Kurze Hinführung zum Thema

Im Rahmen der Pandemie des SARS-CoV-2-Virus erlangte das Patientenkollektiv der Schwangeren früh Aufmerksamkeit. So musste angesichts des geringen Wissens über dieses neuartige Virus mit einem potenziell erheblichen Aufkommen peripartal zu betreuender COVID-19-positiver Schwangerer gerechnet werden. Neben Anstrengungen, eine sichere Versorgung der betroffenen Patientinnen unter größtmöglichem Schutz von Nichtinfizierten sowie Krankenhauspersonal zu gewährleisten, wurde der wissenschaftliche Austausch ein wichtiger Bestandteil zur Bewältigung der Situation.

Einleitung

Hintergrund

Im Rahmen der aktuellen Pandemie des „severe acute respiratory syndrome coronavirus 2“ (SARS-CoV-2) erlangte das Patientenkollektiv der Schwangeren früh Aufmerksamkeit. Initial wurde angesichts von Krankheitsfällen auch bei jüngeren Patienten, mitunter ohne bedeutsame Vorerkrankungen, mit einem erheblichen Aufkommen peripartal zu betreuender, „Coronavirus-disease-2019“(COVID-19)-positiver Schwangerer gerechnet.

Infektionen mit SARS-CoV-2 und COVID-19-Erkrankungen in der Schwangerschaft sind bereits mehrfach beschrieben, wobei die ersten Beschreibungen bis Mitte des Jahres 2020 aus Wuhan, Provinz Hubei in China, vorlagen [1, 2]. Große Registerstudien aus den USA, England und Deutschland haben seitdem bereits Daten zu SARS-CoV-2-positiven Schwangeren veröffentlicht [3,4,5,6] jedoch sind die publizierten Daten hinsichtlich peripartaler Infektionen überraschend spärlich, was durch tatsächlich niedrige Fallzahlen, aber auch durch eine hohe Dunkelziffer und bislang fehlende prospektive Untersuchungen erklärt werden könnte. Breit angelegte (Register‑)Studien bezüglich peripartaler Infektionsfälle unter Berücksichtigung der europäischen Versorgungsstandards sind daher wünschenswert.

Dies umso mehr, als zunächst die Sorge bestand, schwangere Patientinnen könnten gehäuft und besonders schwer betroffen sein. Diese Annahme stützte sich auf die Beobachtung einer erhöhten Vulnerabilität von Schwangeren hinsichtlich der saisonalen Influenza [7], aber auch auf die in der Vergangenheit bei „severe acute respiratory syndrome“ (SARS) [8] und „Middle East respiratory syndrome“ (MERS) [9] beobachtete Fallzahlhäufung. In bisherigen Studien sind sowohl asymptomatische als auch schwere Verläufe beschrieben worden, obgleich die überwiegende Anzahl der Fallserien milde bis moderate Verläufe aufwiesen [1, 10, 11]. Dabei zeigten die Patientinnen ähnliche klinische Symptome wie nichtschwangere COVID-19-Patienten [11]. Spezifischere Symptome bzw. aus anderem Kontext bekannte pathognomonische klinische Zeichen sind bei Schwangeren bisher nicht besonders hervorgehoben worden [2].

Im Rahmen des zu erwartenden Patientenaufkommens wurden vielerorts erhebliche Anstrengungen auf organisatorischer und logistischer Ebene unternommen, um unter den krankenhaushygienischen Vorgaben perspektivisch eine sichere Versorgung der betroffenen Patientinnen unter größtmöglichem Schutz von Nichtinfizierten sowie Krankenhauspersonal zu gewährleisten. Mitunter geschah dies durch Eröffnung spezieller, von der üblichen Schwangerenversorgung separierter, Versorgungseinheiten („COVID-Geburtshilfe-Station“ bzw. „COVID-Kreißsaal“).

Um eine möglichst gute Datenbasis für weitergehende Entscheidungen im Kontext der geburtshilflichen Versorgung – unter besonderer Berücksichtigung der anästhesiologischen Betreuung – zu erstellen und klinisch-organisationale Entscheidungen der geburtsmedizinischen bzw. geburtshilflich-anästhesiologischen Betreuung zu unterstützen, wurde eine prospektive Datensammlung relevanter Routinedaten im Kontext der geburtsmedizinischen Versorgung konzipiert. Zugrunde liegende Ideen waren die frühzeitige Disseminierung erster Daten zu peripartalen Verläufen COVID-19-erkrankter Patientinnen und die Beschreibung von Krankheitsverläufen mit Blick auf die weitere notwendige Bedarfsplanung.

