Lernziele

Nach dem Lesen dieses Beitrags …

  • verstehen Sie das Prinzip der Wide-awake-Technik und kennen die Vorteile und Nachteile dieses Verfahrens.

  • können Sie die Notwendigkeit einer peri- und postoperativen Überwachung einschätzen.

  • kennen Sie die verwendeten Medikamente, die empfohlenen Mischverhältnisse und können die mögliche Maximaldosis berechnen.

  • wissen Sie, wie Sie die Infiltration schonend und schmerzarm durchführen können.

  • erkennen Sie mögliche Komplikationen und können diese behandeln.

Vorbemerkungen

Im Jahr 2003 veröffentlichte Donald Lalonde [1] eine Methode der örtlichen Betäubung an der Hand unter dem Namen „wide awake local anesthesia no tourniquet“ (WALANT). Bei dieser Methode erfolgt eine örtliche Betäubung des Operationsgebiets unter Zusatz von Epinephrin/Adrenalin. Damit lässt sich eine Vasokonstriktion von Blutgefäßen und somit ein blutungsarmes Operationsfeld ohne die Verwendung einer Blutsperre erreichen. Zusätzlich wird durch den Epinephrinzusatz die Wirkdauer des Lokalanästhetikums verlängert. Die Verwendung von Lokalanästhetika mit Epinephrin an den Akren ist zwar nicht neu, jedoch stand ihr eine hohe Skepsis gegenüber, sodass es zu keiner größeren internationalen Verbreitung kam. Lalonde und seiner unermüdlichen wissenschaftlichen Aufarbeitung ist es zu verdanken, dass sich diese Methode nun doch zunehmend verbreitet.

Das absolute Verbot der Verwendung von Epinephrin an den Akren ist eine weitverbreitete und in orthopädisch-unfallchirurgischen Lehrbüchern zu findende Ansicht. Insgesamt existieren 48 dokumentierte Fallberichte über Fingernekrosen nach Lokalanästhesie, die jedoch zum überwiegenden Teil vor 1950 veröffentlicht wurden [2, 3]. Epinephrin wurde lediglich in 21 dieser 48 Fälle verwendet [4]. Zudem erscheint das damals verwendete Lokalanästhetikum Procain für die beschriebenen Fälle von Gewebenekrose und Fingerverlust verantwortlich zu sein [3], und es gibt keinen einzigen Fallbericht eines Fingerverlustes durch eine akzidentelle Fingerinjektion von hochdosiertem Epinephrin (1:1000) trotz diesbezüglich zahlreich beschriebener Fälle [5, 6].

Heutzutage wird in erster Linie das schnell wirksame Lokalanästhetikum Lidocain verwendet. Mittlerweile existieren mehrere Studien mit hohem Evidenzgrad, die die Sicherheit der Verwendung von Lidocain und Ropivacain mit Epinephrinzusatz an den Akren beschreiben, ohne einen einzigen dokumentierten Fall einer Fingernekrose [4, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17]. Als weiterer Sicherheitsfaktor ist anzusehen, dass die vasokonstriktorische Wirkung von Epinephrin mithilfe von subkutan appliziertem Phentolamin aufgehoben werden kann, auch wenn dies in der klinischen Praxis fast nie notwendig ist [18, 19].

Im vorliegenden Beitrag wird die Wide-awake-Technik anhand von 2 Anwendungsbeispielen vorgestellt.

Operationsprinzip und -ziel

Blutungs-, risiko- und komplikationsarmes Lokalanästhesieverfahren mit Epinephrinzusatz für handchirurgische Eingriffe ohne Blutsperre mit der Möglichkeit zur aktiven intraoperativen Funktionsprüfung.

