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Der Einsatz von Adjuvanzien zu Lokalanästhetika für die Regionalanästhesie ist nahezu genauso alt, wie die „pharmakologische“ Regionalanästhesie selbst. Kurz, nachdem August Bier 1898 erstmals die Spinalanästhesie über die intrathekale Injektion von Cocain beschrieb, wurde Nicolae Racoviceanu-Pitesti zwei Jahre später mit der Mischung aus Cocain und Morphin bekannt [2]. Heinrich Braun soll sich seine Unterarme durch unzählige Mischungen verschiedener Adjuvanzien vernarbt haben, bis er, drei weitere Jahre später, die Kombination aus Cocain und Adrenalin populär machte. Dies alles geschah damals in völliger Unkenntnis von Rezeptoren oder gar molekularen Wirkmechanismen. Mit den uns heute zur Verfügung stehenden Mitteln zeigen uns Schäfer et al. hervorragende Nachweise zur Präsenz von Rezeptoren für Lokalanästhetika und Adjuvanzien auf. Leider ist damit noch nicht gezeigt, dass sie beim Menschen auch funktionell von Bedeutung sind.
Adjuvanzien sollen also entweder Lokalanästhetika einsparen, damit deren unerwünschte Wirkungen weniger werden, oder deren Wirkdauer verlängern, damit eine Analgesie länger anhält. In Bezug auf die Wirkverlängerung sollte man sich fragen, wie lange diese sein soll, um alltagstauglich zu sein? Reichen wenige Stunden aus, oder sollte die analgetische Wirkung vielleicht zumindest über die erste Nacht helfen? Damit ein nichtpräventiv behandelter „Rebound“-Schmerz nicht zu Unzeiten zuschlägt? Nehmen wir an, es läuft gut und das lang wirksame Lokalanästhetikum wirkt ungefähr 12 h. Wenn der erste Block morgens um 8 Uhr sitzt, ist bis 20 Uhr alles in Ordnung. Für eine entsprechende Schmerzlinderung über die Nacht hinweg können dann noch Maßnahmen ergriffen werden. Würde die Wirkung um nur 2–4 h verlängert, wäre das unfreundlich, denn so fällt der Interventionsbedarf sowohl in die Nachtruhe des Patienten als auch in eine Zeit deutlich eingeschränkter personeller Ressourcen. Für eine Verlängerung „über Nacht“ müssten demnach grob 10 h zusätzlicher Wirkung erzielt werden, damit der Schlaf nicht unterbrochen werden muss. Natürlich ist das alles Ermessenssache. Ist andererseits aber vielleicht den Kindern schon geholfen, wenn die Wirkung der Kaudalblockade durch Zugabe eines Adjuvans zum Lokalanästhetikum etwa 4–5 h länger anhält? Auch Ermessenssache. In jedem Fall ist es wünschenswert, unseren Patienten möglichst gute Bedingungen für die postoperative Rekonvaleszenz zu bieten.
Adrenalin, Natriumbikarbonat, Hyaluronidase, Ketamin, Midazolam und Magnesium haben in Metaanalysen keine hinreichenden Vorteile erbracht und dürfen für das Ziel der Wirkverlängerung getrost in Vergessenheit geraten. Neostigmin bleibt weiter interessant: Für den Kaudalblock scheint es das potenteste Adjuvans zur Verlängerung der Wirkdauer zu sein, leider um den Preis einer gesteigerten Rate an postoperativer Übelkeit und Erbrechen.
