Die COVID-19-Pandemie führt bei den Mitarbeitern im Gesundheitssystem zu zusätzlichen Belastungen. Bei der Online-Umfrage im deutschsprachigen Raum wurden die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter und die Auswirkungen auf die Patientenversorgung während der COVID-19-Pandemie insbesondere im intensivmedizinischen Bereich erhoben.

Einleitung

Die COVID-19-Pandemie [1] hat das Gesundheitssystem der Bundesrepublik Deutschland vor besondere Herausforderungen gestellt. Deutschland unterstützte in dieser Anfangsphase seine EU-Partner Italien und Frankreich bei der Behandlung schwer kranker Coronapatienten. Mehrere Bundesländer haben zu Beginn der Pandemie ausländische Notfallpatienten aufgenommen, die beatmet werden mussten [2].

Während bei den bisherigen Virusausbrüchen der letzten 20 Jahre („severe acute respiratory syndrome“ [SARS], „middle east respiratory syndrome“ [MERS] usw.) eine relativ schnelle Eindämmung gelang, ist die COVID-19-Pandemie aktuell (September 2020) weiterhin existent. Aus Erfahrungen vergangener Virusausbrüche ist bekannt, dass die Arbeitsbelastung, der persönliche Schutz, aber auch die Sorge um die eigenen Familien zu Stress und psychischer Belastung führen können [3]. Medizinisches Personal war bzw. ist im Rahmen der COVID-19-Pandemie insbesondere durch die schnelle Schaffung von Intensivkapazitäten, Arbeiten mit persönlicher Schutzausrüstung (PSA), Training in der Intensivmedizin, Arbeiten unter besonderen Schutzmaßnahmen gefordert. Um der zu erwartenden Patientenzahl gerecht zu werden, wurden zwar Intensivbettkapazitäten, inkl. medizinisches Equipment usw., geschaffen, aber das Personal musste aus den vorhandenen Ressourcen akquiriert werden. Dies führt zur weiteren Belastung für das vorhandene und ohnehin knappe intensivmedizinische Personal [4, 5]. Einige Klinken haben die Aussetzung der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zu Mindestbesetzungen von Intensivstationen [6, 7] und die Möglichkeiten der Schichtverlängerungen auf 12 h genutzt [8]. Des Weiteren wurde auch die Delegationsmöglichkeit im Rahmen des Infektionsschutzgesetztes erweitert (Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten), was zu mehr Verantwortung von Delegierenden und Delegaten führt.

Ziel der Umfrage im deutschsprachigen Raum war es, die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter (Ärzte, Pflegefachpersonen, Physiotherapeuten und weiteren Berufsgruppen) sowie die Qualität der Patientenversorgung während der COVID-19-Pandemie zu erheben und hierbei Unterschiede zwischen Personal bzw. Mitarbeiter mit direktem vs. ohne Kontakt (MmK vs MoK) zu mit COVID-19 infizierten Patienten zu untersuchen.

Methodik

Bei der Studie handelt es sich um eine Querschnittsstudie mit einer offenen Online-Umfrage.

Setting und Rekrutierung

Die Erhebung wurde im Gesundheitssektor im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Luxemburg, Österreich, Schweiz) durchgeführt. Ein Aufruf zur Teilnahme wurde elektronisch und zusätzlich in gedruckter Form über verschiedene Medien und Fachgesellschaften in einem Schneeballsystem verteilt, wie z. B. Springer Verlag, Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensivmedizin und Notfallmedizin (DIVI) und andere. Der Aufruf beinhaltete eine Kurzinformation über die Studie, die Namen der Studienleiter sowie die Internetadresse der Umfrage.

Teilnehmende Personen

Eingeladen wurden Mitarbeiter der Gesundheits- und Krankenversorgung aus Krankenhäusern verschiedener Bereiche, darunter Intensivstationen, Intermediate-care-Stationen, allgemeiner Stationen und anderer Versorgungseinheiten. Explizite Ein- und Ausschlusskriterien wurden nicht formuliert. Eine Teilnahme an der Umfrage wurde als Zustimmung gewertet.

