Hintergrund

Zum Ende des Jahres 2019 traten im chinesischen Wuhan erstmals Viruspneumonien als Folge eines neuen Coronavirus SARS-CoV‑2 („severe acute respiratory syndrome coronavirus 2“) auf. Seine konsekutive globale Ausbreitung führte zur seitens der WHO (World Health Organization) im März 2020 anerkannten COVID-19-Pandemie [28].

Im Rahmen der COVID-19-Pandemie erfolgte eine Einschränkung der stationären Regelversorgung von Patienten, um Kapazitätsreserven im Bereich der Intensivmedizin für SARS-CoV-2-infizierte Personen zu erhöhen. In Deutschland wurden bundesweit während des Lockdowns elektive Operationen um mehr als 40 % reduziert [2]. International erhöhten pandemiebedingte Lockdownmaßnahmen das Risiko einer Verschiebung insbesondere umfangreicher Tumoroperationen [4], und eine von sieben krebserkrankten Personen erhielt keine potenziell lebensrettende Operation [4]. Es wird vermutet, dass aufgrund von Einschränkungen bei der operativen Versorgung ein Anstieg der Sterberate resultierte.

Diese Einschränkungen trafen sicherlich noch mehr für geplante Operationen nicht onkologischer Erkrankungen zu. Die Fachverbände wurden dazu angehalten, aufgrund der Ressourcenverknappung eine Priorisierung mit Dinglichkeitsstufen und Planungshorizont für elektive Operationen zu definieren [5]. Hier wurde der metabolischen/bariatrischen Chirurgie ein elektiver Charakter zugesprochen.

Daher sind neben den individuellen primären gesundheitlichen Folgen einer COVID-19-Erkrankung indirekte Auswirkungen der Pandemie auf nicht an COVID-19-erkrankten Patienten während der als Lockdown bezeichneten Quarantänen zu diskutieren.

Der Einfluss der COVID-19-Pandemie auf die Versorgung von Patienten mit morbider Adipositas in Deutschland soll im Folgenden retrospektiv dargestellt werden.

Es war davon auszugehen, dass die Pandemie nicht nur einen Einfluss auf die Zahl der Operationen, sondern entsprechend der national und international definierten Dringlichkeitsstufen auf die Zahl durchgeführter Operationen, die Verfahrenswahl und das Patientenkollektiv (Alter und Schwere der Begleiterkrankungen) sowie auf die perioperative Versorgung und Nachsorge hatte. In diesem Kontext ist zu erwähnen, dass adipöse und insbesondere morbid adipöse Patienten ein erhöhtes Risiko für schwere Infektionsverläufe und eine erhöhte Mortalität aufweisen [8].

Material und Methoden

Die hier präsentierte Studie basiert auf nationalen Daten des StuDoQ-Registers. Dem Studien‑, Dokumentations- und Qualitätszentrum (StuDoQ) der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) werden deutschlandweit von zertifizierten Einrichtungen für metabolische und bariatrische Chirurgie oder von Einrichtungen, die eine Zertifizierung anstreben, klinische Daten von chirurgisch behandelten Patienten mit metabolischen und bariatrischen Erkrankungen (MBE) übermittelt und im StuDoQ/MBE dokumentiert.

Als Untersuchungszeitraum wurde der 01.05.2018 bis 31.05.2022 gewählt. Für die COVID-19-Pandemie wurde der Zeitraum vom 01.01.2020 bis 31.12.2021 festgelegt. Als Lockdowns während der Pandemie gelten die Zeiträume 01.03.2020 bis 31.05.2020 und 01.12.2020 bis 31.01.2021.

Die statistische Analyse der dokumentierten Daten von im o. g. Zeitraum operierten Patienten und Patientinnen erfolgte mittels R (R Foundation for Statistical Computing, Wien, Österreich, Version 4.1.2) und SPSS (IBM, Armonk, NY, USA, Version 26.0.0.0). Für die deskriptive Statistik wurden absolute Zahlen, Prozente, Median und Interquartilbereich errechnet. Als statistische Tests wurden zweiseitiger χ2- und U‑Test mit einem Signifikanzniveau von p = 0,05 verwendet.