Methodik

COALA-Register

Bei der im Folgenden beschriebenen Analyse handelt es sich um eine multizentrische, prospektive Datenerhebung von SARS-CoV-2-Infektionen zum Zeitpunkt der Geburt sowie des peripartalen Verlaufs SARS-CoV-2-positiver Schwangerer unter besonderer Berücksichtigung des anästhesiologischen wie intensivmedizinischen Verlaufs, das nachfolgend mit dem Akronym „COALA-Register“ (COVID-19 related Obstetric Anaesthesia Longitudinal Assessment-Registry) abgekürzt wird.

Eine prospektive erweiterte Datenerhebung, insbesondere auch bei besonderen Patientengruppen wie z. B. Schwangeren im Rahmen von COVID-19, war zu Beginn der Pandemiesituation durch die örtliche Ethikkommission bewilligt worden (Ethikvotum der Ethikkommission der Universität Würzburg vom 25.03.2020, Aktenzeichen 63/20-kr, Erstkontakt 20.03.2020). Da es sich bei den erhobenen Daten zudem um Routinedaten handelt, gilt im bayrischen Einzugsgebiet zudem Artikel 27 des Bayerischen Krankenhausgesetzes, welcher es Ärztinnen und Ärzten gestattet, Patientendaten u. a. zu Forschungszwecken zu verwenden [12].

Die Mitglieder des Arbeitskreises Geburtshilfliche Anästhesie der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) erhielten eine kurze Beschreibung zum geplanten Projekt per Mail-Verteiler mit der Bitte um Rückmeldung bei Interesse und Möglichkeit der Teilnahme. Zusätzlich wurden die Teilnehmer einer Expertengruppe mit geburtshilflichem Fokus via kommerziellem Messenger-Dienst kontaktiert, die mehrheitlich ebenfalls dem Arbeitskreis Geburtshilfliche Anästhesie der DGAI angehörten.

Den Kollegen, die ein Interesse an einer prospektiven Datenerhebung bekundeten, wurde das Anschreiben an die Würzburger Ethikkommission sowie das Ethikvotum (AZ 63/20-kr) zur Verfügung gestellt, um ergänzend, gerade bei fehlender Voraussetzung gemäß den jeweiligen Krankenhausgesetzen der betreffenden Bundesländer, ggf. zusätzliche Beratungen seitens der lokalen Ethikkommission einzuholen.

Datenerhebung

Teilnehmende Zentren wurden gebeten, ab dem 16.03.2020 (Kalenderwoche [KW] 12) in eine für die Datenerfassung erstellte Excel-Tabelle wöchentlich die Anzahl der erfolgten Geburten insgesamt, Geburten mit COVID-19-Verdacht sowie Geburten mit bestätigter SARS-CoV-2-Infektion der Mutter zu erheben. Zur Generierung zusätzlicher Daten wurden die Zentren ab dem 19.10.2020 (KW 43) erneut gebeten, die entsprechenden Daten zu erheben.

Bei SARS-CoV-2-positiven Fällen wurden die in Tab. 1 und 2 aufgeführten Daten aus den Routinedaten des stationären Aufenthalts zu Mutter und Kind erhoben.

Tab. 1 Datenerhebung bei SARS-CoV-2-Infektion der Mutter
Tab. 2 Datenerhebung des Neugeborenen bei SARS-CoV-2-Infektion der Mutter

Die Auswahl der Parameter orientierte sich an dem von Chen et al. im März 2020 publizierten Review zu den klinischen Charakteristika und dem vertikalen Transmissionspotenzial der SARS-CoV-2-Infektion bei 9 schwangeren Patientinnen [2].

Diese Erhebung sollte nach stattgehabter Entbindung aus den während des stationären Aufenthalts erfassten Routinedaten durchgeführt werden. Die Daten jeder Patientin wurden anonymisiert an die Autoren übermittelt und in eine entsprechende Übersicht eingepflegt.