Vorteile

  • Patient bleibt wach (Schutzreflexe bleiben erhalten)

  • Keine Notwendigkeit einer Blutsperre

  • Bewegungsfähigkeit der Hand und der Finger bleibt erhalten, wodurch der Erfolg operativer Eingriffe direkt intraoperativ aktiv geprüft werden kann (z. B. Tenolysen oder Arthrolysen)

  • Verringerte anästhesiologische und chirurgische Komplikationsrate und erhöhte Patientenzufriedenheit

  • Möglichkeit der intraoperativen Kommunikation

  • Erhöhte Compliance durch intraoperative Einbindung des Patienten und Anleitung zur Nachbehandlung

  • Kurze Umlagerungs- und Wechselzeiten

  • Leicht erlernbares Verfahren

  • Geringe Kosten, geringer Materialabfall

  • Gut geeignet für ambulante Operationen

Nachteile

  • Wirkzeitpunkt mit blutungsfreiem Operationsgebiet beträgt mindestens 30 min [1, 20].

  • Risikoabschätzung zur Anwendung der Wide-awake-Technik beim Patienten erfolgt allein durch den Operateur, der somit die Verantwortung für etwaige Komplikationen trägt.

  • Erhöhter Arbeitsaufwand für den Operateur (Vorbereitung und Durchführung der Lokalanästhesie, ggf. Legen eines intravenösen Zugangs, ggf. Antibiotikagabe)

  • Ungeeignet für nicht kooperative Patienten, z. B. aufgrund einer Sprachbarriere oder psychiatrischen Grunderkrankung [21]

Indikationen

Eine Anwendung ist bei einem Großteil der Eingriffe in der Handchirurgie möglich, wobei sich ein stufenweiser Übergang bewährt hat. Der Operateur sollte zum Erlernen der Technik mit einfachen Eingriffen beginnen und erst bei sicherem Beherrschen der Technik schwierigere Operationen durchführen.

  • Einfache Eingriffe (Beispiele)

    • Morbus Dupuytren Stadium I

    • Schnellender Finger

    • Bandverletzung am Finger

    • Fingerfraktur

    • Strecksehnennaht

    • Nervennaht

  • Standardeingriffe (Beispiele)

    • Morbus Dupuytren Stadium II, Metakarpophalangealgelenk

    • Dorsales Handgelenkganglion

    • Primäre Beugesehnennaht

    • Bandplastik

    • Teno‑/Arthrolyse

    • Karpaltunnelsyndrom

    • Arthrodese Fingergelenke

    • Mittelhandfraktur

  • Komplexe Eingriffe (Beispiele)

    • Morbus Dupuytren Stadium III und IV, proximales Interphalangealgelenk

    • Sulcus-ulnaris-Syndrom

    • Sehnentransfer

    • Gefäßnaht

    • Replantation

    • Handgelenkarthroskopie

Kontraindikationen

Absolute Kontraindikationen

  • Allgemeine Faktoren:

    • Allergie gegen Lidocain oder Lokalanästhetika vom Amid-Typ

    • Allergie gegen Epinephrin

    • Sulfitüberempfindlichkeit (Cave! Asthmatiker)

    • Engwinkelglaukom

    • Myasthenia gravis

    • Phäochromozytom

    • Laufende Chemo- oder Strahlentherapie

Relative Kontraindikationen

  • Allgemeine Faktoren:

    • Schwere Leber- oder Niereninsuffizienz (Dosisreduktion der Lokalanästhesie)

    • Manifeste Hyperthyreose

    • Akute Porphyrie

    • Schwangerschaft (unbekanntes Risiko für das Kind und juristische Konsequenzen)

  • Lokale Faktoren:

    • Infektionen im Injektionsbereich [1]

    • Präoperativ durchblutungsgestörte Finger

  • Kardiologische Faktoren:

    • Höhergradige asymptomatische Arrhythmien oder hochgradige stenosierende Herzklappenfehler

    • Kürzlich aufgetretener Myokardinfarkt

    • Höhergradige symptomatische Herzinsuffizienz (insbesondere ischämischer Genese)

    • Schwere unkontrollierte Hyper- oder Hypotonie

    • Patienten, die nichtkardioselektive β‑Blocker (z. B. Propranolol) einnehmen

Risikoevaluierung

Operationen in Wide-awake-Technik sind Eingriffe mit niedrigem Risiko. Absolute Kontraindikationen bestehen daher nur bei besonderen individuellen Risiken. Prinzipiell gilt (Abb. 1):

