Zusammenfassung
Die Purpura anularis teleangiectodes (PAT) ist eine seltene Erkrankung aus dem Spektrum der hämorrhagisch pigmentierten Dermatosen, die vorzugsweise junge Frauen betrifft und klinisch durch symmetrische, anuläre Erytheme mit Teleangiektasien an der unteren Extremität imponiert. Histologisch zeigen sich oberflächlich dermal gelegene Erythrozytenextravasate begleitet von einem lymphozytären Entzündungsinfiltrat. Als Auslöser können häufig Medikamente identifiziert werden. In idiopathischen Fällen werden kortisonhaltige Externa eingesetzt. Auch eine Kompressionsbehandlung kann unterstützend sinnvoll sein.
Abstract
Pupura annularis telangiectodes (PAT) is a rare entity belonging to the spectrum of the pigmented purpuric dermatoses. PAT presents clinically as symmetric, annular erythema with teleangiectasia on the lower extremities and preferably affects young women. Histology usually reveals extravasated erythrocytes accompanied by a lymphocyte-dominated inflammatory infiltrate in the superficial dermis. Medication can often be identified as causative. In patients with idiopathic disease, topical corticoidsteroids are the treatment of choice. Compression therapy may be supportive.
Avoid common mistakes on your manuscript.
Anamnese
Eine 39 Jahre alte Patientin stellte sich mit seit 4 Wochen größenprogredienten Hautveränderungen an beiden Unterschenkeln vor. Erstmalig habe sie die Läsionen vor 2 Monaten bemerkt. Es war kein Juckreiz vorhanden. Die Patientin verneinte kürzlich stattgehabte Infekte und Fieber. Auch ein Zeckenbiss sei nicht erinnerlich. Vorerkrankungen oder eine Dauermedikation bestünden nicht, auch seien vor Auftreten der Hautläsionen keine neuen Medikamente eingenommen worden. Seit 2 Wochen werde nun bei positiver Borrelienserologie (Ig[Immunglobulin]M) Doxycyclin eingenommen. Zu einer Besserung der Hautveränderungen habe diese Therapie jedoch nicht geführt.
Befund
Klinisch zeigten sich an beiden Unterschenkeln nicht erhabene, anulär konfigurierte Erytheme mit zentraler Aufhellung. Durch Konfluenz imponierte teilweise ein girlandenförmiges Bild (Abb. 1a–d). Dermatoskopisch stellten sich multiple, nicht wegdrückbare Petechien dar.
Differenzialdiagnostisch kamen sowohl multiple Erythemata migrantia bei Borrelieninfektion als auch eine Purpura anularis teleangiectodes und eine ungewöhnliche Vaskulitis in Betracht.
Auch eine Thrombozytopenie oder -pathie musste aufgrund der multiplen Petechien ausgeschlossen werden. Für eine hämorrhagische Kontaktdermatitis konnte kein auslösendes Agens eruiert werden, zudem fehlte hierfür die epidermale Beteiligung.
Histologisch imponierten zahlreiche, subepitheliale Erythrozytenextravasate und ein überwiegend lymphozytäres, perivaskuläres Infiltrat bei regelrecht stratifiziertem flach bis mittelbreitem Epithel.
Es fanden sich weder fibrinoide Gefäßwandnekrosen noch eine Leukozytoklasie. In der Alcian-PAS(„periodic acid-Schiff reaction“)-Färbung zeigte sich kein Nachweis einer Mykose. In der Eisenfärbung konnten keine Eisenablagerungen ausgemacht werden, und die CD138-Färbung zeigte keine vermehrten Plasmazellen (Abb. 2).
Diagnose
Angesichts der Histologie war eine hämorrhagisch pigmentierte Dermatose vorrangig in Betracht zu ziehen. Trotz der positiven IgM-Antikörper war eine Borreliose als Auslöser nicht wahrscheinlich, da sich weder die Histologie typisch für eine Borreliose zeigte noch ein kürzlicher Zeckenbiss erinnerlich war. Außerdem hatte die antibiotische Therapie mit Doxycyclin zu keiner Besserung des Hautbefundes geführt. Es ist daher von einer Seronarbe auszugehen.
In Zusammenschau von Histologie und klinischem Bild stellten wir die Diagnose einer Purpura anularis teleangiectodes.
Therapie und Verlauf
Lokaltherapeutisch wurde Mometason 1 mg/g Creme angewendet.
Bei der Wiedervorstellung nach 20 Tagen zeigte sich der Hautbefund bereits deutlich gebessert (Abb. 1e–h). Lediglich ein dezentes, flächiges Erythem war verblieben.
