnahme einer 0,8 cm durchmessenden hautfarbenen Papel axillär rechts

Diagnose

In einer Biopsie aus einer Papel vom rechten Oberarm zeigte sich histologisch eine minimale reaktive Akanthose der Epidermis. Dermal und tief dermal fand sich zwischen den Kollagenbändern eine deutliche Muzinose, die auch in der Alcianblau-Färbung sehr gut zur Darstellung kam (Abb. 2a, b). Die Muzinose war in allen Abschnitten diffuser Natur, zusätzlich diskrete periadnexielle lymphoplasmazelluläre Infiltrate, zwischen den Kollagenfasern Fibroblastenproliferationen. Atypische oder pleomorphe Zellen waren nicht nachweisbar. Nach dermato- und paidopathologischem Konsil sowie unter Berücksichtigung der klinischen Präsentation wurde die Diagnose einer kutanen Muzinose der Kindheit gestellt.

Abb. 2
figure 2

Histologie einer Papel vom rechten Oberarm. a In der HE(Hämatoxylin-Eosin)-Färbung zeigen sich dermal und tief dermal zwischen den Kollagenbändern eine deutliche Muzinose sowie Fibroblastenproliferationen. b Die ausgeprägten Muzinablagerungen stellen sich in der Alcianblau-Färbung deutlich dar

Therapie und Verlauf

Aufgrund der Symptomlosigkeit und Harmlosigkeit der Hautveränderungen und da bei dem Patienten kein Therapiewunsch bestand, wurde auf eine Behandlung verzichtet.

Diskussion

Die kutane Muzinose der Kindheit ist eine sehr seltene Erkrankung, die mit asymptomatischen lokalisierten Papeln und Plaques einhergeht. Sie wurde 1980 erstmals von Lum beschrieben, der bei einem 16 Monate alten Kleinkind einzigartige klinische und histologische Veränderungen feststellte, die nicht in die Gruppe der bekannten Muzinosen einzuordnen waren [3]. Seither wurden nur sehr wenige Fälle in der Literatur beschrieben. Die kutane Muzinose der Kindheit ist neben der diskret papulösen Muzinose, der akral persistierenden papulösen Muzinose, der selbstheilenden juvenilen kutanen Muzinose und der nodulären Muzinose eine von insgesamt 5 Subtypen der lokalisierten papulösen Muzinosen. Diese stellt wiederum eine der 3 Unterformen der idiopathischen primären kutanen Muzinose dar: generalisierte papulöse und sklerodermiforme Läsionen, lokalisierte papulöse Läsionen und Mischform [1]. Generell sind von den kutanen Muzinosen v. a. Erwachsene und nur selten Kinder betroffen. Die Tab. 1 gibt daher eine Übersicht über die primär kutanen Muzinosen, die im Kindesalter auftreten können.

Tab. 1 Primär kutane Muzinosen im Kindesalter (Einteilung nach Rongioletti [9])

Klinisch manifestiert sich die kutane Muzinose der Kindheit mit asymptomatischen, meist 2–5 mm und maximal 20 cm durchmessenden, hautfarbenen bis weißlichen oder leicht erythematösen bis bräunlichen, manchmal gruppierten oder linear angeordneten Papeln und Plaques, die bevorzugt am Stamm, an den Extremitäten und seltener auch im Gesicht, am Kopf und am Hals auftreten [1, 10]. Während unser Patient die Entstehung der Läsionen erst ab dem 11. Lebensjahr bemerkt hat, treten die papulösen Läsionen laut Literatur meist in der frühen Kindheit bis spätestens zum 2. Lebensjahr auf, und häufig bestehen diese bereits seit Geburt [2, 5, 6, 8]. Verläufe mit an Anzahl und Größe progredienten Hautläsionen sind beschrieben, allerdings gibt es auch Fälle mit spontaner Rückbildung im Laufe der Pubertät [1, 6, 7]. Bei einer Langzeitbeobachtung einer Patientin mit bereits seit Geburt bestehender kutaner Muzinose der Kindheit am Oberschenkel kam es bis zum Alter von 2 Jahren zum Auftreten multipler weiterer größenprogredienter Plaques am Stamm und an den Extremitäten. Danach bildete sich zunächst die kongenitale Plaque am Oberschenkel spontan zurück, und bis zum Alter von 7 Jahren hatten sich alle Läsionen unter Hinterlassung lediglich einiger atropher Papeln am Stamm zurückgebildet [6]. Insgesamt ist daher von einer guten Prognose der Erkrankung mit der Möglichkeit einer spontanen Rückbildung auszugehen.

Differenzialdiagnostisch ist bei Papeln und Plaques im Kindesalter an Neurofibrome, Fibrome, Dermatofibrome, juvenile Xanthogranulome, Bindegewebsnävi, dermale Nävi, Mastozytome oder Leiomyome zu denken. Auch der Lupus erythematodes tumidus kann im Kindesalter auftreten und zu erythematösen Plaques ohne epidermale Beteiligung führen, die histologisch ausgeprägte interstitielle Muzinablagerungen aufweisen, aber auch perivaskuläre und periadnexielle lymphozytäre Infiltrate [11].

Die Histologie bestätigt in Zusammenschau mit der Klinik die Diagnose einer kutanen Muzinose der Kindheit und zeigt ausgeprägte dermale Muzinablagerungen zwischen den Kollagenfasern mit meist nur geringer Proliferation von Fibroblasten und ohne wesentliche entzündliche Infiltrate. Assoziierte Komorbiditäten wie eine monoklonale Gammopathie beim Skleromyxödem oder Schilddrüsenerkrankungen beim prätibialen Myxödem sind bei den betroffenen jungen Patienten in der Literatur nicht beschrieben. Wie auch bei unserem Patienten ist ein Fallbericht publiziert, bei dem die Großmutter des Patienten an einem Lupus erythematodes litt [4]. Bei einem anderen 5‑jährigen, ansonsten gesunden Patienten mit kutaner Muzinose war in der Familienanamnese ein Morbus Basedow bekannt, bei dem es zu Ablagerungen von Mukopolysacchariden an verschiedenen Organen kommt [1].

Die Pathogenese der kutanen Muzinose der Kindheit ist weiterhin unklar. Normalerweise werden Proteoglykane (Muzin) nur in geringen Mengen von dermalen Fibroblasten produziert. Es wird angenommen, dass die abnorme Ablagerung von Muzin durch eine Aktivierung von Fibroblasten durch Autoantikörper, monoklonale oder polyklonale Immunglobuline, proinflammatorische Zytokine, virale Infektionen oder auch durch einen gestörten Muzinabbau zustande kommt [9]. Bei den idiopathischen Muzinosen der Kindheit ohne Systembeteiligung wäre eine Induktion der Muzinproduktion durch Infekte oder sonstige, bislang unbekannte Triggerfaktoren denkbar. Da auch Fälle mit familiärer Häufung beschrieben wurden, wird zudem ein genetischer Hintergrund diskutiert.

Aufgrund der guten Prognose ist keine Therapie notwendig. Es wurden jedoch Therapieversuche mit topischen Glukokortikoiden sowie Calcineurininhibitoren mit unterschiedlichem Erfolg beschrieben [9].

Fazit für die Praxis

  • Die kutane Muzinose der Kindheit ist eine sehr selten beschriebene Hauterkrankung, bei der es zum Auftreten von symptomlosen Papeln und Plaques kommt.

  • Die Diagnose wird in Korrelation mit der Klinik histologisch bestätigt.

  • Eine Therapie ist aufgrund der Harmlosigkeit der Hautveränderungen nicht notwendig.