Ein „left ventricular assist device“ (LVAD) wird als mechanisches linksventrikuläres Kreislaufunterstützungssystem zur Überbrückung bis zur Transplantation oder als definitive Therapie bei terminaler Herzinsuffizienz eingesetzt. Allerdings ist die Morbidität hoch und die Prognose besonders bei einer „destination therapy“ begrenzt. Bei anderen lebensbedrohlichen Erkrankungen mit eingeschränkter Lebenserwartung ist eine frühzeitige palliativmedizinische Mitbehandlung sinnvoll. Gilt das auch für Patienten mit LVAD? Diese systematische Übersichtsarbeit soll Antworten geben.

Einleitung

Mechanische Kreislaufunterstützungssysteme wie „left ventricular assist devices“ (LVAD) können die Wartezeit bis zu einer Herztransplantation überbrücken („bridge to transplant“, BTT). Wenn eine Transplantation nicht (mehr) indiziert oder gewünscht ist, kann sie als definitive „destination therapy“ (DT) bis zum Versterben des Patienten eingesetzt werden.

In Deutschland nimmt die Zahl der LVAD-Implantationen kontinuierlich zu, 2018 waren es 903 Implantationen, gegenüber 390 im Jahr 2009 [3]. Die Gesamtletalität für das erste Jahr nach Implantation beträgt fast 20 % [13]. Vier Jahre nach Implantation sind ca. 50 % der LVAD-Patienten verstorben [13]. Insgesamt versterben die meisten Patienten im Krankenhaus [8]. Neben den physischen Belastungen vor und nach der Implantation kommt es häufig auch zu psychosozialen Belastungen [1].

Ebenso wie Patienten mit malignen Tumorerkrankungen profitieren herzinsuffiziente Patienten von einer palliativmedizinischen Versorgung [6]. Im Vergleich zu onkologischen Patienten werden diese Patienten jedoch seltener und später palliativmedizinisch mitbehandelt [14]. In der nationalen Versorgungsleitlinie zur chronischen Herzinsuffizienz wird bei terminaler Herzinsuffizienz eine nach Bedürfnissen und Symptomatik orientierte Integration von spezialisierter Palliativversorgung in komplexen Belastungssituationen befürwortet [2]. Bei unzureichender Datenlage wird hierfür allerdings nur eine abgeschwächte Empfehlung ausgesprochen [2]. Im Gegensatz zu den USA, wo „palliative care“ routinemäßig in die LVAD-Therapie integriert wird [9, 11], gibt es im deutschsprachigen Raum bislang keine Handlungsempfehlungen für die palliativmedizinische Mitbehandlung von terminal herzinsuffizienten LVAD-Patienten.

Ziel dieser Arbeit ist, anhand der aktuellen Datenlage zu überprüfen, ob die LVAD-Therapie eine Indikation für eine palliativmedizinische Mitbehandlung darstellt. Es ergeben sich folgende Fragestellungen:

  1. 1.

    Welche Auswirkungen hat eine palliativmedizinische Mitbehandlung auf klinisch messbare Endpunkte von LVAD-Patienten?

  2. 2.

    Wie könnte eine palliativmedizinische Mitbehandlung umgesetzt werden?

  3. 3.

    Gibt es unterschiedliche Empfehlungen zu DT und BTT?

Methode

Die strukturierte Literaturrecherche erfolgte nach PICOS [26]:

  • Population: LVAD-Patienten,

  • Intervention: palliativmedizinische Mitbehandlung,

  • Kontrollgruppe: keine,

  • Ergebnisse: Bedarf, Nutzen und Folgen bei den Patienten sowie die Umsetzung der Mitbehandlung,

  • Studienarten: quantitative und qualitative Studien sowie Übersichtsarbeiten.

Im Mai 2020 wurde eine systematische Suche in 6 relevanten Datenbanken durchgeführt (Abb. 1). Die Suchstrategie lautete: ((heart-assist-device AND left) OR lvad OR Left-ventricular-assist* OR mechanical-circulatory-support OR Herz-Unterstützungs-System OR mechanisches-Kreislauf-Unterstützungssystem OR linksventrikuläres-Unterstützungssystem) AND (palliativ* OR advance-care-planning OR Terminal-Care OR End-of-life support OR Withdrawal). Eingeschlossen wurden Original- und Übersichtsarbeiten auf Englisch oder Deutsch seit 2008. Ausgeschlossen wurden Fallstudien, Kommentare und Arbeiten zu nichtlinksventrikulären Unterstützungssystemen oder mit rein pädiatrischem Fokus.