Diskussion
Die Purpura anularis teleangiectodes (PAT) wird als Sonderform der Purpura-pigmentosa-progressiva(PPP)-Gruppe betrachtet und wurde 1896 erstmals von Majocchi beschrieben [5].
Weitere Varianten der PPP, die in ihrer klassischen Form auch als Morbus Schamberg bezeichnet wird, sind die lichenoide Pigmentpurpura, die ekzematidartige Purpura und der Lichen aureus. Alle Unterformen weisen eine ähnliche Histologie mit lymphozytär dominiertem Entzündungsinfiltrat v. a. in der papillären Dermis und Erythrozytenextravasate auf [6].
Die Klinik und die Epidemiologie ermöglichen jedoch eine Differenzierung der Unterformen.
Die PAT zeichnet sich gegenüber den übrigen genannten hämorrhagisch pigmentierten Dermatosen durch ein anuläres Muster aus und findet sich vorzugsweise bei jungen Frauen.
In der Literatur finden sich nur wenige Berichte einer PAT. Die Tab. 1 zeigt eine Übersicht der publizierten Fälle.
In den veröffentlichten Fallberichten zeigt sich das typische klinische Bild anulärer Erytheme, die symmetrisch vorzugsweise an der unteren Extremität auftreten. Nur in einer Publikation wird ein Patient mit einem unilateralen Auftreten der Erytheme vorgestellt [12]. Über den Langzeitverlauf dieses Patienten wird jedoch nicht berichtet, sodass fraglich bleibt, ob dieser Patient nicht auch im Verlauf ein symmetrisches Auftreten entwickelte. Es wurden zuvor Fälle beschrieben, die zunächst unilateral begannen, jedoch letztlich alle symmetrische Läsionen entwickelten [7].
Die Ätiologie der PAT ist bisher ungeklärt. Während in den frühen Jahren nach der Erstbeschreibung ein Zusammenhang der Hautveränderungen mit einer kardialen Erkrankung vermutet wurde [9], ließ sich diese Annahme über die Jahrzehnte nicht bestätigen. Faktoren, die als Auslöser diskutiert werden, sind Medikamente und eine venöse Stauung. Es lässt sich mutmaßen, ob die initial berichteten Fälle der PAT in Zusammenhang mit kardialer Erkrankung nicht letztlich auf eine venöse Stauung kardialer Genese zurückzuführen sind.
Ein weiterer interessanter Fall, der diese Überlegung stützt, wurde von Curle und Smith 1930 beschrieben [1]. Es wird von einer 65-jährigen Patientin mit PAT berichtet, die zudem einen großen Abdominaltumor und klinisch eine Dilatation der oberflächlichen Venen aufwies. In diesem Fall könnte der Abdominaltumor zu einer venösen Abflussstauung geführt und somit als Auslöser der PAT gewirkt haben.
Die typischen Petechien und histologisch imponierenden Erythrozytenextravasate lassen differenzialdiagnostisch an eine Vaskulitis denken. Es fehlen jedoch regelhaft fibrinoide Gefäßwandnekrosen und eine Leukozytoklasie. Vielmehr kommt es durch die erhöhte Kapillarfragilität zum Austreten der Erythrozyten [11].
In den jüngeren Publikationen konnte zumeist ein auslösendes Agens gefunden werden.
Das Spektrum reicht von Antibiotika [2] über Retinoide [8] bis hin zu einer durch eine Sklerotherapie ausgelösten PAT [3]. In diesen Fällen führte ein Absetzen des auslösenden Medikaments zum progredienten Verblassen der Hautveränderungen [6]. In den als idiopathisch zu klassifizierenden Fällen führte mitunter – wie bei der von uns beschriebenen Patientin – bereits eine Lokaltherapie mit kortisonhaltigen Externa zu einer Besserung des Hautbefundes.
Die Rationale für die antientzündliche Therapie bezieht sich auf eine Aktivitätssteigerung des erworbenen Immunsystems [11].
Im Jahr 2015 wurde erstmalig eine Therapie der PAT mittels PUVA und Schmalband-UVB beschrieben [2]; 2009 beschrieben Hoesly et al. einen therapierefraktären Fall der PAT, der letztlich durch eine Therapie mit Methotrexat 15 mg innerhalb von 4 Wochen zu einer gänzlichen Abheilung kam [3].
