Die Migräne ist eine chronische Erkrankung, bei der es aufgrund einer vermutlich genetischen Veranlagung zu rezidivierenden Schmerzattacken kommt. Diese Schmerzattacken gehen obligat mit vegetativen und fakultativ mit vorübergehenden, fokal-neurologischen Symptomen (Aura) einher.

Man unterscheidet 2 Hauptformen der Migräne: Migräne ohne Aura und Migräne mit Aura. Mit etwa 80–85 % ist die Migräne ohne Aura die häufigste Form. Die Klassifikation der Migräne und migräneartiger Erkrankungen erfolgt gemäß der Richtlinien der „International Headache Society“ (IHS) [1]. Der typische Kopfschmerz bei einer Migräneattacke erfüllt mindestens 2 der folgenden 4 Kriterien: Er ist halbseitig, hat eine mäßig starke bis starke Intensität, einen pulsierenden Charakter und verstärkt sich bei körperlicher Anstrengung. Begleitend treten Übelkeit und Erbrechen sowie eine Licht-und Geräuschempfindlichkeit auf. Migräneanfälle mit einer Aura sind häufig von optischen oder sensorischen Wahrnehmungsstörungen geprägt. Dabei treten Gesichtsfeldausfälle, Sehstörungen, Gefühlstörungen (z. B. Kribbeln) in den Armen oder andere neurologische Ausfälle vor den Kopfschmerzen auf.

Eine chronische Migräne liegt vor, wenn ein Patient an mehr als 15 Tagen im Monat über mehrere Monate (≥ 3) hinweg unter einer Migräne leidet. Davon abzugrenzen ist der chronische Kopfschmerz bei Medikamenteneinnahme, der insbesondere durch einen Übergebrauch von Analgetika induziert wird.

Zur Behandlung der akuten Kopfschmerzphase eines Migräneanfalls und zur Migräneprophylaxe steht heute eine Vielzahl unterschiedlicher pharmakologischer Behandlungsansätze zur Verfügung. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) haben diese Behandlungsansätze analysiert und Therapieempfehlungen mit dem Ziel einer Optimierung der Migränebehandlung zusammengefasst [2]. Während sich diese Therapieempfehlungen an verfügbaren klinischen Studien, medizinischen Veröffentlichungen und Expertenerfahrungen orientieren, sollen nachfolgend in erster Linie die für die Migränetherapie zugelassenen Arzneimittel vorgestellt und aktuelle Erkenntnisse diskutiert werden.

Europäische Anforderungen an die klinische Entwicklung neuer Migränemittel

Die von regulatorischer Seite gegebenen Empfehlungen für die klinische Entwicklung neuer Migränemittel werden aktuell in der von der „European Medicines Agency“ (EMA) herausgegebenen „Guideline on Clinical Investigation of Medicinal Products for the Treatment of Migraine“ formuliert [3].

In klinische Studien eingeschlossene Patienten sollten seit mindestens 1 Jahr an Migräne gemäß den IHS-Kriterien [1] erkrankt sein. Die Art und Häufigkeit ihrer Migräneanfälle sollte über die letzten 3 Monate gut dokumentiert sein. Die Anfallshäufigkeit sollte zwischen 1 und 6 Attacken pro Monat liegen, wobei die Patienten mindestens 48 h schmerzfrei sein sollen, um eindeutig zwischen zwei Anfällen unterscheiden zu können. Sie können zusätzlich unter anderen Kopfschmerzarten leiden, sofern diese klar von der Migräne abgrenzbar sind. Sofern die Patienten bereits Medikamente zur Prophylaxe der Migräne in stabiler Dosierung einnehmen, können diese während der Studie zur Behandlung akuter Migräneattacken weiter verabreicht werden.

Unabhängig davon, ob es sich um Migräne mit oder ohne Aura handelt, wird für die Behandlung akuter Migräneanfälle als primärer Studienendpunkt bzw. Wirksamkeitsnachweis der Anteil an Patienten mit Schmerzfreiheit 2 Stunden nach der Medikamenteneinnahme empfohlen („2 hr pain-free“). Die Studien sind üblicherweise randomisiert, doppelblind im Vergleich zu Placebo durchzuführen.

