Hinführung zum Thema

Die perioperative Betreuung von Patienten mit hochgradigen Stenosen der Karotiden stellt nach wie vor eine große Herausforderung für alle beteiligten Berufsgruppen dar. Neben der seit langem etablierten Technik, Thrombendarteriektomien (TEA) an der Halsschlagader in Allgemeinanästhesie durchzuführen, gibt es nun schon seit geraumer Zeit Tendenzen mehr und mehr TEAs in lokoregionaler Anästhesie zu operieren. Bei genauer Durchsicht der Literatur fällt auf, dass die verwendeten Techniken und anatomischen Zielorte teilweise sehr heterogen sind. Nicht zuletzt scheint, neben den im Allgemeinen sehr geringen Inzidenzen der anästhesiologischen Komplikationen bei TEAs, auch darin eine der Ursachen zu liegen, dass bis heute die möglichen Vorteile der Regionalanästhesie (RA) für Eingriffe an der Halsschlagader nicht eindeutig evidenzbasiert belegt sind.

Einleitung

In der Bundesrepublik Deutschland ist der zerebrale Insult mit ca. 8 % nach kardialen und onkologischen Erkrankungen die dritthäufigste Todesursache und gilt mit einer Häufigkeit von rund 200.000 Fällen pro Jahr als eine der Hauptursachen für Invalidität [1]. In ca. 25 % der Fälle werden Stenosen bzw. Verschlüsse der A. carotis hierfür verantwortlich gemacht.

Bereits in den 1990er Jahren zeigten die groß angelegten NASCET- [2] und ECST-Studien [3], dass die TEA bei symptomatischen Stenosen der A. carotis interna einen positiven Effekt auf das Outcome der Patienten hat. In den folgenden Jahren konnten etliche weitere Studien die Effektivität der Endarteriektomie bei Karotisstenosen bestätigen. Mittlerweile gilt sowohl bei symptomatischen als auch bei asymptomatischen Patienten das operative Vorgehen, neben dem Stenting, als Methode der Wahl [4, 5]. Die operative Behandlung der Karotisstenose kann entweder in Allgemeinanästhesie (AN), in Regionalanästhesie (RA) oder in Kombination beider Verfahren durchgeführt werden. Obgleich die Datenlage nicht einheitlich ist, konnte in großen multizentrischen Studien eine Tendenz gezeigt werden, dass das Verwenden eines RA-Verfahrens das kardiovaskuläre Risiko des operativen Eingriffs reduzieren kann [6, 7]. Neben der postulierten stabileren Hämodynamik macht vor allem die Möglichkeit der direkten neurologischen Beurteilung des Patienten während des Eingriffs und im Besonderen während des Klemmens der A. carotis die RA interessant. Weiterhin kann im Vergleich zu in AN durchgeführten Operationen die Notwendigkeit eines Karotis-shunts um 10–15 % reduziert werden [8, 9]. Dies ist von besonderer Bedeutung, da die Shuntanlage per se ein relevantes Risiko darstellt, einen Insult auszulösen. Weiter konnte gezeigt werden, dass sowohl die Häufigkeit als auch die Dauer eines Intensivaufenthaltes und in Folge die Länge des gesamten Spitalsaufenthaltes bei Eingriffen in Regionalanästhesie reduziert werden kann [10].

Zusätzlich zu klassischen, auf anatomischen Landmarken basierenden Techniken mit oder ohne Nervenstimulator hat vor allem der Einzug des Ultraschalls die Regionalanästhesie in den letzten Jahren verändert. Ziel dieses Artikels ist es eine Übersicht über die Anatomie und die grundlegenden Techniken der Regionalanästhesie der Regio colli lateralis zu präsentieren, um eine TEA am wachen/sedierten Patienten zu ermöglichen. Außerdem möchten wir den Einfluss der Regionalanästhesie auf das perioperative Outcome näher erörtern.