Die Datenerhebung und Analyse erfolgte mit dem Datenverarbeitungsprogramm Excel (Microsoft, Redmond, USA). Die Deskription der Daten erfolgt anhand von absoluten Zahlen sowie Verhältnissen (%) sowie von Mittelwerten mit Standardabweichung bzw. des Medians mit Interquartilen.

Ergebnisse

Allgemeine Registerdaten

25 Kliniken in Deutschland und der Schweiz äußerten Interesse an der Teilnahme an dem Register und wurden erneut kontaktiert. Hiervon meldeten sich 19 Zentren zurück und erhielten die oben beschriebenen Dokumente mit den in Tab. 1 und 2 aufgeführten Items zur Datenerfassung. Neun Kliniken erstatteten regelmäßig Bericht und übermittelten wöchentliche Geburtenzahlen; vier Kliniken meldeten in unregelmäßigem Abstand, ob Verdachtsfälle oder Fälle aufgetreten waren. Acht Kliniken beteiligten sich im Verlauf nicht an der weiteren Datenerhebung, wobei nachvollziehbare Argumente bezüglich Datenschutz sowie ein fehlendes, allgemeines Ethikvotum als Gründe aufgeführt wurden. Hinsichtlich der Versorgungsstufen der beteiligten Klinken liegen alle, bis auf ein Zentrum mit < 500 Betten, in den höheren Versorgungsstufen der jeweiligen Bundesländer (> 500 Betten).

Von Beginn der Datenakquise zum 16.03.2020 (KW 12) bis zum 03.05.2020 (Ende KW 18) liegen 7 Wochen prospektiv erhobener geburtshilflicher Daten vor. Insgesamt konnten in diesem Zeitraum 2270 Geburten aus 9 Zentren analysiert werden. Nicht jedes dieser Zentren übermittelte die wöchentlichen Geburtenzahlen. Pro Woche waren es im Median 372 Geburten. Jedes Zentrum verzeichnete in dem 7‑wöchigen Erhebungszeitraum im Median 252 Geburten.

Die zweite Datenerhebung im Rahmen einer zweiten Infektionswelle in Deutschland erfolgte über 19 Wochen, vom 19.10.2020 (KW 43) bis 28.02.2021 (KW 8). Es beteiligten sich 6 Zentren aus Deutschland und der Schweiz an der wöchentlichen Datenakquise und meldeten insgesamt 4897 Geburten.

Geburten, Verdachtsfälle und bestätigte Fälle

Insgesamt wurden über den ersten genannten Zeitraum 3 Fälle einer bestätigten Infektion mit SARS-CoV‑2 gemeldet, was 0,1 % aller registrierten Geburten entspricht; neun klinische SARS-CoV-2-Verdachtsfälle (0,4 %) wurden gemeldet, die sich nicht bestätigt hatten. Eine Übersicht über die allgemeinen Zahlen liefert Tab. 3, und in Tab. 4 wird die Verteilung nach Zentren dargestellt.

Tab. 3 Geburten, Verdachtsfälle und bestätigter Fälle
Tab. 4 Geburten, Verdachtsfälle und Fälle pro Zentrum im ersten Erhebungszeitraum

In der zweiten Welle (19 Wochen) wurden insgesamt 41 bestätigte SARS-CoV-2-Infektionen bei 4897 Geburten an 6 Zentren gemeldet. Verdachtsfälle waren aufgrund von Routinetestungen retrospektiv schwer zu definieren.

Jedes Zentrum meldete im Median einen Verdachtsfall (Interquartilabstand [IQR] = 1). Hierbei handelte es sich um Patientinnen, die wegen aufgetretener Symptomatik, eines bestätigten oder berichteten Kontakts zu einer infizierten Person oder eines Aufenthalts in einem Risikogebiet abgestrichen oder gemäß zum Hospitalisationszeitraum gültiger lokaler Standards als mögliche SARS-CoV-2-Patientin behandelt wurden. Bei den als Verdachtsfällen klassifizierten Patientinnen (zumeist klinischer Verdacht bei Vorliegen COVID-typischer Symptomatik) war gleichwohl der erfolgende Abstrich (RT-PCR-Test sowie Testungen mittels Antigenschnelltest) negativ.

