Einleitung

Als Register bezeichnet man Vorhaben, bei denen patientenbezogene Daten systematisch zum Zwecke der wissenschaftlichen Beschreibung und Analyse von Krankheitsverläufen oder Behandlungsfolgen erfasst werden. Auch bei Seltenen Erkrankungen (SE), bei denen die Zahl eigener Beobachtungen gering ist, sind Register wichtige Instrumente der Epidemiologie und der Versorgungsforschung.

Uneinheitliche Begrifflichkeiten und ein Mangel an einheitlichen Dokumentationsregeln haben aber zu einer Fragmentierung der Daten und damit zu einer eingeschränkten Brauchbarkeit der Datensammlungen geführt. In diesem Beitrag wollen die Autoren deshalb den aktuellen Stand von Registern auf dem Gebiet der Seltenen Erkrankungen skizzieren und Wege aufzeigen, um aus den erhobenen Daten den größtmöglichen Nutzen ziehen zu können.

Es wird dabei nicht angestrebt, die kreative Kraft der einzelnen Akteure bei Planung, Einrichtung oder Betrieb durch übertriebene formale Vorgaben einzuschränken. Es ist vielmehr Absicht, aktuellen oder potenziellen Interessenten Hinweise zu geben, worauf bei Planung, Einrichtung und Betrieb eines Registers zu achten ist. Selbst wenn das Register nur einen zeitlich und thematisch fokussierten Zweck erfüllen soll, ist es sinnvoll, zu prüfen, ob die erhobenen Daten durch die Zusammenschau mit anderen Datensammlungen an Wert gewinnen – und auch über die eigentlich geplante Nutzungsdauer hinaus für Forschungszwecke wichtige Dienste leisten können. Frühzeitige Klärung kann den späteren Aufwand durch Vermeidung einer nachträglichen Einholung von Einwilligungserklärungen reduzieren und vom Start weg die Motivation bei Patienten und Versorgern verbessern.

Sachstand

Nationaler Aktionsplan: Umsetzung der Maßnahmen aus dem Handlungsfeld Register

Der Nationale Aktionsplan für Menschen mit Seltenen Erkrankungen [1] enthält 52 konkrete Maßnahmen, u. a. in den Handlungsfeldern Versorgung, Forschung, Diagnose und Informationsmanagement. Maßnahmenvorschlag 27 sieht vor, ein zentrales, nationales Verzeichnis bestehender Register aufzubauen. Die Entwicklung eines solchen Webportals, einer Art „Telefonbuch für Register“ sollte in der Strategiegruppe Register (siehe Maßnahmenvorschlag 28) thematisiert werden. Die Entwicklungen diesbezüglich wurden mit zentralen europäischen Aktivitäten abgestimmt, um Parallelstrukturen zu vermeiden. Da in der Zwischenzeit erkennbar wurde, dass die European Platform on Rare Disease Registration (EU RD Platform [2]) eine European Rare Disease Registry Infrastructure (ERDRI) entwickelt, die sowohl ein zentrales Metadatenregister (Central Metadata Repository; ERDRI.mdr) als auch ein Verzeichnis der SE-Register (European Directory of Registries; ERDRI.dor) enthält, wurde eine eigene nationale Entwicklung nicht vorangetrieben.

Mit dem Ziel, langfristig die Qualität und Interoperabilität von nationalen Registern zu erhöhen, sieht Maßnahmenvorschlag 28 die Etablierung einer Strategiegruppe „Register für Seltene Erkrankungen“ vor. Diese soll Entwicklungen auf nationaler und internationaler Ebene berücksichtigen, um Empfehlungen für nationale Initiativen zu entwickeln. Hierzu wurde das vorliegende Konzeptpapier durch die Verantwortlichen erstellt. Primäres Ziel ist die Etablierung der Strategiegruppe als Expertengremium und Kommunikationsplattform für bestehende und neue Register und als nationaler Ansprechpartner für Anfragen aus anderen Ländern (z. B. Europäische Kommission, International Rare Diseases Research Consortium). Ein weiterer Arbeitsauftrag sind die Konsentierung und Implementierung sowie mit der Zeit ggf. die Anpassung eines Minimaldatensatzes zur Verwendung in Registern für Seltene Erkrankungen sowie die Abbildung der verwendeten Datenelemente bzw. Datenschemata in einem Metadata Repository. Dieses Verzeichnis soll Elemente enthalten, die in verschiedenen Registern abgefragt werden können und so der Interoperabilität dienen. Die Strategiegruppe hat 2016 ihre Arbeit aufgenommen.