Häufig ist zu beobachten, dass Patienten zwar initial gut ansprechen und nach 2 Stunden Schmerzfreiheit erreichen, aber im weiteren zeitlichen Verlauf erneut Kopfschmerzen entwickeln („headache recurrence“). Deshalb wird empfohlen, als sekundären Endpunkt den Anteil an Patienten zu erfassen, die nach 2 Stunden schmerzfrei waren und dies bis 48 Stunden nach Medikamenteneinnahme ohne Gebrauch von Bedarfsmedikation auch bleiben („sustained pain-free“/„maintenance of effect“). Grundsätzlich wird ein möglichst frühzeitiger Eintritt der Schmerzlinderung angestrebt. Typische sekundäre Endpunkte zur Erfassung der Schnelligkeit des Wirkeintrittes sind die Messung der Schmerzintensität an früheren Zeitpunkten (30 min, 60 min usw.) bzw. die Zeit bis zum Eintritt einer wesentlichen Schmerzerleichterung („time-to-meaningful relief“). Die Wirksamkeit eines Arzneistoffes ist aber nicht nur im Hinblick auf eine einzelne Attacke zu zeigen. Zum Beleg eines anhaltenden Behandlungserfolges („consistency of effect“) wird zusätzlich empfohlen, die Wirksamkeit über mehrere aufeinanderfolgende Migräneanfälle nachzuweisen.

Für Studien mit Migräneprophylaktika wird als primärer Endpunkt die mittlere Frequenz der Migräneattacken innerhalb eines vordefinierten Zeitraums, z. B. innerhalb von 4 Wochen oder während der letzten 4 Wochen einer 3-monatigen Behandlungsphase, empfohlen.

Die Wirksamkeit eines Arzneimittels für die akute oder prophylaktische Behandlung von Migräne bei Kindern (6 bis 11 Jahre) und Jugendlichen (12 bis 17 Jahre) kann nicht von Studien an Erwachsenen abgeleitet werden, sondern ist für die jeweiligen Altersgruppen gesondert zu zeigen. Die empfohlenen Studienendpunkte entsprechen im Wesentlichen denen bei Erwachsenen.

Akute Behandlung der Migräne

Triptane

Die Entwicklung der Triptane als weitgehend selektive Agonisten an Serotonin-5-HT1B/1D-Rezeptoren gilt als Meilenstein in der Migränetherapie. Deren Einführung zur Akutbehandlung einer Migräneattacke hat Behandlungsstrategien beeinflusst und andere Substanzgruppen wegen ihrer besseren Wirksamkeit und geringeren Nebenwirkungen verdrängt. Mittlerweile werden die Triptane als Therapie der ersten Wahl bei mittelstarken bis starken Migräneattacken empfohlen [2].

1991 wurde Sumatriptan in Form einer Subkutaninjektion als erstes „Triptan“ in den Markt eingeführt. Heute sind weltweit mit Sumatriptan, Zolmitriptan, Naratriptan, Eletriptan, Rizatriptan, Almotriptan und Frovatriptan 7 Vertreter dieser Substanzklasse zugelassen. Sie sind zum Teil in verschiedenen Stärken und Darreichungsformen wie Tabletten, Schmelztabletten, Nasensprays oder als subkutane Injektionslösung erhältlich.

Es ist zu beachten, dass es im Verlauf eines Migräneanfalls zu einer verzögerten gastrointestinalen Resorption des Wirkstoffes kommen kann und dass aufgrund der Begleitsymptomatik wie Übelkeit und Erbrechen perorale Darreichungsformen nicht in jedem Fall toleriert werden. In diesen Fällen sollen orale Schmelztabletten, die für Rizatriptan und Zolmitriptan verfügbar sind und ohne Wasser eingenommen werden können, von Vorteil sein. Jedoch wird auch bei oralen Schmelztabletten der Wirkstoff größtenteils nicht über die Mundschleimhaut resorbiert, sondern mit dem Speichel geschluckt, sodass sich für diese Darreichungsform keine Vorteile im Hinblick auf die Schnelligkeit des Wirkeintritts gegenüber herkömmlichen Tabletten ergeben. Nach Gabe oraler Schmelztabletten werden die maximalen Plasmaspiegel in der Regel etwa 1 h später erreicht als nach Einnahme einer Tablette, die mit einem Glas Wasser geschluckt wurde. Deutliche Vorteile ergeben sich jedoch für die parenteralen Darreichungsformen der Triptane. Nach subkutaner Injektion von Sumatriptan wird die schnellste und vollständigste Schmerzlinderung beobachtet, die bereits nach 10–15 min eintritt. Gleichzeitig ist diese aber auch verbunden mit einer erhöhten Rate an unerwünschten Arzneimittelwirkungen und dem häufigen Wiederauftreten des Schmerzes innerhalb eines Anfalls nach initialer Besserung. Ein ähnlich schneller Wirkeintritt ist nach Verabreichung nasaler Sprays zu erreichen, die für Sumatriptan und Zolmitriptan entwickelt wurden [4].

