Seit Beginn der Ära laparoskopisch durchgeführter Operationen in den 1990er-Jahren werden zunehmend komplexere Operationen unter Verwendung dieser neuen Technologie minimalinvasiv ausgeführt. Infolge des geringeren Traumas durch den minimalinvasiven Zugang verläuft die Rekonvaleszenz der Patienten schneller und somit ist die Krankenhausaufenthaltsdauer kürzer, was auch zu geringeren Kosten führt. Die laparoskopische Chirurgie stößt jedoch gegenwärtig aufgrund der starren Instrumente und 2D-Optik als Routineverfahren bei komplexen Eingriffen an Grenzen, die sich auch in einer hohen Konversionsrate widerspiegeln. Die Robotertechnologie soll in der Lage sein, diese Einschränkungen zu beseitigen und stellt, so behaupten ihre Protagonisten, einen Quantensprung in der technischen Entwicklung der minimalinvasiven Chirurgie dar.

Aktuell ist weltweit nur das da Vinci® Surgical System (Intuitive Surgical, Sunnyvale/CA, USA) verfügbar. Das System wird seit Mitte der 1990er-Jahre stetig weiterentwickelt [2]. Es ermöglicht infolge hochauflösender 3D-Optik bei bis zu 10-facher Vergrößerung und echter stereoskopischer Sicht auf einer stabilen Kameraplattform in Kombination mit abwinkelbaren, sog. Endowrist-Instrumenten mit 7 Bewegungsfreiheitsgraden, Tremorfilter und skalierbarem Bewegungsausschlag eine hervorragende Hand-Augen-Koordination und erleichtert so schwierige Dissektionen und Nahttechniken. Das Computer-Interface dieser Plattform erlaubt darüber hinaus die Integration weiterer innovativer Technologien. Bisher wurden die Firefly-Technologie und Tile-pro-Software realisiert. Die Fluoreszenzbildgebung mit Indocyaningrün gestattet dabei die Beurteilung von Gefäßperfusion und Gallengangstrukturen sowie lymphatisches Mapping. Tile-pro ermöglicht die Integration virtueller Realität an der Chirurgenkonsole durch Überlagerung der 3D-live-Videoübertragung der Kamera mit Live-Sonografie, bzw. vorangegangener Bildgebung (Computertomographie und Magnetresonanztomographie).

Der Operationsroboter zeigt Vorteile bei komplexen Verfahren in anatomisch schwer zugänglichen Regionen

Die Arbeiten zur Anwendung des Operationsroboters in der Viszeralchirurgie in den letzten 20 Jahren belegen klar die Machbarkeit und Sicherheit der Technik in fast allen Bereichen [1, 3, 4]. Bisherige Daten zeigen Vorteile des Roboters bei komplexen Verfahren in anatomisch schwer zugänglichen Regionen wie Ösophagus und Rektum. Gegenüber der konventionellen Laparoskopie finden sich meist geringere Konversionsraten und eine kürzere Lernkurve, allerdings bei längeren Operationszeiten. Bezüglich des klinischen Outcomes ist der Benefit des Roboters zur Laparoskopie nach aktueller Datenlage nur geringfügig. Jedoch ist die Evidenz dazu noch niedrig, da nur eine geringe Zahl von prospektiv randomisierten Studien vorliegt und Langzeitergebnisse fehlen. Allerdings ist die Roboterchirurgie auch gegenwärtig noch ganz am Anfang und es braucht einfach Zeit, um die klinische Evidenz mithilfe entsprechender Studien zu belegen. Die Robotertechnologie wird sich weiterentwickeln, sodass ein haptisches Feedback und durch die multifokale Photonenmikroskopie eine Echtzeithistopathologie möglich sein wird [5]. Zudem steht zu erwarten, dass in absehbarer Zeit weitere Robotersysteme von anderen Firmen auf den Markt drängen und so die hohen Kosten, die den Robotereinsatz aktuell noch limitieren, sinken werden.

Alle Autoren des Schwerpunkthefts sind ausgewiesene Experten in dem von ihnen dargestellten Bereichen der Roboterchirurgie, was sich in der hohen Qualität der Übersichtsarbeiten widerspiegelt. Zusätzlich erlaubt unsere Umfrage erstmalig Rückschlüsse über die Verbreitung und die viszeralchirurgischen Einsatzgebiete des Operationsroboters in Deutschland. Seit Mai 2016 ist außerdem die Erfassung der robotikassoziierten Viszeralchirurgie im Register der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie e. V. StuDoQ/Robotik möglich.

Damit bietet das Schwerpunktheft der Zeitschrift Der Chirurg zur „Roboterassistierte Operationen in der Viszeralchirurgie“ einen umfassenden Überblick über den aktuellen Wissensstand und Stand der roboterassistierten Viszeralchirurgie in Deutschland.

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Prof. Dr. Utz Settmacher

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PD Dr. Hermann Kißler