Hintergrund

Bei heißen Schilddrüsenknoten stehen als etablierte Behandlungsmöglichkeiten die Radiojodtherapie einerseits und die Resektion andererseits zur Verfügung. In den letzten Jahren drängen daneben lokal-thermoablative Behandlungsoptionen vermehrt in den Blickpunkt. Dabei handelt es sich um die Ablation mit hochintensivem fokussiertem Ultraschall (HIFU), die Radiofrequenzablation (RFA), die radiofrequenzinduzierte Thermoablation (RITA), die Mikrowellenablation (MWA) und die laserinduzierte Thermotherapie (LITT). Generell resultiert die Thermoablation bei einer methodenbedingten Komplikationsrate von etwa 3,5 % in einer deutlichen Volumenreduktion der behandelten Knoten und einer Verbesserung der klinischen Beschwerdesymptomatik gerade auch im Langzeitverlauf [3, 5, 6, 12]. Diese Ergebnisse haben dazu geführt, dass den betroffenen Patienten die Thermoablation gerade auch bei den hyperfunktionellen Knoten vermehrt angeboten wird, obwohl die bisherigen Daten nur eine geringe oder sehr geringe Evidenzqualität aufweisen [8]. Vor diesem Hintergrund wird der nachfolgende Fall präsentiert und im Weiteren kritisch diskutiert.

Fallpräsentation

Der zum Zeitpunkt der Diagnose 82-jährige Patient stellte sich in der nuklearmedizinischen Klinik mit seit etwa zwei Jahren bestehender Dyspnoe und einer zunehmenden Halsumfangsvermehrung vor. Des Weiteren bestanden rechtsseitig schilddrüsenassoziierte Kapselschmerzen mit Ausstrahlung nach retroaurikulär rechts. Weitere Beschwerden wurden verneint. An relevanten Begleiterkrankungen lagen eine koronare Eingefäßerkrankung mit einer 40 %igen RIVA-Stenose, ein DDD-Schrittmacher bei AV-Block III. Grades, eine arterielle Hypertonie sowie eine benigne Prostatahyperplasie vor.

Bei einer Körpergröße von 165 cm lag das Gewicht bei 63 kg. Der Puls und der Blutdruck wurden mit 49 Schlägen/min und 158/63 mmHG gemessen. Lokal ließ sich im rechten Schilddrüsenlappen ein großer und palpatorisch gut schluckverschieblicher Knoten mit einer substanziellen Größe tasten. Augenreizungen lagen nicht vor. Der übrige körperliche Untersuchungsbefund war altersentsprechend normal.

Sämtliche Schilddrüsenparameter (TSH, freies T3 und T4, Thyreoglobulin, TRAK, Kalzitonin) waren bis auf den Anti-TPO-Antikörper (77,90 IU/ml; Norm <34 IU/ml) im Normbereich. Szintigraphisch (Aktivität: 76,00 MBq TC-99m-Pertechnetat) zeigte sich ein Tc-TU von 3,6 %. In Projektion auf den rechten lappenfüllenden Knoten kam eine volumenproportional intensive Speicherung bei nahezu supprimiertem linkem Schilddrüsenlappen zur Darstellung (Abb. 1). Bei der farbdopplerunterstützten Sonographie ergab sich ein Schilddrüsenvolumen von 48 ml mit einer deutlichen Rechtsbetonung (rechts 40 ml, links 8 ml). Der Isthmus erschien mit 6 mm Tiefendurchmesser leicht prominent. Rechts zeigte sich ein nahezu bis auf den Oberpol lappenfüllender, leicht echoarmer, glatt und gut abgrenzbarer Knoten von 40 × 35 × 46 mm und mit einem Volumen von 32 ml (Abb. 2). Randständig und subkapsulär betont lag eine unspezifische Perfusion vor (TIRADS-Klassifikation 3). Der linke Lappen war knotenfrei und normal groß. Auffällige parathyreoidale Lymphknoten fanden sich nicht.