Wirkmechanismus

Alle Triptane verfügen über ein ähnliches, jedoch nicht identisches Bindungsprofil an den vierzehn derzeit bekannten Serotoninrezeptoren. Kennzeichnend ist ihre hochaffine Bindung an 5-HT1B/1D-Rezeptoren im nanomolaren Bereich. Einige Triptane (z. B. Sumatriptan, Eletriptan und Naratriptan) verfügen zusätzlich über eine hohe Affinität an 5-HT1F-Bindungsstellen [5].

Über vaskuläre 5-HT1B-Rezeptoren bewirken die Triptane eine Vasokonstriktion großer Hirngefäße, arteriovenöser Anastomosen und meningealer Gefäße. Obwohl die äußerst komplexen physiologischen Vorgänge, die letztlich zur Auslösung einer Migräneattacke führen, noch immer nicht vollständig verstanden sind, wird die Migräne jedoch nicht als primär vaskuläre Erkrankung angesehen [6, 7].

Neben der oben beschriebenen direkten 5-HT1B-Rezeptor-vermittelten Vasokonstriktion führt die agonistische Wirkung der Triptane an 5-HT1D- und 5-HT1F-Rezeptoren zur Hyperpolarisation der Nervenendigungen, sodass in der Folge die Weiterleitung trigeminaler Impulse und die Freisetzung von Neuropeptiden aus sensorischen Nervenendigungen gehemmt werden [8].

Wann sollten Triptane eingenommen werden?

In den für die Zulassung der Triptane maßgeblichen Pivotalstudien wurden die Patienten instruiert, die Studienmedikation einzunehmen, wenn der Migränekopfschmerz bereits eine mittlere bis starke Intensität erreicht hat. Aufgrund von Post-hoc-Auswertungen kontrollierter Studien, open-label-Studien und neuerer kontrollierter Studien mit gezielt früher Einnahme der Testmedikation bei noch milder Schmerzintensität ergibt sich heute die Empfehlung, Triptane bereits bei einsetzendem Kopfschmerz, also zu einem frühen Zeitpunkt der Attacke, zu verabreichen [911]. Hierdurch ergeben sich Vorteile hinsichtlich der Schnelligkeit und des Ausmaßes der Schmerzreduktion [1214]. Die Progression der Attacke bis hin zum Schmerz mit starker Intensität kann so in vielen Fällen verhindert werden. Zur Vermeidung einer unnötigen Medikamentengabe wird in der Fachinformation jedoch darauf hingewiesen, Triptane erst einzunehmen, wenn der Patient sicher ist, eine Migräneattacke zu entwickeln und der Kopfschmerz bereits spürbar ist [15].

Gibt es Unterschiede zwischen den Triptanen?

Trotz der Variationen im Bindungsprofil der einzelnen Substanzen mit bis zu 10-fachen Unterschieden in der Affinität zu 5-HT1B/1D-Rezeptoren gelten die Triptane als Substanzgruppe mit weitgehend gleichem pharmakologischem Profil [4]. Größere Unterschiede bestehen jedoch hinsichtlich ihrer pharmakokinetischen Eigenschaften (Tab. 1).

Tab. 1 Pharmakokinetische Eigenschaften der Triptane, Angaben entsprechend der jeweiligen Fachinformation

Sumatriptan weist nach peroraler Gabe mit etwa 14 % die geringste Bioverfügbarkeit aller Triptane auf. Im Laufe der weiteren klinischen Entwicklung wurden daraufhin Triptane mit höherer Bioverfügbarkeit etabliert (Naratriptan: 63 %, Almotriptan: 70–80 %). Der Vorteil einer höheren Bioverfügbarkeit liegt jedoch nicht primär darin, höhere Plasmaspiegel zu erreichen. Vielmehr scheint die höhere Bioverfügbarkeit eher zu konsistenteren (weniger variablen) Plasmakonzentrationen bei gegebener Dosis zu führen. Inwieweit dies jedoch mit einer höheren Konsistenz des therapeutischen Effektes korreliert, ist unklar [16].

