Am 29.07.2011 verstarb Max Harry Weil (Abb. 1) im Alter von 84 Jahren in Rancho Mirage, Kalifornien, USA. Professor Weil war unbestritten einer der Väter der modernen Intensivmedizin, und viele seiner Ideen pionierten das damalige Verständnis im Erkennen und in der Behandlung kritisch Kranker. Noch heute haben seine Leistungen nichts von ihrer Aktualität verloren, und sein unermüdliches Engagement, unsere Profession weiterzuentwickeln, werden schmerzlich fehlen.

Abb. 1
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Max Harry Weil

Frühe Jahre

Weil wurde 1927 im schweizerischen Baden geboren und verbrachte aufgrund seiner deutschen Mutter die ersten 10 Lebensjahre in Stuttgart, bevor die Familie in den beginnenden Wirren des Zweiten Weltkriegs nach New York emigrierte. Nach Beendigung der High School studierte er zunächst dort und später an der University of Michigan in Ann Arbor Medizin. Seine Ausbildung zum Facharzt für innere Medizin absolvierte er u. a. in Cincinatti, Ohio, und an der berühmten Mayo Clinic in Rochester, Minnesota. Hier wurde ihm 1957 ein Ph.D. in Physiologie verliehen. Im selben Jahr zog Weil an die US-Westküste, da dort eine deutlich liberalere Einstellung zu der neu aufgekommenen Methode der Herz- bzw. Koronarkatheterisierung herrschte. Im August 1957 eröffnete er am City of Hope Medical Center in Duarte das erste Zentrum in Kalifornien, an dem Koronarangiographien durchgeführt wurden. Hier wuchs sein Interesse an der Behandlung von kritisch Kranken, die ihn sein ganzes Leben lang antreiben sollte.

Am Anfang steht das Monitoring

Weil, wie sein Kollege Herbert Shubin, beobachtete in dieser Zeit, dass viele Patienten nach einem Herzinfarkt, im Rahmen einer schweren Infektion oder nach einem Unfall plötzlich und unerwartet verstarben. Beide folgerten, dass Ärzte und Schwestern ohne das kontinuierliche Messen von Vitalparametern nur geringe Chancen haben, eine Verschlechterung ihrer Patienten zu erkennen und entsprechend einzugreifen. Das Konzept der modernen Intensivstationen wurde geboren. Weil und Shubin eröffneten 1958 am Los Angeles County Hospital mit einer 4 Betten zählenden Einheit die erste Intensivstation der Welt. In den nächsten Jahren erwuchs hieraus eine 42-Betten-Intensivstation, in der internistische und chirurgische Patienten überwacht und behandelt wurden. Weil, der auch Ingenieur für Medizintechnik war, entwickelte und etablierte in dieser Zeit zahlreiche Geräte zur Überwachung von Intensivpatienten. Hierzu zählen Monitore mit der Möglichkeit der invasiven Druckmessung, Blutgasanalysegeräte mit Laktatmessung (STAT-Lab), Spritzenpumpen oder der „Rea-Wagen“. Geräte, die uns heute als selbstverständlich erscheinen und oft nur noch die Größe eines Laptops haben, waren damals hochinnovativ und füllten ganze Räume (Abb. 2). Weil interessierte sich hauptsächlich für die Behandlung des zirkulatorischen Versagens; deshalb wurde seine Einheit auch „shock research unit“ genannt. Seine frühen Beobachtungen der unterschiedlichen hämodynamischen Veränderungen des Kreislaufs als Reaktion auf Ursachen wie Herzinfarkt, Sepsis oder Lungenembolie prägen noch heute die Lehrbücher, v. a. im angloamerikanischen Raum. Ungefähr zur gleichen Zeit wie Max Harry Weil eröffnete Peter Safar an der Ostküste eine ähnliche Einheit, die aber mehr auf die Behandlung von beatmungspflichtigen Patienten fokussiert war.