Abb. 1
figure 1

Großer heißer Schilddrüsenknoten rechts mit kompletter Suppression des übrigen Schilddrüsengewebes. Leicht erhöhter Tc-Uptake

Abb. 2
figure 2

Glatt berandeter echonormaler Knoten mit partiell randbetont perfundiertem echoarmem Randsaum. TIRADS 3

Aufgrund der Untersuchungsergebnisse wurde die Diagnose einer Struma uninodosa mit kompensierter fokaler Autonomie gestellt. Der Patient wurde seitens der Nuklearmedizin hinsichtlich einer möglichen Radiojodtherapie beraten, die eine Volumenreduktion von etwa 50 % induzieren könnte. Während der sich daran anschließenden chirurgischen Vorstellung, die keine Beratung hinsichtlich einer Thermoablation beinhaltete, wünschte der Patient nach Darlegung der perioperativen Risiken aufgrund der ausgeprägten Lokalsymptomatik die operative Sanierung. Der Operationstermin wurde für den 24.03.2020 vereinbart. Aufgrund des Erlasses der niedersächsischen Landesregierung zum Umgang mit elektiven Operation im Rahmen der Covid-19-Pandemie wurde der Eingriff auf zunächst unbestimmte Zeit verschoben und letztlich dann am 10.06.2020 durchgeführt.

Intraoperativ zeigte sich neben einem unauffälligen linken Schilddrüsenlappen der rechtsseitige Knoten, der nahezu komplett den rechten Lappen einnahm und palpatorisch sehr derb war. Bei einem intakten kontinuierlichen intraoperativen Neuromonitoring wurde eine Hemithyreoidektomie rechts unter Mitnahme des Isthmus durchgeführt. Am eingeschnittenen Resektat zeigte sich makroskopisch eine unruhige Schnittfläche, sodass eine Schnellschnittuntersuchung veranlasst wurde. Die pathologische Makroskopie beschrieb einen grau-bräunlichen Knoten mit markiger Konsistenz und fokalen zentralen Einblutungen. Mikroskopisch stellte sich der Knoten als gekapselte follikuläre Neoplasie mit teils breiter hyalinisierter, fokal auch aufgesplitterter Kapsel mit kleinherdiger Kapselperforation und darüber hinaus fokaler Angioinvasion im Kapselbereich dar.

Die vorläufige Diagnose ergab den Verdacht auf ein zumindest mikroinvasives, überwiegend gekapseltes Schilddrüsenkarzinom in einem rechtsseitigen Schilddrüsenlappen von 43,8 g Gewicht. Aufgrund dieses Befundes wurde der linke Schilddrüsenlappen mit einem ebenfalls unauffälligen kontinuierlichen intraoperativen Neuromonitoring in derselben Sitzung reseziert. Leitliniengerecht wurde auf eine prophylaktische Lymphadenektomie auch unter Beachtung der prätherapeutischen Sonographie verzichtet. Die abschließende Befundung in der Paraffinhistologie bestätigte die Verdachtsdiagnose der Schnellschnittuntersuchung. Es fanden sich eindeutige Kapseldurchbrüche (Abb. 3) und Gefäßeinbrüche (Abb. 4). Zusammenfassend ergab sich ein gekapseltes, mikroinvasives follikuläres Schilddrüsenkarzinom rechts von maximal 48 mm Größe und mit fokaler Angioinvasion (>3 Gefäßeinbrüche). Die Tumorklassifikation lautete: ICD-O: C73 M8330/3 pT3a Nx L0 V1 Pn0 R0.

Abb. 3
figure 3

Kapseldurchbruch des follikulären Schilddrüsenkarzinoms (rechts) durch die Kapsel (Pfeile) mit Ausbildung einer Neokapsel (Pfeilspitzen) über den in die Umgebung penetrierten Tumoranteilen (links Mitte). Elastica-van-Gieson-Färbung, Objektivvergrößerung 4-fach

Abb. 4
figure 4

Angioinvasion mit Nachweis eines Tumorthrombus (Pfeile) in einem venösen Blutgefäß in der Tumorkapsel. Hämatoxylin-Eosin-Färbung, Objektivvergrößerung 10-fach

Der postoperative Verlauf war mit überprüfter Schrittmacherfunktion ungestört. Bei primärer Wundheilung, einem unauffälligen Stimmbandbefund in der postoperativen Kontrolle, einem normalen Serumkalzium von 2,26 mmol/l und einem PTH-Wert von 2,8314 pmol/L erfolgte die Entlassung am 3. postoperativen Tag. In der interdisziplinären Tumorkonferenz wurde die postoperative Radiojodtherapie festgelegt. Der Patient hat sich dieser Therapie zwischenzeitlich unterzogen und wird in regelmäßiger nuklearmedizinischer Nachsorge verbleiben.