Ergebnisse

Zwischen dem 01.05.2018 und 31.05.2022 wurden im StuDoQ-Register insgesamt 52.963 Patientinnen und Patienten erfasst, von denen 18.147 im Zeitraum vor, 28.267 während und 6549 nach der Pandemie behandelt wurden.

Während des gesamten Erfassungszeitraums war ein kontinuierlicher Anstieg dokumentierter Operationen zu verzeichnen (Abb. 1), wobei dieser Trend auch in der Phase der COVID-19-Pandemie anhielt. Lediglich am Beginn der COVID-19-Pandemie war in zeitlicher Übereinstimmung mit der Verhängung des 1. Lockdowns in den Monaten März bis Mai 2020 ein Rückgang der Operationen zu verzeichnen mit einer minimalen monatlichen Fallzahl von 194 Eingriffen im April 2020. Die im 2. Lockdown für Dezember 2020 dokumentierte niedrigere Fallzahl hingegen lässt sich nicht von der während des gesamten Erfassungszeitraums jeweils im Dezember eines Jahres beobachteten Reduktion elektiver Eingriffe im Rahmen der Feiertage zum Jahresende unterscheiden.

Abb. 1
figure 1

Anzahl der bariatrischen/metabolischen Operationen vor, während und nach der COVID-19(„coronavirus disease 2019“)-Pandemie

Die Patientenkollektive der Zeiträume vor, während und nach der Pandemie unterschieden sich nicht in klinisch relevantem Ausmaß (Tab. 1). Mit 72–73 % der Fälle wurden mehrheitlich Frauen operiert. Der Median des Body-Mass-Index (BMI) der operierten Patienten und Patientinnen lag bei 48 kg/m2 vor der COVID-19-Pandemie und jeweils 47 kg/m2 während und nach der COVID-19-Pandemie (Abb. 2). Die Einstufung des Operationsrisikos nach der ASA(American Society of Anesthesiologists)-Klassifikation war einheitlich, jeweils 95 % der in jedem der drei Zeitabschnitte operierten Patienten und Patientinnen wurden präoperativ in die Kategorien ASA II–III eingestuft.

Tab. 1 Patientencharakteristika vor, während und nach der COVID-19(„coronavirus disease 2019“)-Pandemie
Abb. 2
figure 2

Durchschnittlicher Body-Mass-Index (kg/m2) zum Operationszeitpunkt (in Median) vor, während und nach der COVID-19(„coronavirus disease 2019“)-Pandemie

Das am häufigsten durchgeführte Operationsverfahren war die Schlauchmagenbildung in 60–66 % der Fälle, Magenbypässe (proximaler und distaler Roux-Y-Magenbypass) erfolgten bei 35–39 % der Operierten. Die Eingriffsverteilung war in allen Zeiträumen ähnlich (Abb. 3). Die Eingriffe erfolgten naturgemäß elektiv, nur selten mit Dringlichkeit.

Abb. 3
figure 3

Eingriffsverteilung vor, während und nach COVID-19 Pandemie. OP Operation, RNYGB Roux-Y-Magenbypass, SG Sleeve-Gastrektomie

Die postoperativen Ergebnisse divergierten in den unterschiedenen Zeitabschnitten nicht. Die Gesamtkomplikationsrate nach Clavien-Dindo I–V lag bei 4–6 %. Sie beinhaltet auch die Letalität (Clavien-Dindo V), die für die Eingriffe in den unterschiedenen Zeiträumen bei 0,04–0,09 % lag (Tab. 1).