Das Projekt „OSSE – Open Source-Registersystem für Seltene Erkrankungen“ ist ein wesentlicher Bestandteil bei der Umsetzung der Maßnahmen aus dem Handlungsfeld Register, insbesondere für Maßnahmenvorschlag 29, der Entwicklung eines Werkzeugkastens für krankheitsspezifische Register für Seltene Erkrankungen. OSSE stellt Patientenorganisationen, Ärzten, Wissenschaftlern und anderen Nutzern eine Open-Source-Software zur Verfügung, um ein eigenes Patientenregister zu entwickeln oder bereits bestehende Register mittels „Brückenkopf“ an eine Registerschnittstelle anzubinden. Dadurch wird die deutsche Registerlandschaft verbessert und entspricht dann den europäischen Richtlinien bezüglich Minimaldatensatz, Datenqualität und anderen Anforderungen (siehe European Union Committee of Experts on Rare Diseases (EUCERD) Recommendation on RD Registries [3]). Gleichzeitig wird die notwendige Interoperabilität erreicht, die das Föderieren solcher Register auf nationaler und internationaler Ebene erlaubt, z. B. mittels dezentraler Suchen, die dem Datenschutz entsprechen [4]. Seit Anfang 2015 ist die erste verfügbare Version der OSSE-Registersoftware auf der Webseite www.osse-register.de kostenlos herunterzuladen. OSSE-Register sind von vornherein auf Interoperabilität ausgelegt und können zentral genutzt werden oder auf nationaler oder internationaler Ebene föderiert werden. Beispielsweise sind verteilte Suchen über mehrere Instanzen hinweg möglich, die den Anforderungen an den Datenschutz entsprechen und dabei die Datenhoheit weiterhin gewährleisten [5]. Ebenfalls wird die Trennung von identifizierenden und medizinischen Daten durch die Einbindung eines ID-Managementdienstes, wie z. B. der Mainzelliste [6], unterstützt. Im Kontext der europäischen Referenznetzwerke für Seltene Erkrankungen (ERNs) wird partiell ebenfalls auf OSSE zurückgegriffen. Das Konzept und die Umsetzung von OSSE wurden 2017 im Bundesgesundheitsblatt publiziert [7]. Zu weiterführenden Informationen wird entsprechend hierauf verwiesen.

Für Seltene Erkrankungen, die so „selten“ sind, dass ein eigenes Register nicht sinnvoll erscheint, soll ein nichtkrankheitsspezifisches Register entwickelt werden. Vorgesehen ist, dass dieses Register auf der Technik des Modellregisters OSSE aufbaut. Verantwortlich für die Umsetzung ist die zuvor genannte Strategiegruppe „Register“ (Maßnahmenvorschlag 32).

Ein Workshop zur Sammlung und Klärung offener Fragen hinsichtlich eines Registers für unklare Diagnosen (Maßnahmenvorschlag 30) hat stattgefunden. Die Ergebnisse des Workshops wurden aufgegriffen und in der Strategiegruppe Register berücksichtigt. Parallel ist im Sommer 2015 das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt „VarWatch“ unter Federführung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und mit Unterstützung der Arbeitsgruppe „Molekulare Medizin“ der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V. (TMF) an den Start gegangen. Mit VarWatch ist der Aufbau einer Datenbank für genetische Varianten geplant, die bei Patienten mit syndromalen Störungen unklarer Ätiologie gefunden werden. In den anschließenden 2 Jahren wurde daran gearbeitet, VarWatch technisch zu etablieren, bei potenziellen Nutzern bekannt zu machen und ein Konzept für den langfristigen Betrieb zu entwickeln (Maßnahmenvorschlag 31).

Bestandsaufnahme zu SE-Registern national und europaweit

Aktuelle Informationen über Inhalt und Qualität von SE-Registern liegen nur sehr unvollständig vor. Daher wurde durch die NAMSE-Geschäftsstelle eine internetbasierte Befragung zur nationalen Situation durchgeführt. Die Teilnehmer beantworteten Fragen u. a. in den Bereichen Erkrankungsverlauf, Datenqualität, Technik, Finanzierung und Vernetzung mit anderen Registern. Zeitgleich fand eine europaweite Befragung ähnlichen Inhalts im Rahmen des EU-Projektes EPIRARE statt [8].

Obwohl die Ergebnisse bereits aus dem Jahr 2013 stammen, kann davon ausgegangen werden, dass sich die Situation nicht grundlegend geändert hat. Zusammenfassend ergab sich für Deutschland ein ausgeprägter Verbesserungsbedarf zu ganz grundlegenden Fragen, wie beispielsweise Datenstruktur (z. B. keine Codierung nach ICD-10 oder Orpha-Nummer), Datenschutz und Technik. Die Mehrzahl der Register wurde aus Mitteln zeitlich befristeter Forschungsprojekte finanziert. Perspektiven zur langfristigen Finanzierung aus anderen Quellen wurden bisher nicht entwickelt. Es wurde deutlich, dass eine öffentlich zugängliche Informationsquelle mit Dokumenten, konkreten Empfehlungen und Problemlösungen sowie eine geeignete Software für krankheitsspezifische SE-Register fehlen.

Unterstützende europäische Aktivitäten zu SE-Registern

Speziell im Bereich der SE mit national teilweise sehr geringen Patientenzahlen bei oftmals fehlenden evidenzbasierten Therapieoptionen ist eine länderübergreifende Zusammenführung von Informationen aus Versorgung und Forschung unerlässlich. Um die notwendige Interoperabilität von Datensammlungen bzw. Registern zu erreichen, müssen Standards auf nationaler und internationaler Ebene geschaffen und eingeführt werden.

Spätestens seit den Empfehlungen durch das europäische Fachgremium EUCERD [3] zur „Registrierung und Datenerhebung von Patienten mit SE“ haben zahlreiche nationale und internationale Institutionen und Gruppen die EU-Empfehlungen aufgegriffen und Strategien bzw. konkrete Empfehlungen für die Verbesserung oder den Aufbau von Patientenregistern zu SE publiziert. Außerdem beinhalten verschiedene nationale und europäische (Forschungs‑)Projekte bereits das Thema Register, auch für Seltene Erkrankungen (s. Infobox 1).