Material und Methoden

Neben einer ausgedehnten allgemeinen Stichwortsuche in medizinischen Datenbanken (vorwiegend Pubmed/Medline) wurde in der Indexierung mit dem polyhierarchischen Thesaurus MeSH der Datenbank Pubmed/Medline mit folgenden Schlagwörtern gesucht: („Endarterectomy, Carotid“[Mesh]) AND („Anesthesia“[Mesh]). Die Suchergebnisse wurden unstrukturiert gefiltert. In zum Thema passenden Reviews wurde nach qualitativ hochwertiger Primärliteratur gesucht. Es wurde Literatur bis Ende 2015 berücksichtigt. Darüber hinaus fließt die persönliche Erfahrung der Autoren in der narrativen Beurteilung der Literatur ein.

Ultraschallanatomie

Bedingt durch die oberflächliche Lage des Plexus cervicalis im Halsbereich, samt dessen umgebenden Strukturen, kann die Anatomie mittels Ultraschall gut dargestellt werden. Es werden in der Regel hochauflösende Linearschallköpfe verwendet. Bei der nur geringen notwendigen Eindringtiefe können Frequenzen bis über 10 Mhz zum Einsatz kommen. Die Vorteile ultraschallgezielter Blockaden im Vergleich zu klassischen, sich anhand von anatomischen Landmarken orientierenden Verfahren liegen zum einen darin, dass sich Volumen und Ausbreitungsgebiet des Lokalanästhetikums (LA) gut darstellen lassen, zum anderen aber auch darin, dass das Risiko versehentlicher Punktionen der umgebenden, im Hals teils sehr sensiblen Strukturen deutlich vermindert wird. Leider konnten diese nachvollziehbaren Vorteile der ultraschallgezielten RA bisher in klinischen Studien bei Eingriffen an der Karotis noch nicht eindeutig belegt werden [11].

Anatomisch wird der zervikale Plexus von den ventralen Rami der ersten vier zervikalen Nerven (C1-4) gebildet. Alle Nervenfasern (mit Ausnahme von C1) teilen sich in weiterer Folge in einen oberflächlichen und einen tiefen Ast. Der Plexus selbst befindet sich auf Höhe der ersten vier Wirbelkörper, dorsolateral der V. jugularis interna und ventral des M. levator scapulae bzw. des mittleren Skalenusmuskels. Nach lateral hin wird der Plexus cervicalis vom M. sternocleidomastoideus bedeckt [10]. Die tiefen Fasern sind primär motorisch und versorgen Teile der Muskulatur des Halses und des Nackens. Die oberflächlichen Fasern sind hingegen meist sensibel und versorgen die Haut, das subkutane Gewebe und teilweises das Hinterhaupt [12]. Die tiefen Fasern des Plexus sind teilweise mit dem N. vagus (N. X), dem N. hypoglossus (N. XII), dem N. accesorius (N XI) und den sympathischen Ganglien verschaltet. Eine kritische anatomische Struktur am Hals ist der N. phrenicus, der als Ableger der ventralen tiefen Anteile von C4 entspringt. Er verläuft ebenfalls über die Skalenusmuskeln und unter dem M. sternocleidomastoideus nach kaudal [11]. Abb. 1 zeigt einen schematischen transversalen Schnitt durch den Hals auf Höhe C4.

Abb. 1
figure 1

Transversaler Schnitt durch den Hals auf Ebene C4. Dargestellt werden nur die für die Regionalanästhesie relevanten Strukturen. Die Nummerierungen an den eingezeichneten Nadeln entsprechen den Ebenen des Zervikalblocks. (1 oberflächlicher Block, 2 mittlerer Block, 3 tiefer Block). Blau eingezeichnet ist die oberflächliche Halsfaszie, grün die tiefe, prävertebrale Halsfaszie. Der Plexus selbst ist, da er im Ultraschall nicht regelhaft zu erkennen ist, nicht dargestellt. ACE Arteria carotis externa, ACI .Arteria carotis interna, MLCA Musculus longus capitis, MLCO Musculuc longus colli, MLS Musculus levator scapulae, MSA Musculus scalenus anterior, MSM Musculus scalenus medius, MT Musculus trapezius, SCM Musculus sternocleidomastoideus, VJI Vena jugularis interna, WK Wirbelkörper. (Originalmeshes als Referenz übernommen, bearbeitet und adaptiert von BodyParts3D, © The Database Center for Life Science licensed under CC Attribution-Share Alike 2.1 Japan)

