Einleitung

Mitarbeitende in Gesundheitseinrichtungen zählen zu den direkt exponierten und damit potenziell besonders gefährdeten Populationen in der COVID-19-Pandemie. Laut Robert Koch-Institut hatten sich bis zum 25.11.2020 rund 27.129 Mitarbeitende in Gesundheitseinrichtungen nachweislich mit SARS-CoV‑2 infiziert [1]. Die Übertragung von SARS-CoV‑2, dem COVID-19 auslösenden Virus, geschieht vor allem durch infektiöse Tröpfchen und Aerosole [2]. Durch adäquate Schutzmaßnahmen kann eine Infektion von Gesundheitsarbeiter*innen durch Patient*innen in der Regel verhindert werden. Gerade zu Beginn der COVID-19-Pandemie in Deutschland, im März und April 2020, waren die ergriffenen Schutzmaßnahmen in Krankenhäusern jedoch zum Teil ungenügend [3], sodass unter Mitarbeitenden die Sorge vor einer Infektion durch SARS-CoV‑2 groß war. Gründe hierfür waren zum Teil vorhandener Mangel an adäquater persönlicher Schutzausrüstung, fehlende Schulung des Personals und ein zunächst restriktiver Einsatz von Polymerase-Kettenreaktion(PCR)-Testungen aufgrund geringerer Testkapazitäten. Die Frage ob Mitarbeitende in Gesundheitseinrichtungen, die sich mit SARS-CoV‑2 infizieren, ein im Vergleich zur Gesamtbevölkerung höheres Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19 haben (zum Beispiel aufgrund von erhöhten Expositionsdosen), ist nach wie vor unklar. Von März bis Mai 2020 kam es an mehreren großen Kliniken zu vereinzelten Infektionen von Mitarbeitenden [4, 5]. Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ist ein Klinikum der Maximalversorgung mit 13.560 Mitarbeitenden, in dem pro Jahr 106.000 stationäre und 405.000 ambulante Patient*innen versorgt werden. Wir beschreiben hier die Merkmale und den zeitlichen Verlauf von Infektionsfällen mit SARS-CoV‑2, welche im Frühjahr 2020 bei Mitarbeitenden des UKE auftraten.

Methoden

Im Rahmen der „ersten Welle“ wurden am UKE bis zum 30.06.2020 67 Mitarbeitende positiv auf SARS-CoV‑2 getestet; Testungen und Nachverfolgung wurden durch die Abteilung für Krankenhaushygiene durchgeführt. Zwischen dem 01.07. und 28.07.2020 wurden die positiv getesteten Mitarbeitenden via E‑Mail eingeladen, einen anonymen REDCap(Research-Electronic-Data-Capture)-basierten Onlinefragebogen auszufüllen. In Einklang mit der Deklaration von Helsinki wurden in Absprache mit der Hamburger Ethikkommission und den Betriebsräten aufgrund der geringen Fallzahl besondere Vorkehrungen zum Datenschutz getroffen, um eine Identifizierung der Teilnehmer*innen auszuschließen. So wurden bestimmte Datenpunkte, wie z. B. das Alter, gruppiert abgefragt. Die Ansprache der Mitarbeitenden samt Versendung des Einladungslinks erfolgte durch das Institut für Krankenhaushygiene im Rahmen einer routinemäßigen Kontaktaufnahme zur Nachsorge.

Ergebnisse

Von 67 kontaktierten Mitarbeitenden des UKE füllten 39 den Fragebogen aus (58 %; Abb. 1). Die meisten Mitarbeitenden waren jünger als 30 Jahre (n = 13, 33 %) oder 30 bis 39 Jahre alt (n = 12, 31 %). Frauen überwogen in der Studienpopulation (n = 27, 70 %), darunter eine Schwangere. 17 Teilnehmende (44 %) waren Pfleger*innen, 11 (28 %) waren Ärzt*innen und weitere 11 Beschäftigte (28 %) waren in anderen Bereichen eingesetzt. Zum überwiegenden Teil hatten die infizierten Mitarbeitenden direkten Kontakt zu Patient*innen (n = 33, 85 %), inklusive direkten Kontakts zu SARS-CoV-2-positiven Patient*innen (n = 24, 62 %) und Einsatzes auf COVID-19-Stationen (n = 15, 38 %). 20 (51 %) Mitarbeitende waren der Meinung, sich bei Patient*innen angesteckt zu haben. Details zur Studienpopulation finden sich in Tab. 1.