Von 11.822 bzw. 12.695 Patienten und Patientinnen, die vor bzw. während der Pandemie operiert wurden, standen Daten ihrer Nachuntersuchung nach einem Jahr zur Verfügung. Bei diesen Patientenkollektiven lag der BMI im Median jeweils bei 32 kg/m2, damit um jeweils 15 kg/m2 unter dem medianen präoperativen Ausgangswert der entsprechenden Kollektive. Lediglich bei 40 der nach der Pandemie operierten Patienten und Patientinnen wurde der BMI im 1‑Jahres Follow-up dokumentiert, er betrug im Median 36 kg/m2 und lag damit im Median um 10 kg/m2 unter dem präoperativen Ausgangswert (Tab. 1).

Auch die Patientenkollektive, die während der Phasen der Lockdowns und außerhalb der Lockdowns operiert wurden, unterschieden sich nicht in klinisch relevantem Maße (Tab. 2).

Tab. 2 Patientencharakteristika während und außerhalb der Lockdowns

Mit 73 % der Fälle wurden mehrheitlich Frauen operiert. Der Median des BMI der während und außerhalb der Lockdowns operierten Patienten und Patientinnen lag jeweils bei 47 kg/m2. Die Einstufung des Operationsrisikos nach der ASA-Klassifikation war einheitlich, jeweils 95 % der in beiden Gruppen operierten Patienten und Patientinnen wurden präoperativ in die Kategorien ASA II–III eingestuft.

Die Eingriffsverteilung war in beiden Gruppen nahezu identisch (Tab. 2). Das am häufigsten durchgeführte Operationsverfahren war die Schlauchmagenbildung in 63 bzw. 62 % der Fälle, Magenbypässe (proximaler und distaler Roux-Y-Magenbypass) erfolgten bei 37 bzw. 38 % der Operierten. Die Eingriffe erfolgten elektiv, nur selten mit Dringlichkeit.

Das Operationsrisiko divergierte in beiden Gruppen nicht. Die Gesamtkomplikationsrate nach Clavien-Dindo I–V lag bei 4,5 % während und 5,2 % außerhalb der Lockdownphasen. Sie beinhaltet auch die Letalität (Clavien-Dindo V). In den beiden Gruppen verstarben postoperativ 0,1 bzw. 0,07 % der Patienten.

Von 2069 bzw. 22.488 Patienten und Patientinnen, die während bzw. außerhalb der Lockdowns operiert wurden, standen Daten der Nachuntersuchung ihres 1‑Jahres-Follow-up zur Verfügung. Bei beiden Patientenkollektiven lag der BMI im Median bei 32 kg/m2, damit um jeweils 15 kg/m2 unter dem medianen präoperativen Ausgangswert von jeweils 47 kg/m2 für beide Kollektive.

Die Nachsorgerate divergierte nicht in den Zeiträumen vor, während und nach Pandemie sowie bei den außerhalb und innerhalb der Lockdowns operierten Patienten und Patientinnen (Abb. 4 und 5). Die Patienten und Patientinnen, die nach der Pandemie operiert wurden, konnten die Erfassungsintervalle nicht erreichen.

Abb. 4
figure 4

Nachsorgerate 3 Monate nach der Operation vor, während und nach COVID-19-Pandemie. FUP1 1. Follow-up

Abb. 5
figure 5

Nachsorgerate 12 Monate nach der Operation vor, während und nach COVID-19-Pandemie. FUP2 2. Follow-up

Diskussion

Die nationale stationäre Gesundheitsversorgung erfuhr während der durch SARS-CoV‑2 verursachten COVID-19-Pandemie aufgrund der Behandlung COVID-19-Erkrankter Veränderungen und hatte Auswirkungen im Hinblick auf Fallzahl und Therapieanpassungen anderer Krankheitsentitäten.

Seit Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie im März 2020 haben deutsche Krankenhäuser Operationen nach Dringlichkeit und regionaler Infektionsinzidenz differenziert gesteuert [10], da Patienten und Patientinnen mit postoperativ intensivmedizinischer Behandlungsbedürftigkeit während der Pandemie mit COVID-19-Fällen um die Intensivkapazitäten „konkurrierten“. Strategische Konzepte zur Abmilderung derartiger Effekte erschienen erforderlich wie regional übergreifende, deutschlandweite Kooperationen zur Sicherstellung der Behandlung von Patienten mit elektiven, kritischen Operationen unter prolongiert beanspruchten intensivmedizinischen Ressourcen [11].