Infobox 1 Übersicht nationaler und europäischer (Forschungs‑)Projekte mit Thema Register

  • RD-CONNECT (http://www.rd-connect.eu)

    Entwicklung einer modellhaften weltweiten Registerplattform für SE am Beispiel der neuromuskulären Erkrankungen (DG Research)

  • PARENT-JA (http://www.patientregistries.eu)

    Unterstützung der EU-Mitgliedsstaaten bei der Entwicklung von Registern für SE und Non-SE; Ziel: Harmonisierung der Entwicklung und Steuerung von Registern zur Ermöglichung von Sekundärdatenanalyse für Public Health und Forschung (DG SANCO)

  • GRDR (Global Rare Diseases Patient Registry and Data Repository; http://www.grdr.info)

    Pilotprogramm für ein weltweites krankheitsübergreifendes Register zu SE, das am amerikanischen National Institute of Health angesiedelt ist

  • EXPAND – Expanding Health Data Interoperability Services (http://www.expandproject.eu/)

  • OSSE – Open Source Registry System for Rare Diseases (http://www.osse-register.de/)

  • TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V.; verschiedene Leitfäden u. a. zu Datenqualität und -schutz (http://www.tmf-ev.de/)

  • Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung (DNVF; http://www.netzwerk-versorgungsforschung.de/)

  • Europäische Referenznetzwerke (ERN)

    Die Europäische Kommission hat unter den Europäischen Referenznetzwerken (ERN) eine Reihe von Projekten zu Registern für Seltene Erkrankungen zur Förderung beschlossen, die mit ihrer Arbeit begonnen haben (z. B. ERN-RITA, Metab-ERN, ERN-LUNG, ERN-EURO-NMD)

Darüber hinaus wurden aus dem Gesundheitsprogramm der EU-Kommission Mittel für den Aufbau einer europäischen Plattform für die Registrierung Seltener Krankheiten (European Rare Disease Registry Infrastructure, ERDRI) an der gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission (Joint Research Center (JRC), Ispra, Italien) zur Verfügung gestellt. Diese Plattform soll u. a. dazu dienen, einen zentralen Zugangspunkt zu Informationen im Bereich SE zu bieten, neue und vorhandene Register im Hinblick auf ihre Interoperabilität zu unterstützen und IT-Werkzeuge zur Pflege erhobener Daten vorzusehen. Im Interesse einer europaweiten Vernetzung von Registern zu SE und auch von deutschen Registern sollte die Möglichkeit einer technischen Anbindung an die europäische Plattform möglich sein. Es wurde eine Untergruppe zur Beratung der europäischen Plattform für die Registrierung Seltener Krankheiten etabliert.

Unter Koordination des JRC wurde auf Basis des „EUCERD minimal data set“ ein Minimaler Datensatz (MDS) entwickelt, der als Startbasis für eine gemeinsame Schnittmenge an Daten zwischen Registern in Europa dienen soll. Dieser MDS, der zwischen den Arbeitsgruppen abgestimmt wurde, die einen MDS für die Verwendung bei SE publiziert hatten (EUCERD, EPIRARE, RD-Connect), wurde veröffentlicht [9].

Begriffsdefinitionen

Im Rahmen der EUCERD-Registerempfehlungen [3] wurde eine Sammlung von Begriffen und Definitionen im Zusammenhang mit Registern zusammengetragen und veröffentlicht (s. [10]). Sie kann als „work in progress“ betrachtet und dem aktuellen Stand angepasst bzw. erweitert werden. In Tab. 1 sind einige Definitionen aus der Literatur aufgeführt.

Tab. 1 Definitionen im Zusammenhang mit Registern von EUCERD bzw. aus der Literatur [10]

Entwicklung und Betrieb eines Registers zu SE

Register sind komplexe Vorhaben, bei denen die Dokumentation unterstützt wird durch eine personelle, technische und organisatorische Infrastruktur. Entsprechend umfassend sind Entwicklung, Umsetzung und Betrieb eines Registers zu organisieren. Insbesondere für die Entwicklung eines Registers empfiehlt das Deutsche Netzwerk Versorgungsforschung (DNVF) ein sogenanntes Registerprotokoll [11, 12]. Vom DNVF wurden dazu die wichtigsten Aspekte der Entwicklung in ihrer logischen und zeitlichen Abfolge benannt. Die für das jeweilige Vorhaben getroffenen Entscheidungen können in der Struktur des Registerprotokolls dokumentiert und nachverfolgt werden.

In Übereinstimmung mit den Empfehlungen der US-amerikanischen Agency for Healthcare Research and Quality (AHRQ; [13]) wird die Entwicklung in eine Phase der Planung mit groben Festlegungen und eine Phase des Entwurfs mit differenzierten Ausführungen unterteilt. Der nach Abschluss der Planungsphase formulierte Stand eignet sich als Grundlage für Projektanträge und Finanzierungsanfragen. Ähnliche Vorschläge wurden in der EU durch die Cross-border-Patient-Registries-Initiative (PARENT) unter besonderer Berücksichtigung einer grenzübergreifenden Nutzung erarbeitet [14]. Nachfolgend wird ein kurzer Überblick über die zu berücksichtigenden Aspekte in der Planungs‑, Entwurfs- und Umsetzungsphase gegeben.

