Zystische Tumoren des Pankreas haben in den vergangenen 15 Jahren zunehmend wissenschaftliche und klinische Relevanz erlangt. Durch den vermehrten Einsatz moderner Schnittbildgebung nimmt die Zahl der zufällig entdecken zystischen Läsionen im Pankreas kontinuierlich zu und es stellt sich – insbesondere bei asymptomatischen Patienten – die Frage der Konsequenzen eines solchen Befundes. Während bei den serös- und muzinös-zystischen Neoplasien weitgehend Klarheit hinsichtlich des Managements und der Indikation zur Operation besteht, sind die intraduktalen papillär-muzinösen Neoplasien (IPMN) eine Entität, bei der nach wie vor große Unsicherheit besteht, sowohl was das Entartungsrisiko betrifft als auch mit Blick auf die Überwachung, Operationsindikationen und Nachsorge. Hier zeigt sich, dass trotz intensiver Forschung und einer ständig steigenden Anzahl von Publikationen diese Erkrankung noch nicht verstanden ist. Warum bei einigen Patienten nur Seitengänge betroffen sind, bei anderen dagegen isoliert der Hauptgang oder beide Teile des Gangsystems, ist bislang ebenso unklar, wie die Frage nach der Multifokalität, die darauf hindeutet, dass die entsprechenden Veränderungen im gesamten Pankreas zu finden sind und ihre klinische Manifestation nur eine Frage der Zeit und des Alters des Patienten ist. Ebenso ist völlig unklar, welche Risikofaktoren für die Entstehung eines IPMN verantwortlich sind und ob hier allein eine genetische Ursache zugrunde liegt oder weitere Kofaktoren in Betracht kommen.

Da die zeitgerechte Therapie des IPMN jedoch die einmalige Chance bietet, ein Pankreaskarzinom zu verhindern bzw. im Frühstadium tatsächlich zu heilen, haben alle diese Aspekte eine unmittelbare klinische Relevanz für die Betreuung der betroffenen Patienten. In Zeiten exzellenter diagnostischer Möglichkeiten und sicher durchführbarer Pankreasoperationen sollte daher der Progress eines bekannten IPMN zu einem invasiven Karzinom nicht mehr auftreten, da die Prognose des Pankreaskarzinoms – trotz aller Fortschritte hinsichtlich operativer und adjuvanter Therapie – nach wie vor außerordentlich schlecht ist.

Die aktuell etablierten Leitlinien unterscheiden sich in ihren Empfehlungen

Die Abwägung des Malignitätsrisikos gegenüber der potenziellen Morbidität eines Pankreaseingriffs führt jedoch im klinischen Alltag immer wieder zu Entscheidungskonflikten, insbesondere beim Management von Seitengang-IPMN, die die wohl schwierigste Entität darstellen. Die drei aktuell etablierten Leitlinien und Konsensusempfehlungen zur Überwachung und Behandlung des IPMN (europäische Leitlinie [1], Consensus der International Association of Pancreatology [2], Consensus der American Gastroenterological Association [3]) zeigen ebenfalls die Komplexität dieser Erkrankung und die unterschiedlichen interdisziplinären Sichtweisen, sodass diese für Entscheidungen im Alltag zwar grundsätzlich hilfreich sein können, sich in ihren Empfehlungen (z. B. zur Überwachung) teilweise grundlegend unterscheiden.

Daher stellt die Betreuung von Patienten mit IPMN eine Aufgabe dar, die eine hohe Expertise erfordert, langfristig kostenintensiv ist und zum jetzigen Zeitpunkt aufgrund der oben erwähnten Aspekte auch Raum für individuelle Entscheidungen in jedem speziellen Fall lässt. Die Identifikation neuer Marker, die neben einer guten Spezifität v. a. eine hohe Sensitivität haben, stellt momentan eines der Hauptziele in der IPMN-Forschung dar, da hiermit die Ergebnisse der konventionellen Bildgebung und die Kriterien zur Abschätzung des Malignitätsstatus einer Läsion durchgreifend verbessert werden könnten. Im vorliegenden Themenheft wird der aktuelle Stand dieses Bereichs ebenso dargestellt, wie die Standardvorgehensweisen, Kontroversen z. B. beim Seitengang-IPMN und moderne chirurgische Verfahren, wie robotergestützte Resektionen, die auch bei zystischen Pankreastumoren durchgeführt werden.

Die Identifikation neuer Marker ist eines der Hauptziele in der IPMN-Forschung

Damit unterstreichen die Übersichtsartikel die hohe – auch chirurgische – Aktualität des Themas IPMN, bei dem in den nächsten Jahren weitere spannende Entwicklungen zu erwarten sind, die das Verständnis dieser Erkrankung verbessern und das Management im klinischen Alltag verändern werden.

figure a

T. Hackert

figure b

M.W. Büchler