Die Zeit bis zum Erreichen maximaler Plasmaspiegel (Tmax) kann bei einzelnen Triptanen während einer Migräneattacke verlängert sein. In dieser Hinsicht scheint Rizatriptan vorteilhaft, da die Resorption nicht durch den Migräneanfall verlangsamt wird und Tmax ohnehin mit etwa 1,2 Stunden sehr schnell erreicht wird (Zolmitriptan und Sumatriptan: 1,5–2,0 h). Deutlich langsamer fluten Naratriptan und Frovatriptan an. Dabei zeigt Frovatriptan auch die langsamste Eliminationshalbwertzeit (25 h), sodass der klinische Effekt wahrscheinlich länger andauert. Naratriptan und Frovatriptan können daher insbesondere bei Patienten mit menstrueller Migräne, bei Patienten mit üblicherweise sehr lang andauernden Migränekopfschmerzen und bei Patienten mit einer hohen Rate an wiederkehrendem Schmerz vorteilhaft sein [4, 16].

Trotz der beschriebenen Unterschiede gelten die Triptane aber eher als eine untereinander sehr ähnliche Substanzgruppe, sodass bei der Erstbehandlung eines Patienten schwer vorhersagbar ist, mit welchem Triptan mit der höchsten Wahrscheinlichkeit ein Behandlungserfolg zu erwarten ist [17, 4]. Das individuelle Ansprechen des Patienten scheint idiosynkratisch und möglicherweise genetisch bedingt zu sein [18]. Zahlreiche Faktoren, wie z. B. die typische Schwere, der Verlauf und die Dauer der Migräneattacken, das Auftreten wiederkehrender Schmerzen oder das Interaktionspotenzial der einzelnen Triptane sind bei der Auswahl zu berücksichtigen. Auch die Wahl der Darreichungsform kann von entscheidender Bedeutung sein [18].

Wenn die Behandlung mit dem ersten Triptan nicht erfolgreich verläuft, ist ein neuer Versuch mit einem zweiten oder dritten Vertreter der Substanzgruppe gerechtfertigt. Allerdings sollte die Beurteilung des Behandlungserfolges erst dann erfolgen, wenn ein Triptan in maximaler Dosierung zu einem jeweils frühen Zeitpunkt des Migräneanfalls über zwei Attacken verabreicht worden ist [4].

Wirksamkeit von Triptanen

In einer großen Metaanalyse von 53 randomisiert kontrollierten Studien (RCT) mit insgesamt 24.089 eingeschlossenen Patienten wurde die Wirksamkeit und Sicherheit der Triptane vergleichend zusammengefasst [17]. Die über alle Studien gemittelten Ergebnisse für die am häufigsten benutzte Leitsubstanz Sumatriptan 100 mg sollen hier beispielhaft kurz dargestellt werden: Bei 59 % [95 %-Konfidenzintervall (KI) 57–60] der behandelten Migräneattacken trat eine Besserung des Schmerzes ein, d. h. eine Schmerzerleichterung von mittelgradiger oder schwerer Intensität zu mildem bzw. kein Schmerz. In nur 29 % (95 %-KI 27–30) der behandelten Attacken waren die Patienten nach 2 Stunden schmerzfrei, und nur 20 % (95 %-KI 18–21) der Patienten blieben 2 bis 24 Stunden nach Medikamentengabe schmerzfrei. Der Behandlungserfolg war bei 67 % (95 %-KI 63–70) der Patienten konsistent, d. h. mindestens 2 von 3 Attacken wurden erfolgreich behandelt.

Wie in Schmerzstudien allgemein beobachtet, ist auch in Migränestudien eine vergleichsweise hohe Plazeboantwort zu verzeichnen. Bei den oben genannten gemittelten Ergebnissen handelt es sich also um absolute Ergebnisse. Zieht man hiervon die Rate an Attacken ab, die erfolgreich mit Plazebo behandelt wurden (Plazebo-bereinigter Nettobehandlungserfolg), so ergeben sich für Sumatriptan 100 mg noch 29 % (95 %-KI 26–34) der Attacken mit Schmerzerleichterung und 19 % (95 %-KI 17–22) Schmerzfreiheit nach 2 Stunden. Die für Sumatriptan erzielten Ergebnisse werden durchgängig auch von Rizatriptan 10 mg, Eletriptan 80 mg und Almotriptan 12,5 mg erreicht bzw. übertroffen.

