Durch die erhebliche Zunahme der Adenokarzinome des distalen Ösophagus bzw. des ösophagogastralen Überganges hat diese anatomisch komplexe Region in den letzten Jahren ein zunehmendes Interesse erfahren. Dabei wird häufig außer Acht gelassen, dass es weniger die Malignome als vielmehr die benignen Erkrankungen des ösophagogastralen Überganges sind, die den Chirurgen vor diagnostische und therapeutische Herausforderungen stellen.

In diesem Kontext kommt der gastroösophagealen Refluxerkrankung (GERD) sicher die größte Bedeutung zu. Angesichts einer Prävalenz von bis zu 20% ist es überraschend, dass eine von allen Seiten anerkannte und verbindliche nosologische Definition bis dato fehlt. Nach einer Konsensuskonferenz wird in Anlehnung an den Genval Workshop Report 1999 von GERD dann gesprochen, „wenn ein Risiko für organische Komplikationen durch einen gesteigerten gastroösophagealen Reflux und/oder eine signifikante Störung des gesundheitsbezogenen Wohlbefindens (Lebensqualität) infolge der Refluxbeschwerden besteht“ [1].

Die Rolle der Manometrie ist nicht zu unterschätzen

Freys und Heimbucher zeigen in ihrem Beitrag eindrucksvoll, dass zum einen eine Kenntnis der Pathophysiologie, zum anderen eine umfängliche Diagnostik notwendig ist, um die optimale konservative und/oder operative Therapie zu definieren. Hier sei die Frage erlaubt, ob angesichts der Fülle der in Deutschland durchgeführten (laparoskopischen) Fundoplikationen die empfohlene Basisdiagnostik, namentlich die Manometrie, wirklich immer durchgeführt wird. Die Indikation zu einer Operation hat sich an eindeutigen Kriterien zu orientieren, zumal selbst bei korrekter Indikation ca. 10% der operierten Patienten ein Rezidiv oder andere Funktionsstörungen erleiden. Gerade bei der Refluxerkrankung muss an Billroth erinnert werden, der einmal sagte:

Erst kommt das Wort, dann die Arznei und dann das Messer.

Im Gegensatz zur GERD ist die Achalasie wegen ihrer geringen Inzidenz nicht nur für die betroffenen Patienten, sondern auch für die Behandler eine wirkliche Herausforderung. Oftmals durchlaufen die Patienten eine ärztliche Odyssee, bevor die korrekte Diagnose gestellt wird. Wie von Rahden und Mitarbeiter unterstreichen, müssen gerade seitens der Chirurgen die Achalasiepatienten aus der Gruppe der Refluxerkrankten identifiziert werden, bei denen eine alleinige Fundoplikation zu vermeiden ist. Auch bei der Achalsie kommt der Manometrie eine überragende diagnostische Bedeutung zu. Dies unterstreicht gleichzeitig und auch im Umkehrschluss wiederum die Rolle der Manometrie bei der GERD. Ungeachtet möglicher Klassifikation und Typen der Achalasie stellt die Heller-Myotomie, bevorzugt auf laparoskopischen Weg durchgeführt und mit einer partiellen Fundoplikation kombiniert, die Therapie der Wahl dar. Neuere endoskopische Verfahren bedürfen zunächst einer weiteren klinischen Erprobung. Hier bleibt abzuwarten, ob sich die endoskopisch-interventionellen Verfahren gegenüber den etablierten chirurgischen Methoden langfristig durchsetzen werden.

Sowohl bei der GERD als auch der Achalasie spielt die proximale Intestinoskopie/Gastroskopie eine sehr wichtige Rolle. Nach älteren, heute aber unverändert zutreffenden Daten beträgt das Risiko einer Perforation bei der diagnostischen bzw. therapeutischen Gastroskopie 0,05 bzw. 2,6% [2]. Obwohl somit ein sehr seltenes Ereignis, zeigen Schröder und Mitarbeiter, dass diese seltenen Komplikationen der proximalen Intestinoskopie für 70% aller kardianahen Ösophagusperforationen verantwortlich sind. Den iatrogenen stehen die spontanen Perforationen gegenüber. Unabhängig von der Ätiologie hat sich in den letzten Jahren ein deutlicher Wandel hin zu einer der Perforationsursache zugrunde liegenden Therapie ergeben: Bei den iatrogenen Perforationen ist meist ein endoskopisches Clipping und/oder eine Stentimplantation möglich und erfolgreich, bei allen anderen Perforationen sollte wegen der sich ausbreitenden Sepsis ein primär chirurgisches Vorgehen gewählt werden. Aber: Noch entscheidender ist das Zeitfenster zwischen Perforation und Therapiebeginn – je schneller die Behandlung erfolgt, umso niedriger ist die Letalität! Und auch hier gilt: Die sorgfältige Anamneseerhebung ist der erste Schritt zur korrekten Diagnose und Therapie.

Wie eingangs erwähnt, haben die Malignome des ösophagogastralen Überganges weltweit deutlich zugenommen. Demgegenüber sind benigne Tumoren in dieser Lokalisation – wie Gockel und Mitarbeiter zeigen – eher selten und verursachen meist auch unspezifische Symptome. Die organerhaltende Exstirpation/Resektion kann jedoch vielfach auf laparoskopischem Weg gelingen und stellt somit bei gegebener Indikation die Therapie der Wahl dar [3].

Allen Beiträgen zu diesem Leitthema ist gemeinsam, dass eine differenzierte prätherapeutische Diagnostik notwendig ist, um die für den Patienten optimale Therapie zu finden. Die benignen Erkrankungen des ösophagogastralen Überganges sind somit einmal mehr ein Paradebeispiel für die zunehmende Interdisziplinarität in der Viszeralmedizin an der Schnittstelle zwischen Gastroenterologie und Viszeralchirurgie.

Prof. Dr. Joachim Jähne