Hintergrund und Fragestellung

Nebennierenmetastasen (NNM) extraadrenaler Primärtumoren werden in Autopsiestudien in 10–27 % der Fälle nachgewiesen, die häufigsten Primärtumoren sind nichtkleinzellige Lungenkarzinome, Kolorektalkarzinome, Nierenzellkarzinome, Mammakarzinome und Melanome. Hinsichtlich der Frage der Operationsindikation bei syn- oder metachronen NNM und des bei gegebener Indikation zu wählenden Zugangs (laparoskopisch oder offen) liegen bislang nur wenige Zentrumsberichte mit kleinen Fallzahlen und begrenztem Nachuntersuchungszeitraum vor [1]. Die vorliegende Untersuchung ist die größte retrospektiv multizentrische Studie mit Analyse der medianen krankheitsfreien Intervalle und 5-Jahres-Überlebensraten nach Adrenalektomie.

Methoden

Es erfolgte eine retrospektive Datenerhebung zum perioperativen und Langzeitverlauf nach Adrenalektomie wegen NNM an 30 chirurgischen Kliniken aus 6 europäischen Ländern (Spanien, Italien, Frankreich, Serbien, Großbritannien, Deutschland). Patienten, zu denen keine vollständigen Angabe vorlagen (Histologie, Zeitintervall Adrenalektomie – letzte Nachuntersuchung), wurden ausgeschlossen. Nebennierenmetastasen wurden als syn- bzw. metachron definiert, wenn sie innerhalb 6 Monaten bzw. später nach der Primärtumortherapie diagnostiziert wurden.

Ergebnisse

In die Studie eingeschlossen wurden 317 zwischen 1999 und 2011 wegen NNM adrenalektomierte Patienten. Demographische Daten: 23 % der Metastasen traten synchron auf, isolierte Metastasen in 74 %, laparoskopische Operationen erfolgten in 46 %, die Resektion war beschränkt auf die Nebenniere in 73 %, R1/R2-Resektionen lagen in 8 %/6 % vor. Die mittlere Tumorgröße betrug 6 cm. Über 50 % der Patienten erhielten eine adjuvante Therapie. Die wichtigsten Verlaufsergebnisse waren folgende:

  • Das mediane Gesamtüberleben lag bei 29 Monaten, die 5-Jahres-Überlebensrate bei 35 %. Hauptursachen für Versterben waren Tumorprogression (78 %), nur selten Hospitalletalität (3 %). Die Art des Primärtumors (Nierenkarzinome > Kolorektalkarzinome > nichtkleinzellige Lungenkarzinome) und die Chronizität (metachron > synchron) hatten einen signifikanten Einfluss auf das Überleben.

  • Multivariat wurden folgende Faktoren als ungünstige Voraussetzungen für Überleben identifziert: keine Chemotherapie und keine Resektion des Primärtumors, keine radikale Adrenalektomie der Metastase.

  • Bivariat waren neben metachroner Metastasierung in die Nebenniere und fehlender extraadrenaler Invasion auch das laparoskopische Vorgehen von Vorteil für das Langzeitüberleben.

Diskussion und Fazit

Die große Zahl der in der vorliegenden Untersuchung eingeschlossenen Patienten mit NNM bestätigt die Ergebnisse früherer Untersuchungen mit kleinerer Fallzahl. Prospektiv randomisierte Studien wird es wegen der Seltenheit von NNM auch in Zukunft kaum geben. Die beste Operationsindikation sind metachrone, isolierte Metastasen von Nierenzellkarzinomen, die radikal reseziert werden können. Metastasen von nichtkleinzelligen Lungenkarzinomen sind die häufigsten Nebennierenmetastasen, aber zugleich die prognostisch ungünstigsten. Das in der vorliegenden Studie in der Hälfte der Fälle erfolgte laparoskopische Vorgehen war gegenüber dem offenen Vorgehen eher von Vorteil für das Outcome, solange keine die Nebenniere überschreitende Organinvasion vorlag.

Bei allen Limitationen, die mit einer retrospektiven Studie der vorliegenden Art verbunden sind, lassen die Ergebnisse den Schluss zu, dass die Indikation zur Adrenalektomie bei solitärer Nebennierenmetastasierung in der Regel gegeben ist, und dass bei fehlender Organüberschreitung und vertretbarer Größe ein endoskopisches Vorgehen zu bevorzugen ist.