Abb. 1
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Verlauf der Literaturrecherche

Ergebnisse

In der Literaturrecherche konnten 21 relevante Volltexte identifiziert werden, die in Tab. 1 zusammengefasst sind.

Tab. 1 Eingeschlossene Original- und Übersichtsarbeiten

Auswirkungen auf klinisch messbare Endpunkte

Eine palliativmedizinische Mitbehandlung erfolgt im Krankenhaus in der Regel durch ein konsiliarisch tätiges Palliativteam. In Studien, bei denen solche Palliativkonsile vor Implantation durchgeführt wurden, lagen anschließend signifikant mehr Patientenverfügungen (PV) und Vorsorgevollmachten (VV) vor [7, 22, 27, 30]. Der Anteil an PV mit spezifischem Bezug auf LVAD war allerdings auch nach Palliativkonsilen gering [15, 27]. Das Erstellen eines an den LVAD-Verlauf angepassten „Preparedness“-Plans mit PV und VV wird empfohlen (Abb. 2; [24, 25]). Im Verlauf der Therapie soll dieser dann gemäß den Wünschen und Sorgen der Patienten reevaluiert werden [15]. Durch Beteiligung von Angehörigen bei den präoperativen Gesprächen konnte deren Verständnis für die Wünsche der Patienten erhöht werden [18]. In diesen Gesprächen wurden Themen wie akzeptable Gesundheitszustände, LVAD-Deaktivierung und individuelle Präferenzen für die Sterbephase bereits früh angesprochen.

Abb. 2
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Integration der Palliativmedizin in den „left ventricular assist device“ (LVAD)-Verlauf. DT = „destination therapy“, BTT = „bridge to transplant“. (In Anlehnung an Ref. [4, 9, 21, 22, 25])

Wünsche mit Blick auf den Ort des Versterbens (Intensivstation oder zu Hause) konnten bei Vorliegen einer PV und nach durchgeführten Palliativkonsilen [7, 16, 17] häufiger umgesetzt werden. Unklarheit herrscht über den Einfluss palliativmedizinischer Einbindung auf lebenserhaltende Maßnahmen wie mechanische Beatmung und Nierenersatzverfahren sowie die Verlegungsrate in ein Hospiz [16, 17].

Die Integration der Palliativmedizin verbessert das Symptommanagement [20]. Ebenfalls wird die Lebensqualität von Patienten und den betreuenden Angehörigen erhöht [29], und die Zufriedenheit der primär behandelnden Ärzte steigt [29]. Auch zeigte sich ein Einfluss auf die Entscheidungsfindung: Nach einer „Shared-decision-making“-Intervention entschieden sich weniger Patienten für eine DT-LVAD-Implantation [23].

Umsetzung der Mitbehandlung

Da eine Beratung durch ein Palliativteam gerade für die Therapiezielfindung von Bedeutung ist [5, 27], sollte die Einbindung idealerweise schon in der Vorbereitungsphase der Implantation beginnen [29]. In der Praxis findet der erste Kontakt zur Palliativmedizin allerdings häufig erst auf Intensivstationen kurz vor der Implantation [5] oder bei LVAD-Deaktivierung statt [30]. Insgesamt kommt es durch die palliativmedizinische Einbindung nicht zu einer Verzögerung der Implantation [21]. Das Krankenpflegepersonal, das bei der Versorgung von LVAD-Patienten eine wichtige Rolle spielt [12], kann bei der Identifikation von palliativmedizinischem Bedarf hilfreich sein [19] und eine frühzeitigere Einbindung der Palliativmedizin ermöglichen. Eine qualitative Analyse stellte den Nutzen speziell geschulter LVAD-Palliativmediziner, die kontinuierlich an den multidisziplinären LVAD-Sitzungen teilnahmen, heraus [20]. Auch die Bedeutung gegenseitiger Schulungen von LVAD-Spezialisten und Palliativmedizinern wurde betont [20, 28, 31]. Um Palliativmedizinern mehr Sicherheit im Umgang mit LVAD zu geben, wurden praxisnahe Ratschläge formuliert [28]. In Abb. 2 sind Themen- und Handlungsschwerpunkte für eine palliativmedizinische Begleitung bei DT-LVAD zusammengefasst.