Der Plexus cervicalis superficialis liegt im Ultraschall gut darstellbar etwas lateral unter dem Hinterrand des M. sternocleidomastoideus. Er kann meist als hyopechogene Knötchen unter der vermuteten prävertebralen Faszie und somit direkt oberhalb der Mm. scaleni dargestellt werden. Die prävertebrale Faszie selbst ist im Ultraschall meist nicht gut darstellbar. Im weiteren Verlauf entspringen aus dem oberflächlichem zervikalen Plexus der N. occipitalis minor (C2), der N. auricularis magnus (C2,3), der N. transversus colli (C2,3) und die Nn. supraclaviculares (C3,4). Alle vier zusammen innervieren sensibel die Halsregion [10]. Für die Durchführung der meisten Blöcke ist die Darstellung dieser einzelnen Nerven jedoch nicht erforderlich, vielmehr ist es ausreichend, die anatomische Schicht zu identifizieren, in der sich der Plexus befindet (Abb. 2). Dort, zwischen der oberflächlichen und prävertebralen Halsfaszie, wird beim mittleren Zervikalblock das LA appliziert (Abb. 1 und 2). Im Ultraschallbild ist meist nicht klar abzugrenzen, ob sich das LA ober- oder unterhalb der Faszie ausbreitet. Nach einer älteren Kadaverstudie von Pandit et al. [13]. aus dem Jahre 2003 sind die Halsfaszien unterschiedlich permeabel. In der Praxis scheinen die Faszien für den Blockadeerfolg jedoch nur von untergeordneter Bedeutung zu sein, da auch erfolgreich Blöcke oberhalb der Lamina superficialis eingesetzt werden können.

Abb. 2
figure 2

Ultraschallbild der Halsregion rechts. Eingezeichnet sind die verschiedenen anatomischen Ebenen, welche dem oberflächlichen, mittleren und tiefen Zervikalblock entsprechen. Die anatomischen Grenzen wurden jeweils durch die grauen Linien markiert. Der Pfeil markiert die mit dargestellte Nadel. Im konkreten Fall handelt es sich um einen mittleren Zervikalblock. Das Lokalanästhetikum bildet ein Depot sehr tief im Bereich des Plexus (hier dargestellt unter der V. jugularis), sowie ein zweites die A. carotis umspülend (innerhalb der Karotisfaszie). WK Wirbelkörper, LA Depots eingebrachten Lokalanästhetikums, VJI Vena jugularis interna, SCM Musculus sternocleidomastoideus

Wahl des Lokalanästhetikums

Nicht zuletzt durch den Einsatz ultraschallgezielter Verfahren konnte das Risiko von akzidentiellen intravasalen oder intraneuralen Injektionen so weit reduziert werden, dass heute auch langwirksame, hochpotente Lokalanästhetika (wie beispielsweise Ropivacain oder Bupivacain) empfohlen werden können [14, 15]. Aus unserer Praxis haben sich, obgleich damit weniger optimale chirurgische Arbeitsbedingungen aufgrund der schlechteren Muskelrelaxation diskutiert werden, niedrig konzentrierte hoch potente Lokalanästhetika bewährt. Da der Hals gut vaskularisiert ist, sollte außerdem strikt auf die kumulative Dosis geachtet werden. Eventuell erscheint es günstig, sehr nahe an sensiblen Strukturen Testdosen zu applizieren bzw. dort zur Gänze auf niedriger potente Lokalanästhetika zu wechseln. Tab. 1 gibt eine Übersicht über bisher in der Literatur publizierten Konzentrationen und Volumina an Lokalanästhetika.