Die Planungsphase

Tab. 2 gibt einen Überblick über die in der Planung zu bearbeitenden Aspekte.

Tab. 2 Aspekte in der Planungsphase eines Registers

Die Entwurfsphase

Nach Abschluss der Planungsphase, Klärung der Finanzierung sowie Entscheidung über eine Umsetzung erfolgt die Ausdifferenzierung der groben Überlegungen in der Entwurfsphase. Tab. 3 gibt einen Überblick über die in der Entwurfsphase zu bearbeitenden Aspekte.

Tab. 3 Aspekte in der Entwurfsphase eines Registers

Die Umsetzungsphase

Bei der Umsetzung eines Registers sind nicht nur IT-Aspekte zu berücksichtigen. So gilt es bei eigenständiger Rechtsform, eine komplett neue Institution zu schaffen, mit Räumen, Personal, Einrichtung und Prozessen. Bezogen auf die IT sind Lösungen für verschiedene Ebenen umzusetzen. Für die Hardware der zentralen Anwendungen wie dem elektronischen Datenerfassungssystem (EDC) bietet sich ein Betrieb über IT-Dienstleister an. Zumindest für den Kernprozess des Datenmanagements findet sich inzwischen eine Reihe von kommerziellen und nichtkommerziellen Softwareprodukten [16]. Hierbei ist sowohl ein eigener Betrieb auf einer ggf. gemieteten Hardware denkbar als auch der Einkauf als Dienstleitung von dritter Stelle. Hardware und Software sind über ein professionelles IT-Servicemanagement abzusichern, welches z. B. über die Position eines leitenden Informationsbeauftragten (Chief Information Officer) des Registers organisiert wird. Im operativen Registerbetrieb werden dann Datenmanagement, Kommunikation mit den Studienzentren, Management der Probanden und Auswertung als Kernprozesse organisatorisch zusammengefasst. Die Gesamtverantwortung liegt bei der Geschäftsführung. Je größer ein Register aufgestellt ist, umso eher werden einzelne Aufgaben auf verschiedene Personen oder Einrichtungen aufgeteilt, für die dann auch Back-up-Strategien festzulegen sind. Bei sehr kleinen Vorhaben kann hingegen an eine Lösung über eine Stelle oder eine Delegation an einen Dienstleister gedacht werden, soweit dies nicht gegen datenschutzrechtlich relevante Forderungen verstößt.

Die Aufnahme des Registerbetriebs kann an der Rekrutierung des ersten Probanden und einer ersten Übermittlung von Daten festgemacht werden. Neben den sich dann anschließenden Routineaufgaben wird sich die Befassung mit den in diesem Kapitel beschriebenen Aspekten von Planung, Entwurf und Umsetzung bei sich fortentwickelnden Registern wiederholen, um die Konzeption immer wieder an neue oder sich verändernde Zielsetzungen, Aufgaben und Fragestellungen anzupassen.

Softwaremodule der IT-Infrastruktur von SE-Registern

Zu den Kernprozessen im Betrieb eines Registers zählen Datenmanagement, Analyse und Auswertung, Probandenmanagement und Kommunikation mit Studienzentren. Diese werden ergänzt durch die Prozesse der Entwicklung und ggf. des Abschlusses eines Registers sowie unterstützende Prozesse wie Personalverwaltung und IT-Servicemanagement. Einschlägige und zum Teil spezifische Softwareprodukte decken hiervon insbesondere das Datenmanagement ab [17]. Für Analyse und Auswertung werden hingegen häufig gängige Statistikpakete eingesetzt [18]. Im Bereich des Probandenmanagements und der Pseudonymisierung sind eigenständige Lösungen aus Projekten der vernetzten medizinischen Forschung entstanden. Bei der Kommunikation mit Studienzentren kann an die Nutzung von Software aus dem Umfeld des Kundenbeziehungsmanagements (Customer-Relationship-Management) gedacht werden [19]. Angesichts überschaubarer Zahlen von Probanden und Studienzentren bei Registern zu SE erscheint allerdings die Nutzung eigenständiger Module für das Probandenmanagement und für die Kommunikation mit Studienzentren entbehrlich. Bei der im Regelfall vorzunehmenden Trennung zwischen den identifizierenden und den pseudonymisierten, inhaltlichen Daten ist zusätzlich ein Modul zur Verwaltung von Patientenliste und Pseudonymen sowie unter Umständen ein weiteres Modul zur doppelten Pseudonymisierung erforderlich [20].