Im Hinblick auf die Konsistenz des Behandlungserfolges („Consistency“) über mehrere Attacken zeigt Rizatriptan 10 mg die höchsten Ansprechraten aller Triptane [17]. In sog. „Consistency“-Studien über 3 Anfälle war ein Patient nach Behandlung mit Rizatriptan 10 mg in 96 % der Fälle in 1 von 3 Attacken schmerzerleichtert (77 % schmerzfrei), in 86 % der Fälle sogar in 2 der 3 Attacken schmerzerleichtert (48 % schmerzfrei) und noch in 60 % der Fälle in allen 3 behandelten Attacken schmerzerleichtert (20 % schmerzfrei) [19].

Sicherheitsprofil der Triptane

Die durch 5-HT-Rezeptoren vermittelten vasoaktiven Eigenschaften der Triptane betreffen vornehmlich das intrakranielle, extrazerebrale Gefäßsystem. In geringerem Maße kann es jedoch auch zu einer Vasokonstriktion in peripheren und koronaren Gefäßen kommen. Daher ist die Anwendung aller Triptane kontraindiziert bei Patienten mit Herzinfarkt in der Vorgeschichte, bei Patienten mit ischämischer Herzkrankheit, koronaren Vasospasmen, peripheren vaskulären Erkrankungen, bei Patienten mit Symptomen bzw. Anzeichen einer ischämischen Herzkrankheit, bei Patienten mit Schlaganfall oder vorübergehenden ischämischen Attacken in der Krankheitsgeschichte sowie bei Patienten mit mittelschwerem bis schwerem Bluthochdruck sowie leichtem unkontrolliertem Bluthochdruck. Zusätzliche Gegenanzeigen ergeben sich substanzspezifisch aufgrund der jeweiligen pharmakokinetischen Eigenschaften.

Alle Triptane können ein Gefühl der Enge im Brust- und Halsbereich auslösen, das mit Atemnot und Brustschmerzen einhergehen kann. Auch wenn diese Nebenwirkung ursprünglich als Folge einer Verengung von Herzkranzgefäßen angesehen wurde [20], so geht man heute davon aus, dass die beschriebenen Symptome Folge einer Verkrampfung glatter Muskulatur in der Speiseröhre sind. Insgesamt gelten die Triptane bei Beachtung der jeweiligen Gegenanzeigen als nebenwirkungsarme Substanzgruppe. In der bereits oben erwähnten Metaanalyse [17] lag die Häufigkeit aller unerwünschten Ereignisse für Almotriptan und Naratriptan im Bereich von Plazebo (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Plazebo-bereinigte Rate aller unerwünschten Ereignisse für jedes Triptan (Mittelwerte und 95 %-Konfidenzintervall). Abbildung aus Ferrari et al. 2002 [17]. (Copyright © 2002, International Headache Society; Reprinted by Permission of SAGE)

Almotriptan und Naratriptan wurden in Deutschland aufgrund ihres günstigen Nebenwirkungsprofils aus der Verschreibungspflicht entlassen und sind in einer Packungsgröße von maximal 2 Tabletten in der Apotheke ohne Rezept erhältlich (seit April 2006 Naratriptan, seit April 2011 Almotriptan). Die Limitierung der Packungsgröße beider freiverkäuflicher Triptane erfolgte, um das Risiko eines Übergebrauchs zu minimieren. Die Entlassung von Sumatriptan und Zolmitriptan aus der Verschreibungspflicht wurde 2013 vom Bundesrat abgelehnt.

Analgetika

Gemäß den aktuellen Empfehlungen werden Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen und Paracetamol als Analgetika erster Wahl bei leicht- und mittelgradigen Migränekopfschmerzen angesehen [2]. Die optimale Dosis beträgt bei alleiniger oraler Anwendung für ASS und Paracetamol 1000 mg, für Ibuprofen 400–600 mg und für Diclofenac-Kalium 50–100 mg. Wegen der beschleunigten Resorption kann die Einnahme in Form einer Brausetablette vorteilhaft sein. Opioide sollten nicht zur Behandlung der Migränekopfschmerzen eingesetzt werden.