Auf der Startseite der elektronischen Umfrage wurden die teilnehmenden Personen über das Ziel der Umfrage informiert. Sie wurden weiterhin darüber informiert, wer die Umfrage durchführte, dass die Daten anonym erhoben wurden und eine Rückverfolgung nicht möglich war.

Die Umfrage

Die Datenerhebung wurde online in einem Schneeballsystem über 8 Wochen (von Mai bis Juli 2020) mithilfe der frei verfügbaren Software LimeSurvey (Version 2.05, LimeSurvey Project Team und Schmitz, 2012, Hamburg, Germany) durchgeführt. Bei der Umfrage handelte es sich um einen selbst entwickelten Online-Fragebogen, der aus 22 Fragen auf 15 Seiten bestand. Es gab keine finanziellen oder sonstige Anreize zum Ausfüllen der Online-Umfrage. Der Fragebogen wurde von 19 Personen der Zielgruppe im Vorfeld im Hinblick auf Sprache, Verständlichkeit, Logik und Bedienung getestet. Anhand der Rückmeldungen wurde die Umfrage dann entsprechend revidiert. Im Pretest betrug die Zeit für das Ausfüllen des Fragebogens durchschnittlich 10 min. Für eine bessere Verständlichkeit werden die Fragen und Antworten hier in anderer Reihenfolge als in der originalen Umfrage berichtet.

Statistische Methoden

Nach Abschluss der Datenerhebung wurden die erhobenen Daten mithilfe der statistischen Analysesoftware SPSS für Windows (Version 25.0.0.1, IBM, 2017, Armonk, NY, USA) analysiert. Als deskriptive Statistiken wurden absolute und relative Häufigkeiten bei kategorialen Variablen angeben. Ordinale sowie nichtnormalverteilte metrische Variablen wurden mit ihrem Median und Interquartilsabstand (IQR) dargestellt. Als inferenzstatistischer Test wurde der Exakte Test nach Fischer unter Berücksichtigung eines globalen 5 %-Signifikanzniveaus verwendet. Die Interpretation der p-Werte erfolgte nach einer Bonferroni-Korrektur mit einem adjustierten zweiseitigen Signifikanzniveau.

Ethische Erwägungen

Es wurden keine personenbezogenen Daten erhoben. Alle Teilnehmer wurden über den freiwilligen, anonymen Ansatz und die erforderliche Zeit für die Beantwortung aller Fragen informiert. Die Teilnahme wurde als Zustimmung gezählt. Die Umfrage fand in Übereinstimmung mit der Deklaration von Helsinki statt, eine gesonderte ethische Begutachtung war nicht notwendig.

Ergebnisse

Bei der Umfrage nahmen vom 13.05.2020 bis zum 08.07.2020 insgesamt 2122 Personen teil. Davon haben 77 % (n = 1625) den Fragebogen vollständig ausgefüllt.

Der überwiegende Teil der Teilnehmer war mit 64,0 % (n = 1359) weiblich. Die größten Berufsgruppen waren (Intensiv‑)Pflegende mit 76,3 % (n = 1620) und die der Ärzte mit 15,6 % (n = 330). Bei der deutschsprachigen Umfrage kamen die meisten Befragten mit 93,7 % (n = 1988) aus Deutschland, hatten zu 41,4 % (n = 878) mehr als 15 Jahre Berufserfahrung in den Bereichen der Intensivpflege bzw. Intensivmedizin oder -therapie und hatten am häufigsten den beruflichen Abschluss der Fachweiterbildung (Intensivpflege). Zu 45,8 % (n = 971) waren die meisten Befragten in Krankenhäusern der Maximalversorgung tätig (Tab. 1).

Tab. 1 Soziodemografische Angaben (n = 2212)

Arbeitsbedingungen

Insgesamt gaben die Befragten an, mehr Schichten (46,4 %, n = 907) und auch mehr Stunden pro Schicht (29,6 %, n = 578) als sonst gearbeitet zu haben. 47,7 % (n = 932) haben zusätzliche Tätigkeiten übernommen, 30,0 % (n = 586) wurden in anderen Bereichen eingesetzt, und 21,5 % (n = 421) bedienten Geräte ohne vorherige Einweisung (Tab. 2).