Abb. 1
figure 1

Flussdiagramm des Studienablaufs. Eigene Abbildung

Tab. 1 Demografische und Verhaltensdaten der Teilnehmenden

Alle Betroffenen hatten akute Beschwerden mit mindestens einem typischen Symptom zum Zeitpunkt der positiven SARS-CoV-2-PCR-Testungen. Die Symptome bestanden im Median für 19 Tage, wobei die Symptomdauer mit einer Spannbreite von 1 bis 129 Tagen sehr variabel war (Tab. 2). Dabei berichteten 9 Betroffene (23 %) von anhaltenden Symptomen zum Zeitpunkt der Befragung (im Median 85 Tage nach Beginn der Symptome), 15 (38 %) Betroffene berichteten von Beschwerden über eine Dauer von mindestens 4 Wochen (Tab. 2). Zu den häufigsten Beschwerden zu mindestens einem Zeitpunkt zählten Fatigue (85 %), Geruchs- oder Geschmacksstörungen (67 %), Husten (64 %), Kopfschmerzen (62 %), Kurzatmigkeit (51 %) und Myalgien (49 %; Tab. 3). Fieber ≥ 38,5 °C wurde von 15 Teilnehmenden (38 %) berichtet. 12 Betroffene (31 %) entwickelten weder Husten noch Fieber.

Tab. 2 Angaben zum klinischen Verlauf der Erkrankung
Tab. 3 Häufigkeit der berichteten Symptome zu mindestens einem Zeitpunkt

Die Verläufe waren überwiegend mild, es gab lediglich 2 Mitarbeitende die stationär behandelt wurden, jedoch keine Aufenthalte auf der Intensivstation (Tab. 2). 15 Teilnehmende (38 %) berichteten mehr als 4 Wochen nach Symptombeginn (Post Symptom Onset [PSO]) über anhaltende Beschwerden, insbesondere über Geruchs- oder Geschmacksstörungen (n = 8), Fatigue (n = 6) und Kurzatmigkeit (n = 5). Diese hatten häufiger Vorerkrankungen berichtet (53 % vs. 12 %, p = 0,010) und im Speziellen einen arteriellen Hypertonus (27 % vs. 4 %, p = 0,062). Unterschiede im Verteilungsmuster der initialen Symptome zwischen Mitarbeitenden mit oder ohne lang anhaltende Symptome zeigten sich nicht. Details zum zeitlichen Verlauf der 5 häufigsten Symptome und Fieber finden sich in Abb. 2.

Abb. 2
figure 2

Verlauf der 5 häufigsten Symptome und Fieber im Rahmen einer COVID-19-Erkrankung bei Mitarbeitenden am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Eigene Abbildung

Diskussion

Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung war die Population der erkrankten Mitarbeitenden jünger, häufiger weiblich und seltener vorerkrankt, was gut zu den milden Verläufen der COVID-19-Erkrankungen passt [6]. Ob die von einigen Teilnehmenden berichteten lang anhaltenden Symptome als Ausdruck eines Long-COVID-Syndroms [7] zu werten sind und somit auch arbeitsmedizinische Relevanz haben, lässt sich erst nach einem längeren Nachbeobachtungszeitraum beurteilen. Zum Zeitpunkt des Studiendesigns (Frühjahr 2020) lagen kaum Berichte zu Langzeitfolgen einer SARS-CoV-2-Infektion vor, sodass unser Fragebogen keine detaillierten Aussagen zu langfristigen Folgen auf die Lebensqualität oder z. B. zu chronischer Fatigue treffen kann.

Weitere Limitationen dieser Studie sind die geringe Größe der Stichprobe, ein Reportingbias für schwere Verläufe/Todesfälle, ein Selection-Bias zugunsten symptomatischer Verläufe sowie der anonymisierte Charakter der Daten und die damit fehlende Möglichkeit einer Nachbefragung. Aufgrund des retrospektiven Charakters der Studie war dieses Design jedoch zur Wahrung der Anonymität der Teilnehmenden erforderlich. Insgesamt zeigte sich, dass Mitarbeitende im Krankenhaus bei eigener Infektion zum größten Teil einen milden Verlauf der COVID-19-Erkrankungen hatten, aber bei einer Minderheit lang anhaltende Symptome bestanden.

Fazit

In einer Gruppe von Mitarbeitenden einer deutschen Universitätsklinik, die sich bis zum 30.06.2020 mit SARS-CoV‑2 infizierten, fanden sich überwiegend milde klinische Verläufe, bei einigen wenigen Individuen hielten Symptome jedoch Monate an. Ob es sich in diesen Fällen um Long-COVID-Syndrome handeln könnte und ob dies eine arbeitsmedizinische Relevanz haben wird, gilt es, weiter zu erforschen.