Screeningverfahren

Im Verlauf der 7 Wochen kam es hinsichtlich routinemäßiger Abstriche zu Änderungen im Prozedere. Während in Kalenderwoche 12 das Routinescreening bei stationärer Aufnahme an nur einem Zentrum durchgeführt wurde, erfolgte dies in KW 14 bereits an 4 und in KW 18 an 5 teilnehmenden Zentren. Vier von 10 Zentren, die Rückmeldung über das angewandte Screeningverfahren gaben, führten auch bis Ende des ersten Erhebungszeitraums keine Routineabstriche aller Patientinnen durch.

Insgesamt liegt damit im analysierten Zeitraum bei 384 Patientinnen der insgesamt 2270 im Rahmen der Surveillance erfassten Patientinnen (17 %) ein negatives Testergebnis vor. Bei den übrigen Patientinnen wurde gemäß der lokalen Teststrategie nur dann ein Rachenabstrich durchgeführt, wenn ein hinreichender Verdacht auf eine SARS-CoV-2-Infektion vorlag. Hierzu zählten das Vorliegen COVID-19-typischer Symptome, Kontakt zu SARS-CoV-2-positiven Personen in der Anamnese, Aufenthalt in Risikogebieten (z. B. zu Beginn der Pandemie aufgrund der Reiseanamnese).

Alle Zentren, die in der zweiten Welle ihre Daten übermittelten, testeten ihre Patientinnen routinemäßig. Bei respiratorischen Symptomen oder bekanntem Kontakt zu COVID-19 kamen ggf. zusätzliche Schnelltests zum Einsatz.

Bestätigte SARS-CoV-2-Fälle zum Zeitpunkt der Entbindung

Im Erhebungszeitraum der ersten Welle wurden insgesamt 3 SARS-CoV-2-positive Patientinnen (0,13 %) aus 2 Zentren identifiziert. An den restlichen beteiligten Kliniken war bis zum Ende der ersten Erhebung keine Schwangere zur Entbindung als SARS-CoV-2-positiv identifiziert worden.

In Erhebungszeitraum der zweiten Welle ließen sich 41 SARS-CoV-2-positive Patientinnen identifizieren (0,84 %). Jedes Zentrum meldete im Median 3 Fälle, wobei in 2 Zentren nur 2 Fälle aufgetreten waren, während ein Zentrum 18 Fälle zu verzeichnen hatte.

Wesentliche Information zu den in dieser Erhebung positiv getesteten Patientinnen finden sich in Tab. 5.

Tab. 5 Wichtigste Merkmale SARS-CoV-2-positiver Patientinnen

Neonaten SARS-CoV-2-positiver Mütter

Eine Übersicht über die Neugeborenen beider Erhebungen finden sich in Tab. 6.

Tab. 6 Neugeborene SARS-CoV-2-positiver Mütter

Diskussion

Das beschriebene Projekt wurde zu Beginn der Pandemiesituation in Deutschland ins Leben gerufen, um den Verlauf der Pandemie für das Patientenkollektiv der Geburtshilfe frühzeitig prospektiv zu analysieren und von Beginn der Pandemie an wichtige Daten zum weiteren Verständnis der COVID-19-Erkrankung in der Schwangerschaft und zur Geburt zu erheben. Zudem war die bestmögliche Vorbereitung aufgrund erster auftretender Fälle im Hinblick auf zu ergreifende medizinische, logistische sowie strukturelle Maßnahmen intendiert, und eine zeitnahe Informationsweitergabe zu den Erkenntnissen aus diesen Daten via Messenger-Dienst bzw. E‑Mail-Verteiler des Arbeitskreises Geburtshilfliche Anästhesie.

Bei Interpretation der vorliegenden Daten sowie retrospektiv, in Kenntnis des Verlaufs der Pandemie, wird ersichtlich, dass die Lage im Hinblick auf an COVID-19 erkrankte Schwangere in Deutschland erfreulicherweise überschaubar geblieben ist. Auch wenn von einer gewissen Dunkelziffer nichtdetektierter asymptomatischer Fälle ausgegangen werden muss (kein flächendeckendes Screening mittels RT-PCR oder Antigenschnelltests zu Beginn der Pandemie), scheint sich die Zahl der mit SARS-CoV‑2 infizierten Schwangeren zum Zeitpunkt der Geburt auf niedrigem Niveau gehalten zu haben. An den beteiligten Zentren traten lediglich sporadisch klinische Verdachtsfälle bzw. bestätigte Fälle auf.

