Hintergrund und Fragestellung

Beschwerden des oberen Aerodigestivtraktes nach Schilddrüsenoperationen (Stimmprobleme, Schluckbeschwerden) sind auch dann häufig, wenn die postoperative Stimmbandnervenfunktion intakt ist [1, 2]. Die vorliegende Studie sollte klären, ob der Einsatz des intraoperativen Neuromonitorings (IONM) und/oder das Resektionsausmaß (partielle [PT] oder totale Thyreoidektomie [TT]) einen Einfluss auf die postoperative Häufigkeit von Aerodigestivtrakt(ADT)-Beschwerden haben.

Methoden

Insgesamt 308 konsekutiv behandelte Patienten einer halschirurgisch spezialisierten Klinik wurden ein bis 4 Jahre nach PT (36%) oder TT (64%) unter Verwendung eines speziell auf typische ADT-Beschwerden (z. B. Stimmschwäche, Nicht-laut-sprechen-können, Stimmhöhenveränderung; Schluckstörungen, Schmerzen beim Schlucken, Fremdkörpergefühle, Husten beim Schlucken) ausgerichteten Fragebogens analysiert. Patienten mit Rekurrensparese waren ausgeschlossen.

Ergebnisse

Zirka 40% der Patienten hatten nach der Schilddrüsenoperation trotz intakter Rekurrensfunktion ADT-Beschwerden. In der IONM-Gruppe war die Gesamtzahl der ADT-Beschwerden signifikant niedriger als in der Nicht-IONM-Gruppe (p = 0,001). Bezogen auf das Resektionsausmaß waren nur in der Nicht-IONM-Gruppe ADT-Beschwerden nach TT signifikant häufiger als nach PT. In der IONM-Gruppe hatte das Resektionsausmaß keinen signifikanten Einfluss auf die Häufigkeit von Stimmstörungen oder Schluckbeschwerden.

Schlussfolgerungen

Die Autoren schlussfolgern, dass der Einsatz des IONM Häufigkeit und Schweregrad von ADT-Beschwerden ein bis 4 Jahre nach Schilddrüsenoperationen senkt. Bei Schilddrüsenoperationen ohne IONM steigt mit zunehmendem Resektionsausmaß die Häufigkeit insbesondere postoperativer Schluckbeschwerden. Mit Einsatz des Neuromonitorings wurde das resektionsausmaßbezogene Beschwerderisiko neutralisiert.

Kommentar und Fazit

Die unterschiedlich langen (ein bis 4 Jahre) postoperativen Erhebungszeitpunkte der Befragung werden in der Arbeit weder analysiert noch diskutiert, sodass unklar bleibt, ob eine möglicherweise ungleiche Verteilung der Erhebungszeitpunkte Ursache der Gruppenunterschiede war.

Unabhängig von der Diskussion über den Einfluss des IONM auf die postoperative Rekurrensparese ergibt die Publikation trotz ihrer Limitationen zwei wichtige Schlussfolgerungen:

  1. 1.

    Stimmstörungen und Schluckbeschwerden sind auch im Langzeitverlauf nach Schilddrüsenoperationen, insbesondere nach totaler Thyreoidektomie, eine häufige Operationsfolge (ca. 40%). Diese Erkenntnis sollte Bestandteil der Indikationsstellung, Aufklärung und Planung des Resektionsausmaßes sein.

  2. 2.

    Häufigkeit und Schweregrad von Stimmstörungen und Schluckbeschwerden können durch den Einsatz des Neuromonitorings gesenkt werden. Ob dies Folge einer IONM-bezogenen verbesserten Larynxfunktion und/oder einer subtileren Operationstechnik ist, müssen weitere Untersuchungen zeigen.