  • Für die Eingriffe mit einer Lokalanästhesie(LA)-Dosis von max. 20 ml besteht nur bei besonderen individuellen Risiken eine Kontraindikation

  • Eingriffe mit einer LA-Dosis von >20 ml erfordern bei auffälliger oder nicht möglicher Anamnese und/oder schlechter Belastbarkeit, z. B. „metabolic equivalent threshold“ (MET) <4, Gehen mit normaler Geschwindigkeit <150 m, 2 Stockwerke nur mit Pause, weitere Diagnostik und ggf. perioperatives Monitoring

Abb. 1
figure 1

Flussdiagramm zur Risikoevaluierung eines operativen Eingriffs in Wide-awake-Technik. LA Lokalanästhetikum, KI Kontraindikation, EKG Elektrokardiographie, MET „metabolic equivalent threshold“, oB ohne Befund, * auffällige Blutungsanamnese ergänzend berücksichtigen, § Labor laut Vorgabe des behandelnden Arztes bzw. Standardlabor (Blutbild, Elektrolyte, Nierenfunktionsparameter, Leberfunktionsparameter, Gerinnung, Blutzucker)

Patientenaufklärung

  • Allgemeine Operationsrisiken

  • Spezielle operationsbedingte Risiken

  • Infektion der Injektionsstelle

  • Intravasale Injektion

  • Synkope und Schwindel

  • Nerven‑, Gefäß- oder Sehnenverletzung

  • Versagen der örtlichen Betäubung

  • Ausschaltung der Schmerzempfindung bei teilweisem Erhalt von Berührungs- und Druckempfindung

  • Aktive Beweglichkeit der Hand bleibt intraoperativ erhalten.

  • Intraoperativ ist den Anweisungen des Operateurs Folge zu leisten (Compliance).

  • Allergische Reaktion und Überdosierungsreaktion

  • Kreislaufdepression oder -stillstand (sehr selten)

  • Postoperativ vorübergehend vermehrte Schwellung durch die Infiltration im Operationsgebiet

  • Alternative Narkoseverfahren

Operationsvorbereitung

  • Allgemeine präoperative Vorbereitung

  • Gegebenenfalls intravenöser Zugang (abhängig von Operation und Risikofaktoren)

  • Bei Risikopatienten perioperatives Monitoring (Elektrokardiographie, Blutdruckmessung, Pulsoxymetrie)

Instrumentarium

(Abb. 2)

  • Hautdesinfektionsmittel

  • Sterile Tupfer

  • 10-ml-Spritzen

  • Möglichst dünne Injektionsnadel (27-G standardmäßig, 30-G bei Kindern und hypersensitiven Patienten)

  • Lidocain 1 % mit Epinephrin 1:200.000. Ein relevanter Unterschied zum in Nordamerika erhältlichen Mischverhältnis 1:100.000 die Sicht im Operationsfeld oder die Wirkung der Lokalanästhesie betreffend besteht nicht [22]. (Cave! Aus 50-ml-Durchstechflaschen nur 15 ml pro Patient verwenden, da diese im Gegensatz zu Ampullen Konservierungsstoffe enthalten.)

  • Natriumbikarbonat 8,4 %

  • Bupivacain 0,5 % optional zusätzlich bei Operationsdauer von mehr als 2,5 h

  • Phentolamin zur Aufhebung der Epinephrinwirkung bei Bedarf

Abb. 2
figure 2

Alle benötigen Utensilien für eine Wide-awake-Infiltration

Anästhesie und Lagerung

  • Entspannte Rückenlagerung

  • Lidocain-Epinephrin-Mischung mit 8,4 % Natriumbikarbonat in einer Spritze im Verhältnis 10:1,5 aufziehen (Mischverhältnis im eigenen Labor geprüft). Die pH-Neutralisierung führt zu einem schnelleren Wirkungseintritt und vermeidet brennende Schmerzen bei Infiltration. (Cave! Beifügen von Natriumbikarbonat ist eine zulassungsüberschreitende Anwendung)