Tab. 1 Übersicht verwendeter Konzentrationen und Volumina für Zervikalblöcke bei Eingriffen an der A. carotis

Regionalanästhesiologische Techniken

In der Literatur wurde bisher eine Vielzahl verschiedener Techniken zur RA für Karotis-TEAs vorgestellt. Im einfachsten Fall wird jede anatomische Schicht bis hinab zur Karotisfaszie direkt und durch den Chirurgen selbst mit hohen Volumina eines Lokalanästhetikums infiltriert. Dieses sehr unpräzise, großflächige Infiltrieren wird mitunter bei Versagen anderer Techniken verwendet. Vor allem durch die möglichen Nebenwirkungen (konkret das Risiko systemischer LA-Intoxikationen, ungezielte Blockade verschiedener Hirnnerven und Blockade des N. phrenicus) werden Blöcke mit großen Volumina und hohen LA-Konzentrationen jedoch bei fast allen regionalanästhesiologischen Verfahren zunehmend kritischer betrachtet.

Ähnliches gilt für die zervikale Epiduralanästhesie mit oder ohne Kathetertechnik. Obgleich diese Methode für Eingriffe an der Karotis beschrieben wurde [25], erscheint das Nutzen-Risiko-Verhältnis sehr ungünstig. Wenn überhaupt, kann diese Technik nur für lange dauernde Eingriffe im Halsbereich empfohlen werden. Gerade für diese lange dauernden Eingriffe wurden aber auch kontinuierliche Techniken der tiefen Zervikalblockade mit kleinen Volumina beschrieben [26].

Orientierend an einer Einteilung von Telford und Stoneham aus dem Jahr 2004 werden heute entsprechend der anatomischen Lokalisation des Blocks tiefe, oberflächliche und dazwischen liegende mittlere Zervikalblöcke unterschieden [27]. (Tab. 2) Die Darstellung der Zielstrukturen wird in den meisten Fällen „in plane“ (Kurzachsenschnitt durch den Hals) erfolgen (Abb. 2). Die Nadel kann dadurch im gesamten Verlauf verfolgt werden. Ebenfalls sind die anatomischen Schichten gut zu identifizieren.

Tab. 2 Übersicht über die verschiedenen anatomischen Lokalisationen des zervikalen Plexusblocks

Oberflächlicher Zervikalblock

Der oberflächliche Zervikalblock subsummiert eine Vielzahl von Techniken und beschränkt sich in seiner einfachsten Form auf die subkutane Injektion des LA im Bereich des Hinterrandes des M. sternocleidomastoideus. Alle bisher beschriebenen Methoden des oberflächlichen Zervikalblocks eint als Charakteristikum, dass das LA nicht unter die mittlere Halsfaszie respektive nicht unter die Lamina superficialis der Fascia cervicalis injiziert wird [28, 23]. Typischerweise werden für diese Technik relativ große Volumina (20–30 ml) eines geringer konzentrierten LA verwendet. Ein vor allem aus chirurgischer Sicht oft zitierter Nachteil des oberflächlichen Zervikalblocks scheint eine vergleichsweise gering ausgeprägte motorische Blockade der Halsmuskulatur zu sein [29]. In einer Metanalyse von Pandit et al. [30]. zeigte sich dennoch, dass der oberflächliche Zervikalblock in Summe ein risikoarmes Verfahren ist, welches dem tiefen Block hinsichtlich Konversionsraten zur AN, schwerer Komplikationen und Analgesie überlegen ist. In Summe ist damit der oberflächliche Zervikalblock bei den nicht ultraschallgezielten Blockaden der Regio colli lateralis zur Karotischirurgie nach wie vor die Methode der Wahl.