Im TMF-Projekt „Von der Evaluierung zur Konsolidierung: Anforderungen an Kohortenstudien & Register IT“ (KoRegIT) wurden die Kernprozesse um eine Beschreibung von Top-Level-Aufgaben mit zugeordneten Anwendungsszenarien ergänzt [17]. Diese Differenzierung kann für eine Ausgestaltung der IT-Infrastruktur durch eine an spezifischen Anforderungen orientierte Auswahl eines Softwareprodukts herangezogen werden. Dem Kernprozess des Datenmanagements entsprechen dabei folgende Top-Level-Aufgaben: Datenerhebung und Datenerfassung, Monitoring, Bereitstellung von probandenbezogenen Informationen, Datenmanagement (Organisation und Pflege der Daten), Studienunterstützung, Berichterstattung, Datenintegration und Datenzusammenführung sowie Unterstützung der Patientenversorgung. Insbesondere die Bereitstellung von probandenbezogenen Informationen, die Studienunterstützung sowie die Unterstützung der Patientenversorgung werden bislang nur von einem Teil der am Markt verfügbaren Softwareprodukte angeboten.

Zuständigkeit bei der Erfassung von Daten

Bei der Eingabe von Daten kann zwischen arztbasierten und patientenbasierten Registern unterschieden werden; bei arztbasierten Registern sollte die Eingabe von Daten nur durch Ärztinnen/Ärzte oder Personal von Versorgungseinrichtungen für Menschen mit SE erfolgen. Jedoch ist auch die Eingabe durch Mitarbeiter von sozialpädiatrischen Zentren, Frühförderstellen, Kliniken mit entsprechender Spezialisierung o. Ä. denkbar. Im Regelfall muss die Einwilligung der Betroffenen und/oder der Erziehungs- und Sorgeberechtigten eingeholt werden. Alternativ kann die Datenerfassung durch die Patienten selbst (z. B. online via Webbrowser) erfolgen. Auch dann ist zur Verarbeitung im Regelfall eine informierte Einwilligung („informed consent“) einzuholen. In der Einwilligungserklärung stimmt der Patient beispielsweise der Weitergabe der nichtidentifizierenden Daten an eine europäische Datenbank zu und erklärt, ob er wünscht, Informationen zu krankheitsspezifischen Projekten oder zu klinischen Studien zu erhalten. Bei Registern, bei denen Patienten und Mitglieder des Behandlerteams gemeinsam Daten eingeben, ist die Markierung der Herkunft der Daten etabliert, falls Daten von beiden Quellen stammen können. Häufig ist aber der Bereich der vom Patienten erfassten Merkmale ein anderer als derjenige von Ärzten und anderen Behandlern.

Pharmakovigilanz- und PROM-Module

Innerhalb von arzt- und von patientenbasierten Registern ist es möglich, ein Pharmakovigilanzmodul zu integrieren, um die Sicherheit der Arzneimitteltherapie nach Zulassung über die Zeit zu beobachten. Insbesondere bei neuen Arzneimitteln, für die noch keine Langzeitdaten verfügbar sind, stellt dies ein sinnvolles Vorgehen dar. Neben der Abfrage von Medikamenten, Dosierung, Einnahmeintervall und Nebenwirkungen können funktionelle Parameter, Skalen und Scores (sog. „patient reported outcomes measures“ (PROMs)) erhoben und mit den Daten zur Arzneimitteltherapie korreliert werden.

Datenschutz bei Registern

In Registern werden gesundheitsbezogene Daten erfasst, die häufig bereits an anderer Stelle erhoben und dokumentiert wurden, z. B. in der Akte eines Krankenhauses oder der Akte eines niedergelassenen Arztes. Teilweise werden für Register auch Daten neu erhoben, z. B. zur Lebensqualität. Im Regelfall handelt es sich um personenbezogene Daten, d. h. Daten, aus denen auch bei Wegfall identifizierender Merkmale wie Vorname, Nachname oder Geburtsdatum auf eine Person zurückgeschlossen werden kann. Die Daten werden zur Beantwortung von vorab formulierten Fragestellungen in der erforderlichen Detailtiefe erfasst oder lassen sich mit weiteren Angaben und Hintergrundwissen zusammenführen. Diese Situation macht eine datenschutzrechtliche und ethische Prüfung eines Registers erforderlich. Das Erfordernis einer datenschutzrechtlichen Prüfung ergibt sich aus den entsprechenden Gesetzen und Verordnungen (u. a. der Europäischen Union, der Bundesrepublik Deutschland oder der Bundesländer). Das Erfordernis einer ethischen Prüfung ergibt sich aus der Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte oder Regelungen beteiligter Einrichtungen wie Universitätskliniken. Falls im Rahmen eines Registers eine kontrollierte diagnostische, therapeutische oder sonstige Intervention erfolgt, können andere Regelungen wie das Arzneimittelgesetz relevant werden.

Die Erfassung von gesundheitsbezogenen Daten in einem Register setzt eine rechtliche Grundlage voraus. Liegt kein anderweitiger Erlaubnistatbestand vor, ist eine informierte Einwilligung der Teilnehmer zwingend notwendig. Dies ist im Regelfall die informierte Einwilligung der Patientinnen und Patienten, bei Minderjährigen der Erziehungs- oder Sorgeberechtigten sowie bei Erwachsenen ggf. auch der rechtlichen Betreuer. Die inhaltlichen und formalen Anforderungen an eine solche rechtswirksame Einwilligung zur Verarbeitung personenbezogener Daten finden sich in den genannten Gesetzen. Die technisch-organisatorischen Anforderungen zum Schutz vor Risiken bei der Datenverarbeitung innerhalb eines Registers sind datenschutzrechtlich sowie informationstechnisch zu überprüfen und vor dem Start des Registers in einem Datenschutz- sowie Informationssicherheitskonzept schriftlich zu formulieren. Weiterhin fordert z. B. die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) explizit ein Verzeichnis aller Verarbeitungstätigkeiten.

