Die nekrotisierende Fasziitis ist eine rasch progrediente und potenziell lebensgefährlich verlaufende schwere Infektion des Weichteilgewebes, die sich entlang der Faszien ausbreiten und fulminante septische Verläufe induzieren kann. Sie wurde bereits im 5. Jahrhundert v. Chr. von Hippocrates beschrieben. Das US Centers for Disease Control Prevention (CDC) schätzt die jährliche Inzidenz auf ca. 0,4 Fälle pro 100.000 Einwohner [4]. Die Mortalität dieser Erkrankung wird in der Literatur mit etwa 20–30 % angegeben [2, 5].
Risikofaktoren sind neben hohem Alter und dem männlichen Geschlecht auch Diabetes mellitus, maligne Tumoren, Alkoholmissbrauch und chronische Leber- und Nierenerkrankungen. Die nekrotisierende Fasziitis präsentiert sich klinisch an der infizierten Stelle oft mit Erythem, Verhärtung, Schmerzempfindlichkeit und seltener mit Hautnekrosen und Bullae, wobei diese meistens im Bereich der Extremitäten, des Rumpfs oder des Perineums vorkommen. Letzteres stellt eine Sonderform dar und wird als Fournier Gangrän bezeichnet. Hinzu kommen noch vegetative Symptome wie Tachykardie, Hypotonie und Tachypnoe. Das Fehlen von Fieber ist auch durchaus häufig (44 %) und erschwert damit eine frühe Diagnosestellung [4].
Da die Schwierigkeit bei der nekrotisierenden Fasziitis sowohl in einer frühen Diagnosestellung als auch in der Abgrenzung zu einer nichtschwerwiegenden Weichteilinfektion besteht, wurde der LRINEC (Laboratory Risk Indicator for Necrotizing Fasciitis)-Score (Tab. 1) entwickelt, der nur anhand von Laborparametern das Risiko für eine nekrotisierende Fasziitis zu prognostizieren versucht. Dieser zeigt zwar in einer Metaanalyse eine positive Korrelation zur klinischen Diagnose, hat sich aber in der klinischen Praxis nicht durchgesetzt. Bildgebende Diagnostik in Form einer CT ist oftmals sinnvoll, um die Diagnose zu sichern. Ein Zeitverlust für die spätere Therapie sollte jedoch unbedingt vermieden werden. Bei unklarer Diagnose ist eine Probeinzision mit Biopsien für die Mikrobiologie und Pathologie zur Diagnostik zu entnehmen [1]. Oft findet sich auf der nekrotischen Faszie auch eine gräulich-trübe Flüssigkeit, das sog. „dishwater“. Das Vorliegen dieser stützt die Diagnose einer nekrotisierenden Fasziitis zusätzlich.
Tab. 1 Übersicht über den LRINEC-Score -Scorea Die nekrotisierende Fasziitis lässt sich mikrobiologisch in vier Kategorien einteilen:
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Typ I stellt die häufigste Variante dar (55–90 %). Dabei handelt es sich um eine polymikrobielle Infektion, die auch bei dem hier vorgestellten Patienten vorlag. Besonders betroffen sind dabei Patienten mit Immunsuppression und Diabetes mellitus.
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Typ II bezeichnet eine Infektion mit Gruppe-A-Streptokokken (Streptococcus pyogenes).
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Typ III stellt eine Infektion mit Clostridium spp., gramnegativen Bakterien oder Vibrio spp. dar.
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Typ IV bezeichnet eine fungizide Infektion [2].
Bei der Therapie ist eine zügige Versorgung gemäß dem Motto „time is fascia“ [3] von eminenter Bedeutung. So zeigten Nawijn et al. in einer Metaanalyse, dass ein frühes chirurgisches Débridement, innerhalb der ersten 6 h, die Mortalität bei Patienten mit nekrotisierender Fasziitis um fast 50 % reduziert. Zudem wurde gezeigt, dass auch eine operative Versorgung innerhalb von 12 h eine Reduktion der Mortalität gegenüber der nach mehr als 12 h versorgten Gruppe herbeiführt [3].
Intraoperativ sollte der Fokus besonders darauf gerichtet werden, alle infizierten Gewebeanteile sowie zusätzlich den Rand der gesunden Faszie zu resezieren. Zusätzlich sollte auch immer initial eine antibiotische Therapie mit Ampicillin/Sulbactam und Clindamycin oder Metronidazol erfolgen [2].
Das hier präsentierte Gesamtbild aus einem LRINEC-Score von 10, die Gasansammlungen entlang der Faszie im CT, das Unterschenkelerythem, die Konstellation der Vitalparameter und der Risikofaktor Diabetes mellitus deuteten alle auf ein sehr hohes Risiko für eine nekrotisierende Fasziitis bei dem Patienten hin. So war bei diesem Fall aufgrund der genannten Befunde eine Diagnosestellung und operative Versorgung frühzeitig möglich.
Diagnose: nekrotisierende Fasziitis
Aufgrund der fulminanten septischen Entwicklung der nekrotisierenden Fasziitis, war es trotz evidenzbasierter Therapie jedoch nicht möglich, den Patienten zu retten.