Ergotamin und Derivate

Mutterkornalkaloide wie Ergotamin und ihre chemischen Derivate wie Dihydroergotamin (DHE) bzw. Methysergid wurden seit vielen Jahrzehnten zur Migränetherapie eingesetzt [21]. Hierbei handelt es sich um eine weitgehend unspezifische Arzneistoffgruppe, die neben den für die Migränetherapie wesentlichen 5-HT1B/1D-Rezeptoren in relevanten therapeutischen Konzentrationen auch mit einer Reihe weiterer serotoninerger, α-adrenerger und dopaminerger Rezeptoren interagiert. Auf dieses unselektive Rezeptorbindungsprofil der Mutterkornalkaloide wird auch die hohe Inzidenz an Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Dysphorie, Asthenie und vaskuläre Effekte zurückgeführt [22].

Es gibt nur sehr wenige prospektive Studien zum Einsatz der Mutterkornalkaloide bei Migräne [23]. In allen Studien, in denen Triptane mit Mutterkornalkaloiden direkt verglichen wurden, waren Triptane signifikant besser wirksam [24, 25, 26]. In der klinischen Praxis wird Ergotamintartrat nur noch sehr selten verwendet und sollte ausschließlich der Behandlung sehr langer Migräneattacken oder solcher mit mehrfach wiederkehrendem Schmerz vorbehalten sein [2].

Antiemetika

Beim Auftreten von gastrointestinalen Symptomen wie Übelkeit und Erbrechen wird die Gabe von Antiemetika (z. B. Metoclopramid oder Domperidon) empfohlen [2].

Metoclopramid ist für die orale, rektale, intravenöse und intramuskuläre Anwendung verfügbar. Die antiemetische Wirkung beruht auf einer Dopamin- und 5-HT3-antagonistischen Wirkung. Durch die gleichzeitige prokinetische Wirkung, die über einen 5-HT4-agonistischen Effekt vermittelt wird, kann über eine Wiederanregung der zum Erliegen gekommenen Magenperistaltik eine bessere Resorption von Analgetika und Triptanen erreicht werden [2].

Als Alternative steht Domperidon zur Verfügung, dessen antiemetische und prokinetische Wirkung weitgehend der des Metoclopramids entspricht. Die antiemetische Wirkung von Domperidon beruht ebenfalls auf einer Dopamin-antagonistischen Wirkung. Der Mechanismus der motilitätssteigernden Eigenschaften im Gastrointestinaltrakt ist jedoch nicht genau bekannt. Da Domperidon die Blut-Hirn-Schranke kaum überschreitet, treten zentralnervöse Nebenwirkungen wie Müdigkeit oder Unruhezustände – anders als bei Metoclopramid – nur selten auf. Allerdings zeigen neuere Studien, dass die Einnahme von Domperidon mit einem gering (etwa 1,5-fach) erhöhten Risiko für schwerwiegende, ventrikuläre Herzrhythmusstörungen und plötzlichen Herztod assoziiert ist [27]. Aktuell wird aufgrund von kardialen Nebenwirkungen (Arrhythmien, einschließlich QT-Verlängerungen) ein europäisches Risikobewertungsverfahren nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG durchgeführt [28].

Migräneprophylaxe

Da die regelmäßige und längerfristige Einnahme von Arzneimitteln zur akuten Behandlung der Migräne mit der Gefahr der Entstehung eines medikamenteninduzierten Kopfschmerzes einhergeht, ist es wichtig, effektive vorbeugende Therapiemaßnahmen zu ergreifen. Entscheidend für die Notwendigkeit einer Migräneprophylaxe ist der Leidensdruck, der sich am ehesten in der Attackenfrequenz pro Monat widerspiegelt. Eine medikamentöse Prophylaxe sollte dann eingeleitet werden, wenn drei oder mehr Migräneattacken pro Monat auftreten und diese die Lebensqualität beeinträchtigen. Andere Kriterien sind Migräneattacken, die regelmäßig länger als 72 Stunden anhalten, Attacken, die auf eine Akuttherapie nicht ansprechen, Kontraindikationen für die Einnahme von Triptanen und/oder wenn Nebenwirkungen der Akuttherapie nicht toleriert werden, eine Zunahme der Attackenfrequenz und die Einnahme von Schmerz- oder Migränemitteln an mehr als 10 Tagen im Monat, komplizierte Migräneattacken mit beeinträchtigenden und/oder lang anhaltenden Auren oder nach migränösem Infarkt bei Ausschluss anderer Infarktursachen [2].