Eine Beratung oder Bestätigung durch Datenschutzbeauftragte des Bundes oder der Länder ist im Regelfall nicht verpflichtend.

Die Registerleitung beantragt eine Beratung und Stellungnahme zu ethischen Gesichtspunkten. Beratung und Stellungnahme erfolgen entweder bei der Ethikkommission der eigenen Einrichtung, z. B. einer medizinischen Fakultät/einem Universitätsklinikum oder – falls eine Ethikkommission der eigenen Einrichtung nicht existiert – bei der Ethikkommission der zuständigen Landesärztekammer. Diese Verpflichtung gilt auch für Erhebungszentren; ggf. müssen also mehrere Ethikkommissionen einbezogen werden. Unterlagen für die ethische Beratung sind neben den Antragsformularen das Registerprotokoll, das Datenschutzkonzept sowie die Patienteninformation und die Einwilligungserklärung.

Auch bei informierter Einwilligung sind Grundsätze des Datenschutzrechts wie Datensparsamkeit und Zweckbindung zu beachten. Die Ausgestaltung der Einwilligungserklärung hat bei häufig langfristig angelegten Registern eine herausragende Bedeutung. Lücken in der Einwilligungserklärung sind später nur durch erneutes Ansprechen der Teilnehmer zu schließen, wobei das Ansprechen durch die verantwortliche Stelle bereits einen in der initialen Einwilligungserklärung zu berücksichtigenden Punkt darstellt. Die Zwecke, die das Register verfolgt, um seine Ziele zu erreichen, sind dabei so exakt wie möglich zu formulieren; die Datenerfassung beschränkt sich auf die Merkmale, die für die Zwecke notwendig sind.

Bei den vom Register benötigten Daten sind identifizierende Merkmale wie Vorname, Nachname und Geburtsdatum (IDAT) von den inhaltlichen Merkmalen wie Diagnose und Lebensqualität (MDAT) zu trennen. Damit verfügt ein Register typischerweise über 2 technisch und organisatorisch getrennte Datenbestände, einen der Vertrauens- oder Treuhandstelle (IDAT) und einen weiteren des Registerbetreibers (MDAT). Eine Pseudonymisierung der Daten sollte sicherstellen, dass eine Rückverfolgung der Datensätze zum Patienten nur in klar definierten Szenarien möglich ist.

Für Besonderheiten wie die Übernahme von Daten aus anderen Verfahren (z. B. der Abrechnung) oder die Feststellung des Verbleibs von Probanden über einen Abgleich der Teilnehmer mit Melderegistern ist in jedem Einzelfall eine Lösung zu entwickeln. Hierbei kann dann eine fachliche Beratung z. B. durch die Arbeitsgruppe Datenschutz der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V. (TMF) empfohlen werden.

Die Teilnehmer haben umfassende Rechte zu Korrektur oder Widerruf ihrer Einwilligung wie zur Auskunft, Einsichtnahme, Korrektur oder Löschung ihrer Daten. Diese Szenarien müssen vorab geplant werden, um die erforderlichen Maßnahmen im Betrieb störungsfrei umzusetzen. Zu beachten ist, dass die Regelung in Ausnahmefällen, z. B. bei behördlichen Auflagen zur Sammlung sicherheitsrelevanter Daten, anders ausfallen kann. Bei größerer Zahl an Probanden ist dafür ein zentrales Einwilligungsmanagement sinnvoll, z. B. betrieben von der Vertrauens- oder Treuhandstelle.

Empfehlung zum SE-Minimaldatenschema

Als „SE-Minimaldatenschema“ (Minimal Data Set) oder SE-Basisdatensatz wird die Liste bezeichnet, welche die kleinste Menge gemeinsam benutzter Datenelemente definiert, d. h. die Liste der Datenelemente, die man ausnahmslos in allen SE-Registern finden sollte. Es gibt eine Reihe von publizierten konkreten Vorschlägen für die besondere Situation der Seltenen Erkrankungen [21, 22]. Aus diesen wurde eine praktikable Liste zur Verwendung in europäischen SE-Registern für Seltene Erkrankungen durch das JRC zusammengeführt, die lediglich 16 Datenelemente enthält [9].

Langfristige Finanzierung/Nachhaltigkeit

Register steigen typischerweise im Wert, wenn sie über längere Zeiträume Daten erfassen, sofern Datenqualität und -menge nachhaltig gut sind. Hierzu ist eine gesicherte Finanzierung eine unerlässliche Voraussetzung. Dabei ist es grundsätzlich einfacher, Ärzte und Betroffene für einen begrenzten Zeitraum zu motivieren. Für eine über viele Jahre fortdauernde sorgfältige Datenerhebung sind zusätzliche Anreize zu schaffen. Eine finanzielle Absicherung der IT-Infrastruktur wird typischerweise in der Aufbauphase berücksichtigt, im Dauerbetrieb müssen diese Kosten aber ebenso sichergestellt sein. Eine langfristige finanzielle Unterstützung bei der Motivation der Datenerfassung kann ebenso wichtig sein.