Eine sichere Aussage bezüglich negativem SARS-CoV-2-Status aller als negativ gemeldeter Patientinnen wäre nur dann möglich, wenn die Testung aller Schwangeren zur Geburt unabhängig von Symptomstatus oder Reisestatus durchgeführt wird. Da ein flächendeckendes Screening in den Kliniken zu unterschiedlichen Zeitpunkten umgesetzt wurde, lag nur bei einem Teil des Kollektivs ein eindeutiger Befund zum SARS-CoV‑2 Status vor. Klinik und Anamnese waren zu diesem Zeitpunkt, nicht nur allein aufgrund von fehlender Testkapazitäten, essenziell in der primären Diagnostik. An den meisten an dieser Untersuchung teilnehmenden Universitätskliniken mit hohen Geburtenzahlen und großem Einzugsgebiet hat es bis zum Ende der ersten Erhebung, welcher der primären Einschätzung der Pandemiesituation in unserem Patientenkollektiv zugrunde lag, keinen bestätigten Fall gegeben. Im Verlauf der Pandemie verzeichneten jedoch alle beteiligten Zentren positive SARS-CoV-2-Fälle bei Schwangeren zum Zeitpunkt der Geburt. Auch die Teststrategie hat sich im Einklang mit anderen Erhebungen zum Positiven – im Sinne einer liberaleren Routinetestung – gewandelt [14].

Kommunikation während der Pandemiesituation

Durch das Projekt wurden kurzfristig relevante Daten in verschiedenen Kliniken erhoben und zentral gesammelt. Insbesondere in dieser zunächst von großen Unsicherheiten geprägten Pandemiesituation schien ein Austausch unter den Kliniken bedeutsam, um Trends und Tendenzen frühzeitig zu erkennen. Durch die anästhesiologischen Vertreter vor Ort wurde zudem das Bewusstsein für den innerklinischen Verlauf geschärft. Durch den wöchentlichen Austausch untereinander wären bei Auftreten hoher Fallzahlen eine frühzeitige Kommunikation und Dissemination zur Erarbeitung sinnvoller Vorkehrungen möglich gewesen. Darüber hinaus hätten bei Auftreten einer hohen Anzahl von COVID-19-Fällen zeitnah relevante Befunde, Krankheitsverläufe, klinische Merkmale und Behandlungsstrategien identifiziert und für einen zeitnahen Erkenntnisgewinn zur Verfügung gestellt werden können. So wurden an ähnlichen Kohorten klinische Überschneidungen zu Symptomen der Präeklampsie beschrieben [15] bzw. die Triggerung einer Immunthrombozytopenie aufgrund von Fallberichten zur Diskussion gestellt [16].

Aufgrund der Kurzfristigkeit der Erstellung dieses Registers, zumal während einer kapazitätenbindenden Pandemie, meldete sich lediglich eine überschaubare Anzahl an Vertretern aus wenigen Klinken. Zudem kam nicht durchgehend der intendierte regelmäßige Austausch zustande. Des Weiteren sind im Nachhinein Kliniken aus Landkreisen mit im Zeitraum der Erhebung hohen SARS-CoV-2-Fallzahlen, entsprechend den täglichen Lageberichten des RKI, nicht vertreten [17], sodass grundsätzlich eine gewisse Unterschätzung bei den getätigten Schlussfolgerungen nicht auszuschließen ist. Wünschenswert wäre zudem eine etablierte Netzwerk- bzw. Datenbankstruktur gewesen, sowie ein bereits ausgereifteres Datenschutzkonzept und situativ zu ergänzende Ethikvoten, die möglicherweise in einer breiteren Beteiligung gemündet hätten.

Rückschlüsse möglich?

Durch die mutmaßlich niedrige Inzidenz von Infektionen mit SARS-CoV‑2 bei Schwangeren zur Geburt und die Heterogenität der berichteten Fälle werden die Ergebnisse an dieser Stelle rein deskriptiv dargestellt. Mithin sind Rückschlüsse auf das gesamte Patientenkollektiv in Deutschland oder die weitere Situation aufgrund der genannten Limitationen der vorliegenden Erhebung nur eingeschränkt möglich.