Mittel der ersten Wahl

Als Mittel der ersten Wahl werden die β-Rezeptorenblocker Propranolol und Metoprolol, der Kalziumantagonist Flunarizin sowie die Antiepileptika Valproinsäure und Topiramat empfohlen [2].

In einer Metaanalyse zur prophylaktischen Wirkung von Propranolol wurde das relative Risiko auf die Behandlung anzusprechen mit 1,94 (95 %-KI 1,61 bis 2,35) errechnet [31]. Zu Metoprolol bzw. zu Flunarizin liegen keine Metaanalysen vor, die Wirkstärke beider Substanzen ist aber mit der von Propranolol vergleichbar [29]. Valproinsäure senkt die Attackenfrequenz im Vergleich zu Plazebo um 4,3 innerhalb von 4 Wochen (95 %-KI − 8,32 bis − 0,30). Das relative Risiko, auf die Behandlung anzusprechen, wird für Valproinsäure mit 2,18 (95 %-KI 1,28 bis 3,72) angegeben [30]. Im Vergleich dazu reduziert Topiramat die Attackenfrequenz um 1,2 (95 %-KI − 1,59 bis − 0,80) [31].

Da eine medikamentöse Migräneprophylaxe notwendigerweise eine Dauertherapie darstellt, sollte neben der Wirksamkeit und Verträglichkeit insbesondere die Unbedenklichkeit bei Langzeitanwendung berücksichtigt werden und die Entscheidung für ein Prophylaktikum abhängig von den vorhandenen Begleiterkrankungen und den Gegenanzeigen der jeweiligen Arzneimittel erfolgen (Tab. 2).

Tab. 2 Arzneimittel zur Migräneprophylaxe, Angaben entsprechend der jeweiligen Fachinformation

Weitere Substanzen

Dihydroergotamin (DHE), ein halbsynthetisches Derivat von Ergotamin, wird seit Langem aufgrund seiner vasokonstriktorischen Eigenschaften im Rahmen der Migräneprophylaxe angewendet. Die Vasokonstriktion wird u. a. mit einer agonistischen Wirkung an 5- HT1B/1D-Rezeptoren erklärt, vergleichbar den Triptanen. DHE aktiviert jedoch auch andere Serotoninrezeptoren, wie z. B. die Subtypen 5-HT2B und 5-HT2C [32].

Seit Längerem stehen Ergotaminderivate im Verdacht, fibrotische Reaktionen (retroperitoneal, kardial oder pleural) auszulösen. Der Zusammenhang zwischen Fibrose und serotoninerger Rezeptoraktivierung (insbesondere in Bezug auf 5-HT2B-Rezeptoren) durch Ergotaminderivate ist in der Literatur ausführlich beschrieben [33]. Da einige Ergotaminderivate keine 5-HT2B-Rezeptoragonisten sind, wird auch ein Kausalzusammenhang zwischen Fibrose und einem Agonismus über 5-HT2A- und 5-HT1B-Rezeptoren sowie eine Wirkung auf den Serotonintransporter diskutiert [34].

Im Juni 2013 wurde vom Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) festgestellt, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis für DHE-haltige Arzneimittel bei der Prophylaxe von Migräne negativ sei und DHE nicht mehr im Rahmen der Migräneprophylaxe angewendet werden sollte [35].

Migränebehandlung bei Kindern und Jugendlichen

Zur Behandlung der Migräneattacke werden als Mittel der 1. Wahl Ibuprofen, als Mittel der 2. Wahl Paracetamol sowie Sumatriptan nasal empfohlen. Bei Übelkeit und Erbrechen im Rahmen einer Migräneattacke sollte Domperidon eingesetzt werden [36] (Tab. 3).

Tab. 3 Arzneimittel zur Behandlung der Migräneattacke bei Kindern und Jugendlichen, Angaben entsprechend der jeweiligen Fachinformation

Auch wenn die Entwicklung der Triptane als Meilenstein in der Migränebehandlung von Erwachsenen gilt, sind in Deutschland nur Sumatriptan und Zolmitriptan jeweils als Nasenspray für die Anwendung bei Jugendlichen zugelassen. Keines der Triptane ist für die Anwendung bei Kindern jünger als 12 Jahre zugelassen. Orale Triptane wie Rizatriptan oder Sumatriptan zeigten in Studien keine signifikante Überlegenheit im Vergleich zu Plazebo. Diskutiert wird dabei, inwieweit die hohe Rate an Respondern in der Plazebogruppe Ursache für das Verfehlen des primären Endpunktes in den Studien ist [37]. Das gleichzeitig geringere Ausmaß des Behandlungseffektes im Vergleich zu Erwachsenen könnte auch im Zusammenhang mit einer zu geringen Dosis stehen. Aktuell werden für Rizatriptan körpergewichts-adaptierte Dosierungen untersucht [38].

