Sätze wie „Wir verkabeln Sie jetzt einmal …“ oder „Ich hole noch schnell etwas aus dem Giftschrank …“ hört man im klinischen Alltag eines Anästhesisten immer wieder. Sie sind oft unbedacht dahergesagt und verkennen die Bedeutung, die sie für einen Patienten in einer Notsituation haben. Gerade Anästhesisten begegnen Patienten in Notsituationen, wie z. B. bei einem Polytrauma in der Notaufnahme, einem Kaiserschnitt im Kreißsaal oder einem großen abdominal- bzw. thoraxchirurgischen Eingriff. Mit ihrem Leitthema „Negative und positive Suggestionen in der Anästhesie – Verbesserte Kommunikation mit ängstlichen Patienten bei Operationen“ möchten Hansen u. Bejenke [1] das Bewusstsein für die Konsequenzen unseres ärztlichen Sprechens und Handelns im Umgang mit Patienten sensibilisieren.

Dies ist ein ungewöhnliches Thema für Anästhesisten in Weiterbildung, geht es doch zu Beginn ihrer Ausbildung zunächst um die Erlernung schwieriger Techniken, das Kennenlernen technisch komplizierter Geräte und die Anwendung medizinischen Fachwissens im klinischen Alltag. Die richtige Kommunikation mit dem Patienten steht nicht im Vordergrund [2]. Hansen u. Bejenke [1] sprechen vom „vernachlässigten Thema Kommunikation in der Medizin“. Bernard Lown, weltberühmter Kardiologe aus den USA, geht sogar noch weiter mit seinem „Appell, die wachsende Entmenschlichung der Medizin rückgängig zu machen“ [3]. Er mahnt vor der zunehmenden Ökonomisierung und Prozesssteuerung der Krankenversorgung, in dem nicht mehr der Patient als Ganzes, sondern nur noch Teilaspekte von verschiedenen Anwendern des Gesundheitssystems unter den Gesichtspunkten der Gewinnoptimierung gesehen werden. Im Gegensatz dazu wird von ihm das Gespräch des Arztes mit dem Patienten, das ihn in seiner Ganzheit erfassen soll, als essenzieller Bestandteil ärztlichen Handelns gesehen.

Der Patient in Notsituationen bedarf des nötigen Beistands und der rechten Kommunikation, um mit der Situation adäquat umgehen zu können. In diesem Zustand ist seine Aufmerksamkeit – laut Hansen u. Bejenke [1] – nach innen gewendet, Gedanken schweifen ab und Emotionen kommen hoch, die in einer speziellen Herangehensweise an den Patienten adressiert werden sollten. Hierbei spielen Suggestionen eine besondere Rolle, für die der Patient in einer solchen Notsituation sehr empfänglich ist. Der Begriff Suggestion leitet sich aus dem Lateinischen („suggestio“) ab; dies ist gleichbedeutend mit „Eingebung“ oder „Einflüsterung“. Für den Hörer hat er etwas Manipulatives, das von dem Betroffenen nicht gleich wahrgenommen wird. Daher erzeugt Suggestion zunächst Misstrauen und Abwehr. In dem Beitrag von Hansen u. Bejenke [1] wird jedoch schnell klar, in welchem Kontext ärztlichen Sprechens und Handelns Suggestion angewandt werden soll. Negativsuggestionen, die eine unangenehme Situation noch verstärken, sollen vermieden, Positivsuggestionen, die das Wohlbefinden des Patienten stärken, sollen gezielt eingesetzt werden. Entsprechend können sie einen Nocebo- bzw. Placeboeffekt auslösen [4]. In der Anwendung von Suggestionen bedarf es – nach Hansen u. Bejenke [1] – keiner formalen Hypnoseinduktion oder psychotherapeutischen Situation. Suggestion kann vielmehr relativ unproblematisch in der alltäglichen Situation angewandt werden. Wie dies in der Klinik aussehen kann, dazu geben die Autoren erfreulicherweise zahlreiche anschauliche Beispiele.

Die Sensibilisierung für den adäquaten Umgang mit Patienten und die richtige Kommunikation sollen v. a. die perioperative Angst des Patienten reduzieren und letztendlich den Therapieerfolg günstig beeinflussen. In der Tat zeigt eine Reihe kontrollierter klinischer Studien, dass präoperative Angst den Therapieerfolg ungünstig beeinflussen kann [5] bzw. die Vermeidung von Angst z. B. durch Positivsuggestionen die Häufigkeit von Komplikationen reduziert [6]. Eine verbesserte Kommunikation mit ängstlichen Patienten dient also zusätzlich zum Wohlbefinden der Patienten auch dem eigentlichen Therapieerfolg. Im Rahmen von Qualitätsmanagement hat das Wohlbefinden bzw. die Zufriedenheit des Patienten eine zentrale Bedeutung. Erhebungen zur Patientenzufriedenheit lassen erkennen, dass Patienten einer derartigen Kommunikation, die zu mehr Kontrolle, Selbstvertrauen und Sicherheit beiträgt, einen sehr großen Stellenwert einräumen und, im Gegensatz dazu, die fehlerhafte Kommunikation sehr schnell den Unmut unserer Patienten auslöst [7].