Einnahmen zur Unterhaltung einer generischen oder krankheitsspezifischen Registerinfrastruktur können durch eine Querfinanzierung aus anderen Bereichen angestrebt werden. Geeigneter ist jedoch eine die Unabhängigkeit des Registers sichernde eigenständige Finanzierung. Erstellung von Analysen im Auftrag Dritter sowie die Herausgabe von aggregierten Daten können zu Erlösen beitragen. Zusätzlich können Spenden, auch über einen Spendenbutton auf den angeschlossenen Webseiten genutzt werden. Ebenfalls besteht die Möglichkeit, dass die pharmazeutische Industrie Interesse an Daten zu bestimmten Seltenen Erkrankungen hat. Die Entscheidung über die Zulässigkeit einer Datenweitergabe gegen finanzielle Honorierung steht grundsätzlich unter dem Vorbehalt der informierten Einwilligung durch die Betroffenen. Nur wenn die Datenweitergabe Bestandteil der Patienteneinwilligung war, kann eine Auswertung bei einer konkreten Anfrage weitergegeben werden.

Patientenorientierung

Für die Patientinnen und Patienten mit einer Seltenen Erkrankung sind hochwertige medizinische Patientenregister sowohl in der Versorgungsforschung als auch in der Grundlagen- und der klinischen Forschung von hoher Bedeutung. Per Definition führt die geringe Anzahl von Patienten mit einer bestimmten Seltenen Erkrankung dazu, dass sowohl die Krankheitsentwicklung als auch die Wirkungen und Nebenwirkungen von möglichen Behandlungsansätzen über längere Zeit gesammelt und erforscht werden müssen, um dadurch eine verlässliche statistische Basis für die Beurteilung und Prognose zu erlangen, wie sie für häufigere Erkrankungen üblich ist. Damit können Register klinische Studien für Zulassungsverfahren ergänzen, dienen der Patientensicherheit und ermöglichen bei Seltenen Erkrankungen erst deren gezielte Erforschung.

Zum einen erwarten Patientinnen und Patienten mit Seltenen Erkrankungen Register, die auf dem Gebiet ihrer Erkrankungen die Forschung mit ihren Gesundheits- bzw. Krankheitsdaten ermöglichen. Für diesen Zweck willigen sie zu einem sehr hohen Anteil in die Nutzung ihrer Daten ein. Die Erwartung ist dabei, dass keine Datenhalden erzeugt werden, die am Ende wissenschaftlich nicht auswertbar und nutzbar sind, sondern Register, die sich an Standards und Best Practices orientieren, u. a. hinsichtlich der Interoperabilität. Dazu ist die Transparenz der Formulare und Merkmalskataloge (sog. Metadaten) sowohl bei klinischen Studien als auch den Registern eine wichtige Voraussetzung [23].

Zum anderen erwarten Patienten, dass diese Register nach Ende einer Förder- oder Projektlaufzeit nicht wieder eingestellt werden, sondern dass ihre Daten dauerhaft genutzt werden. Viele wollen ihre Daten sogar über das eigene Leben hinaus der Forschung bereitstellen. Dazu gehört auch die Freiheit der Einwilligung oder des nachträglichen Widerspruchs mit einem einfachen Verfahren, selbst wenn der ärztliche Ansprechpartner vor Ort oder sogar die Trägerschaft eines Registers wechseln. Schutz der Daten vor Verlust, Diebstahl, Ausspähung, Veruntreuung oder Missbrauch sind wesentliche Elemente zur Vertrauensbildung genauso wie eine vertrauenswürdige Trägerschaft eines Registers.

Viele Patienten erwarten darüber hinaus, Informationen zu den Forschungsergebnissen zu erhalten, die mithilfe ihrer Daten gewonnen wurden. Um diese Erwartungen und die Erfahrungen der Patienten wirkungsvoll einzusetzen, wird die Beteiligung von Patientenvertreterinnen und Patientenvertretern in den Beiräten oder Lenkungsausschüssen (Steering Committees) eines Registers gefordert.

Diskussion

Die Notwendigkeit von Registern zu Seltenen Erkrankungen ist unumstritten. In Registern werden gesundheitsbezogene Daten erfasst, die bereits an anderer Stelle erhoben und dokumentiert wurden, z. B. in der Akte eines Krankenhauses oder der Akte eines niedergelassenen Arztes, bzw. die zu diesem Zweck neu erhoben werden, z. B. zur Lebensqualität. Im Regelfall handelt es sich um personenbezogene bzw. personenbeziehbare Daten, d. h. Daten, die sich auf eine Person beziehen lassen oder auf diese zurückschließen lassen. Die Daten werden zur Beantwortung von vorab formulierten Fragestellungen in hoher Detailtiefe erfasst oder lassen sich mit weiteren Angaben und Hintergrundwissen zusammenführen.

Der Aufbau eines Registers bedarf grundsätzlich einer verbindlichen, rechtlichen Voraussetzung. Ein entsprechendes Registerkonzept regelt die komplexen strukturellen und organisatorischen Vorgänge wie Meldung, Umfang und Aufbau des Registers, Datenübermittlung, Datenabgleich sowie Widerrufsrechte u. Ä. als auch die Informationssicherheit und technischen Voraussetzungen u. v. m. Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten macht darüber hinaus eine umfassende Prüfung eines Registers vor der Implementierung erforderlich. Die Erfordernisse einer datenschutzrechtlichen Prüfung ergeben sich aus den entsprechenden Gesetzen und das Erfordernis einer ethischen Prüfung ergibt sich aus der Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte sowie den Regelungen zuständiger Einrichtungen wie Universitätskliniken (s. Abschnitt „Datenschutz bei Registern“).

