FormalPara Originalpublikation

Scholten L, Stoop TF, Del Chiaro M et al (2019) Systematic review of functional outcome and quality of life after total pancreatectomy. BJS:bjs.11296. https://doi.org/10.1002/bjs.11296

FormalPara Hintergrund.

Die Indikation zur Pankreatektomie (PE) wurde in der Vergangenheit mit Zurückhaltung gestellt, aufgrund des pankreopriven Diabetes und den Einschränkungen in der Lebensqualität nach diesem Eingriff. Eine Ausweitung der Indikationsstellung, insbesondere bei intraduktalen papillären muzinösen Neoplasien (IPMNs), wird konträr diskutiert.

FormalPara Methoden.

Für die Literaturrecherche wurden die Datenbanken PubMed, EMBASE (Ovid) und die Cochrane Library herangezogen. Eingeschlossen wurden Studien, die zwischen 01.01.2005 und 31.01.2018 veröffentlicht wurden und deren Studienpopulationen mindestens 10 Patienten umfassten. Von insgesamt 1772 gescreenten Studien konnten 21 Kohortenstudien in diesen Review eingeschlossen werden. Die Studienqualität wurde anhand der Newcastle-Ottawa Scale (NOS) überprüft [1] und war in 20 der 21 Studien sehr gut.

FormalPara Ergebnisse.

Die eingeschlossenen Studien beinhalteten 1536 Patienten nach PE. Die Indikation zur PE war bei 806 Patienten (52,5 %) ein duktales Adenokarzinom und eine IPMN bei 454 Patienten (29,6 %). Von 809 Patienten mit einem medianen Follow-up von 20,8 (1,5–96,0) Monaten lagen Daten zur endokrinen Pankreasinsuffizienz (enPI) vor. Die Rehospitalisierungsrate aufgrund einer enPI lag bei 18,6 %, die diabetesspezifische Letalität bei 1,6 %. Diabetesassoziierte Organkomplikationen traten bei 6 von 45 Patienten (13,3 %), medianes Follow-up von 24 Monaten, bzw. bei 7 von 26 Patienten (26,9 %), medianes Follow-up von 60 Monaten, auf. Eine Erhöhung des HbA1c zeigte sich vor allem im ersten Jahr nach PE. Bei 495 Patienten mit einem medianen Follow-up von 19,6 (1,5–96,0) Monaten lagen Daten zur exokrinen Pankreasinsuffizienz (exPI) vor. Bis zu 64 % der Patienten berichteten über Diarrhöen als Hauptsymptom. Bei 32 von 136 (23,5 %) Patienten wurden Diarrhöen trotz einer Pankreasenzymsubstitution beschrieben. Mehreren Studien beschrieben eine Verminderung des Körpergewichtes und Ernährungszustandes der Patienten im ersten Jahr nach PE. 16 von 43 (37,2 %) Patienten entwickelten eine Steatohepatose. Daten zur Lebensqualität (LQ) nach PE lagen für 243 Patienten vor mit einem medianen Follow-up von 28,6 (6,0–66,0) Monaten. In den meisten Studien zeigte sich eine deutliche Verminderung der LQ in Bezug auf Funktionalität, Symptomlast und „well-being“ insbesondere im ersten Jahr nach PE. Im weiteren Verlauf waren die Unterschiede zur Normalbevölkerung nur noch gering bis moderat. Es bestand kein signifikanter Unterschied in Bezug auf die LQ im Vergleich mit Patienten mit pankreoprivem Diabetes und anderen Diabetesformen und auch nicht im Vergleich mit Patienten nach totaler PE vs. Hemipankreatoduodenektomie. Als hauptbelastendes Symptom und negativer Einflussfaktor auf die LQ wurde eine anhaltende Diarrhö trotz Pankreasenzymsubstitution identifiziert.

Kommentar

Es zeigt sich, dass eine enge Patientenführung und -schulung, Betreuung und Symptomkontrolle vor allem im ersten Jahr nach einer PE wichtig sind. Dabei muss das Management anhaltender Diarrhöen besonders berücksichtigt werden. Insgesamt hat sich das postoperative Management jedoch so verbessert, dass in den mittleren und Langzeitdaten insbesondere bezüglich der LQ nur wenige Einschränkungen bestehen. Um die Frage zu beantworten, ob eine PE als prophylaktischer Eingriff bei einer IPMN als Therapie der Wahl gelten darf, sind sicher weitere Studien in diesem Bereich nötig.