Tiefer Zervikalblock

Der sogenannte „tiefe“ Block, bei dem ein Lokalanästhetikum direkt an die Nervenwurzeln von C2-5 injiziert wird, kann als Einfachinjektion (C3 oder C4-5) [31]oder mittels multipler Injektionen (C2, C3, C4) [15] durchgeführt werden. Die Einfachinjektion scheint hierbei weniger schmerzhaft zu sein und im Vergleich zur Technik mit multiplen Injektionen keinen Nachteil hinsichtlich der Effektivität des Blocks zu haben. Einzelinjektionen verursachen darüber hinaus weniger systemische Absorption des LA [26]. Auch bei der Technik des tiefen Zervikalblocks scheint per se eine hohe Rate an Komplikationen durch Injektion an oder in naheliegende Strukturen wie den N. phrenicus, den Karotiden, der A. vertebralis, den Spinalkanal oder den sympathischen Grenzstrang und dessen Ganglien anzuhaften, welche wohl auch durch konsequenten Ultraschalleinsatz nicht gänzlich ausgeschlossen werden können [12, 23].Häufig findet sich zudem durch eine Blockade der den Kehlkopf versorgenden Äste des N. vagus Heiserkeit und ein eingeschränkter Hustenstoß.

Mittlerer Zervikalblock

Der oben genannten Nomenklatur entsprechend können alle dazwischen liegenden Infiltrationen, ob mit oder ohne Ultraschall, als mittlere Zervikalblöcke bezeichnet werden. Im Allgemeinen bezieht man sich auf eine Injektion in den Raum zwischen der tiefen und oberflächlichen Zervikalfaszie [27]. (An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass nach wie vor Uneinigkeit über die Anatomie und den exakten Verlauf der Halsfaszien herrscht [32].) Der mittlere Block wurde bisher in einer Reihe von Arbeiten untersucht und wird als sichere und zuverlässige Methode zur Regionalanästhesie in der Karotischirurgie gesehen [14, 20].Im Besonderen gelingt es durch die Zuhilfenahme von Ultraschall, die Menge des benötigten LA weiter zu reduzieren. Somit kann das Risiko für postoperative Heiserkeit (durch Blockade des N. laryngeus recurrens respektive des N. vagus) und akzidentielle Gefäßpunktion weiter reduziert werden. Zusätzlich wird, um Versorgungsgebiete des tiefen Anteils des Plexus cervicalis mit abzudecken, teilweise ultraschallgezielt die Faszie der A. carotis kurz unterhalb der Bifurkation mit Lokalanästhetikum umspült. Oft nicht abgedeckt durch Lokalanästhesie im Bereich der Schnittführung, führt vor allem der Hakenzug des Operateurs im Bereich des Kieferwinkels zu Schmerzen beim Patienten. Oftmals kann ein zusätzliches LA-Depot im Bereich des Kieferwinkels hier für gute Analgesie sorgen. Die Injektion dorthin kann gut mit einer Infiltration der zu erwartenden Schnittführung kombiniert werden.

Blockadeerfolg

Traditionellerweise wird beim Zervikalblock ein Blockadeerfolg als Verlust von Schmerzsensationen auf Nadelstiche oder Ähnliches (engl. „pinprick test“) gemeinsam mit Verlust der Temperaturwahrnehmung in den versorgenden Dermatomen C2-4 bezeichnet. Da sich die Dermatome C2-4 vom Lobulus auriculae des Ohrs bis hin zur Schulter ausbreiten, ist theoretisch, bei vollem Blockadeerfolg, kein weiteres intraoperatives Nachinjizieren von LA durch den Operateur notwendig. Teilweise wurde auch berichtet, dass sich die Blockade bis hinab zum Dermatom C5 und hinein in die unteren Zervikalwurzeln ausbreitet. Folglich wird in diesem Fall auch der Plexus brachialis mit blockiert, und eine Parese der ipislateralen oberen Extremität wäre zu beobachten [33]. Obgleich Symptome einer zerebralen Ischämie während des Klemmens der Karotiden in der Regel kontralateral zu erwarten sind, kann eine derartige Parese sowohl die Behandelnden als auch den wachen Patienten irritieren.