In Deutschland ist kein Arzneimittel für die Migräneprophylaxe bei Kindern und Jugendlichen zugelassen. Aktuelle Therapieempfehlungen beruhen in erster Linie auf Expertenerfahrungen. Empfohlen wird derzeit die Anwendung von Flunarizin, Topiramat bzw. Propranolol [36]. Die Verordnungsfähigkeit von Valproinsäure zur Migräneprophylaxe bei Kindern und Jugendlichen im Rahmen des „off-labels“ wurde 2012 vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) eingeschränkt [39].

Schlussfolgerung und Ausblick

Angesichts ihrer insgesamt gut belegten Wirksamkeit und aufgrund ihres günstigen Nebenwirkungsspektrums gelten Triptane heute bei Beachtung ihres kardiovaskulären Risikoprofils als Mittel der ersten Wahl zur Behandlung von Migräneattacken von mittelgradiger bis schwerer Schmerzintensität. Trotz des damit erreichten großen therapeutischen Fortschrittes sind nicht alle Probleme in der Migränebehandlung gelöst [40]. Beispielsweise stellt die Tatsache, dass in klinischen Studien mit oralen Triptanen durchgängig etwa 40 % der Attacken und rund 30 % der Patienten nicht erfolgreich mit der getesteten Substanz behandelbar sind, weiterhin eine Herausforderung an zukünftige Arzneimittelentwicklungen dar [41, 42].

Zahlreiche neue Ansätze der pharmakologischen Migränebehandlung befinden sich derzeit in der präklinischen bzw. klinischen Prüfung [43].

Ein neuer Entwicklungskandidat ist der selektive 5-HT1F-Rezeptoragonist Lasmiditan. Dieser soll anders als die 5-HT1B/1D-agonistisch wirkenden Triptane nicht zur zerebralen Vasokonstriktion führen [44]. In einer ersten placebokontrollierten Phase-II-Dosisfindungsstudie konnte ein dosisabhängiges Absprechen im Hinblick auf Schmerzerleichterung bzw. Schmerzfreiheit gezeigt werden [45]. In den bisherigen klinischen Studien war die Verträglichkeit insgesamt gut. Schwindel, gefolgt von Müdigkeit, waren die am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen [46].

Als neue Substanzgruppe sind weiterhin die sog. CGRP-Rezeptorantagonisten zu nennen. CGRP (Calcitonin gene-related peptide) ist ein potenter Vasodilatator, der die trigeminale neuronale Aktivität moduliert und die Weiterleitung von Schmerzsignalen vom Hirnstamm in den Kortex erhöhen kann [47, 6]. Ausgangspunkt für die Entwicklung von CGRP-Rezeptorantagonisten war die Idee, die CGRP-vermittelte Vasodilatation und Schmerzweiterleitung zu blockieren, ohne dass die Substanz selbst vasokonstriktorisch wirkt. Dadurch könnten CGRP-Rezeptorantagonisten möglicherweise auch bei Patienten einsetzbar sein, die aufgrund eines kardiovaskulären Risikos kein Triptane einnehmen können [44].

Der erste CGRP-Rezeptorantagonist Olcegepant (2,5 mg intravenös) zeigte eine im Vergleich zu Plazebo überlegene Wirksamkeit bei insgesamt guter Verträglichkeit [48]. Auch die oral verfügbaren CGRP-Rezeptorantagonisten Telcagepant und MK-3207 zeigten sich hinsichtlich der Wirksamkeit als sehr vielversprechend [44]. Bei regelmäßiger Einnahme im Rahmen der Migräneprophylaxe wurden jedoch hepatotoxische Veränderungen beobachtet. Die weitere klinische Entwicklung von Telcagepant wurde daraufhin vorerst gestoppt [49]. Es ist derzeit unklar, ob es sich hierbei um einen Klasseneffekt der CGRP-Rezeptorantagonisten handelt. Trotzdem gelten CGRP-Rezeptorantagonisten weiterhin als vielversprechende Substanzklasse mit potenziellem Nutzen sowohl in der akuten als auch in der prophylaktischen Behandlung der Migräne.