Bezüglicher des häufiger auftretenden Morbus Schamberg konnten 2014 in einer retrospektiven Fallserie die Verträglichkeit und ein gutes Ansprechen der Hautveränderungen auf eine Kombination des Bioflavonoids Rutosid (2-mal 50 mg) mit Ascorbinsäure (1000 mg täglich) gezeigt werden. Der Wirkmechanismus beruht auf einer Reduktion freier Sauerstoffradikale, welche die vaskuläre Entzündung begünstigen [8]. Ähnliche Berichte für die seltenere PAT gibt es bisher noch nicht. Ein Therapieansprechen wäre im Sinne der ähnlichen Histologie mit gleichermaßen vorhandener kapillärer Fragilität jedoch auch bei der PAT gut denkbar.
Insgesamt stellt sich die Therapie der PAT schwierig dar, da auch die Ätiologie nicht vollständig geklärt ist. Eine antientzündliche Behandlung mittels topischer Kortikosteroide scheint auch hinsichtlich der lymphozytären Infiltrate vielversprechend. Bezüglich systemischer antientzündlicher Therapie liegen leider nur wenige Einzelberichte vor. Aufgrund der guten Datenlage der Anwendung von Rutosid und Ascorbinsäure beim Morbus Schamberg sollte diese Kombination auch bei der PAT erwogen werden. Jedoch fehlen zurzeit noch die Erkenntnisse, welche pathophysiologischen Unterschiede der Morbus Schamberg und die PAT besitzen, weswegen eine verlässliche Einschätzung der Übertragbarkeit des therapeutischen Ansprechens nicht möglich ist.
Fazit für die Praxis
-
Die Purpura anularis teleangiectodes ist eine seltene Variante der hämorrhagisch pigmentierten Dermatosen, die sich durch ihre anuläre Konfiguration der Erytheme und das vorwiegende Auftreten bei jungen Frauen auszeichnet.
-
Als Auslöser können häufig Medikamente identifiziert werden, weswegen eine ausführliche Medikamentenanamnese unabdingbar ist.
-
Bei idiopathischen Fällen ist oft eine Therapie mit kortisonhaltigen Externa und Kompressionstherapie erfolgreich.
Literatur
Curle R, Smith SW (1930) A case of purpura annularis telangiectodes. Edinb Med J 37:641–644
Dhali TK, Chahar M, Haroon MA (2015) Phototherapy as an effective treatment for Majocchi’s disease—case report. An Bras Dermatol 90:96–99
Hoesly FJ, Huerter CJ, Shehan JM (2009) Purpura annularis telangiectodes of Majocchi: case report and review of the literature. Int J Dermatol 48:1129–1133
Kaplan R, Meehan SA, Leger M (2014) A case of isotretinoin-induced purpura annularis telangiectodes of Majocchi and review of substance-induced pigmented purpuric dermatosis. JAMA Dermatol 150:182–184
Majocchi D (1896) Sopra una dermatosis non ancora descritta, „purpura annularis telangiectode“. G Ital Mal Venereol 31:263–264
Okhovat JP, Hsiao JL, Scumpia P et al (2017) Levofloxacin-induced purpura annularis telangiectodes of Majocchi. Cutis 100:E10–E12
Russell B, Grant RN (1950) Purpura annularis telangiectodes (arciform type—Touraine). Br J Dermatol Syph 62:323–324
Schober SM, Peitsch WK, Bonsmann G et al (2014) Early treatment with rutoside and ascorbic acid is highly effective for progressive pigmented purpuric dermatosis. J Dtsch Dermatol Ges 12:1112–1119
Semon HC (1921) Purpura annularis telangiectodes. Proc R Soc Med 14:8–9
Spaulding RT, Malone JC (2019) Sclerotherapy-induced purpura annularis telangiectodes of Majocchi-like eruption. JAAD Case Rep 5:704–705
Sunderkoetter C, Luger TA (2017) Treatment of capillaritis. In: Lebwohl MG (Hrsg) Dermatological therapy. Elsevier, Philadelphia, S 131–133
Wang A, Shuja F, Chan A et al (2013) Unilateral purpura annularis telangiectodes of majocchi in an elderly male: an atypical presentation. Dermatol Online J 19:19263
Funding
Open Access funding provided by Projekt DEAL.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Ethics declarations
Interessenkonflikt
J. Burghaus, A. Enk und F. Toberer geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren. Alle Patienten, die über Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts zu identifizieren sind, haben hierzu ihre schriftliche Einwilligung gegeben.
Rights and permissions
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de.
About this article
Cite this article
Burghaus, J., Enk, A. & Toberer, F. Purpura anularis teleangiectodes. Hautarzt 72, 65–70 (2021). https://doi.org/10.1007/s00105-020-04667-3
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00105-020-04667-3
Schlüsselwörter
- Purpura Majocchi
- Petechien
- Teleangiektasien
- Chronisch venöse Insuffizienz
- Hämorrhagisch pigmentierte Dermatose