FormalPara Originalpublikation

Sabater L, Cugat E, Serrablo A et al (2019) Does the artery-first approach improve the rate of R0 resection in pancreatoduodenectomy? A Multicenter, randomized, controlled trial. Ann Surg 270(5):738–746

FormalPara Hintergrund.

Die R0-Resektion mit tumorfreien Sicherheitsabständen ≥1 mm zu allen Präparaterändern ist ein wichtiger Prognosefaktor beim Pankreaskarzinom, wird jedoch erschwert durch die häufige perineurale Infiltration in das periarterielle Nervengeflecht, insbesondere um die A. mesenterica superior. Zur Erhöhung der R0-Rate sollte daher an der dem Tumor zugewandten Seite der Arterien die Dissektion direkt an der Gefäßwand inklusive Resektion des perivaskulären Nervenplexus erfolgen (Level III nach Inoue [1]). Retrospektive Daten legen nahe, dass diese radikale Resektion durch einen „artery-first approach“ (AFA) erleichtert wird und ein AFA mit einer erhöhten R0-Rate, weniger Blutverlust, geringerer Mortalität und besserem Überleben assoziiert ist. Sabater et al. führten nun eine multizentrische randomisiert-kontrollierte Studie (RCT) zur AFA- vs. Standardpankreatoduodenektomie (ST-PD) durch.

FormalPara Methoden.

Die Studie wurde an 10 Universitätskliniken in Spanien mit einem Mindestvolumen von jährlich 20 Pankreasresektionen durchgeführt. Es wurden Patienten mit primär resektablen Pankreaskopf- und periampullären Karzinomen in die Arme AFA-PD und ST-PD randomisiert. Primärer Endpunkt war die R0-Rate. Die pathologische Begutachtung folgte einem standardisierten Protokoll. Bezüglich der chirurgischen Technik waren die unterschiedliche Sequenz der relevanten Präparationsschritte bei der ST-PD und AFA-PD sowie das Ausmaß der Lymphadenektomie vorgegeben, nicht jedoch der Level der perivaskulären Dissektion.

FormalPara Ergebnisse.

Zwischen 01/2016 und 12/2017 wurden 176 Patienten präoperativ randomisiert. Nach intraoperativem Ausschluss von 23 Patienten wurden 75 Patienten in der Gruppe ST-PD und 78 Patienten in der Gruppe AFA-PD analysiert. Von den 153 Patienten hatten 58 % ein Pankreaskarzinom (ST-PD: 50,6 %; AFA-PD: 65,4 %) und 42 % ein periampulläres Karzinom. Die R0-Rate war mit 77,3 % bei ST-PD vs. 67,9 % bei AFA-PD (57,9 % vs. 58,8 % bei Pankreaskarzinomen) vergleichbar. Bei R1-Status waren in der AFA-Gruppe tendenziell häufiger Transektionsränder betroffen (AFA-PD: 7 [28 %] vs. ST-PD: 2 [12 %]), jedoch weniger häufig der posteriore Präparaterand (AFA-PD: 14 [56 %] vs. 15 [88 %]; p = 0,069). Bezüglich Operationszeit, Blutverlust, Komplikationen und Mortalität waren beide Gruppen vergleichbar.

Kommentar

Die Autoren folgern, dass die anhand retrospektiver Daten postulierten Vorteile des AFA inklusive der erhöhten R0-Rate in dieser multizentrischen RCT nicht belegt werden können. Während diese Studie ein wichtiger Schritt zur Schaffung besserer Evidenz zu diesem relevanten Thema ist, halten wir die Studie aufgrund mehrerer Schwächen für problematisch. (1.) Der hohe Anteil (40 %) und die unbalancierte Verteilung periampullärer Karzinome, bei denen die für den AFA relevanten medialen und posterioren Präparateränder weniger häufig betroffen sind, führen zu einer insgesamt hohen (deutlich höher als für die Fallzahlplanung angenommen) und zwischen den Gruppen verzerrten R0-Rate. (2.) Es werden mit dem pT- und pN-Stadium wesentliche Einflussgrößen nicht berichtet, die zur Beurteilung der Studie eigentlich unabdingbar sind. Die häufiger betroffenen Transektionsränder in der AFA-Gruppe sind von der Technik unabhängig und könnten durch größere Tumoren erklärt sein. (3.) Die potenziellen Vorteile des AFA zur Erhöhung der R0-Rate liegen vor allem in der technischen Vereinfachung der radikalen Level-III-Dissektion und nicht alleinig in der Abfolge der Präparationsschritte. Eine Level-III-Dissektion wurde in der Studie nicht vorgeschrieben und es bleibt unklar, ob sie durchgeführt wurde.

Es bleiben die Ergebnisse der japanischen MAPLE-PD-Studie abzuwarten, deren Protokoll diese Gesichtspunkte berücksichtigt.