Klinische und organisatorische Handlungsanweisungen zum Behandlungsablauf ambulanter und stationär behandlungsbedürftiger Patienten wurden etabliert sowie räumliche Konzepte zur Reduktion einer Infektionsübertragung bzw. Infektionsvermeidung von Patienten und Personal geschaffen [5].

Aufgrund der COVID-19-Pandemie wurde international seitens der IFSO (International Federation for the Surgery of Obesity and Metabolic Disorders) die Empfehlung ausgesprochen, während der Pandemie elektive bariatrische, metabolische Operationen bzw. Endoskopien zu verschieben, um das Patientenrisiko sowie die Ansteckungsgefahr des medizinischen Personals zu senken, Therapieressourcen vorhalten zu können und Schutzmaterialien einzusparen [29].

Auch während der COVID-19-Pandemie stieg die Zahl bariatrischer Eingriffe

Diese nationalen und internationalen Empfehlungen spiegeln sich in den StuDoQ-Registerdaten wider. Am Beginn der COVID-19-Pandemie war, zeitlich mit der Verhängung des 1. Lockdowns übereinstimmend, in den Monaten März bis Mai 2020 ein deutlicher Rückgang elektiver bariatrischer Operationen zu verzeichnen mit einer minimalen monatlichen Fallzahl von 194 Eingriffen im April 2020. Die während des 2. Lockdowns im Dezember 2020 dokumentierte niedrigere Operationshäufigkeit entspricht der während des mehrjährigen Erfassungszeitrums jeweils im Dezember eines Jahres beobachtbaren üblichen Reduktion elektiver Eingriffe zum Jahresende. Bezogen auf den gesamten Erfassungszeitraum und auch in der Phase der COVID-19-Pandemie wurde ein kontinuierlicher Anstieg der Anzahl operativer Eingriffe dokumentiert. Dies ist in erster Linie auf die wachsende Akzeptanz der operativen Behandlung morbid adipöser Patienten und deren enorme Prävalenzreserve in Deutschland zurückzuführen [3, 27]. So konnte in mehreren prospektiv randomisierten und hoch qualitativen Registerstudien gezeigt werden, dass die bariatrische Chirurgie die derzeit einzige Therapie ist, die zu einer langfristigen und relevanten Gewichtsabnahme, einer Verbesserung oder Remission adipositasassoziierter Erkrankungen, einer verbesserten Lebensqualität und Funktionalität und verlängertem Überleben führt [16, 25]. Damit hat sich die Bereitschaft der Krankenkassen zur Kostenübernahme einer bariatrischen Operation und damit auch die Anzahl der Operationen an sich erhöht. Zusätzlich hat sich die Zahl der für metabolische und bariatrische Chirurgie zertifizierten Zentren in Deutschland kontinuierlich erhöht.

Trotzdem besteht weiterhin eine starke Unterversorgung bariatrischer Patienten in Deutschland und es ist wahrscheinlich, dass ohne die Pandemie ein noch stärkeres Wachstum der Operationszahlen aufgetreten wäre, auch wenn hierüber nur spekuliert werden kann. Offensichtlich bestanden jedoch Kapazitäten, um nach den Lockdownphasen vermehrt bariatrische Patienten zu versorgen. Über regionale Unterschiede und einen möglichen Einfluss der Versorgungstufe der Kliniken geben die Daten leider keinen Aufschluss.

Bariatrische Chirurgie wurde während der Pandemie ohne erhöhtes Komplikationsrisiko durchgeführt

Die Auswertung der Daten des StuDoQ-Registers zeigt, dass die bariatrischen Eingriffe während der Pandemie, verglichen mit prä- und postpandemischen Zeitintervallen, ohne erhöhte Gefährdung der Patienten mit vergleichbarem Operationsrisiko während der Pandemie mit den aktuell etablierten Operationsverfahren durchgeführt werden konnten.

