Pankreatische neuroendokrine Neoplasien (pNEN) umfassen eine heterogene Gruppe von Tumoren der Bauchspeicheldrüse, die aufgrund ihrer Heterogenität unterschiedliche Strategien im Hinblick auf Diagnostik und klinisches Management erfordern. Dies umfasst neben der Berücksichtigung ihrer eventuell vorhandenen spezifischen Symptomatik auch die stadienadaptierte Therapie, die sich – insbesondere auch bei chirurgischen Konzepten – maßgeblich von der Therapie des Pankreaskarzinoms als der häufigsten Tumorentität des Pankreas unterscheidet. Da pNEN immer häufiger auch als Zufallsbefunde diagnostiziert werden, nehmen sie trotz ihres insgesamt immer noch seltenen Auftretens einen zunehmenden Stellenwert im chirurgisch-klinischen Alltag ein.

Pankreatische neuroendokrine Neoplasien umfassen eine heterogene Gruppe von Tumoren der Bauchspeicheldrüse

Die o. g. spezifischen Aspekte der pNEN spiegeln sich einerseits in der regelmäßig aktualisierten pathologischen Klassifikation der WHO wider, die jeweils versucht, das Malignitätspotenzial optimal abzubilden [1], wie auch in den internationalen Empfehlungen zum Management, die sich in verschiedenen Aspekten unterscheiden und von denen in Deutschland aktuell die Europäische Leitlinie am gebräuchlichsten ist [2]. Aus chirurgischer Sicht sind insbesondere drei Herausforderungen im klinischen Alltag von Relevanz: 1.) die korrekte Indikationsstellung bei kleinen und asymptomatischen pNEN, bei denen das Malignitätspotenzial gegenüber der operativen Morbidität und den möglichen funktionellen Langzeitfolgen einer Pankreasresektion abzuwägen ist, 2.) die Ausdehnung einer chirurgischen Resektion im Hinblick auf parenchymsparende Techniken vs. formalen Resektionen einschließlich der Notwendigkeit einer begleitenden Lymphadenektomie und 3.) die Bedeutung einer Primariusresektion im fernmetastasierten Stadium. Insbesondere bei kleinen pNEN und der Operation im metastasierten Stadium wurde in den vergangenen Jahren u. a. durch große Datenbankanalysen ein proaktives chirurgisches Vorgehen unterstützt [3, 4], dennoch bleiben diese Punkte kontrovers, da bislang keine bzw. sehr wenige Publikationen mit hohem Evidenzgrad vorliegen und auch in näherer Zukunft nicht zu erwarten sind. Da im interdisziplinären Kontext neben der Chirurgie zahlreiche weitere Disziplinen (Endokrinologie, Gastroenterologie, Onkologie, Radiologie, Nuklearmedizin, Pathologie) in die Therapieentscheidungen bei pNEN-Patienten eingebunden sind, ist es unabdingbar, dass die Chirurgie in der interdisziplinären Diskussion ihre Position mit aktuellen und fundierten Informationen zur Datenlage vertritt, was eine regelmäßige Aktualisierung dieser Informationen erfordert.

Das vorliegende Themenheft in Die Chirurgie stellt daher im Überblick die wichtigsten chirurgischen Themen dar – über die Entwicklungen in der modernen bildgebenden und molekularen Diagnostik dieser Tumoren, das Management von und die Kontroverse bei asymptomatischen kleinen pNEN bis zu den Standardoperationsverfahren inklusive minimal-invasiver und robotischer Verfahren und erweiterten Resektionstechniken sowie die chirurgischen Optionen in der metastasierten Situation.

Thilo Hackert, Markus W. Büchler