Diskussion

Bei dem hier vorgestellten Patienten lag szintigraphisch ein rechtsseitig lappenfüllender sog. heißer Knoten mit vollständiger Suppression des linken Schilddrüsenlappens bei gleichzeitig bestehender Euthyreose vor. Selbstkritisch ist anzumerken, dass der Patient neben Dyspnoe über Schmerzen klagte, die üblicherweise nicht bei autonomen Adenomen auftreten und somit als mögliches Zeichen für ein Karzinom hätten gewertet werden können [7]. Die leichte Erhöhung des Anti-TPO könnte dem Alter des Patienten geschuldet sein und gibt keine sicheren Hinweise auf eine eventuell gleichzeitig bestehende Immunthyreopathie. In der Regel wird bei heißen Knoten mit Suppression des umgebenden Schilddrüsengewebes von gutartigen Veränderungen ausgegangen, sodass Schilddrüsenkarzinome praktisch nicht in die differenzialdiagnostischen Überlegungen einbezogen werden. Daher wird folgerichtig meistens eine Radiojodtherapie oder aber eine Operation empfohlen, während die lokale Thermoablation, die bereits seit vielen Jahren für andere Tumorentitäten etabliert ist, erst in letzter Zeit vermehrt auch beim autonomen Adenom angeboten wird [8]. Zweifelsohne können mit der Thermoablation nach den bisherigen Studien recht gute Daten erzielt werden [6]. Gleichzeitig ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Studien z. T. sehr inhomogen sind, sodass die Empfehlungen der Fachgesellschaften für die Thermoablation gerade zur Behandlung autonomer Adenome als schwach klassifiziert werden [8]. In diesem Kontext wäre es somit sehr wünschenswert, wenn weitere randomisierte Studien durchgeführt werden, um auf der Basis solcher Studien zu hochwertigeren Empfehlungen zu gelangen. Die bisherigen Daten jedenfalls unterstreichen, dass die Thermoablation nicht unkritisch eingesetzt werden darf und gerade für sog. heiße Knoten lediglich eine Zweitlinientherapie nach der Radiojodtherapie oder der Operation darstellt [4].

Der hier vorliegende Fall unterstreicht, dass auch bei szintigraphisch heißen Knoten an eine mögliche Malignität gedacht werden muss. Wiederkehrende Publikationen, meist als Fallberichte, zeigen, dass Schilddrüsenkarzinome sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen in autonomen Adenomen auftreten können [2, 9]. Im Rahmen einer umfangreichen Literaturrecherche konnte bei mehr als 1100 Fällen mit einem hyperfunktionellen Knoten eine durchschnittliche Prävalenz von 3,1 % für das Auftreten von Schilddrüsenkarzinomen gesichert werden [11]. Diese Zahl ist möglicherweise zu hoch, da sie sich auf ein selektioniertes chirurgisches Patientenkollektiv bezieht, denn in anderen Kollektiven wurde in lediglich 0,3 % ein Karzinom in heißen Schilddrüsenknoten beschrieben [7]. Anders als bei dem hier beschriebenen Patienten handelt es sich bei den Patienten mit heißen Schilddrüsenkarzinomen gerade im Vergleich zu den benignen autonomen Adenomen um meist jüngere weibliche Patienten [11]. Darüber hinaus weisen die meisten Patienten mit einem Karzinom in einem heißen Knoten Zeichen der Hyperthyreose mit erhöhten T3- (76,5 %) und T4-Werten (51,9 %) bei gleichzeitig supprimiertem TSH auf [10, 11]. Diese Daten werfen die Frage nach der Definition eines heißen Schilddrüsenkarzinoms auf. Im vorliegenden Fall war praktisch der gesamte rechte Schilddrüsenlappen von dem Knoten eingenommen und szintigraphisch eindeutig einem autonomen Adenom zuzuordnen. Daher ist davon auszugehen, dass in der Tat ein heißes Schilddrüsenkarzinom vorlag. Alternativ ist natürlich auch daran zu denken, dass neben einem Schilddrüsenkarzinom ein autonomes Adenom vorliegen kann, dass ein Karzinom in einem autonomen Adenom besteht oder aber dass ein Karzinom mit einer Form der Hyperthyreose einhergehen kann, die nicht durch hyperfunktionelle Konten hervorgerufen wird. Angesicht der sonographisch und pathologisch bestimmten Größe des Karzinoms, die sich mit sonstigen Ergebnissen deckt [11], ist davon auszugehen, dass die Gesamtheit des szintigraphisch nachgewiesenen Adenoms dem histologisch gesicherten Karzinom entspricht und die genannten Alternativen ausscheiden.

