Seit der ersten Aortenklappenimplantation mithilfe der Kathetertechnik – ohne Herz-Lungen-Maschine im Jahr 2002 durch Cribier et al. [2] – hat sich in diesen fast 10 Jahren eine stürmische Entwicklung ereignet. Weltweit (überwiegend in Europa) sind inzwischen über 20.000 solcher Aortenklappen implantiert worden. In einigen Zentren hat sich diese Technik bereits als tägliche Routine etabliert. Zunächst wurden Aortenklappen nur bei solchen Patienten kathetergestützt implantiert, die für einen konventionellen Eingriff mit der Herz-Lungen-Maschine als inoperabel eingeschätzt wurden. Inzwischen ist das neue Verfahren bei allen „Hochrisikopatienten“ etabliert. Für die Einschätzung des Risikos wird meist der EuroSCORE verwendet. Eine Vergleichsstudie zwischen kathetergestützter Aortenklappenimplantation und konventioneller herzchirurgischer Operation an 25 Zentren konnte 699 Patienten aufnehmen [4]. Die Letalität nach einem Jahr war in beiden Gruppen identisch. Einen Leitfaden für Anästhesisten gibt der Übersichtsartikel von Riediger et al. in dieser Ausgabe von Der Anaesthesist. Die Autoren zeigen das derzeitige Spektrum der verschiedenen Herzklappen auf. Am häufigsten werden derzeit die Medtronic-CoreValve®- und die Edwards-Sapien®-Herzklappe verwendet. Bei der Implantation beider Herzklappen wird zunächst eine Ballonvalvuloplastie während schneller Schrittmacherstimulation (ventrikuläres „overpacing“, VOP) durchgeführt. Dies bewirkt ein kurzzeitiges Sistieren des Blutflusses, um die optimale Durchführung der Ballonvalvuloplastie und der Positionierung der Aortenklappe zu gewährleisten. Gleichzeitig wird dadurch verhindert, dass der linke Ventrikel gegen den Ballon pumpt und dadurch dilatiert. Der Implantationsvorgang ist jedoch unterschiedlich. Die Medtronic CoreValve® ist eine selbstexpandierende Klappe und kann langsam (während einiger Minuten) entfaltet und dabei auch repositioniert werden. Die Edwards Sapien® wird über einen Ballonkatheter implantiert und damit schlagartig eingesetzt – wie eine Aortenklappenvalvuloplastie – während schneller Schrittmacherstimulation. Eine Repositionierung ist nicht möglich.

Für uns als Anästhesisten ist v. a. der Zugangsweg zur Aortenklappe von besonderer Bedeutung. Eine Variante für die kathetergestützte Implantation von Aortenklappen ist der Weg über die Femoralarterien. Bei dieser Technik ist insbesondere die retrograde Passage der stenosierten Aortenklappe mithilfe des Herzkatheters in vielen Fällen eine zeitraubende und technisch schwierige Aufgabe. Der chirurgische Eingriff beschränkt sich hingegen auf das Freilegen der Femoralgefäße oder deren transkutane Punktion. Bei Zugängen über die A. axillaris und die A. subclavia muss derzeit immer chirurgisch freigelegt werden. Der Zugang über die Herzspitze erfordert eine linksseitige anterolaterale Minithorakotomie, ermöglicht aber die antegrade Passage der Aortenklappe. Eine Alternative ist die transaortale Implantation durch eine kleine rechtsseitige parasternale Thorakotomie. Da nicht alle Herzklappen für alle Zugangswege geeignet sind, verschiedene Typen sind derzeit nicht in allen Größen verfügbar, ist unter besonderer Berücksichtigung des Gefäßstatus des Patienten der individuell passende Typ und Zugangsweg auszuwählen. Zentren, die das komplette Spektrum bis hin zur konventionellen Chirurgie abdecken, sind deshalb in erster Linie für diese Eingriffe geeignet. Ein Hybrid-OP (OP mit Herzkatheter, Angiographie und Ausstattung für Eingriffe mit Herz-Lungen-Maschine) ist aus Sicht des Anästhesisten der sicherste Arbeitsplatz für derartige Prozeduren. Die Komplikationsrate dieser Eingriffe ist nicht unerheblich; deshalb spielt ein gutes Umfeld mit Anästhesieausstattung, Monitoring und Blutbank für die Sicherheit eine große Rolle. Im eigenen Kollektiv konnte bei 412 konsekutiv implantierten Katheterklappen eine Inzidenz von 10,2% in Bezug auf Gefäßkomplikationen beobachtet werden [3]. Während oder nach dem Eingriff hatten 12,8% der Patienten eine Perikardtamponade, die behandlungsbedürftig war, und 5 Patienten benötigten intraoperativ Kreislaufunterstützung mit der Herz-Lungen-Maschine. Alle Patienten konnten davon wieder entwöhnt werden; keiner dieser 5 Patienten ist verstorben. Eine von Riediger et al. diskutierte Frage ist, ob immer eine Intubationsnarkose notwendig ist. In einer jüngst veröffentlichten Untersuchung musste in 17% der als Analgosedierung begonnenen Fälle während des Eingriffs intubiert werden [1]. Bei der beschriebenen Inzidenz von Komplikationen spricht derzeit viel für die primäre Intubationsnarkose zur kathetergestützten Implantation von Aortenklappen. Die Extubation unmittelbar am Ende der Prozedur erscheint meist problemlos möglich. Bei Anwesenheit eines erfahrenen Anästhesieteams ist sicher auch eine Analgosedierung (bei transfemoraler Implantation) denkbar. Eine Implantation im Herzkatheterlabor ohne Beteiligung eines erfahrenen Anästhesisten erscheint dem Autor als geradezu gefährlich. Im Interesse der Patientensicherheit sollte bei derart risikoreichen Prozeduren ein optimales Umfeld mit Beteiligung von Herzchirurgie und der Option einer extrakorporalen Zirkulation sowie eines erfahrenen Anästhesisten mit entsprechender Anästhesieausstattung selbstverständlich sein.

P. Tassani-Prell