Diese Ergebnisse werden durch Daten aus Italien bestätigt. So war die Komplikationsrate an 8 italienischen bariatrischen Zentren im Januar und Februar 2020 gleich zu der im Vorjahreszeitraum 2019 [15]. Von den 840 während der Pandemie (Januar und Februar 2020) operierten adipösen Patienten erlitten 5 (entsprechend 5,9 Fälle/1000 Einwohner, Inzidenz 5,9 %) postoperativ eine COVID-19-Erkrankung (4 > 60 Jahre, 1 < 60 Jahre), die bei allen Patienten folgenlos abklang [15]. Ob und wie häufig COVID-19-Erkrankungen nach den im StuDoQ-Register dokumentierten Eingriffen auftraten und wie deren eventueller Verlauf war, ist den Registerdaten leider nicht zu entnehmen, es ist jedoch nicht von einer Gefährdung durch SARS-CoV‑2 während des stationären Aufenthalts für das untersuchte Kollektiv auszugehen, da sich die perioperative Morbidität in den untersuchten Zeiträumen nicht unterschied [22, 23].

In einer retrospektiven deutschlandweiten Analyse vollstationärer Krankenhausfälle in 87 Krankenhäusern der Helios-Gruppe fand sich im Jahr 2021 während der COVID-19-Pandemie keine absolut erhöhte Krankenhaussterblichkeit im Vergleich mit einem präpandemischen Zeitintervall. Ein relevanter Todesfallanstieg war jedoch in der Subgruppe der Patienten mit respiratorischen Erkrankungen nachweisbar und mit hoher Wahrscheinlichkeit SARS-CoV-2-assoziiert [12].

Adipositas ist ein unabhängiger Risikofaktor für eine COVID-19-Erkrankung

Frühere Daten zeigen auch für unterschiedliche viral verursachte respiratorische Infektionen sowie Influenza eine Korrelation zwischen der Schwere vorgenannter Erkrankungen und einer Adipositas [17, 26]. Adipositas stellt auch einen unabhängigen Risikofaktor für eine COVID-19-Erkrankung dar. Ein dreifach höheres Risiko für eine intensivmedizinische Behandlung einer COVID-19-Erkrankung wurde für junge Patienten mit einem BMI > 35 kg/m2 berichtet [13]. In Italien scheint (verglichen mit China) die Mortalität der COVID-19-Erkrankung bei älteren Patienten durch die gestiegene Prävalenz der Adipositas bedingt [15]. Aber auch bei Patienten < 60 Jahren ist die koinzidente Adipositas ein bedeutender Risikofaktor für die Erfordernis einer intensivmedizinischen Behandlung sowie das Risiko an der SARS-CoV-2-Infektion zu versterben [15].

Eine frühzeitige Intervention bei Adipositas kann die individuellen Auswirkungen einer SARS-CoV-2-Infektion reduzieren. In einer Population mit hoher Adipositasprävalenz ist die Wahrscheinlichkeit virulenter Virusstämme erhöht und damit die Mortalität im Rahmen einer Pandemie potenziell gesteigert [14]. Ein rascher Gewichtsverlust nach bariatrischen Eingriffen beeinflusst die Komorbiditäten bei Adipositas günstig – insbesondere pulmonale Erkrankungen wie das obstruktive Schlafapnoesyndrom – [19] und reduziert das Risiko respiratorischer Infektionen innerhalb der ersten 12 postoperativen Monate [6].

So zeigte eine Propensity-matched-Analyse, dass in der Pandemie für COVID-19-Infizierte nach vorausgegangener bariatrischer Chirurgie das Risiko einer Beatmungspflicht innerhalb von 30 Tagen nach ihrer Infektion (Risk Ratio 0,54) sowie die 30-Tage-Mortalität (Risk Ratio 0,38) geringer waren im Vergleich zu nicht operierten infizierten Patienten. Auch im Hinblick auf Komorbiditäten war das Risikoprofil nach bariatrischen Eingriffen günstiger als bei nicht operierten Patienten [7, 9].