  • Infiltrationsmischung soll Raum- bzw. Körpertemperatur haben

  • Körpergewichtsadaptierte Höchstdosis von 7 mg/kg Körpergewicht (KG) Lidocain mit Epinephrin darf nicht überschritten werden. Die gesetzlich vorgeschriebene körpergewichtsunabhängige Maximaldosis von Lidocain beträgt 500 mg (Lidocain 1 % entspricht 10 mg/ml)

  • Falls eine Operationszeit von mehr als 2,5 h erwartet wird, können für eine verlängerte Betäubungsdauer 10 ml Bupivacain 0,5 % mit Epinephrin 1:200.000 zur Mischung hinzugefügt werden. (Cave! kardiotoxisch, körpergewichtsadaptierte Höchstdosis 2,5 mg/kgKG bzw. körpergewichtsunabhängige Maximaldosis 150 mg)

  • Im Falle einer schweren Herzkrankheit Reduktion des Epinephrinanteils auf 1:1.000.000

  • In Abhängigkeit vom benötigten Volumen kann jede Mischung mit 0,9 %igem NaCl verdünnt werden:

    • Bis 50 ml i. d. R. bei erwachsenen Patienten (ca. 70 kg) keine Verdünnung notwendig (entspricht Lidocain 1 % mit Epinephrin 1:200.000)

    • 50–100 ml: Lidocain 0,5 % mit Epinephrin 1:400.000

    • 100–200 ml: Lidocain 0,25 % mit Epinephrin 1:800.000

  • Infiltration mindestens 30 min präoperativ

  • Beginn der Infiltration immer proximal mit dem Ziel der „Hole-in-one-Anästhesie“, bei der nur der erste Einstich verspürt wird

Infiltrationstechnik

(Abb. 345678910)

Abb. 3
figure 3

a Eine 10-ml-Spritze wird mit 10 ml 1 %igem Lidocain mit Epinephrinzusatz aufgezogen. b Das Restfüllvolumen der Spritze entspricht etwa 1,5 ml und wird mit 8,4 % Natriumbikarbonat befüllt

Tab. 1 Anwendungsbeispiele der Wide-awake-Technik [23]

Technik für Karpaltunnelspaltung

(Abb. 4567)

Abb. 4
figure 4

a Nach gründlicher Desinfektion Beginn der Infiltration 0,5 cm proximal der Handgelenkbeugefurche in halber Distanz zwischen den Sehnen des M. palmaris longus und M. flexor carpi ulnaris. Ein Fingerdruck proximal der zu infiltrierenden Stelle vermindert die Schmerzwahrnehmung am Einstichort. Vibrationen und vorherige Kühlung der Infiltrationsstelle können den Nadeleinstichschmerz ebenfalls reduzieren. b Die anatomische Illustration veranschaulicht den genauen Infiltrationspunkt

Abb. 5
figure 5

a Infiltration soll senkrecht zur Haut erfolgen, da dabei weniger Schmerzfasern aktiviert werden als bei tangentialer Infiltration (b). Die Stabilisierung der Spritze durch Abstützen der Hand vermeidet zudem schmerzhafte Nadelbewegungen bis zum Wirkeintritt. Aspiration zur Vermeidung einer intravasalen Injektion

Abb. 6
figure 6

Nach subdermaler Infiltration von 0,5 ml pausieren, bis der Patient berichtet, dass der Nadelschmerz verschwunden ist. Langsame Infiltration weiterer 4,5 ml subkutan und Setzen eines 5‑ml-Depots unterhalb der Unterarmfaszie

Abb. 7
figure 7

a Injektion von 3 ml im Bereich des R. palmaris n. mediani und 7 ml entlang der Hautinzision. b Nach kurzer Einwirkzeit zeigt sich ein deutlich abgeblasstes Hautareal im Bereich der geplanten Hautinzision mit etwa 1 cm Umgebungsrand in jede Richtung

Infiltration auf Höhe der Basis des 4. und 5. Fingers

(Abb. 8910, Anwendungsbeispiele Tab. 1)