Vergleich zur Allgemeinanästhesie

International wird vor allem im angloamerikanischen Raum nach wie vor die Mehrzahl der Operationen an der A. carotis in AN durchgeführt [7]. Befürworter dieser Praxis argumentieren, neben der Einfachheit der Durchführung der AN verglichen mit einem ultraschallgezielten Block, vor allem auch mit dem gesicherten Atemweg nahe dem Operationsgebiet, dem Patientenkomfort und mit der bisher teils sehr widersprüchlichen Erfolgsrate der Blöcke der Halsregion. Einem etwaigen zerebralen ischämieprotektiven Effekt von Barbituraten oder halogenierten volatilen Anästhetika stehen vor allem, wie eingangs erwähnt, die bisher noch nicht zufriedenstellenden Überwachungsmöglichkeiten der zerebralen Perfusion während der Klemmphase der A. carotis interna gegenüber [34]. Sämtliche bisher beschriebenen Techniken zur Ischämiebeurteilung (z. B. transkranieller Dopplerultraschall [TCD], Near-Infrared Spectroscopy [NIRS], somatosensorisch evozierte Potenziale [SSEP] oder kontinuierliches EEG) haben, verglichen mit der klinischen Beurteilung am wachen Patienten, eine deutlich geringere Sensitivität und Spezifität [35].An unserer Institution werden die Patienten während der Klemmphase der A. carotis interna, um die Vigilanz einfach zu überprüfen, aufgefordert, regelmäßig (in etwa alle 10 sec) ein Kinderspielzeug („Quietscheente“) in der kontralateralen Hand zu drücken (Abb. 3). Darüber hinaus kann der wache Patient sich damit auch bei Schmerzen artikulieren, ohne dass Sprechen mit entsprechender Bewegung in der Halsregion notwendig ist. Erfahrungsgemäß reflektieren unsere Patienten diese Methode durchwegs positiv.

Abb. 3
figure 3

Typische Positionierung des Patienten zur Durchführung eines Zervikalblocks. An der kontralateralen oberen Extremität wird während der Klemmung der A. carotis die Motorik überprüft. Der Patient wird im Vorfeld geschult, während des Eingriffs und der vorangehenden Regionalanästhesie nicht zu sprechen, sondern nur über akustische Signale zu kommunizieren. Dafür wird in der kontralateralen Hand ein Kinderspielzeug („Quietscheente“) gehalten, um ein akustisches Signal geben zu können

Im Jahr 2008 wollte man mit der GALA-Studie in der Frage, welche anästhesiologische Technik (AN vs. RA) nun die zu bevorzugende ist, Evidenz schaffen [6]. In Summe wurden in der bis heute größten prospektiven Studie zur Anästhesie bei Karotisoperationen in einem Zeitraum von 8 Jahren 3526 Patienten eingeschlossen. Die primären Endpunkte (perioperativer Tod, Myokardinfarkt, Insult innerhalb von 30 Tagen) traten bei 4,8 % der Patienten in der AN- und 4,5 % der Patienten in der RA-Gruppe ein. Trotz der hohen Patientenzahlen konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen ausgemacht werden, da die Studie trotzdem für die einzelnen Endpunkte, insbesondere Mortalität, als underpowered betrachtet werden muss. Die ursprünglich berechnete und geplante Fallzahl lag bei 5000 Patienten. Vor allem aus Sicht des Regionalanästhesisten muss die GALA-Studie aber auch aus anderen Gründen kritisch betrachtet werden. Es war beispielsweise verabsäumt worden, die Blockadetechniken der RA-Gruppe zu vereinheitlichen. Es wurden risikoreichere Verfahren, wie der tiefe Zervikalblock, mit dem mittlerem und dem oberflächlichen Block gemeinsam betrachtet. Ebenfalls wurden unterschiedliche Substanzen in verschiedenen Konzentrationen verwendet. Die Rekrutierung dauerte über 8 Jahre, ein Zeitraum, in dem sich die RA, vor allem auch durch den Einzug der ultraschallgezielten RA, grundlegend wandelte. Die positivste Erkenntnis aus der GALA-Studie war letztlich, dass durch die Vermeidung einer AN die Häufigkeit der Shuntanlage statistisch hoch signifikant gesenkt werden konnte (14 % in der RA-Gruppe vs. 43 % in der AN-Gruppe, p < 0,001). Vielfach wird seit langem in der Literatur diskutiert, dass Allgemeinanästhesie, unabhängig von der Art und Dauer des Eingriffes, zu einem postoperativen kognitiven Defizit führen kann [36]. Auch in einer Subgruppenanalyse der Daten der GALA-Studie aus dem Jahr 2009 zeigt sich sowohl, dass ein Biomarker für neuronalen Schaden (S100B) 5 und 29 h nach der Operation in der Patientengruppe mit RA signifikant geringer war als in der AN-Gruppe, als auch, dass die Performance in einem neurokognitiven Test (Trail Marking Test) in der RA-Gruppe signifikant besser wahr [37].