Abb. 2
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„Shock research unit“

Mitbegründer der „Society of Critical Care Medicine“

Mit Peter Safar, zu dem Weil eine lebenslange Verbundenheit hatte, gründeten er und William Shoemaker 1970 die „Society of Critical Care Medicine“, heute die größte intensivmedizinische Vereinigung der Welt. Alle drei erkannten die Wichtigkeit der Ausbildung von jungen Ärzten sowie deren wissenschaftlichen Motivation. Weil gründete deshalb 1959 zusammen mit Herbert Shubin das „Institute of Critical Care Medicine“, das 1975 offiziell als Institut der University of Southern California anerkannt wurde. Diese gemeinnützige Institution sollte seine lebenslange Leidenschaft bleiben und führte ihn nach weiteren akademischen Aufenthalten an der Universität von Chicago 1994 nach Palm Springs.

Pionier der kardiopulmonalen Reanimation

In dieser Zeit fokussierte sich Weil, der durch den plötzlichen Tod seines Freundes Shubin nach einem Herzinfarkt tief getroffen war, auf die Verbesserung der damals noch in den Kinderschuhen steckenden kardiopulmonalen Reanimation und wurde hier eine Schlüsselfigur. Das Institut bemühte sich neben der Gewinnung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse v. a. um die Verbesserung der Ausbildung in der Laienhilfe und die Einführung der Frühdefibrillation. Weil fungierte hier als Mentor und stetiger Antreiber, dessen Engagement vielschichtig war. Aufgrund seiner engen Kontakte zur Politik (Weil war Berater des amerikanischen Präsidenten Gerald Ford) konnte er oftmals entscheidende Impulse in der Realisierung von nationalen Projekten wie dem „Public Access Defibrillation Trial“ setzen, die den Grundstein für die breite Einführung der Frühdefibrillation bildete. Daneben bemühte sich Weil zeitlebens um die Ausbildung nachfolgender Medizinergenerationen. Mehr als 100 „fellows“ verbrachten Zeit bei ihm, und viele der heute großen Namen der Intensivmedizin können mit ihm in Verbindung gebracht werden, u. a. Lambertus Thijs, Johann Groeneveld, José Besso und Jean-Louis Vincent.

Impulse auch in Deutschland

Den Autoren ist Max Harry Weil persönlich gut bekannt. Klaus Peter lernte Weil erstmals 1979 bei dessen Besuch in München kennen. Die Intensivstation der Klinik für Anästhesiologie am neu bezogenen Klinikum Großhadern der LMU erhielt durch ihn unvergessliche Impulse. In großzügiger Weise teilte er sein Wissen mit Antje Beyer und Ute Jensen, die damals die Station aufbauten, und stiftete der Station sogar ein komplettes Labor. Fortan wurden vor Ort Messungen durchgeführt, die in der Routine damals noch nicht etabliert waren, wie z. B. die Laktatkonzentration oder der osmotische und der onkotische Druck. Zusammen mit Udilo Finsterer wurde ein umfassendes tägliches Monitoring der Nierenfunktion etabliert, das in Deutschland einmalig war und für viele Generationen von Assistenzärzten zur Pflichtübung wurde – zum Wohle vieler Patienten.

Michael Fries absolvierte von 2004–2005 ein „postdoctoral fellowship“ im Institute of Critical Care Medicine. Weil begeisterte sich in dieser Zeit für das Verständnis der Mikrozirkulation, die nun durch neuartige Methoden zu visualisieren ist und daher neben den klassischen Markern der Hämodynamik Einzug in die Klinik finden könnte. Das Konzept der mikrozirkulatorischen Dysfunktion als zentrale Komponente vor allen Dingen des distributiven Schocks lag Weil in seinen letzten Lebensjahren enorm am Herzen.

Forscher und Förderer

Beide Autoren haben Weil als brillianten Mediziner und Wissenschaftler kennengelernt. Er war fördernd und fordernd zugleich. Seine Arbeitsleistung war enorm. Während er in der Woche klinisch tätig war, mussten seine Fellows am Wochenende zu ihm nach Hause kommen, um Ergebnisse zu diskutieren und an Manuskripten zu arbeiten. Auch mit weit über 80 Jahren war Weil täglich in seinem Institut und betreute Fellows. Mehr als 1300 Veröffentlichungen in Form von Originalien und Buchbeiträgen sowie 25 U.S.-Patente und zahllose Preise, Ehrungen und Auszeichnungen dokumentieren eindrucksvoll diese unermüdliche Leistung für seine Profession. Max Harry Weil und seine Frau Marianne hinterlassen zwei Töchter und vier Enkelkinder.