Tab. 2 Arbeitsbedingungen der Befragten mit vs. ohne direkten COVID-19-Kontakt

Lediglich 51,5 % (n = 1006) gaben an, dass eine ausreichende Schutzkleidung vorgehalten worden ist. 47,4 % (n = 927) haben Trainings erhalten. Die meisten beurteilten die Kommunikation mit der direkten Leitung als zufriedenstellend (62,3 %, n = 1218), weniger die mit dem Management (39,0 %, n = 763).

Ein Drittel (32,7 %, n = 639) war mehr als sonst zufrieden, etwa einem Fünftel (18,9 %, n = 369) wurden zusätzliche Pausen angeboten (Tab. 2).

Versorgungsqualität

In der Versorgungsqualität von Patienten gaben die Befragten verschiedene Mängel an. So konnten v. a. Angehörigen (67,4 %, n = 1317) und Patienten (59,7 %, n = 1166) nicht die notwendige psychosoziale Unterstützung angeboten und Patienten nicht so oft wie notwendig mobilisiert werden (45,4 %, n = 888). Mängel in der Händehygiene (20,0 %, n = 391) sowie Medikationsfehler ohne Folgen (7,4 %, n = 144) und mit Folgen (5,0 %, n = 97) traten auf (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Patientenversorgung der Befragten mit vs. ohne direkten Kontakt mit COVID-19-Infizierten. Antworten auf die Items der Patientenversorgung, angegeben als absolute und relative Häufigkeiten. Adjustiertes p-Niveau nach Bonferroni-Korrektur: padj 0,003 (unter Annahme von p = 0,05 und 15 Variablen)

Vergleich zwischen Befragten mit vs. ohne direkten Kontakt zu COVID-19-Infizierten

Mitarbeiter mit Kontakt (MmK) gaben im Vergleich zu Mitarbeiter ohne Kontakt (MoK) signifikant mehr Belastungen an: Es wurde erheblich mehr gearbeitet (≥ 2 Schichten: 24,1 %, n = 360 vs. 13,7 %, n = 63, p < 0,001), ebenso wurden mehr Dienste weniger als eine Woche im Voraus geplant (30,8 %, n = 459 vs. 21,5 %, n = 99, p < 0,001; Tab. 2). Zusätzlich wurden mehr Arbeitsstunden am Tag als sonst gearbeitet (37,2 %, n = 489 vs. 26,6 %, n = 89, p < 0,001). Des Weiteren mussten häufiger Geräte ohne vorherige Einweisung bedient werden (27,9 %, n = 364vs. 17,1 %, n = 57, p < 0,001). Dienstplanwünsche wurden weniger berücksichtigt (53,7 %, n = 709 vs. 67,3 %, n = 226, p < 0,001) und zusätzliche Pausen seltener ermöglicht (20,2 %, n = 226 vs. 30,7 %, n = 103, p < 0,001). In den Kommentaren gaben die Befragten beispielhaft an:

Kommentar 1:

„Hohes persönliches gesundheitliches Risiko von Intensivpflegenden und Ärzten durch fehlende, mangelhafte Schutzausrüstung, unzureichende räumliche Verhältnisse und unklare Strategien der Hygiene und der Vorgesetzten führten zu Ängsten, Unzufriedenheit und Belastungen.“

Kommentar 2:

„Durch Aussetzung der PpUGV (Anm. die Verf. Pflegepersonaluntergrenzenverordung) bei gleichzeitiger (!) Anordnung einer Betreuung ‚von 1:4‘ durch den Arbeitgeber, die Aussetzung des geplanten Dienstplanes, die Hochsetzung von 8‑ auf 12-h-Diensten ohne Betriebsratbeschluss und Voraussetzung von ständiger Verfügbarkeit kam es zu starken Überlastungen, Demotivation und Ängsten der Intensivpflegenden und Ärzten.“

Kommentar 3:

„Das An- und Auskleiden von Vollschutzkleidung, das zusätzliche ‚Betreuen‘ und Verantworten von fachfremdem ungeschultem Personal ohne Intensivfachweiterbildung sowie das Arbeiten von 8 h in Vollschutz ohne Pause und Ablösung inklusive FFP2-Maske in COVID-19-Zimmern führt deutlich zu höheren Arbeitsüberlastungen.“

Kommentar 4:

„Warum sollte ich zufriedener sein? Die gleichen schlechten Bedingungen wie vor der Pandemie.“

Eine vollständige Analyse und Veröffentlichung der Kommentare sind zu einem späteren Zeitpunkt geplant.