Auch durch die regional sehr variablen Infektionszahlen, sowohl in den einzelnen Städten als auch der jeweiligen Einzugsgebiete, haben Hochrechnungen im Hinblick auf Inzidenzen auf Basis der vorliegenden Zahlen eher spekulativen Charakter. In ganz Deutschland nahmen die SARS-CoV-2-Fälle im Zeitraum dieser Erhebung von zu Beginn 6,5 Fällen auf 100.000 Einwohner am ersten Tag der Erhebung bis 195 Fälle auf 100.000 Einwohner zu [18]. Zudem handelte es sich hierbei primär um eine Momentaufnahme aus dem Zeitraum Mitte März bis Anfang Mai 2020, die keine Aussagen über den längerfristigen Verlauf zulässt. Sekundär entschlossen sich die Autoren – angeregt nicht zuletzt durch das Peer-Review-Verfahren dieses Manuskriptes – Verlaufsdaten der zweiten Welle abzuwarten, um diese Arbeit auch inhaltlich mit Informationen zu den aufgetretenen Fällen in Deutschland zu bereichern. Einschränkend ist ferner zu berücksichtigen, dass in der vorliegenden Erhebung nur der Status zum Zeitpunkt der Geburt abgebildet wurde. Unterschiede zu Patientenkohorten mit SARS-CoV-2-Infektionen während der Schwangerschaft [19] sind zu erwarten.

Hinsichtlich des Krankheitsverlaufs bei Schwangeren führen insbesondere die 3 Fälle der ersten Welle eindrücklich vor Augen, dass eine allgemeine Aussage bzgl. der Erkrankungsschwere bei Schwangeren nicht möglich ist. SARS-CoV-2-Infektionen bei schwangeren Patientinnen können auch ohne Vorliegen der klassischen Risikofaktoren (hohes Alter, pulmonale oder kardiale Vorerkrankungen) schwerste Verläufe nehmen. Die Daten der zweiten Erhebung zeigen jedoch auch, dass eine Infektion mit SARS-CoV‑2 zum Zeitpunkt der Geburt asymptomatisch oder nur mild verlaufen kann (in dieser Kohorte 95 %).

Es zeigte sich ferner, dass eine wissenschaftliche rasche multizentrische Aufarbeitung aufgrund des hohen öffentlichen Interesses und individueller Sorgen bzw. gar eines Widerspruchs bezüglich der Datenanalyse sowie aufgrund der komplexen pandemischen Gesamtsituation erschwert war.

Entsprechend den allgemeinen Infektionszahlen der zweiten Welle in Deutschland, welche mit 440 Fällen auf 100.000 Einwohner am ersten Erhebungstag und 2937 Fällen auf 100.000 Einwohner am letzten [18] deutlich höher liegen als im Zeitraum der ersten Erhebung, passt auch die deutlich höhere Anzahl SARS-CoV-2-positiver Schwangerer zum Zeitpunkt der Geburt dieses Erhebungszeitraums [20]. Jedoch mit 0,84 % der gemeldeten Geburten ist weiterhin keine erhebliche Häufung erkennbar. Insgesamt präsentiert sich ein Bild vieler asymptomatischer und milder Verläufe mit einigen Zufallsbefunden im Rahmen des Screenings in der Klinik. Trotz alledem sollten, aufgrund der aus vorherigen Publikationen bekannten erhöhten Morbidität und Mortalität bei COVID-19 im Rahmen der Schwangerschaft [4, 21], SARS-CoV-2-positive Schwangere engmaschig überwacht werden.

Die Neugeborenen scheinen postpartal gesundheitlich nicht unmittelbar von der Infektion der Mutter beeinträchtigt zu sein. Es ist hervorzuheben, dass bei verschiedenen Krankheitsverläufen alle Neugeborenen überlebt haben. Neonatale Asphyxie und reduzierte APGAR-Werte, die mit einer Infektion der Mutter im Zusammenhang stehen können, wurden beschrieben. Die Frühgeburtlichkeitsrate in dieser Kohorte ist mit 12 % ähnlich der in vorherigen Studien zu COVID-19 in der Schwangerschaft beschriebenen (Allotoy et al., 12,4 %, Woodworth et al. 11,4 %) [21, 22]. Diaplazentare SARS-CoV-2-Übertragungen sind selten und werden in der Literatur mit 3–8 % der Geburten der während der Schwangerschaft mit SARS-CoV‑2 infizierten Müttern beschrieben. Im Nabelschnurblut einiger Neonaten gefundene IgM-Antikörper weisen zusätzlich darauf hin, dass Infektionen in utero nicht auszuschließen sind [23]. In dieser Kohorte wurde ein Neugeborenes im Verlauf positiv auf SARS-CoV‑2 getestet. Hierbei ist jedoch eine postnatale Infektion bei zusätzlichem Rooming-in nicht auszuschließen.

