Professor Dr. Heinz-Günter Sieberth (Abb. 1) wurde am 6. Mai 1934 in Wasungen/Thüringen geboren. Nach dem Abitur 1952 in Meiningen/Thüringen studierte er bis 1957 Humanmedizin an der Humboldt-Universität zu Berlin. Dort promovierte er mit einer Dissertation zum Thema Phasengrenzpotenziale an Chloroform-Wasserschichten 1958 zum Doktor der Medizin.

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Prof. Dr. Heinz-Günther Sieberth (Foto: privat)

Erste wissenschaftliche Meriten erwarb er am pharmakologischen Institut der Akademie der Wissenschaften in Berlin-Buch (Direktor: Prof. Dr. F. Jung).

Von 1958–1961 war er als Assistent an der medizinischen Universitäts-Poliklinik Rostock (Direktor: Prof. Dr. H. Dutz) wissenschaftlich und klinisch tätig.

Als einer der Pioniere der klinischen Nephrologie war er es, der zwischen 1958/1959 in Rostock die erste künstliche Niere in der DDR aufbaute. Bis zu seinem Weggang im Herbst 1961 führte er mehr als 150 Dialysen durch.

In der Bundesrepublik arbeitete er bis 1964 als wissenschaftlicher Assistent bei Prof. Dr. Hans Sarre an der Universitätsklinik Freiburg, bis ihn der Ordinarius für Innere Medizin an der Universitätsklinik Köln, Prof. Dr. Rudolf Gross, nach Köln lotste, um dort eine Dialyseabteilung aufzubauen. Parallel etablierte er dort innerhalb weniger Jahre einen leistungsfähigen eigenständigen Bereich für die internistische Intensivmedizin. Seine Arbeitsgruppe beschäftigte sich unter anderem mit den technischen Entwicklungen auf dem Gebiet der Intensivmedizin.

Im Februar 1969 habilitierte er sich für das Fach Innere Medizin mit einer Schrift über den „Aufbau und Betrieb einer Einheit für die intermittierende Hämodialyse chronisch Nierenkranker“.

Im April des gleichen Jahres wurde er zum Oberarzt ernannt, 1972 erfolgte die Ernennung zum wissenschaftlichen Rat und Professor.

Wissenschaftliche Schwerpunkte bis 1981 in Köln waren, neben der Pharmakologie von Antihypertensiva, vor allem das akute Nierenversagen, eine Krankheitsentität, der er sich Zeit seines Berufslebens widmete und der er viele, wichtige Impulse für die Behandlung in der Intensivmedizin gab.

Im April 1981 wurde er als Nachfolger von Prof. Dr. Robert Heintz Direktor der Medizinischen Klinik II und Ordinarius für Innere Medizin und Nephrologie an der medizinischen Fakultät der RWTH Aachen.

Aktivitäten seiner klinischen Forschung lagen auf den Gebieten der internistischen Intensivmedizin, der Nephrologie (akutes Nierenversagen, rapid-progressive Glomerulonephritis, Plasmapherese, renale Osteopathie), der Hypertonologie und der Immunologie.

An der von ihm geleiteten Klinik haben sich bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1999 zehn Ärzte habilitiert, acht Oberärzte wurden zu Chefärzten gewählt.

Seine publizistischen Aktivitäten waren vielfältig. Hierzu gehören fast 400 Originalarbeiten und Buchbeiträge. Darüber hinaus hat er verschiedene Kapitel in den bekanntesten deutschen Lehrbüchern geschrieben. Schon in den späten 1970er-Jahren hat er zusammen mit Rudolf Gross und Klaus-Dieter Grosser das Buch „Der internistische Notfall“ verfasst, das Standardwerk für junge und gestandene Internisten für die Intensivmedizin bis weit in die 1990er-Jahre.

Jahrzehntelang war er Mitglied der Schriftleitungen der Zeitschrift Intensiv- und Notfallbehandlung, war Mitglied im Board von Intensivmedizin und Notfallmedizin (heute Medizinische Klinik – Intensivmedizin und Notfallmedizin) und von Nieren- und Hochdruckkrankheiten.

Darüber hinaus war er im Board internationaler Zeitschriften wie Clinical Nephrology und Clinical Investigator sowie als Gutachter für alle führenden internationalen intensivmedizinischen und nephrologischen Journals tätig.

Seine Aktivitäten in wissenschaftlichen Gesellschaften wurden durch verschiedene Kongresspräsidentschaften gewürdigt, wie 1985 die Jahrestagung der deutsch-österreichischen Gesellschaft für internistische Intensivmedizin, 1988/1989 die Tagung der Rheinisch-Westfälischen Gesellschaft für Innere Medizin, 1991 die Tagung der Deutschen Gesellschaft für Osteologie, 1996 die Tagung der Deutschen Hochdruckliga und im Jahr 1997 die Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für Nephrologie.

Professor Sieberth erwies sich in konsequenter Fortsetzung der bedeutenden internistischen Schule von Bock und Gross in Patientenversorgung, Forschung und Lehre als ein Kliniker mit äußerst breit angelegter Sichtweise, der es konsequent ablehnte, die Patienten nur aus der Sicht des Organspezialisten zu sehen.

Für seine Mitarbeiter war es ein lehrreiches Vergnügen, ihn mit seinem großen Wissen, seiner vielfältigen Erfahrung und seiner stimulierenden Neugierde bei den unterschiedlichen Visiten zu erleben und mit ihm am Krankenbett in den Diskurs zu gehen.

Sein wissenschaftlicher Impetus wurzelte stets im unmittelbaren Kontakt zum Patienten. Stets warnte er vor einer Fehlentwicklung und Fehleinschätzung moderner Medizin und neuer Technologien.

Für sein Lebenswerk wurde er im August 1998 mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet.

Am 23.09.2023 ist Professor Sieberth im Alter von 89 Jahren in Freiburg (Breisgau) verstorben. Er hinterlässt seine Ehefrau, einen Sohn und eine Tochter sowie fünf Enkelkinder.

Alle, die mit Heinz-Günter Sieberth gearbeitet haben oder ihn aus den wissenschaftlichen Diskussionen gekannt haben, wissen, was sie an diesem Menschen, Arzt und Wissenschaftler verloren haben, und werden ihn in ehrenvoller Erinnerung behalten.