Die Zahl der Organspender in Deutschland ist in der ersten Jahreshälfte 2023 im Vergleich zum Vorjahr erstmals deutlich gestiegen. Das ist erfreulich und dringend notwendig, denn nach wie vor werden deutlich mehr Organe benötigt als gespendet werden. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) berichtet für das Jahr 2022 von insgesamt 2795 transplantierten Organen und 869 postmortalen Organspendern in Deutschland [1]. Demgegenüber standen 6683 Patientinnen und Patienten auf der Warteliste. Diese Diskrepanz macht zwei Dinge deutlich: zum einen, wie sehr wir auf die internationale Zusammenarbeit angewiesen sind, und zum anderen, wie dringend wir eine gesellschaftliche Debatte der aktuell in Deutschland geltenden Entscheidungslösung brauchen.

Durch kontinuierliche Fortschritte, z. B. im Bereich der Immunsuppression und Organprotektion, haben sich die Gesamtüberlebensraten nach Organtransplantation in den letzten Jahrzehnten stetig verbessert. Dies führt nahezu zwangsläufig dazu, dass wir auch im Bereich der operativen Anästhesiologie häufiger mit transplantierten Patientinnen und Patienten konfrontiert werden. Daraus resultieren, nicht zuletzt durch die komplexe Dauermedikation, regelhaft Unsicherheiten in der perioperativen Versorgung. Die präoperative organbezogene Anamnese und Diagnostik haben einen hohen Stellenwert.

Grundsätzlich können auch bei organtransplantierten Patientinnen und Patienten dieselben anästhesiologischen Verfahren zur Anwendung kommen wie bei Nichttransplantierten. Entscheidend ist die Funktion der transplantierten Organe. Dennoch gibt es einige Besonderheiten. Beispielsweise müssen Medikamenteninteraktionen der Anästhetika mit Immunsuppressiva beachtet oder organspezifische Überwachungsmaßnahmen etabliert werden.

Zu antizipieren sind organspezifische Besonderheiten und Medikamenten-Interaktionen

Die in dieser Ausgabe von Die Anaesthesiologie publizierte Übersichtsarbeit von Breitkopf et al. [2] gibt einen umfassenden und aktuellen Überblick zum anästhesiologischen Management organtransplantierter Patientinnen und Patienten und liefert wertvolle Antworten auf häufig auftretende Fragen im Rahmen der perioperativen Planung. Die Arbeit beleuchtet strukturiert sowohl organspezifische Besonderheiten als auch die speziellen Aspekte der verschiedenen Immunsuppressiva in Bezug auf die Anästhesie. Insbesondere bei ungeplanten Eingriffen kann dies äußerst hilfreich sein und Kolleginnen und Kollegen, die nicht täglich mit der Betreuung von organtransplantierten Patientinnen und Patienten betraut sind, unterstützen. Die Autoren leisten damit einen praxisbezogenen, relevanten Beitrag zur klinischen Versorgung von organtransplantierten Patientinnen und Patienten in unserer täglichen Arbeit.