Grundsätzlich sind Anforderungen des Datenschutzes wie Datensparsamkeit und Zweckbindung zu beachten. Die Ausgestaltung der Patientenaufklärung und besonders der Einwilligungserklärung hat diesbezüglich bei den zumeist langfristig angelegten Registern eine herausragende Bedeutung. Die Zwecke, die das Register verfolgt, um seine Ziele zu erreichen, sind dabei so exakt wie möglich zu formulieren. Die Datenerfassung beschränkt sich auf die Merkmale, die für die Zwecke notwendig sind.

Bei Einhaltung der Regeln zur informationellen Selbstbestimmung und des Datenschutzes können mit Registern ohne zusätzliche Risiken für den Patienten wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen und beispielsweise Therapieentwicklungen beschleunigt werden. Neben dem Risiko eines Missbrauchs der Daten, das durch Einhaltung der Regeln des Datenschutzes durch Anonymisierung oder sichere Pseudonymisierung minimiert werden kann, sind wesentliche Gefahren die überflüssige Erhebung von Daten oder die mangelnde Verfügbarkeit der erhobenen Daten. Dem kann nur durch Transparenz und Kontrolle durch den Registerbetreiber wirksam begegnet werden.

In der wissenschaftlichen Literatur zum sinnvollen Umgang mit großen Datenmengen hat sich das Prinzip FAIR auch im Zusammenhang mit Registern in den letzten Jahren durchgesetzt [24]. FAIR steht für die Datenattribute Findable, Accessible, Interoperable und Reusable, also die Forderung, dass Registerdaten auffindbar, zugänglich, interoperabel und wiederverwendbar sein sollten. Nur dann erfüllen sie die Anforderungen an ethisch vertretbare Datensammlungen zum wissenschaftlichen Gebrauch. Diese Sichtweise ist weitgehend unbestritten, wenn auch damit nicht alle notwendigen Voraussetzungen für Register aufgelistet sind. Aus dem hier beschriebenen Text leiten die Autoren eher die Forderung ab, dass gute Register sich dadurch auszeichnen, dass sie neben der Einhaltung einer Vielzahl von Gütekriterien auch eine Erfüllung der FAIR-Bedingungen anstreben.

Zu den weiteren wichtigen Eigenschaften von Registern für Seltene Erkrankungen in dem Sinn dieses Textes gehört die Einordnung der Datensammlung in den internationalen Kontext. Es hat Sinn, die Daten in einer Form zu erfassen und verfügbar zu machen, die internationale Vergleiche oder Zusammenführungen ermöglicht. Eine Übersicht über verfügbare Register verhindert die Erstellung immer wieder neuer, kleinteiliger Datensammlungen.

Es gibt eine unüberschaubar große Zahl kleiner und kleinster Sammlungen von Patientendaten, die durch ihre begrenzte Verfügbarkeit von minderem Wert sind. Durch Einholung einer entsprechenden Einwilligung zur weitergehenden Nutzung der Daten beim Patienten können mit modernen IT-Instrumenten auch kleine und kleinste Sammlungen in größere Register integriert werden. Voraussetzung ist neben der spezifischen Patienteneinwilligung eine hinreichende Beschreibung der Daten (Metadaten) und eine ausreichende Datenqualität. Wesentliche Elemente einer übergeordneten Infrastruktur zur Sicherung der Interoperabilität sind eindeutige Definitionen der einzelnen zu erfassenden Datenelemente (Beschreibung in einem Metadatenregister) und eine Verknüpfung der Metadaten mit einem Register, in dem alle bekannten Register erfasst sind (Verzeichnis der Register). Mit solch einer Infrastruktur können alle verfügbaren Datensammlungen sichtbar und eine mehrfache Erhebung von Daten überflüssig gemacht werden. Neben einer krankheitsspezifischen Registerinfrastruktur zusammen mit einem Verzeichnis der Register und einem Metadatenregister auf nationaler Ebene kann eine solche umfassende Struktur auch auf europäischer Ebene oder international konzipiert werden, um auch bei sehr seltenen Erkrankungen zu aussagefähigen Zahlen zu kommen.

Die Maßnahmen im nationalen Aktionsplan in Bezug auf Register sind ein wichtiger Schritt zur Vernetzung und zur Herstellung einer Interoperabilität der Sammlungen von Patientendaten bei Seltenen Erkrankungen in Deutschland. Der nächste notwendige und ethisch unverzichtbare Schritt ist nun die europäische und internationale Vernetzung von SE-Registern, wobei durch die geleisteten Vorarbeiten die Voraussetzungen in Deutschland ausgesprochen gut sind, um bei Einhaltung der strengen europäischen Anforderungen an den Datenschutz zu einem weitreichenden Ergebnis zu kommen. Jede Ausweitung der Nutzung solcher Daten muss aber durch eine Einwilligung des Patienten abgesichert sein.