Insgesamt nahmen n = 1586 Familien mit Kindern im Alter von 7 bis 17 Jahren (M = 12,25; SD = 3,30; 50,0 % weiblich) an der COPSY-Studie teil. Das durchschnittliche Alter der Eltern betrug 43,99 Jahre (SD = 7,36). Die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen hatte keinen Migrationshintergrund (84,0 %). Die meisten Eltern hatten ein mittleres Bildungsniveau (55,7 %), waren verheiratet (69,2 %) und in Vollzeit angestellt (51,7 %). Weitere Charakteristika der Studienpopulation sind in Tab. 1 beschrieben.
Tab. 1 Beschreibung der Stichprobe Belastungserleben in der ersten Welle der COVID-19-Pandemie
Insgesamt fühlten sich 70,7 % der Kinder und Jugendlichen und 75,4 % der Eltern durch die Pandemie und die damit einhergehenden Veränderungen belastet. Die Kinder und Jugendlichen fühlten sich vor allem dadurch belastet, dass sie das Homeschooling als anstrengend empfanden (64,4 %), weniger Kontakt zu ihren Freunden hatten (82,8 %) und es häufiger Streit in der Familie gab (27,6 %). Drei Viertel der Eltern (79,0 %) empfanden die Veränderung ihrer beruflichen Situation belastend.
Lebensqualität in der ersten Welle der COVID-19-Pandemie
Die Lebensqualität der Kinder und Jugendlichen – gemessen mit dem KIDSCREEN-10-Index – hat sich im Vergleich zu der Zeit vor der COVID-19-Pandemie deutlich verschlechtert: So gaben 40,2 % (n = 418 [37,1 %; 43,1 %]) der befragten 11- bis 17-jährigen Kinder und Jugendlichen (n = 1040) während der Coronakrise selbst eine geminderte gesundheitsbezogene Lebensqualität an, in der BELLA-Studie vor der Krise war dies nur bei 15,3 % (n = 146 [13,0 %; 17,6 %]) der Kinder und Jugendlichen der Fall [25]. Die in der COPSY-Studie befragten Eltern der 7‑ bis 17-Jährigen (n = 1586) berichteten für 41,9 % (n = 664 [39,5 %; 44,3 %]) ihrer Kinder eine geminderte Lebensqualität, für 54,9 % (n = 870 [52,5 %; 57,4 %]) eine mittlere und für 3,2 % (n = 52 [29,7 %; 34,3 %]) eine hohe Lebensqualität. Folgend werden die Verteilungen der Itemantworten zur Lebensqualität aus der COPSY-Studie dargestellt (Abb. 1 gemäß Selbstbericht der 11- bis 17-Jährigen, Abb. 2 gemäß Elternbericht für 7‑ bis 17-Jährige).
Der Mittelwert der Lebensqualität (KIDSCREEN-10-Index) aus dem Elternbericht liegt für 7‑ bis 17-Jährige bei 41,17. Betrachtet man ausschließlich 11- bis 17-Jährige findet sich ein Wert von 42,36 und der entsprechende selbstberichtete Wert liegt signifikant höher bei 45,38 (p < 0,001). Der zugehörige Intraklassenkorrelationskoeffizient von 0,72 weist laut Cicchetti [26] auf eine gute Übereinstimmung hin.
Psychische Auffälligkeiten in der ersten Welle der COVID-19-Pandemie
Die Prävalenz für psychische Auffälligkeiten stieg von 17,6 % (n = 273 [15,7 %; 19,5 %]) vor der COVID-19-Pandemie auf 30,4 % (n = 482 [28,1 %; 32,7 %]) während der Krise. Damit wurden während der Pandemie für fast jedes dritte Kind psychische Auffälligkeiten (erhoben mit dem SDQ) berichtet, während vor der Pandemie etwa jedes fünfte Kind betroffen war.
Darüber hinaus berichteten 24,1 % (n = 255 [21,9 %; 27,1 %]) der Kinder und Jugendlichen während der COVID-19-Pandemie Symptome einer generalisierten Angststörung (erhoben mit der entsprechenden Subskala des SCARED), vor der Krise war dies nur bei 14,9 % (n = 198 [13,0 %; 16,8 %]) der Fall [25]. Die Kinder und Jugendlichen gaben während der Pandemie für sieben Items signifikant höhere Ängstlichkeitswerte als vor der Pandemie an, allerdings war die Stärke der gefundenen Unterschiede klein (Tab. 2).