Im Allgemeinen sind die Daten zu harten Endpunkten wie Myokardinfarkt, Insult oder Mortalität bei Karotisoperationen nach wie vor rar. Im Jahr 2012 erschien die bisher größte retrospektive Analyse zur Anästhesie bei Eingriffen an der Karotis [38]. In einer Auswertung der Datenbank des „National Surgical Quality Improvement Program“ analysierten Schechter und Kollegen 24.716 Karotisoperationen, ohne einen signifikanten Unterschied zwischen RA und AN aufzeigen zu können. Auch eine rezentere Metaanalyse von Vaniyapong und Kollegen aus dem Jahr 2013 konnte keinen Vorteil der RA nachweisen [39]. Leider demonstriert diese Arbeit auch die Heterogenität der vorhandenen Publikation zur RA. Die größte der 14 eingeschlossenen Studien (die bereits beschriebene GALA-Studie) war alleine für 3526 der insgesamt 4596 ausgewerteten Patienten verantwortlich, die kleinste Studie lediglich für 20.

Was bleibt, ist auch hier die Erkenntnis, dass hinsichtlich des Outcomes eine individuelle Abwägung für oder gegen eine RA stattzufinden hat und die vorhandene Datenlage zumindest kein schlechteres Outcome durch Anwendung von RA zeigt. Im Besonderen hängen die Qualität und der Erfolg der RA von der Zusammenarbeit innerhalb des Teams Chirurgie-Anästhesie und darüber hinaus auch von der Einbindung des Patienten innerhalb dieses Teams ab. RA in einem sensiblen Bereich wie dem Hals setzt hohe Kooperationsbereitschaft vonseiten des Patienten voraus und ist daher sicher nicht für jeden Patienten gleichermaßen geeignet. Die von uns beobachteten Vorteile der RA gegenüber einer AN konnten bisher in großen multizentrischen Studien leider noch nicht belegt werden.

Fazit für die Praxis

  • Die anatomischen Strukturen am Hals sind komplex und teilweise hoch variabel.

  • Ultraschallgestützte Techniken entwickeln sich mehr und mehr zum Standard bei Zervikalblöcken.

  • Aus heutiger Sicht scheinen vor allem oberflächliche und mittlere Zervikalblöcke bei gut belegtem Nutzen-Risiko-Verhältnis für Karotisthrombendarteriektomien geeignet.

  • Regionalanästhesie führt zu geringeren Raten an intraoperativem Shunting.

  • Es existiert keine Evidenz, welche eine eindeutige Überlegenheit der Regionalanästhesie hinsichtlich des postoperativen Outcomes nachweisen würde.

  • Regionalanästhesie ermöglicht die beste perioperative neurologische Beurteilung des Patienten und ist damit sämtlichen apparativen Überwachungen der zerebralen Perfusion überlegen.

  • Um erfolgreiche Regionalanästhesie im Halsbereich durchzuführen, bedarf es enger interdisziplinärer Kooperation zwischen allen beteiligten Berufsgruppen.