Die medikamentöse Tumortherapie von Hauttumoren ist in den deutschsprachigen Ländern im Fachgebiet der Dermatologie fest verankert. Das wird auch durch die Aufnahme der Zusatzweiterbildung „Medikamentöse Tumortherapie“ in die Weiterbildungsordnung mit der Möglichkeit für Dermatologinnen und Dermatologen, diese Zusatzbezeichnung zu erwerben, deutlich. Die Zusatzweiterbildung umfasst in Ergänzung zu der Facharztkompetenz des Dermatologen die Anwendung und Überwachung der medikamentösen Therapie solider Tumorerkrankungen des Fachgebietes einschließlich supportiver Maßnahmen und der Therapie auftretender Komplikationen. Für die „Medikamentöse Tumortherapie“ in der Dermatologie stehen neben verschiedener Zytostatika und Immunmodulatoren auch mehr oder weniger spezifisch in die Signaltransduktion von Tumoren eingreifende Substanzen zur Verfügung, die je nach Indikation und Substanzklasse sowohl systemisch als auch topisch verabreicht werden können.

Das verbesserte Verständnis der Pathogenese von Hauttumoren zusammen mit den innovativen Methoden der medizinische Chemie, welche die Prinzipien der organischen Chemie mit Elementen der Computerchemie, der Pharmazie, Pharmakologie, Physiologie, Biochemie und chemischen Biologie in sich vereinigt, ermöglichte die rasante Entwicklung von Arzneistoffen mit zum Teil völlig neuen Wirkmechanismen – Arzneistoffe, die aktuell zur Therapie von Hauttumoren zugelassen wurden bzw. kurz vor der Zulassung stehen! In diesen spannenden Zeiten des Umbruchs, widmet Der Hautarzt diesen Entwicklungen das vorliegende Leitthemenheft. Als Gasteditoren haben wir uns bewusst bemüht, den Bogen zu spannen von der „altbewährten“ Therapie über die neuen Substanzen bis zu den zukünftigen Therapieansätzen.

In der adjuvanten Therapie des Melanoms, die von Kähler et al. zusammengefasst wird, finden sich die „altbekannten, aber weiterhin aktuellen“ Interferone. Auch die neuen Entwicklungen gehen in Richtung immunologisch basierter Therapieansätze. Diese sind auch ein wichtiger Baustein bei der Behandlung des fortgeschrittenen Melanoms, wie in der Arbeit von Ugurel et al. dargestellt: Mit der Zulassung des immunmodulierenden anti-CTLA4-Antikörpers Ipilimumab durch die amerikanischen Zulassungsbehörden im März dieses Jahres und den bisher beim Melanom nicht gekannten objektiven Ansprechraten, die mit mutationsspezifischen V600E/K-BRaf-Inhibitoren erzielt werden, bekommt die „klassische“ Chemotherapie des Melanoms allzu leicht das Stigma einer „veralteten“ Therapie. Dabei darf nicht vergessen werden, dass nur ein Teil der Melanompatienten von einer Immunmodulation profitiert, dass nur eine Untergruppe von Patienten eine therapeutisch beeinflussbare BRaf- oder KIT-Mutation aufweist und dass auch die hochspezifische Inhibition des mutierten BRafs bereits nach wenigen Monaten von einer Resistenzentwicklung begleitet wird.

Eine effektive Therapie wird sicherlich auf einer Kombination von unterschiedlichen Therapiestrategien basieren.

Zu diesen Therapiestrategien wird neben Immunmodulation und molekulargerichteten Substanzen unter anderem auch die Chemotherapie gehören.

Analog wird auch bei der Therapie von epithelialen Tumoren, die von Schlaak et al. zusammengefasst wird, eine Kombination der dargestellten Optionen als wegweisend angesehen. Bei den epithelialen Tumoren besteht die besondere Situation, dass häufig nicht eine einzelne Läsion im Vordergrund steht, sondern ein ganzes Feld von unterschiedlich fortgeschrittenen Tumoren, also Tumoren mit präinvasiven als auch invasiven Anteilen, vorliegt, die sog. „field cancerization“ [1]. Ebenso wird aus der Darstellung der Therapie der kutanen Lymphome von C.-D. Klemke et al. deutlich, dass die Patienten im Verlauf der Erkrankung in der Regel mehr als eine Therapie erhalten und sich durch eine Kombination der Therapieoptionen oft ein besseres Ansprechen bei geringerer Belastung des Patienten erreichen lässt.

Aus der Übersichtsarbeit von Degen et al. zur Symptomatik und Behandlung von kutanen Nebenwirkungen der medikamentösen Tumortherapie wird deutlich, dass die dermatologische Expertise nicht nur in Bezug auf die Behandlung der eigenen Patienten gefragt ist, sondern auch in der Interaktion mit anderen onkologisch tätigen Ärzten einen wichtigen Beitrag leisten kann. Kutane Nebenwirkungen stehen bei vielen der neuen Substanzen in der medikamentösen Tumortherapie im Vordergrund. Die Kenntnis ihrer Diagnose und ihres Managements ist ein wichtiger dermatologischer Beitrag in der interdisziplinären Zusammenarbeit und stellt einen unabdingbaren Bestandteil der Zusatzweiterbildung „Medikamentöse Tumortherapie“ dar. Somit ist die „medikamentöse Tumortherapie“ nicht nur in unserem Fach fest verankert, sondern umgekehrt auch die Dermatologie fest in der „Medikamentösen Tumortherapie“.

Jürgen C. Becker

Ralf Gutzmer

Cornelia Mauch