Mitarbeiter mit Kontakt gaben im Vergleich zu Mitarbeiter ohne Kontakt eine auch nach Bonferroni-Korrektur signifikant schlechtere Versorgung in folgenden Aspekten an (Abb. 1): Die psychosoziale Unterstützung und Begleitung der Patienten war bei der Betreuung in einer COVID-19-Situation schlechter (68,7 %, n = 984 vs. 46,5 %, n = 182, p < 0,001), dies auch bei den Angehörigen (77,2 %, n = 1076 vs. 65,7 %, n = 241, p < 0,001). Eine Mobilisation von Patienten (53,3 %, n = 764 vs. 31,7 %, n = 124, p < 0,001) oder eine Umpositionierung der Patienten erfolgte signifikant seltener (39,2 %, n = 459 vs. 23,8 %, n = 75, p < 0,001), Intubationen fanden verzögert statt (10,7 %, n = 149 vs. 3,2 %, n = 12, p < 0,001) und ebenso eine nichtinvasive Beatmung (NIV, 14,5 %, n = 201vs. 6,1 %, n = 23, p < 0,001), Zusätzlich wurde seltener eine Mundpflege durchgeführt (35,2 %, n = 408 vs. 19,8 %, n = 63, p < 0,001) und der Endotrachealtubus umpositioniert (19,7 %, n = 221 vs. 9,7 %, n = 29, p < 0,001). Ein Weaning musste abgebrochen werden (50,2 %, n = 675 vs. 16 %, n = 56, p < 0,001). Bronchoskopien fanden verzögert statt (20,1 %, n = 279 vs. 8,3 %, n = 31, p < 0,001). Auf Alarme der Spritzenpumpen wurde verzögert reagiert (34,3 %, n = 385 vs. 17,8 %, n = 53, p < 0,001).

Diskussion

In der während der COVID-19-Pandemie durchgeführten Querschnittsstudie mit mehr als 2000 Mitarbeitern aus Krankenhäusern im deutschsprachigen Raum wurde deutlich, dass v. a. Befragte mit direktem Kontakt zu infizierten COVID-19-Patienten erhebliche Belastungen, eine schlechtere Patientenversorgung sowie eine Gefährdung der Patientensicherheit angaben.

