FormalPara Hintergrund

Die Rolle der Chemo- und/oder Strahlentherapie in der Behandlung des Hochrisikoendometriumkarzinoms wird seit Jahrzehnten heftig diskutiert. Erste Studien verglichen bei Vorhandensein von Risikofaktoren die Strahlentherapie mit einer alleinigen Chemotherapie und konnten keinen Überlebensvorteil zugunsten der Chemotherapie im Vergleich zur alleinigen Strahlentherapie nachweisen [1, 2]. Eine Studie von Randall et al. bildet hierbei eine Ausnahme [3]. Diese Studie fand bei Patientinnen mit lokal fortgeschrittenen Tumoren und z. T. makroskopischen Restbefunden nach Operation einen Überlebensvorteil infolge der Chemotherapie im Vergleich zur damals auch nicht mehr als Standard anzusehenden Ganzabdomenbestrahlung. Diese Studie hatte jedoch große methodische Probleme und sollte deshalb nur mit Zurückhaltung interpretiert werden.

Konsens ist, dass das Hochrisikoendometriumkarzinom sowohl ein hohes Risiko für einen lokoregionalen Progress als auch für Fernmetastasen aufweist. Die Idee hinter der PORTEC-3-Studie war deshalb logisch, eine alleinige Strahlentherapie mit einer simultanen Radiochemotherapie (RCT), gefolgt von einer adjuvanten Chemotherapie, zu kombinieren, um beide Themen zu adressieren, in Bezug auf das lokoregionäre und das distante Rezidivrisiko. Zum Vergleich wurde die alleinige perkutane Strahlentherapie als Standardarm gewählt.

FormalPara Patientengut und Methodik

Die PORTEC-Studie [4, 5] ist eine internationale, randomisierte Phase-III-Studie, die an 103 Zentren Patientinnen rekrutierte. Ziel der Studie war der Nachweis eines 10 %igen Überlebensvorteils der Radiochemotherapie + Chemotherapie vs. der Radiotherapie allein bei Patientinnen mit Hochrisikoendometriumkarzinomen der FIGO-Klassifikation von 2009 im Stadium I, vom endometrioiden Typ Grad 3 mit tiefer Myometriuminfiltration oder lymphovaskulärer Invasion oder beidem bzw. endometrioiden Typen im FIGO-Stadium II und III oder FIGO-Stadium I und III bei seröser oder klarzelliger Komponente. Die PORTEC-3-Studie wurde gepowert, um eine Differenz von 10 % im 5‑Jahres-Gesamtüberleben zu identifizieren. Koendpunkt war das „disease free survival“ (DFS).

Operativ wurde eine totale abdominale oder laparoskopische Hysterektomie mit bilateraler Salpingen-Oophorektomie durchgeführt. Das Ausmaß der Lymphonodektomie war den Zentren überlassen, was dazu führte, dass lediglich 40 % der Patientinnen eine Lymphonodektomie bekamen. Dies hat Implikationen für die Stadieneinteilung und Interpretation der Ergebnisse später. Bei makroskopisch positiven pelvinen oder paraaortalen Lymphknoten war ein sog. Debulking oder Sampling empfohlen. Eine zentrale pathologische Reevaluation fand über den Referenzpathologen statt. Die Patientinnen wurden randomisiert, entweder zu einer alleinigen Strahlentherapie (1,8 bis 48,6 Gy) oder zu demselben Strahlentherapieprotokoll mit simultan Cisplatin 50 mg/m2 KOF in Woche 1 und 4 während der Strahlentherapie, gefolgt von 4 weiteren adjuvanten Zyklen Chemotherapie, bestehend aus Carboplatin AUC 5 und Paclitaxel 175 mg/m2. Ein vaginaler Brachytherapie-Boost wurde bei der Hälfte der Patientinnen durchgeführt. Zwischen 2006 und 2013 wurden 660 Patientinnen inkludiert (Strahlentherapie: n = 330, RCT + Chemotherapie: n = 330).

FormalPara Ergebnisse

Die Adhärenz zur Therapie war exzellent in beiden Gruppen. Das mediane Follow-up war mit 60,2 Monaten ausreichend lang. Das 5‑Jahres-Gesamtüberleben betrug 81,8 % im kombinierten Arm und 76,7 % im Radiotherapiearm. Somit war der primäre Endpunkt verfehlt.

Das 5‑Jahres-DFS betrug 75,5 % in der RCT-Gruppe vs. 68,6 % in der Radiotherapiegruppe; dies ist statistisch signifikant. Gleichzeitig signifikant unterschied sich die therapiebedingte Morbidität mit Grad-3-Toxizität von 60 % im kombinierten Arm vs. 12 % im Radiotherapiearm. Insbesondere die Neuropathie 2 Jahre nach Abschluss der Therapie betraf 8 % der kombiniert behandelten Patientinnen und nur 1 % der radiotherapierten Patientinnen. Ein Viertel der Patientinnen, die kombiniert behandelt worden waren, berichtete über Taubheit im Sinne einer Polyneuropathie nach 2 Jahren, verglichen mit nur 6 % nach alleiniger Radiotherapie.