Ein Gewichtsverlust verbessert die metabolischen Komorbiditäten bei Adipositas. Bei COVID-19-infizierten Personen begünstigt ein stattgehabter bariatrischer Eingriff den Erkrankungsverlauf und ist unabhängig vom Gewichtsverlust. Dieser protektive Effekt ist nicht ausschließlich auf die Reduktion der Risikofaktoren/Komorbiditäten und des BMI zurückzuführen. Das „angiotensin converting enzyme 2“ (ACE-2), an das das Coronavirus bindet, wird in der Magenmukosa exprimiert. Es wird spekuliert, dass Bypassverfahren und Schlauchmagenbildung zu einer herabgesetzten Aufnahme von Coronaviren durch geringere Bindung des Virus an das ACE 2 in der Magenmukosa führen, sodass eine Ausschaltung des Magens den Verlauf der COVID-19-Infektion ändern kann [7].

Nachsorge ist ein Qualitätsindikator für metabolische und bariatrische Chirurgie

Der maximale Gewichtsverlust nach bariatrischer Operation ist in der Regel nach 12 bis 18 Monaten zu verzeichnen. In Ländern mit ausgeprägten Restriktionen während der COVID-19-Pandemie zeigte sich, dass der Gewichtsverlauf von Patienten, die sich zu Beginn der Pandemie einem operativen Eingriff unterzogen hatten und in deren erstem postoperativem Jahr ein Corona-bedingter Lockdown stattfand, beeinflusst wurde. Unabhängig vom durchgeführten Operationsverfahren waren die Gewichtsreduktion sowie die Reduktion des BMI bei diesen Patienten ein Jahr postoperativ geringer als bei Patienten, deren Eingriffe vor der Pandemie stattfanden und die das erste postoperative Jahr vor Pandemiebeginn beendet hatten [1, 18]. Die Ursache hierfür wird als multifaktoriell angesehen. So ist die Corona-Pandemie selbst mit den verbundenen psychosozialen und beruflichen Einschränkungen per se ein Einflussfaktor, der die positiven Effekte der Operation abschwächen könnte. Bisherige Daten zeigen, dass die mit der Pandemie eingeschränkten sozialen Kontakte und die damit eingeschränkte Therapieadhärenz diese Effekte vermitteln könnten [20]. Aufgrund des nachgewiesenen positiven Effektes der Nachsorge auf den postoperativen Therapieverlauf wurde die Nachsorgequote als ein Qualitätsindikator für metabolische und bariatrische Chirurgie durch die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie benannt [21] und in der nationalen S3-Leitlinie zur Therapie der morbiden Adipositas verankert [24].

Interessanterweise hatte die Corona-Pandemie – mit Ausnahme der Lockdownphasen – keinen Einfluss auf die postoperative Nachsorge und die postoperativen Ergebnisse in Deutschland. Eine konklusive Erklärung existiert hierfür nicht. Allerdings könnten eine intensive prä- und perioperative Schulung der Patienten, stattgefundene postoperative digitale Arztkontakte und die Kürze des Nachbeobachtungszeitraums diese Ergebnisse erklären.

Schlussfolgerungen

Aus der Analyse der StuDoQ-Daten und den Angaben in der Literatur kann abgeleitet werden, dass bariatrische Chirurgie in der COVID-19-Pandemie kein Risikofaktor darstellt und keinen zeitlichen Aufschub rechtfertigt.

Fazit für die Praxis

  • Die Anzahl der bariatrischen Operationen ist in den letzten Jahren aufgrund der hohen Prävalenz der morbiden Adipositas stetig gestiegen.

  • Während der COVID-19(„coronavirus disease 2019“)-Pandemie konnten die bariatrischen Operationen ohne erhöhtes Risiko durchgeführt werden.

  • Die Analyse der Registerdaten ergibt keinen Anhalt dafür, dass die mittelfristige Nachsorge der Patienten während der COVID-Pandemie zusätzlich eingeschränkt war.