Arbeitsbedingungen

Die Befragten machten zu den Arbeitsbedingungen differenzierte Angaben. Fast die Hälfte musste mehr als sonst üblich arbeiten und dabei zusätzliche Tätigkeiten übernehmen, ein Drittel wurde in anderen Bereichen eingesetzt. Andere Studien bestätigen die Mehrbelastung des Personals. Diese Mehrbelastung resultierte aus den Veränderungen der Arbeitsbedingungen als Reaktion auf eine globale und nationale Gesundheitskrise. Die Krise wurde – gemessen an den Infektions- und Mortalitätszahlen – gut bewältigt und zeigt, wie flexibel und belastbar die Mitarbeiter der hiesigen Gesundheitssysteme sind, was auch im Ausland anerkannt wurde [9]. Dennoch gibt es Optimierungsbedarfe. Die Kommunikation während der COVID-19-Pandemie mit dem Krankenhausmanagement gab fast die Hälfte als nichtzufriedenstellend an, während die Kommunikation mit den direkten Vorgesetzten von den meisten der Befragten als zufriedenstellend angegeben wurde. Ein mangelnder Informationsfluss und tägliche, sich ändernde Informationen können zu weiteren Unsicherheiten führen, insbesondere wenn Strukturen ständig geändert werden. Der Zugang zu Informationen und der freie interprofessionelle Austausch von Einschätzungen, die Diskussion bestimmter Vorstellungen und die Bereitstellung von emotionaler Unterstützung ist immer, aber insbesondere in Zeiten der COVID-19-Pandemie von essenzieller Bedeutung, auch in der Patientenversorgung [10,11,12]. Kommunikation ist ein zentraler Baustein. Obwohl ein Drittel der Befragten mehr als sonst zufrieden war, überlegten ebenso viele, den Beruf zu wechseln. Wenn weiterhin lediglich zwei Drittel der Befragten eine ausreichende Schutzausrüstung hat, sich nicht unterstützt fühlt und die Betreuung von COVID-19-Infizierten beim Personal zu einer erhöhten Infektions- und Mortalitätsrate führt, stellt sich die Frage, wer bei der kommenden zweiten COVID-19-Welle die Patientenversorgung übernehmen will [13, 14]. Weiter sind die Aussetzung von Mindestpersonalgrenzen, Urlaubssperren, illegale Bedienung von Medizinprodukten zwar möglicherweise kurzfristige Strategien, eine Krise zu bewältigen, aber sicherlich nicht geeignet, um dringend benötigtes qualifiziertes Fachpersonal zu halten [15]. Es ist zu hoffen, dass eine gesundheitspolitische Reflexion der Krise zu einer grundlegenden Reform der Krankenhausfinanzierung führen wird, um auch zukünftige weitere Welle und andere Krisen nachhaltig meistern zu können [16].

Patientensicherheit

Diese mögliche Mehrbelastung des medizinischen Personals zeigte sich auch in der Mobilisation der Patienten. Hier gaben Befragte, die COVID-19-Patienten betreuten, an, dass eine Mobilisation von Patienten seltener als sonst durchgeführt wurde (53,3 %, n = 764 vs. 31,7 %, n = 124, p < 0,001). Die Frühmobilisation und Reorientierung ist jedoch ein zentraler Punkt zur Vermeidung eines Delirs [17,18,19] und wurde aufgrund der essenziellen Bedeutung in die DIVI-Qualitätsindikatoren aufgenommen [20]. Durch die eingeschränkte Mobilisation, deren Vorbereitung und Durchführung im Kontext der allgemeinen Hygieneregeln bei COVID-19 einen erhöhten Zeitaufwand benötigt, entstehen verbunden mit der sozialen Isolierung, möglicherweise relevante Sekundärprobleme. Bereits bestehende Vorbehalte gegen die Mobilisation könnten sich verstärken. Hier sollten möglicherweise frühzeitig Barrieren identifiziert und abgebaut werden [21]. Eine Querschnittsstudie mit einer bereinigten Stichprobe von 580 Teilnehmern konnte zeigen, dass die Teilnehmer ebenfalls Angst davor haben (78,2 %), die Patienten nicht pflegerisch korrekt versorgen zu können [16]. Dies wurde in den Freitextantworten ebenfalls bestätigt.

Insbesondere auf das Weaning ist bei der Beatmungssituation von COVID-19 zu achten. Etablierte Weaning-Protokolle und die damit verbundene protokollgesteuerte Entwöhnung können die Dauer der mechanischen Beatmung verkürzen. Hirzallah et al. konnte in einer systematischen Übersichtsarbeit im Kontext einer Metaanalyse zeigen, dass es signifikante Unterschiede der Entwöhnungszeiten zwischen den von Pflegepersonen verantworteten protokollgestützten Weanings gibt. Die Verkürzung der Weaning-Zeit lag im Mittel bei 1,69 Tagen, die Verweildauer auf der Intensivstation konnte im Mittel um 2,04 Tage reduziert werden [22].

