Hintergrund und Fragestellung
Appendixkarzinoide im Kindesalter sind selten (ca. 1/1000 Appendektomien), fast immer inzidentell und nur in etwa der Hälfte der Fälle mit einer histologisch verifizierten Appendizitis assoziiert. Die publizierten Behandlungsempfehlungen beziehen sich überwiegend auf adulte Appendixkarzinoide [1, 2]. Da aufgrund vorliegender Beobachtungsstudien davon auszugehen ist, dass Appendixkarzinoide im Kindesalter nicht nur im Mittel kleiner sind als im Erwachsenenalter, sondern auch weniger invasiv und zudem keine systematischen Langzeituntersuchungen vorliegen, ist weiterhin unklar, welche Kriterien zur Entscheidung über eine sekundäre Ileozökalresektion oder Hemikolektomie im Kindesalter insbesondere bei Tumorgrößen zwischen 1 und 2 cm gelten sollen.
Methoden
In der vorliegenden retrospektiven Studie wurden 28 Kinder des Texas Children’s Hospital, Houston, Texas, mit klinisch akuter Appendizitis (medianes Alter 14,0 Jahre, Range 10,3–17,4) und inzidentellem Appendixkarzinoid nach laparoskopischer Appendektomie (28/11.460; 0,2 %) einbezogen. Die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 1,8 Jahre (Median 8 Monate, Range < 1–10 Jahre). 18 Kinder (64 %) konnten nachkontrolliert werden.
Ergebnisse
Insgesamt 13 der 28 Kinder (46 %) hatten eine histologisch verifizierte Appendizitis (10 unkompliziert, 3 perforiert). Die mediane Tumorgröße betrug 0,7 cm (Range 0,2–1,6 cm), bei nur 4 Kindern lag sie > 1 cm. 22 Appendixkarzinoide hatten eine Ausdehnung in die Submukosa (3), Muscularis propria (1), Subserosa (5), Serosa (6) oder Mesoappendix (7); in allen Fällen handelte es sich um eine R0-Resektion. Bei 2 von 5 nachoperierten Kindern (1 Ileozökalresektion, 4 Hemikolektomien) wurde im Resektat Resttumor (1 Zökalmesenterium, 1 Lymphknotenmetastase [1/43]) nachgewiesen. Die Nachoperationen verliefen komplikationslos. Bei keinem der nachkontrollierten Kinder erfolgte eine weitere Operation, keines der Kinder hatte ein Rezidiv.
Diskussion und Fazit
Ob die allgemeinen Behandlungsempfehlungen für Erwachsene mit inzidentellem Appendixkarzinoid ([1, 2]; Nachoperation bei Primärtumoren > 2 cm, Mesoappendixinfiltration, Goblet-Zell- oder Adenokarzinoid, R1-Appendektomie; keine Nachkontrolle bei Low-grade-Appendixkarzinoiden ohne Metastasen und < 1 cm) auch für Kinder gelten, ist unklar. Die vorliegende Studie stellt dieses Vorgehen unter Einbezug eines aktuellen Literaturreviews infrage und begründet dies mit der geringen Ausdehnung und Aggressivität der Tumoren im Kindesalter.
Die Studie hat eine Reihe von Limitationen (z. B. keine Angabe zur Korrelation von Tumorgröße und Invasionstiefe; keine Angabe der Indikationen zur Nachoperation; kurze Nachbeobachtungszeit bei nur zwei Drittel der Kinder). Allerdings betonen die Autoren zu recht, dass nicht nur bez. der Indikation zur Nachoperation, sondern auch bez. der Art und Methoden zur bildgebenden und laborchemischen Nachkontrolle dringender Bedarf an systematischen Untersuchungen besteht, um daraus Behandlungsempfehlungen zum Appendixkarzinoid im Kindesalter ableiten zu können.
Literatur
Pape UF, Perren A, Niederle B, Gross D, Gress T, Costa F, Arnold R, Denecke T, Plockinger U, Salazar R, Grossman A, Barcelona Consensus Conference participants (2012) ENETS Consensus Guidelines for the management of patients with neuroendocrine neoplasms from the jejuno-ileum and the appendix including goblet cell carcinomas. Neuroendocrinology 95:135–156
Dralle H (2011) Chirurgische Strategien beim Zufallsbefund eines Appendixkarzinoids. Chirurg 82:598–606
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Dralle, H., Satiroglu, I. Inzidentelles Appendixkarzinoid im Kindesalter. Chirurg 86, 707 (2015). https://doi.org/10.1007/s00104-015-0036-6
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