Morphin zu intrathekaler und epiduraler Analgesie ohne ein zusätzliches Lokalanästhetikum wurde 1979 erstmals beschrieben. Über Jahrzehnte wurde gemessen, modelliert und diskutiert, inwiefern die analgetischen Wirkungen lokal, regional oder zentral vermittelt werden. Christopher Bernards soll formuliert haben: „Every opioid injected into the human body from the right ear to the left foot will induce an analgesic effect due to systemic distribution to brain receptors“ [3]. Für neuroaxiale Anwendungen hat sich die Kombination aus einem Lokalanästhetikum und einem Opioid dennoch zum Standard entwickelt [7]. Ganz anders sieht es mit der peripheren Anwendung von Opioiden aus. Mit der Idee, dass Entzündungsreaktionen zu einer veränderten Opioidrezeptorexpression an afferenten Neuronen im Kniegelenk eine Rolle spielen, beschrieb Christoph Stein die intraartikuläre Wirkung von Morphin an kleinen Patientengruppen. Leider hat eine Cochrane-Analyse diesen Effekt nicht bestätigen können [13]. Und selbst für die ganglionäre Opioidapplikation scheint es völlig unklar zu sein, ob sie über lokale Opioidrezeptoren funktioniert oder zentral vermittelt wird [6]. An peripheren Nerven scheint lediglich Buprenorphin konsistent mit einer Wirkverlängerung um 8–9 h einherzugehen. Vielleicht, weil es auch Nav1.8, also den wichtigsten spannungsabhängigen Natriumkanal für die sensorische Signalübertragung am peripheren Nerven, inhibiert? Diese Option ginge zumindest in die richtige Richtung.
Die beiden α2-Agonisten Clonidin und Dexmedetomidin werden auch schon seit vielen Jahren zu Studienzwecken perineural verwendet. Dexmedetomidin scheint gegenüber Clonidin zwar eine noch längere Wirkung zu versprechen, dies aber um den Preis höherer Raten an Bradykardien und Sedierungen [5]. Zu Dexmedetomidin wächst die Zahl der Metaanalysen in der Regionalanästhesie nahezu wöchentlich. Es schlägt wahrscheinlich mit einer um 4–5 h längeren Analgesie zu Buche. Vielleicht sind die sedierenden Effekte sogar von Vorteil bei Kindern.
Dexamethason gehört ebenfalls schon eine Weile zu den Favoriten [11, 12]. 8–9 h zusätzliche Analgesie für lang wirksame Lokalanästhetika sind in Metaanalysen mindestens 4‑fach belegt. Im direkten Vergleich schlägt bei perineuraler Gabe Dexamethason das Dexmedetomidin [1]. Vielleicht sollte man auch darauf hinweisen, dass ein durch Dexamethason induzierter Anstieg des Blutzuckerspiegels dosisabhängig nachweisbar ist [8], quantitativ aber nur etwa 20 mg% beträgt [10]. Anstiege auf über 200 mg% sind weder bei Diabetikern noch bei Nichtdiabetikern vermehrt zu erwarten, wenn Dexamethason i.v. gegeben wird [9]. Das landläufig als erhöht eingeschätzte Risiko für das Auftreten von Wundinfektionen nach Gabe von niedrig-dosiertem Dexamethason konnte in einer Subanalyse der ENIGMA-II-Studie [4] und auch in einer Metaanalyse nicht bestätigt werden [10]. Muss Dexamethason perineural verabreicht werden? Wir wissen, dass die i.v.-Verabreichung nicht nur der Übelkeit und dem Erbrechen entgegenwirkt, sondern auch analgetisch effektiv ist. Vier Metaanalysen berechnen jedoch mittlerweile auch hier, dass die perineurale gegenüber der i.v.-Gabe eine um 3–4 h längere Analgesie bedeutet.
Wie steht es um die Entwicklung von Substanzen, von denen versprochen wurde, dass sie über Tage wirken? Liposomales Bupivacain oder Ropivacain? Bisher spielen sie klinisch noch keine Rolle. Die Zeit für entsprechende Metaanalysen wird kommen, und wir dürfen auf die neuen Entwicklungen gespannt sein.
Literatur
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Volk, T., Kubulus, C. Adjuvanzien für die Regionalanästhesie – wie lang ist lange genug?. Anaesthesist 68, 1–2 (2019). https://doi.org/10.1007/s00101-018-0534-2
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