Die Auseinandersetzung mit Viren in der Dermatologie erscheint nur auf den ersten Blick weniger faszinierend und spannend als die Beschäftigung mit Tumoren oder Biologika. Dies ist insbesondere dem Umstand geschuldet, dass Viren in ausgesprochen vielfältiger und zum Teil unerwarteter Form dem Dermatologen begegnen können. Die 6 Beiträge in diesem Leitthemenheft können aber nur einen ersten Eindruck über die große Breite der Dermatovirologie vermitteln.

Viren können dem Dermatologen in vielfältiger und zum Teil unerwarteter Form begegnen

Viruserkrankungen, bei denen wir annahmen, alle ihre Manifestationen zu kennen, verblüffen immer wieder mit neuen Assoziationen und atypischen Verläufen. Aus der Arbeitsgruppe von Arjen Nikkels erscheinen hierzu 2 sehr umfassende Übersichtsbeiträge. Es sei nur angemerkt, dass die Impfung gegen Varicella-Zoster-Virus schon das Spektrum der klinischen Manifestationen der Varizellen und des Zosters modifiziert hat, und wenn sich erst die hochwirksame Protein-Subeinheiten-Impfung gegen den Zoster flächendeckend durchsetzen wird, wird sie gleichermaßen starke Auswirkungen auf stationäre Belegungszahlen haben wie die Einführung der Biologika bei der Psoriasis.

Atypische Verläufe mit deutlich schwereren Symptomen werden auch bei der Hand-Fuß-Mund-Krankheit zunehmend beobachtet [4]. „Emerging diseases“ wie die Zika-Virus-Infektion können sich mit einem richtungsweisenden Exanthem manifestieren und werden in der Zukunft häufiger den Dermatologen begegnen [1].

Tumorviren in der Medizin und in der Dermatologie bleiben ein hochaktuelles Thema. Zwei Beiträge in diesem Leitthemenheft von Ulrike Wieland und Alexander Kreuter sowie aus meiner Arbeitsgruppe befassen sich mit Erkrankungen durch mukosotrope humane Papillomviren. Erst seit 22 Jahren wissen wir, dass das Kaposi-Sarkom viralen Ursprungs ist, obwohl ein viraler Ursprung bereits in den 1970er-Jahren vermutet wurde, und die gleiche Forschergruppe konnte im Jahr 2008 nachweisen, dass auch das Merkelzellkarzinom durch ein DNA-Virus hervorgerufen wird [2, 3]. In einem Beitrag aus der Arbeitsgruppe von Axel zur Hausen werden aktuelle Konzepte zur Histogenese des Merkelzellkarzinoms vorgestellt. Bei anderen Dermatosen wie der Pityriasis rosea steht der letzte Beweis der Virusinduktion noch aus.

Immunologische kutane Reaktionen auf Viruserkrankungen, die sog. paraviralen Exantheme, sind heute wahrscheinlich häufiger als die klassischen Virusexantheme bei Kinderkrankheiten. Die Kenntnis ihrer Auslöser ist bedeutend in der Schwangerschaft und bei immunsupprimierten Patienten. Regina Fölster-Holst et al. haben hierzu eine umfassende Übersicht verfasst.

Nicht vergessen werden darf, dass neue Therapien wie die Biologika, aber auch altbekannte Medikamente wie Statine und ACE-Hemmer die Anfälligkeit gegen Viren erhöhen können und so die Epidemiologie von viralen Erkrankungen in der Dermatologie beeinflussen werden.

Ich hoffe, dass die Beiträge in diesem Leitthemenheft viele praktische Hinweise für die tägliche Versorgung Ihrer Patienten liefern und ein weitergehendes Interesse für die Dermatovirologie wecken werden.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr

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Prof. Dr. Albert Rübben