Hintergrund

Die neoadjuvante (Langzeit-)Radiochemotherapie gefolgt von der total mesorektalen Exzision (TME) ist die leitliniengerechte Standardtherapie des lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinoms. Die Frage einer (grundsätzlichen) adjuvanten Chemotherapie für derart therapierte Patienten wird in der Literatur kontrovers diskutiert und durchgeführte Therapieprotokolle sind uneinheitlich. Während für das Kolonkarzinom gezeigt werden konnte, dass eine Oxaliplatin-basierte adjuvante Therapie (FOLFOX) gegenüber 5-Fluorouracil (5-FU) einen Überlebensvorteil im Stadium III bietet, gibt es keine belastbare Evidenz für eine derart intensivierte adjuvante Therapie für multimodal behandelte Patienten mit Rektumkarzinom.

Fragestellung und Methode

Die ADORE-Studie (ADjuvant Oxaliplatin in REctal cancer) ist eine randomisiert-kontrollierte, multizentrische Phase-2-Studie zur Frage der therapeutischen Sicherheit und des onkologischen Nutzens von FOLFOX gegenüber 5-FU/Leucovorin in der adjuvanten Therapie von Patienten mit lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom nach neoadjuvanter Radiochemotherapie. Hierzu wurden Patienten im postoperativen Tumorstadium II und III nach TME und bestätigter R0-Resektion 1:1-randomisiert in die Therapiearme FOLFOX (8 Zyklen) vs. 5-FU/Leucovorin (4 Zyklen). Primärer Endpunkt war das 3-Jahres-krankheitsfreie Überleben, sekundäre Endpunkte beinhalteten Therapiesicherheit/Nebenwirkungen, Lebensqualität und Gesamtüberleben.

Ergebnisse

Zwischen 2008 und 2012 wurden in 6 südkoreanischen Zentren 321 Patienten randomisiert, von denen die Daten von 295 Patienten (n = 146 in der FOLFOX-Gruppe, n = 149 in der 5-FU-Gruppe) für die Auswertung zur Verfügung standen. Beide Kollektive waren vergleichbar hinsichtlich demographischer und klinischer Daten. 97 % der Patienten der FOLFOX-Gruppe und 95 % der 5-FU-Gruppe komplettierten alle geplanten Zyklen der adjuvanten Therapie. Nach einem medianen Follow-up von 38,2 Monaten (26,2–50,6) lag das krankheitsfreie Überleben in der 5-FU-Gruppe bei 62,9 % (95 %-Konfidenzintervall[KI] 55,4–70,4) und in der FOLFOX-Gruppe bei 71,6 % (95 %-KI 64,6–78,6, Hazard Ratio [HR] 0,66, 95 %-KI 0,43–0,99, p = 0,047). Auch das 3-Jahres-Gesamtüberleben war zugunsten der mit FOLFOX behandelten Patienten verlängert (5-FU: 85,7 % vs. FOLFOX: 95,0 %, HR 0,46, 95 %-KI 0,21–0,97, p = 0,03). Das Gesamtnebenwirkungsprofil der Therapie (jeder Grad) war signifikant ungünstiger in der FOLFOX-Gruppe, jedoch zeigten sich keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich schwerer (Grad 3/4) hämatologischer und nichthämatologischer Nebenwirkungen zwischen beiden Therapiearmen.

Diskussion und Fazit des Reviewers

Auch wenn es weiterhin eine leitliniengerechte Empfehlung ist, so konnte kürzlich durch die 10-Jahres-Ergebnisse der EORTC-22921-Studie gezeigt werden, dass eine alleinige 5-FU-basierte Adjuvanz wahrscheinlich nicht zu einer Prognoseverbesserung beim neoadjuvant vorbehandelten Rektumkarzinom führt [1]. Die aktuelle Arbeit gibt nun erste Hinweise auf einen onkologischen Benefit einer intensivierten adjuvanten Chemotherapie (FOLFOX) gegenüber 5-FU und bestätigt darüber hinaus, dass die Hinzunahme von Oxaliplatin in das postoperative Behandlungsprotokoll – trotz erhöhter Gesamtrate an Nebenwirkungen – die Therapiecompliance nicht negativ beeinflusst. Die wichtige Frage, ob überhaupt (und wenn ja, in welchem pathohistologischen Tumorstadium) eine adjuvante Therapie sinnvoll ist, kann diese Studie jedoch nicht beantworten.