Schlussfolgerung der Autoren

Die Kombination von adjuvanter simultaner RCT, gefolgt von Chemotherapie, kann bei Patientinnen mit Hochrisikoendometriumkarzinomen im Vergleich zur alleinigen Strahlentherapie das Gesamtüberleben insgesamt nicht verbessern. Subgruppenanalysen zeigen jedoch, dass insbesondere Patientinnen im Stadium III eine signifikante Verbesserung im DFS erleben durch die kombinierte Behandlung; diese ist klinisch relevant und übersteigt die kalkulierte Verbesserung von 10 %.

Kommentar

Die Kombinationstherapie verbesserte also das Gesamtüberleben der Patientinnen nicht. Die vaginale und die pelvine Kontrolle waren in beiden Studienarmen exzellent mit 1 bzw. 2 % lokalen Rezidiven. Dies ist ein wichtiges Therapieziel im Stadium III und zeigt hier sehr zufriedenstellende Ergebnisse, weil Patientinnen in beiden Armen perkutan bestrahlt worden waren. Die Therapie im kombinierten Arm war signifikant länger und zeigte 5‑mal mehr hochgradige Toxizität im Vergleich zur Strahlentherapie allein.

In der Subgruppenanalyse fällt auf, dass Patientinnen mit serösen oder klarzelligen Karzinomen, LVSI-positiven Tumoren und solchen ohne Lymphonodektomie sowie Patientinnen >70 Jahre und solche im FIGO-Stadium III insbesondere von der Kombinationstherapie profitierten.

Eine große Schwäche der Studie ist der Patientinnenmix aus niedrigen lokalen Tumorstadien, Karzinomen mit Hochrisikofaktoren sowie lokal fortgeschrittenen Tumoren. Da nur 40 % der Patientinnen eine Lymphonodektomie erhalten hatten, ist nicht klar, wie viele Patientinnen wirklich der Stadium-III-Subgruppe zuzuordnen waren, weil hier neben den nodal-positiven Patientinnen (IIIC1 mit pelvinen LK bzw. IIIC2 mit paraaortalen LK) auch Patientinnen eingingen, bei denen der LK-Status unbekannt oder negativ war oder die durch eine positive peritoneale Lavage und/oder Ovarmetastasen auch als Stadium III gelten, was sich biologisch von den nodal-positiven Stadium-III-Patientinnen aber deutlich unterscheiden mag.

In der Zwischenzeit sind zwei weitere randomisierte Studien publiziert worden, die an dieser Stelle im Kontext diskutiert werden müssen [6, 7]. Es handelt sich zunächst um GOG-249, welche 600 Patientinnen im Stadium I/II mit High-intermediate- oder High-risk-Faktoren mit endometrioider oder serös klarzelliger Tumorkomponente Inkludierte. Im Gegensatz zur PORTEC-3-Studie hatte GOG-249 Patientinnen mit fortgeschrittenen Stadien nicht eingeschlossen. Patientinnen in der GOG-249 Studie wurden randomisiert in einen Arm mit vaginaler Brachytherapie gefolgt von 3 Zyklen adjuvanter Chemotherapie vergleichbar mit dem adjuvanten Arm der PORTEC3-Studie) versus einen Arm mit alleiniger perkutaner Strahlentherapie des Beckens. Eine Überlegenheit der vaginalen Brachytherapie gefolgt von Chemotherapie im Vergleich zur perkutanen Strahlentherapie konnte dabei nicht festgestellt werden.

Die Akuttoxizität war deutlich höher im kombinierten Therapiearm, die chronische Toxizität aber gleich. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die pelvine und paraaortale nodale Rezidivrate bei den Patientinnen, die lediglich eine vaginale Brachytherapie und Chemotherapie erhalten hatten, immerhin 9 % betrug; dies im Vergleich zu lediglich 4 % bei den Patientinnen, die eine perkutane Strahlentherapie erhalten hatten. Die Autoren schlussfolgerten, dass die Strahlentherapie allein eine effektive, gut tolerierbare und angemessene adjuvante Therapie bei der Hochrisikopatientin im frühen Stadium in allen Subtypen des Endometriumkarzinoms darstellt.

Die zweite randomisierte Studie, die in diesem Zusammenhang zu diskutieren wäre, ist GOG-258. Diese inkludierte ca. 700 Patientinnen mit lokal fortgeschrittenen Stadien FIGO III und IVA (nach der FIGO-Klassifikation von 2009), jeden histologischen Subtyp oder FIGO-Stadium I oder II mit klarzelliger oder seröser Tumorkomponente und positiver Peritonealbiopsie. Lediglich 2 bzw. 3 % waren aber Stadium-I- und -II-Patientinnen. Es erfolgte der randomisierte Vergleich zwischen alleiniger postoperativer Chemotherapie, bestehend aus 6 Zyklen Carboplatin (AUC 6) plus Paclitaxel 175 mg/m2 alle drei Wochen, und kombinierter RCT mit simultaner Gabe von 50 mg/m2 am Tag 1 und 29, gefolgt von Carboplatin (AUC 5–6) plus Paclitaxel 175 mg/m2 alle 21 Tage für 4 Zyklen (analog PORTEC-3).

