Anamnese

Eine 39 Jahre alte Patientin stellte sich mit seit 4 Wochen größenprogredienten Hautveränderungen an beiden Unterschenkeln vor. Erstmalig habe sie die Läsionen vor 2 Monaten bemerkt. Es war kein Juckreiz vorhanden. Die Patientin verneinte kürzlich stattgehabte Infekte und Fieber. Auch ein Zeckenbiss sei nicht erinnerlich. Vorerkrankungen oder eine Dauermedikation bestünden nicht, auch seien vor Auftreten der Hautläsionen keine neuen Medikamente eingenommen worden. Seit 2 Wochen werde nun bei positiver Borrelienserologie (Ig[Immunglobulin]M) Doxycyclin eingenommen. Zu einer Besserung der Hautveränderungen habe diese Therapie jedoch nicht geführt.

Befund

Klinisch zeigten sich an beiden Unterschenkeln nicht erhabene, anulär konfigurierte Erytheme mit zentraler Aufhellung. Durch Konfluenz imponierte teilweise ein girlandenförmiges Bild (Abb. 1a–d). Dermatoskopisch stellten sich multiple, nicht wegdrückbare Petechien dar.

Abb. 1
figure 1

ad Erstvorstellung, ab Unterschenkel links, cd Unterschenkel rechts. Initial vor zwei Monaten aufgetretene, größenprogrediente, anulär konfigurierte, randbetonte erythematöse Maculae mit zentraler Aufhellung. Durch Konfluenz entsteht ein teils girlandenförmiges Bild. eh Nach 20 Tagen Mometasoncreme lokal, ef Unterschenkel links, gh Unterschenkel rechts, scharf begrenztes, leichtes Erythem mit vereinzelten Petechien

Differenzialdiagnostisch kamen sowohl multiple Erythemata migrantia bei Borrelieninfektion als auch eine Purpura anularis teleangiectodes und eine ungewöhnliche Vaskulitis in Betracht.

Auch eine Thrombozytopenie oder -pathie musste aufgrund der multiplen Petechien ausgeschlossen werden. Für eine hämorrhagische Kontaktdermatitis konnte kein auslösendes Agens eruiert werden, zudem fehlte hierfür die epidermale Beteiligung.

Histologisch imponierten zahlreiche, subepitheliale Erythrozytenextravasate und ein überwiegend lymphozytäres, perivaskuläres Infiltrat bei regelrecht stratifiziertem flach bis mittelbreitem Epithel.

Es fanden sich weder fibrinoide Gefäßwandnekrosen noch eine Leukozytoklasie. In der Alcian-PAS(„periodic acid-Schiff reaction“)-Färbung zeigte sich kein Nachweis einer Mykose. In der Eisenfärbung konnten keine Eisenablagerungen ausgemacht werden, und die CD138-Färbung zeigte keine vermehrten Plasmazellen (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Probebiopsie praetibial rechts. Flach bis mittelbreites Epithel mit regelrechter Stratifizierung. Subepithelial finden sich zahlreiche Erythrozytenextravasate. Zudem imponiert ein überwiegend lymphozytäres, perivaskuläres Infiltrat. (Hämatoxylin-Eosin-Färbung, 200-fache Vergrößerung)

Diagnose

Angesichts der Histologie war eine hämorrhagisch pigmentierte Dermatose vorrangig in Betracht zu ziehen. Trotz der positiven IgM-Antikörper war eine Borreliose als Auslöser nicht wahrscheinlich, da sich weder die Histologie typisch für eine Borreliose zeigte noch ein kürzlicher Zeckenbiss erinnerlich war. Außerdem hatte die antibiotische Therapie mit Doxycyclin zu keiner Besserung des Hautbefundes geführt. Es ist daher von einer Seronarbe auszugehen.

In Zusammenschau von Histologie und klinischem Bild stellten wir die Diagnose einer Purpura anularis teleangiectodes.

Therapie und Verlauf

Lokaltherapeutisch wurde Mometason 1 mg/g Creme angewendet.

Bei der Wiedervorstellung nach 20 Tagen zeigte sich der Hautbefund bereits deutlich gebessert (Abb. 1e–h). Lediglich ein dezentes, flächiges Erythem war verblieben.

Diskussion

Die Purpura anularis teleangiectodes (PAT) wird als Sonderform der Purpura-pigmentosa-progressiva(PPP)-Gruppe betrachtet und wurde 1896 erstmals von Majocchi beschrieben [5].

Weitere Varianten der PPP, die in ihrer klassischen Form auch als Morbus Schamberg bezeichnet wird, sind die lichenoide Pigmentpurpura, die ekzematidartige Purpura und der Lichen aureus. Alle Unterformen weisen eine ähnliche Histologie mit lymphozytär dominiertem Entzündungsinfiltrat v. a. in der papillären Dermis und Erythrozytenextravasate auf [6].

Die Klinik und die Epidemiologie ermöglichen jedoch eine Differenzierung der Unterformen.

Die PAT zeichnet sich gegenüber den übrigen genannten hämorrhagisch pigmentierten Dermatosen durch ein anuläres Muster aus und findet sich vorzugsweise bei jungen Frauen.

In der Literatur finden sich nur wenige Berichte einer PAT. Die Tab. 1 zeigt eine Übersicht der publizierten Fälle.