Abb. 8
figure 8

a Einstich senkrecht zur Haut und nach Aspiration langsame subdermale Infiltration von 0,5 ml Injektionslösung und kurzes Warten. Anschließend Infiltration von weiteren 2 ml Injektionslösung vor dem weiteren Vorschieben der Nadel. b Langsames subkutanes Vorschieben mit einem kontinuierlichen 1 cm breiten Flüssigkeitsdepot vor der Nadelspitze. Bei Bedarf erneuter Einstich der Nadel 1 cm innerhalb des abgeblassten Hautareals. Während der Injektion Kommunikation mit dem Patienten, um unerwünschte Nebenwirkungen oder Tangieren eines Nervs frühzeitig zu bemerken. Sofortige Retraktion der Nadel bei einschießendem Schmerz oder Kribbelparästhesien

Abb. 9
figure 9

Hautkolorit a direkt nach der Infiltration, b nach einer idealen Einwirkzeit von mindestens 30 min. Deutlich abgeblasstes Hautareal infolge der Vasokonstriktion

Abb. 10
figure 10

Klinisches Bild 90 min nach Antagonisierung der Adrenalinwirkung am 5. Finger mittels 1 mg Phentolamin. Das Hautkolorit erscheint hier nun im Vergleich zum 4. Finger hyperämisch

Postoperative Behandlung

  • Nach dem operativen Eingriff erhöhte Sorgfalt und Achtsamkeit des Patienten für die betäubten Körperareale, insbesondere hinsichtlich Hitze, Kälte und Druck, da diese zu bleibenden Schäden aufgrund verminderter Sinneswahrnehmung führen können

  • Trockenhalten des postoperativ angelegten Verbands. Lagerung des Arms den ärztlichen Vorgaben entsprechend (zumeist Hochlagerung)

  • Postoperative Schmerzmitteleinahme gemäß ärztlicher Verordnung bei Nachlassen der Lokalanästhesie

Fehler, Gefahren, Komplikationen

  • Epinephrin-Rush: Etwa ein Drittel aller Patienten verspüren ein Zittern, Nervosität oder ein Gefühl der Unruhe für etwa 20–30 min nach der Injektion. Beruhigung und Patientenaufklärung

  • Ohnmacht: Aufgrund einer vasovagalen Reaktion durch die Nadelinjektion kann es zu einem Verlust des Bewusstseins aufgrund einer zerebralen Minderperfusion kommen. Aufmerksames Beobachten des Patienten für Synkopenprodromi (z. B. Patient wird bleich oder gibt an, „ihm wird schlecht“). Hochlagerung der Beine und ggf. Absenken einer Kopfstütze. Injektionen in sitzender Position sollten vermieden werden.

  • Persistierende Schmerzwahrnehmung: Meist zu früher Operationsbeginn nach Infiltration (Mindestwartezeit 30 min) oder Unterdosierung. Vollen Wirkungseintritt abwarten, bei Schmerzpersistenz Nachspritzen von Lokalanästhetika. Eine Kombination der Wide-awake-Technik mit selektiven Nervenblockaden ist möglich.

  • Überdosierung/allergische Reaktion (sehr selten): Beachtung der Dosierungsrichtlinien und Verdünnung der Injektionslösung bei erhöhtem Volumenbedarf. Zu erwartender toxischer Wirkungseintritt bei subkutaner Gabe nach 20–30 min. Primär stimulierende Wirkung (typisch: metallischer Geschmack), sekundär depressive Wirkung auf das zentrale Nervensystem und das kardiopulmonale System. Sofortiges Beenden der Lokalanästhesiezufuhr. Je nach Ausprägung intensivmedizinische und notfallmäßige Maßnahmen

  • Intravasale Applikation: Sofortiges Beenden der Applikation. Sofortiges Monitoring. Zu erwartender Wirkungseintritt nach 1–3 min. Behandlung abhängig von der Applikationsmenge und Symptomen. Gegebenenfalls intensivmedizinische und notfallmäßige Maßnahmen samt kardiopulmonaler Reanimation

  • Interaktionen mit anderen Arzneimitteln:

    • Antiarrhythmika, β‑Blocker und Kalziumantagonisten: additive hemmende Wirkung auf atrioventrikuläre (AV-)Überleitung, Reizausbreitung und Kontraktionskraft des Herzens

    • Cimetidin: verzögerter Lidocainabbau

    • Trizyklische Antidepressiva und Monoaminoxidase(MAO)-Hemmer: verstärkte Epinephrinwirkung

  • Besonderheiten bei antikoagulierten Patienten:

    • Sehr hohes Blutungsrisiko: Jede Antikoagulation in Kombination mit Thrombozytenaggregationshemmern (P2Y12-Inhibitoren), Kombination von neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK) mit Acetylsalicylsäure (ASS) sowie Ticagrelor sind Kontraindikationen (KI) für einen operativen Eingriff in Wide-awake-Technik

    • Hohes Blutungsrisiko: Kombination von Phenprocoumon oder Acenocoumarol mit ASS in Abhängigkeit von der International Normalized Ratio (INR): Falls INR >3, besteht KI für operativen Eingriff in Wide-awake-Technik. Bei einem INR von 2–3 besteht eine relative KI bei erhöhtem Blutungsrisiko, im Falle von elektiven Eingriffen nur bei INR <2,5. Bei singulärer Antikoagulation mit Phenprocoumon oder Acenocoumarol ist ein operativer Eingriff bei INR <3 in Wide-awake-Technik möglich. Bei NOAK-Therapie Rücksprache mit Internisten bei elektiven Eingriffen, ob eine kurzzeitige Umstellung oder ein Pausieren möglich ist

    • Mäßiges Blutungsrisiko: Monotherapie mit ASS oder Clopidogrel oder duale Plättchenhemmung stellt keine KI für einen Eingriff in Wide-awake-Technik dar.

Ergebnisse

Nach Einführung der Wide-awake-Technik im April 2014 wurde 71 Patienten, die sich im Zeitraum April bis September 2014 einer Behandlung unterzogen hatten, im Rahmen der Qualitätssicherung ein Fragebogen bezüglich der Schmerzwahrnehmung und der subjektiven Belastung durch das Wachsein während des operativen Eingriffs zugesandt. Die Rücklaufquote betrug 53,5 % (38 Patienten). Von diesen Patienten hatten sich 22 während der Operation sehr wohl und 16 wohl gefühlt. Kein Patient gab an, sich unwohl gefühlt zu haben. Ebenso gab kein einziger Patient an, dass das Wachsein während des operativen Eingriffs sehr belastend für ihn war. Für 6 Patienten war es etwas belastend, während 32 Patienten den Eingriff insgesamt als nicht belastend empfanden. Die Schmerzwahrnehmung betrug auf einer visuellen Analogskala von 0 (kein Schmerz) bis 10 (stärkste Schmerzen) bei der Infiltration im Durchschnitt 1,6, bei der Operation 0,5, bei Nachlassen der Betäubung 3,5 und am Folgetag der Operation 2,9. Eine erneute intraoperative Infiltration war in der Anfangsphase bei 6 Patienten aufgrund einer zu kurzen Wartezeit zwischen Infiltration und operativer Versorgung notwendig. Alle Patienten würden sich wieder einer operativen Versorgung in der Wide-awake-Technik unterziehen.

Im Zeitraum von April 2014 bis Oktober 2016 erfolgten 480 Eingriffe in der Wide-awake-Technik. Dabei wurde keine einzige Fingernekrose beobachtet. Ein Patient aus dem gesamten Kollektiv erhielt Phentolamin nach einer Arteriennaht bei subtotaler Amputationsverletzung.

Fazit für die Praxis

  • Die Wide-awake-Technik ist ein einfaches, schnell erlernbares und sicheres Verfahren zur Durchführung handchirurgischer Eingriffe in Lokalanästhesie mit hoher Patientenzufriedenheit.

  • Die Wide-awake-Technik ist auch im Falle von polymorbiden oder kardial beeinträchtigten Patienten nach Risikoabschätzung durchführbar.