Tab. 2 Ängstlichkeit vor und während der ersten Welle der COVID-19-Pandemie aus Sicht der Kinder und Jugendlichen. Daten der BELLA- und COPSY-Studie im Vergleich Im Hinblick auf die Häufigkeit depressiver Symptome ergab sich bei der Analyse der Summenwerte über die eingesetzten Items des CES-DC kein interpretierbarer Unterschied im Vergleich zum Zeitraum vor der Pandemie (p > 0,05 [25]). Gemäß dem PHQ‑2 berichteten lediglich 11,1 % (n = 115 [9,2 %; 13,0 %]) der 11- bis 17-Jährigen, beinahe jeden Tag bzw. an mehr als der Hälfte der Tage wenig Interesse oder Freude an ihren Tätigkeiten gehabt zu haben; 47,3 % der Befragten gaben dies für einzelne Tage an (n = 492 [44,3 %; 50,3 %]; überhaupt nicht: 41,6 % (n = 433 [38,6 %; 44,6 %])). Ein Anteil von 6,6 % (n = 67 [5,1 %; 8,1 %]) der Kinder und Jugendlichen erlebte beinahe jeden Tag bzw. an mehr als der Hälfte der Tage Niedergeschlagenheit, Schwermut oder Hoffnungslosigkeit, 20,0 % (n = 208 [17,6 %; 22,4 %]) erlebten dies nur an einzelnen Tagen (überhaupt nicht: 73,5 % (n = 764 [70,8 %; 76,2 %])).
Risiken
Besonders belastet waren Kinder und Jugendliche, deren Eltern einen niedrigen Bildungsabschluss haben, die einen Migrationshintergrund haben und/oder die auf beengtem Raum leben (< 20 m2 Wohnfläche/Person). So berichteten beispielsweise Kinder, deren Eltern einen niedrigen Bildungsabschluss haben, mehr als doppelt so häufig, dass die Veränderungen durch die COVID-19-Pandemie äußerst belastend seien (Abb. 3). Darüber hinaus berichtete ein Drittel (33,2 %) der Kinder, deren Eltern einen niedrigen Bildungsabschluss aufweisen, das Lernen sei im Vergleich viel anstrengender, während nur ein Fünftel (20,4 %) der Kinder mit Eltern, die einen hohen Bildungsabschluss aufweisen, das Lernen viel anstrengender wahrnahmen. Von den Eltern mit Migrationshintergrund berichteten 38,4 %, dass das Lernen für ihre Kinder viel anstrengender geworden sei, was nur 30,5 % der Eltern ohne Migrationshintergrund so empfanden.
Gesundheitsverhalten in der ersten Welle der COVID-19-Pandemie
Das Gesundheitsverhalten der Kinder und Jugendlichen (erfasst mit den oben beschriebenen Items) hat sich während der Pandemie verschlechtert. So berichteten mehr als 2 Drittel (69,9 %) der Kinder und Jugendlichen eine Zunahme ihres Medienkonsums. Ein Drittel (33,3 %) der Kinder und Jugendlichen verbrachte pro Tag 4 Stunden oder mehr mit der Nutzung von Medien. Darüber hinaus gab ein Fünftel (19,3 %) an, gar keinen Sport zu machen, und ein Viertel (26,3 %) berichtete, etwas bis viel mehr Süßigkeiten als vor der COVID-19-Pandemie zu essen.
Unterstützungsbedarf
Knapp 2 Drittel (63,0 %) der befragten Eltern wünschten sich im Umgang mit ihrem Kind während der COVID-19-Pandemie Unterstützung. Am häufigsten wünschten sich Eltern Unterstützung bei der Bewältigung der schulischen Anforderungen ihres Kindes, bei der Rückkehr des Kindes aus der Isolation und im Umgang mit dem Verhalten, den Gefühlen und Stimmungen des Kindes (Abb. 4).
Auf die Frage, wie bzw. von wem sich die Eltern diese Unterstützung wünschen, wurden am häufigsten Schule/Lehrer (65,2 %), Freunde/Familie (26,6 %), online/telefonische Unterstützung von Experten (20,2 %), persönliches Gespräch mit Experten (19,2 %) sowie schriftliche Materialien/Ratgeber (19,2 %) genannt.