Tab. 1 Purpura anularis teleangiectodes: Überblick über die Literatur

In den veröffentlichten Fallberichten zeigt sich das typische klinische Bild anulärer Erytheme, die symmetrisch vorzugsweise an der unteren Extremität auftreten. Nur in einer Publikation wird ein Patient mit einem unilateralen Auftreten der Erytheme vorgestellt [12]. Über den Langzeitverlauf dieses Patienten wird jedoch nicht berichtet, sodass fraglich bleibt, ob dieser Patient nicht auch im Verlauf ein symmetrisches Auftreten entwickelte. Es wurden zuvor Fälle beschrieben, die zunächst unilateral begannen, jedoch letztlich alle symmetrische Läsionen entwickelten [7].

Die Ätiologie der PAT ist bisher ungeklärt. Während in den frühen Jahren nach der Erstbeschreibung ein Zusammenhang der Hautveränderungen mit einer kardialen Erkrankung vermutet wurde [9], ließ sich diese Annahme über die Jahrzehnte nicht bestätigen. Faktoren, die als Auslöser diskutiert werden, sind Medikamente und eine venöse Stauung. Es lässt sich mutmaßen, ob die initial berichteten Fälle der PAT in Zusammenhang mit kardialer Erkrankung nicht letztlich auf eine venöse Stauung kardialer Genese zurückzuführen sind.

Ein weiterer interessanter Fall, der diese Überlegung stützt, wurde von Curle und Smith 1930 beschrieben [1]. Es wird von einer 65-jährigen Patientin mit PAT berichtet, die zudem einen großen Abdominaltumor und klinisch eine Dilatation der oberflächlichen Venen aufwies. In diesem Fall könnte der Abdominaltumor zu einer venösen Abflussstauung geführt und somit als Auslöser der PAT gewirkt haben.

Die typischen Petechien und histologisch imponierenden Erythrozytenextravasate lassen differenzialdiagnostisch an eine Vaskulitis denken. Es fehlen jedoch regelhaft fibrinoide Gefäßwandnekrosen und eine Leukozytoklasie. Vielmehr kommt es durch die erhöhte Kapillarfragilität zum Austreten der Erythrozyten [11].

In den jüngeren Publikationen konnte zumeist ein auslösendes Agens gefunden werden.

Das Spektrum reicht von Antibiotika [2] über Retinoide [8] bis hin zu einer durch eine Sklerotherapie ausgelösten PAT [3]. In diesen Fällen führte ein Absetzen des auslösenden Medikaments zum progredienten Verblassen der Hautveränderungen [6]. In den als idiopathisch zu klassifizierenden Fällen führte mitunter – wie bei der von uns beschriebenen Patientin – bereits eine Lokaltherapie mit kortisonhaltigen Externa zu einer Besserung des Hautbefundes.

Die Rationale für die antientzündliche Therapie bezieht sich auf eine Aktivitätssteigerung des erworbenen Immunsystems [11].

Im Jahr 2015 wurde erstmalig eine Therapie der PAT mittels PUVA und Schmalband-UVB beschrieben [2]; 2009 beschrieben Hoesly et al. einen therapierefraktären Fall der PAT, der letztlich durch eine Therapie mit Methotrexat 15 mg innerhalb von 4 Wochen zu einer gänzlichen Abheilung kam [3].

Bezüglicher des häufiger auftretenden Morbus Schamberg konnten 2014 in einer retrospektiven Fallserie die Verträglichkeit und ein gutes Ansprechen der Hautveränderungen auf eine Kombination des Bioflavonoids Rutosid (2-mal 50 mg) mit Ascorbinsäure (1000 mg täglich) gezeigt werden. Der Wirkmechanismus beruht auf einer Reduktion freier Sauerstoffradikale, welche die vaskuläre Entzündung begünstigen [8]. Ähnliche Berichte für die seltenere PAT gibt es bisher noch nicht. Ein Therapieansprechen wäre im Sinne der ähnlichen Histologie mit gleichermaßen vorhandener kapillärer Fragilität jedoch auch bei der PAT gut denkbar.

Insgesamt stellt sich die Therapie der PAT schwierig dar, da auch die Ätiologie nicht vollständig geklärt ist. Eine antientzündliche Behandlung mittels topischer Kortikosteroide scheint auch hinsichtlich der lymphozytären Infiltrate vielversprechend. Bezüglich systemischer antientzündlicher Therapie liegen leider nur wenige Einzelberichte vor. Aufgrund der guten Datenlage der Anwendung von Rutosid und Ascorbinsäure beim Morbus Schamberg sollte diese Kombination auch bei der PAT erwogen werden. Jedoch fehlen zurzeit noch die Erkenntnisse, welche pathophysiologischen Unterschiede der Morbus Schamberg und die PAT besitzen, weswegen eine verlässliche Einschätzung der Übertragbarkeit des therapeutischen Ansprechens nicht möglich ist.

Fazit für die Praxis

  • Die Purpura anularis teleangiectodes ist eine seltene Variante der hämorrhagisch pigmentierten Dermatosen, die sich durch ihre anuläre Konfiguration der Erytheme und das vorwiegende Auftreten bei jungen Frauen auszeichnet.

  • Als Auslöser können häufig Medikamente identifiziert werden, weswegen eine ausführliche Medikamentenanamnese unabdingbar ist.

  • Bei idiopathischen Fällen ist oft eine Therapie mit kortisonhaltigen Externa und Kompressionstherapie erfolgreich.