Eine mögliche Hypothese, für die geringe Infektionsrate zum Zeitpunkt der Geburt trotz Routinetestungen wäre, dass sich Schwangere aufgrund der Gesamtsituation und aus Sorge vor gesundheitlichen Risiken häufiger und u. U. auch deutlich frühzeitiger in Isolation begeben haben als die Normalbevölkerung. Dies muss gesondert betrachtet werden. Sicher ist, dass durch Vorgaben des Mutterschutzgesetzes und mitunter eines generellen Beschäftigungsverbotes, z. B. für patientennahe Tätigkeiten in der Krankenversorgung, eine deutliche Reduktion der Arbeitskontakte stattgefunden hat [24]. Vorstellbar wäre aber auch ein immunologischer Erklärungsansatz, etwa durch eine selektiv gestärkte Immunkompetenz, die Schwangere vor bestimmten Virusinfektionen schützen könnte [25], oder ein erhöhter Plasmaspiegel des „angiotensin-converting enzyme 2“, das zirkulierend eine wichtige Rolle bei der Abwehr der COVID-19-Infektion zu spielen scheint [26]. Allerdings ist bei anderen Virusinfektionen wie beispielsweise der Influenza gezeigt worden, dass gerade Schwangere empfänglicher für eine Infektion sind [27, 28]. Auch die veränderten Lungenvolumina sowie die hormonell bedingte Schwellung der Atemwege in der Schwangerschaft sprechen zunächst für ein höheres Risiko bzw. für gravierendere Auswirkungen einer Infektion [29].

Zusammenfassung

Die Pandemie zeigte eindrücklich auf, dass eine rasche Verfügbarkeit von Daten im Hinblick auf die Disseminierung von Erkenntnissen zu Krankheitsverläufen wie auch Behandlungen ausgesprochen wünschenswert ist. Der beschriebene Ansatz einer frühzeitigen prospektiven Erhebung zu einem bestimmten Krankheitsbild ist zwar in Hinblick auf Datengenauigkeit weitaus weniger sicher und überprüfbar als auf dezidierte Case Report Forms basierende Register- bzw. Mortalitätsdaten [30, 31], könnte sich aber als Kompromiss bezüglich Aufwand und Ergebnis zur möglichst sicheren Erfassung von Inzidenzen von (seltenen) Komplikationen und (seltenen) Krankheitsverläufen herausstellen.

Aus Sicht der Autoren wäre es wünschenswert, den begangenen Weg einer selektiven Datenerhebung krankheits- bzw. komplikationsspezifisch weiterzuverfolgen, ohne den zweifelsohne fundierteren, aber aufwendigeren und weniger selektiven Weg einer umfassenderen Registererhebung [32] deshalb außer Acht zu lassen.

Fazit für die Praxis

  • Infizierte Gebärende traten an den teilnehmenden Kliniken nur sporadisch auf; Infektionszahlen SARS-CoV-2-positiver peripartal betreuter Schwangerer in Deutschland haben sich auf niedrigem Niveau gehalten.

  • Bei schwangeren Patientinnen kann COVID-19 auch ohne Vorliegen der klassischen Risikofaktoren (hohes Alter, pulmonale oder kardiale Vorerkrankungen) schwerste Verläufe nehmen.

  • Eine versierte pädiatrische Versorgung der Neugeborenen sollte, neben einer Expertise in der intensivmedizinischen Betreuung bei SARS-CoV-2-Infektion der Mutter, zum Zeitpunkt der Geburt gesichert sein.

  • In einer von großen Unsicherheiten geprägten Pandemiesituation ist ein Austausch unter den Kliniken bedeutsam, um Trends und Tendenzen frühzeitig zu erkennen.