Eine mögliche Ursache könnte hier in den Besuchsbeschränkungen der Kliniken und insbesondere auch der Intensivstation zu finden sein. Die fehlende Kommunikation, verbunden mit der aus den Besuchsbeschränkungen resultierenden Isolation, ist der raschen Genesung der Patienten nicht förderlich [23]. In diesem Zusammenhang werden in einer Arbeit von Fatke et al. auch Eigen- und Fremdgefährdungen als mögliche Komplikation dieser sozialen Isolation diskutiert [24]. Darüber hinaus kann es zu einer Entwicklung von Ängsten kommen, die möglicherweise auch Einfluss auf die Klinikaufenthaltsdauer haben könnte [25]. Zusätzlich gaben die Teilnehmer in den Freitextangaben an, dass die Besuchsbeschränkungen, das An- und Auskleiden der PSA und eine Pflege/Patienten Verhältnis von 1:4 zu vermehrten Belastungen führten. Die DIVI fordert bei Intensivbehandlungspatienten einen Betreuungsschlüssel von 1:2 und bei aufwendigen Intensivbehandlungspatienten eine Ratio von 1:1.

Stärken und Grenzen

Eine Stärke dieser Umfrage ist neben der hohen Anzahl von teilnehmenden Personen die breite Verteilung von Professionen und Repräsentanten aus verschiedenen Versorgungsebenen. Da die Studie im Schneeballsystem erfolgte, konnte keine Rücklaufquote berechnet werden. Es ist ein Rekrutierungsbias denkbar, da möglicherweise v. a. diejenigen Personen teilgenommen haben, die sich durch die Fragestellung besonders angesprochen fühlten. Theoretisch bestand die Möglichkeit, dass teilnehmende Personen mehrfach teilnahmen, aber aufgrund des nichtökonomischen oder unpolitischen Charakters dieser Umfrage war dies unwahrscheinlich. Die Reihenfolge der Fragen und Antwortmöglichkeiten wurde nicht in ihrer Reihenfolge für jeden Teilnehmer randomisiert, es besteht daher die Möglichkeit einer nichtbeabsichtigten Beeinflussung. Eine weitere Grenze ist der selbst konstruierte Fragebogen ohne Daten über seine Gültigkeit, Zuverlässigkeit oder Objektivität. Zusätzlich sind deutsche Probanden überrepräsentiert, und eine sozial erwünschte Antwort kann nicht ausgeschlossen werden. Gegenteilig war die Umfrage allerdings anonym, es gab keine Anreize, und die Teilnehmer hatten keinen Vorteil, um die besten oder bestimmte Antworten zu geben. Die genannten verzerrenden Effekte sind daher insgesamt als gering einzustufen, und eine bedeutsame Änderung der Ergebnisse ist nicht anzunehmen.

Schlussfolgerungen

Aus der Befragung ergeben sich folgende Schlussfolgerungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie: Die Kommunikation mit den Krisenstäben bzw. den Krankenhausleitungen sollte durch offene Kommunikation verbessert werden. Zu beachten ist, dass auch während Pandemiezeiten Gesetze wie z. B. das Medizinproduktegesetz (MPG) oder Arbeitszeitgesetze nicht außer Kraft gesetzt sind und demzufolge beachtet werden müssen. Um kritische Situationen für die Mitarbeiter, die zu zusätzlichen Belastungen führen, zu vermeiden, müssen Materialressourcen früher und ausreichend bereitgestellt werden. Die kritischste Komponente ist allerdings die Personalressource. Demzufolge müssen die sog. systemrelevanten Berufe im Gesundheitswesen gestärkt (in Quantität und Qualität) und die psychosoziale Belastung in diesen außergewöhnlichen Zeiten beachtet werden.

Fazit für die Praxis

  • Durch die COVID-19-Pandemie kommt es zu höherer Arbeitsbelastung bei Ärzten, Pflegenden und Therapeuten.

  • Nur jedem zweiten Mitarbeiter wurde ausreichende Schutzkleidung zur Verfügung gestellt.

  • Ein Fünftel der Mitarbeiter musste Geräte ohne vorherige Einweisung bedienen.

  • Die Besuchsbeschränkungen der Intensivpatienten erschwert die Kommunikation und führt zur stärkeren sozialen Isolation.

  • Die Kommunikation des Krankenhausmanagements gegenüber den Mitarbeitern muss in Pandemiesituationen verbessert werden.