Wie im vorliegenden Fall handelt es sich bei den heißen Schilddrüsenkarzinomen häufig um follikuläre Karzinome, die nach den Daten eines systematischen Reviews bei knapp 47 % der nichtmetastasierten und bei etwa 72 % der metastasierten hyperfunktionellen Karzinomen nachweisbar sind [10]. Darüber hinaus zeigen etwa 20 % der papillären Schilddrüsenkarzinome in heißen Knoten eine follikuläre Variante [10]. Die Ursachen für das gehäufte Auftreten follikulärer Karzinome in autonomen Knoten ist bislang unklar, scheint jedoch durchaus ein gewisses Charakteristikum zu sein. Dies stellt somit auch den Stellenwert einer möglichen Feinnadelaspirationszytologie infrage. Zwar zeigen zytologische Untersuchungen heißer Knoten in 3,8 % Malignität [1], wobei jedoch die Aussagefähigkeit bei follikulären Neoplasien bekanntermaßen äußerst limitiert ist. Daher scheint eine zytolgische Untersuchung heißer Knoten selbst bei dem Verdacht auf ein Malignom entbehrlich. Somit hat die Ultraschalluntersuchung einen erheblichen Stellenwert, ohne dass sie – wie im vorliegenden Fall – als absolut zuverlässig eingestuft werden kann.

Das therapeutische Vorgehen beim nachgewiesenen Karzinom in einem heißen Knoten unterscheidet sich nicht von den Leitlinien zur Behandlung der malignen Struma und beinhaltet in der Regel in Abhängigkeit vom histologischen Typ die Thyreoidektomie (mit eventueller Lymphadenektomie) und nachfolgender Radiojodtherapie [4], wobei die Prognose dieser beiden unterschiedlichen Karzinomformen identisch ist.

Fazit für die Praxis

  • Während der Covid-19-Pandemie wurden elektive Operationen ausgesetzt, die aufgrund der tatsächlichen Befunde zeitnäher hätten durchgeführt werden müssen. Im vorliegenden Fall ist eine konkrete Patientengefährdung aufgrund des langsamen Wachstums follikulärer Schilddrüsenkarzinome allerdings nahezu ausgeschlossen.

  • Im Interesse einer partizipativen Entscheidungsfindung sollten Patienten mit einem heißen und ggf. hyperfunktionellen Knoten neben der Radiojodtherapie und der Operation auch über die Möglichkeit der Thermoablation beraten werden. Dabei ist eine klare Darlegung der Vor- und Nachteile essenziell, wobei auch auf die bisher geringe Evidenzlage hingewiesen werden sollte. Differenzialtherapeutische Überlegungen insbesondere hinsichtlich einer möglichen Lokaltherapie durch Ablation müssen immer individuell angestellt und kritisch hinterfragt werden.

  • In heißen Schilddrüsenknoten treten Karzinome mit einer Prävalenz von bis zu 3 % auf, wobei die prätherapeutisch eindeutige Diagnose meist schwierig ist. Klinische Symptome wie Dyspnoe und Schmerzen sollten dazu führen, an die Möglichkeit eines Karzinoms zu denken.

  • Bei Schilddrüsenkarzinomen in autonomen Adenomen bzw. bei heißen Schilddrüsenkarzinomen handelt es sich bevorzugt um follikuläre Karzinome. Im Fall papillärer Karzinome zeigen diese in 20 % eine follikuläre Variante.

  • Die Resektion als Thyreoidektomie mit nachfolgender Radiojodtherapie ist die Behandlung der Wahl und unterscheidet sich somit nicht von den Empfehlungen zur Therapie der malignen Struma.