Unterschiedliche Empfehlungen zu DT und BTT

Die Implantation eines LVAD als DT ist zumindest aus palliativmedizinischer Sicht als eine palliative Maßnahme bei einer lebenszeitverkürzenden Erkrankung zu verstehen. Viele Studien (Tab. 1) und besonders die konkreten Empfehlungen (Abb. 2) beziehen sich daher explizit auf diese Patientengruppe. Aber auch für BTT-Patienten ist eine LVAD-Implantation eine Belastung, und die Letalität bleibt, obgleich geringer als bei DT-Patienten, bis zur Transplantation erhöht [13]. Eine Analyse zeigte ähnliche Sterbebedingungen bei BTT und DT [16]. Schließlich werden nicht alle BTT-Patienten tatsächlich transplantiert. Vor allem bei einer Therapiezieländerung von BTT nach DT kann eine palliativmedizinische Mitbehandlung hilfreich sein [16].

Diskussion

Die vorliegenden Studien zeigen, dass eine palliativmedizinische Mitbehandlung positive Effekte für LVAD-Patienten, deren Angehörige und die behandelnden Ärzte hat und damit die Behandlungsqualität insgesamt verbessert wird [7, 15,16,17,18,19,20,21,22,23,24, 27, 29, 30]. Es konnten keine Arbeiten zum Einfluss auf Überleben, Komplikationsraten oder Komorbiditäten wie psychische Erkrankungen gefunden werden.

Obwohl über eine steigende Inanspruchnahme palliativmedizinischer Begleitung in der Sterbephase nach Einführung präoperativer Palliativkonsile in den USA [16] berichtet wird, war der Bedarf an Palliativkonsilen teilweise gering und nur bei gleichzeitigem Vorliegen einer Depression erhöht [21]. Insgesamt verdeutlichen konkrete Fallbeispiele den Nutzen der Palliativintegration [21]. Es zeigte sich, dass auch BTT-Patienten von palliativmedizinischer Begleitung profitieren können. Konkrete Empfehlungen zur palliativmedizinischen Begleitung bezogen sich eher auf DT-Patienten, trotzdem bleibt die Datenlage über den besten Zeitpunkt der Palliativintegration uneindeutig [25]. Eine kontinuierlich verfügbare Begleitung wird empfohlen [4]. Die Ausarbeitung von spezifischen Triggern, z. B. eine Therapiezieländerung oder aufgetretene Komplikationen, kann hilfreich sein, um den Bedarf für ein palliativmedizinisches Assessment besser zu bestimmen. Ebenfalls soll das Bewusstsein bei Kardiologen, Kardiochirurgen und Intensivmedizinern für den Nutzen einer palliativmedizinischen Behandlung bei terminal herzinsuffizienten (LVAD)-Patienten gestärkt werden. Bislang ist die klinische Versorgung herzinsuffizienter Patienten von einer „death-denying culture“ geprägt [6]. Auch für Palliativmediziner sind Schulungen über LVAD notwendig, um das Verständnis für die Indikationen und die Therapieprinzipien zu verbessern.

Fast alle eingeschlossenen Studien stammen aus Nordamerika. Daten zur Situation im europäischen oder im deutschsprachigen Raum liegen nicht vor.

Schließlich wären deutschsprachige Empfehlungen zur zeitgerechten palliativmedizinischen Unterstützung von LVAD-Patienten und deren Angehörigen wünschenswert.

Fazit für die Praxis

  • Die palliativmedizinische Mitbehandlung bei „left ventricular assist devices“ (LVAD) hat positive Effekte auf das Symptommanagement, die Lebensqualität von Patienten und Angehörigen sowie die Zufriedenheit von Ärzten.

  • Die Vorsorgeplanung mit Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten wird erhöht.

  • Eine Begleitung bereits im Entscheidungsprozess unterstützt eine partizipative Entscheidungsfindung.

  • Der Sterbeort kann häufiger dem Patientenwunsch entsprechend außerhalb einer Intensivstation sein.

  • Palliativmedizinische Integration wird noch nicht standardisiert durchgeführt; es fehlen evidenzbasierte spezifische Handlungsempfehlungen für Zeitpunkt, Ort und Rahmenbedingungen der Mitbehandlung.

  • Weitere Analysen zum palliativen Bedarf in Abhängigkeit vom Therapieziel sind hilfreich.

  • Gegenseitige Schulungen von LVAD-Spezialisten und Palliativmedizinern sind notwendig.