Der Einschluss von Patientinnen mit postoperativen Resttumoren war erlaubt, sie durften aber nach Einschätzung des Operateurs <2 cm sein. Die pelvine und paraaortale LK-Biopsie oder -Dissektion war auch in dieser Studie optional. Das 5‑Jahres-DFS war in beiden Armen mit 58 % bzw. 59 % vergleichbar. 21 % der Patientinnen nach Chemotherapie entwickelten Fernmetastasen vs. 2 % der Patientinnen nach alleiniger perkutaner Bestrahlung. Das heißt, dass in dem Hochrisikokollektiv mit lokal fortgeschrittenen Tumoren, ggf. Restbefunden bzw. sehr ungünstiger Histologie auch die zusätzliche Chemotherapie mit 3 weiteren Zyklen keine signifikante Verbesserung des fernmetastasenfreien Überlebens erreichen konnte. Auch in GOG-258 waren die lokalen vaginalen Rezidive mit 2 % im perkutan bestrahlten Arm deutlich niedriger als mit 7 % im Brachytherapiearm. Auffallend ist die fast doppelt so hohe Rate pelviner und paraaortaler LK-Rezidive mit 20 % im Patientenarm, dessen Patientinnen postoperativ lediglich eine Chemotherapie adjuvant erhalten hatten, im Vergleich zu den perkutan bestrahlten Patientinnen mit 11 %.

Schlussfolgerungen für die tägliche Arbeit

  1. 1.

    Für lokal fortgeschrittene Tumoren bleibt die perkutane Strahlentherapie die Basis jeder adjuvanten bzw. postoperativen Therapie. Nur die perkutane Radiatio ermöglicht zufriedenstellende lokale/lokoregionale Kontrollraten.

  2. 2.

    Insbesondere für Stadium-III-Patientinnen muss klar sein, dass die Kombination aus Strahlentherapie und Chemotherapie, gefolgt von einer adjuvanten Chemotherapie, das DFS signifikant verbessert im Vergleich zur alleinigen postoperativen Strahlentherapie. Für diese Patientinnengruppe sollte immer das kombinierte Vorgehen diskutiert werden in Abwägung von Nutzen und Risiko (Komorbidität).

  3. 3.

    Sowohl die Radiotherapie als auch die RCT führt zu exzellenten lokalen/lokoregionären Kontrollraten, die mit einer alleinigen Chemotherapie bzw. Brachytherapie nicht möglich sind. Für die fortgeschrittenen Stadien III und IV ist die Inzidenz paraaortaler und pelviner Rezidive doppelt so hoch ohne Strahlentherapie Dies muss klar in die Patientenaufklärung einfließen. Das Ziel der adjuvanten Therapie sollte immer auch die Vermeidung von lokalen und lokoregionären Rezidiven sein. Denn nicht alle Rezidive können später einer suffizienten und erfolgreichen Salvage-Therapie zugeführt werden. Darüber ist die Salvage-Therapie mit deutlich mehr Belastung und Toxizität für die Patientinnen verbunden. Diesen Aspekt bilden die Studien erst beim zweiten Hinschauen ab, da die lokale Kontrolle nicht als Endpunkt der Studien gewählt wurde.

  4. 4.

    Bei Patientinnen im Stadium I mit Hochrisiko- oder High-intermediate-risk-Faktoren ist die perkutane Strahlentherapie verglichen mit der vaginalen Brachytherapie gefolgt von drei Zyklen Chemotherapie zur Rezidivprophylaxe gleich effektiv im Hinblick auf das Gesamtüberleben. Die Strahlentherapie ist wiederum effektiver bei der Vermeidung von lokalen Rezidiven.

Fazit

Für Hochrisikopatienten mit Endometriumkarzinom kann die Chemotherapie oder die perkutane Strahlentherapie oder die Radiochemotherapie gefolgt von einer sequenziellen Chemotherapie genutzt werden. Das Aufklärungsgespräch mit der Patientin sollte sich fokussieren auf die Komorbiditäten, die unterschiedlichen Toxizitätsprofile, die deutlich besseren Raten an lokaler bzw. lokoregionärer Kontrolle unter Strahlentherapie und die zu erwartende Polyneuropathie nach Chemotherapie, was insbesondere bei jüngeren Patientinnen im Hinblick auf die weitere Erwerbsfähigkeit wichtig ist.

Die jetzt noch geführte Diskussion über die optimale adjuvante Therapie wird in den nächsten 1–2 Jahren überholt sein durch die sehr weit fortgeschrittene genomische Analyse, die eine bessere Risikostratifizierung und Empfehlung für eine adjuvante Therapie zulassen wird.

Simone Marnitz und Till Waltar, Köln